Samstag, 30. Juni 2018

Was brauchen wir wirklich?





Meine Freundin meinte kürzlich, sie kenne keinen Menschen, der besser allein sein kann als ich. Sie könne das gar nicht. Alleinsein sei für sie nicht auszuhalten, sie wisse dann gar nicht, was sie mit sich anfangen soll. Meine Freundin braucht Menschen um sich herum und Action und sie sorgt dafür,  dass sie die bekommt, sie hat immer ein volles Haus und wenn es leer ist geht sie aus. Ich gehe nicht so gern aus, ich brauche das nicht. Ich bin gern zuhause. Das könnte ich tagelang so betreiben und ich weiß, wenn ich es zulange betreibe, dann treibt mich irgendwann nichts mehr raus, außer die Tatsache, dass ich meiner Arbeit nachgehe, der Kühlschrank leer ist und ich für meine täglichen Einheiten körperliche Bewegung sorgen muss. Gut, dass ich raus muss, sonst würde ich am Ende aus dem Alleinsein eine Eremitei machen und das ist nicht gesund, auch wenn mich die Vorstellung nicht unbedingt schreckt. Aber brauchst du denn keine Menschen?, fragte mich meine Freundin, nachdem ich ihr das sagte. Nun, antwortete ich, ich habe was das Brauchen angeht, so meine Bedenken. Ich will keine Menschen brauchen, ich will mit Menschen sein ohne sie brauchen zu müssen, denn das Brauchen, das habe ich gelernt, führt am Ende zu verbrauchten Menschen, die große Mühe haben ohne das Gebraucht - zu - werden und das Brauchen des anderen wieder zu sich selbst zu finden, um herauszufinden, was sie wirklich brauchen.

Was brauchen wir wirklich? 

Nicht viele wissen das so genau, das weiß ich aus der Erfahrung aus meiner Arbeit mit Menschen. Wir hängen am Unbrauchbaren fest weil es uns zur Gewohnheit geworden ist, das oder jenes, den oder die zu brauchen, weil wir denken, dass wir es oder jemand brauchen. Wir füllen Lücken in unserem Leben, um das, was wir wirklich brauchen, erst gar nicht spüren zu müssen, denn es tut manchmal weh, wenn diese Lücken sich auftun, wenn sie uns in ihre schwarzen Löcher ziehen und wir finden erst einmal gar nichts dort, weil das Wesentliche unseres Brauchens nicht von Unten in Leuchtschrift zu uns heraufglimmt um Licht in das emotionale Dunkel zu bringen, das vor lauter vermeintlichem Brauchen und gebraucht werden Wollen, ums verrecken nicht weichen will.

Ich will nicht gebraucht werden. Ich mag Menschen, die mich mit all dem was mich fasziniert und ausmacht, mit all dem, wofür ich lebe, verstehen. Ich mag mit Menschen sein, die auf dem gleichen Weg sind und mit denen ich teilen kann was ich liebe. 

