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Einmal
empfing der japanische Zen-Meister Nan den Besuch eines Professors, der
etwas über Zen erfahren wollte. Nan-in servierte Tee. Er goss die Tasse
seines Besuchers voll und hörte nicht auf, weiterzugießen. Der
Professor beobachtete das Überlaufen, bis er sich nicht mehr beherrschen
konnte. „Es ist übervoll, mehr geht nicht hinein“, rief er. „So wie
diese Tasse“, sagte Nan-in, „sind auch Sie voll mit ihren eigenen
Meinungen und Spekulationen. Wie kann ich Ihnen Zen zeigen, bevor Sie
Ihre Tasse geleert haben?“
Warum erzähle ich dir diese Geschichte?
Weil ich dich bitten möchte, wenn du magst, die Tasse da oben in deinem Kopf leer zu machen, für einen Moment nur.
Die
Voraussetzung um die Dinge wirklich wahrzunehmen, ist gegenwärtig zu
sein, im Hier und Jetzt zu sein, als Beobachter, ohne Bewertung des
Geschehens einfach da zu sein, ohne Ziele und Absichten. Gegenwärtig
sein heißt den ständigen Strom der Gedanken zur Ruhe kommen lassen, um
sich in der Stille zu öffnen, für einen Bewusstseinsraum des
Nichtdenkens und Nichtwissens, und dadurch in Kontakt zu kommen mit den
Kräften der Intuition, der Inspiration und der Kreativität, die dieser
Raum atmet.
Gegenwärtig sein ohne zu bewerten, ohne die
Konstruktionen von Wirklichkeit, die wir machen, mit all den
Konditionierungen und Glaubensmustern, die uns vom ersten Atemzug an in
unsere Tasse gegossen wurden – das ist Achtsamkeit. Achtsamkeit ist für
die meisten von uns nichts Selbstverständliches, wir sind so übervoll
mit dem, was im Außen geschieht, so fremdbestimmt, dass wir den Kontakt
zur Achtsamkeit verlieren, und damit verlieren wir den Kontakt zu uns
selbst. Nichts fällt uns schwerer als den Verstand zur Ruhe zu bringen
und uns auf das Fühlen einzulassen.
Und genau darum möchte ich dich jetzt, für einen Moment in der Zeit, zu einer Übung in Achtsamkeit einladen.
Ich bitte dich eine sitzende, aufrechte Körperhaltung einzunehmen.
Spüre erst einmal, ob deine Füße festen Kontakt zum Boden haben.
Es geht jetzt nur darum wahrzunehmen, dass deine Füße Kontakt zum Boden haben und wo sie Kontakt haben.
Und als Nächstes bitte ich dich wahrzunehmen, dass dein Körper atmet und dass er dabei Bewegungen macht.
Registriere diese Bewegungen.
Registriere,
dass dein Brustkorb sich sanft hebt und senkt und wenn du sehr genau
wahrnimmst, dann spürst du auch, dass deine Nasenflügel ganz kleine
Bewegungen machen. Und diese Bewegungen des Körpers beim Atmen nimm
einige Augenblicke lang wahr.
Beende die Übung, indem du wieder
bewusst wahrnimmst, dass deine Füße Kontakt mit dem Boden haben und nimm
deine Körpergrenzen achtsam wahr.
Kehre dann mit deiner Aufmerksamkeit bewusst in den Raum zurück und nimm diesen Raum bewusst wahr.
Dies ist eine sehr einfache Achtsamkeitsübung.
Aber
was du dabei vielleicht für diesen kurzen Moment gespürt hast, ist dein
gegenwärtiges Sein. Diesen Bewusstseinsraum nennen wir auch die
transpersonale Ebene oder den Raum des Überbewussten. Diesem Raum
entspringt unsere spirituelle Kompetenz, was bedeutet, dass wir fähig
sind, die eigene Intuition sicher wahrzunehmen und in Handeln
umzusetzen, was nichts anderes heißt als: Unser Verstand, unser Bauch
und unser Herz handeln in Einheit.
Gegenwärtig sein ist eine
wunderbare Übung um den Tumult in unseren Köpfen zu beruhigen, um
präsent zu sein im Moment, um nicht überlaufen zu werden von all dem,
was wir nicht brauchen um zu SEIN.
Namasté
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