Eben nicht das gegenseitige Brauchen, sondern Inspiration und zwar gegenseitige. Ich brauche Liebe wie wir alle, aber Lieben und Brauchen sind zwei völlig verschiedene Dinge. Es dauert lang bis wir Menschen das begreifen, es hat lang gedauert bis ich das begriffen habe. Immer wieder habe ich das eine mit dem anderen verwechselt. Ich habe es verwechselt weil ich es nicht aushalten wollte, dieses Gefühl, das sich anfühlt wie sich auflösen, wenn da keiner ist, der mich braucht und den ich brauche, dieses Gefühl: Du schaffst das alleine nicht, du brauchst jemanden, der dir hilft das Leben zu schaffen. Aber so ist es nicht, was ich nicht schaffe, kann kein anderer für mich er - schaffen. Er kann mir Mut zusprechen, er kann mich halten wenn ich am Kippen bin, er kann mich unterstützen es zu schaffen, aber schaffen muss ich es ganz alleine. Und ja, das alleine Schaffen fühlt sich bisweilen sehr einsam an. Heute weiß ich, was Einsamkeit wirklich ist. „Einsamkeit entsteht nicht dadurch, dass man keine Menschen um sich hat, sondern vielmehr dadurch, dass man ihnen die Dinge, die einem wichtig erscheinen, nicht mitteilen kann.“ Diese Worte sind von C.G.Jung und für mich sind sie wahr.
Menschen zu finden denen wir uns mit dem, was uns wichtig ist mitteilen können und die das auch wirklich hören, ist nicht einfach, denn viele dieser Menschen finden wir eben nicht dort wo Action ist und ein volles Haus und auch nicht dort, wo man uns braucht oder wo wir gebraucht werden wollen. Es gibt Zeiten im Leben da gibt es diese Menschen nicht. Dann finde ich sie in den Worten der Bücher, in den Tönen der Musik, in den Bildern einer Ausstellung. Es sind Menschen, die all das geschaffen haben, und mit diesen Menschen verbindet mich was ich wirklich brauche: Gleichklang. Wenn wir in unserem Jetzt diesen Gleichklang mit Anderen nicht finden, dann hat das einen Sinn, dann sind wir wieder bei der Frage was wir wirklich brauchen um dieses Leben zu gestalten, um Liebe zu fühlen für dieses Leben, eine Liebe, die nicht braucht und nicht gebraucht werden will. Leicht ist das nicht, denn auch Selbstliebe enthebt uns der Sehnsucht nach Gleichklang nicht.

Also, was brauche ich jetzt um damit zu leben, dass es das, was ich brauche noch nicht gibt? Was brauchst du?

Wir brauchen innere Stärke. Was ist das, innere Stärke? 
Manche von uns bekommen sie in die Wiege gelegt, manche von uns suchen ein Leben lang danach, bei manchen von uns wächst sie im Laufe des Lebens aufgrund von Erfahrungen aus denen wir gestärkt hervorgehen. Innere Stärke beginnt auch bei der oft unterschätzen Tatsache, wie wir mit uns selbst sprechen und wie wir mit uns selbst umgehen. An diesen Umgangsformen mit uns selbst können wir etwas verändern. Wenn wir uns immer wieder selbst sagen, was wir nicht können, was wir nicht haben, was wir nicht sein werden, was wir nicht finden können, was wir brauchen und nicht haben, wird der Klang dieser Gedanken zu einer sich ewig wiederholenden Melodie. Diese Melodie füttert unsere Gefühle. Schlecht zu uns und über uns selbst sprechen wirkt wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Darum ist es so wichtig unsere gedanklichen Melodien zu erkennen und sie zu hinterfragen, denn oft sind die ganz schön auf dem Holzweg.

Warum nicht umdenken, um das in unser Leben zu holen, wonach wir uns sehnen und was wir wirklich brauchen? Sicher, einfach ist das nicht, aber ist es wirklich einfacher die immer gleiche unschöne Melodie abzuspielen?
„Ach ich schaffe das nicht, ach ich bin eben wie ich bin, das ist doch alles Mumpitz, was die schreibt“, oder: „Das habe ich doch alles schon versucht und es hat nichts gebracht,“ las ich neulich in einem Kommentar zu einem meiner Texte. Mal ehrlich, wenn ich so denke bringt das wirklich nichts.

Gut und schön, jedem das Seine und mir meine Erfahrung. Wenn ich weiß, was ich wirklich brauche bekomme ich das dann auch? Ja, wenn ich es unabhängig von Anderen mache, wenn ich eine tiefe Motivation habe und eine klare Vision, denn das hat Kraft. Wenn ich weiß, was ich wirklich brauche werde ich zunächst alles Unbrauchbare, das ich zu brauchen glaubte, nicht mehr in meiner Gedankenmelodie festhalten. Ich werde mich verabschieden von den schiefen Tönen, ich werde mich verabschieden von dem, was ich zu brauchen glaube. Ich werde neue Töne komponieren. Ich werde vielleicht sogar erkennen - in Wirklichkeit ist alles was ich brauche schon längst da. Und was nicht da ist, brauche ich nicht. Dazu gehört zugegebenermaßen eine Menge Demut und ein hohes Maß an Vertrauen in das Leben, das uns eben nicht immer gibt was wir uns wünschen, sondern das, was wir brauchen um zu wachsen.





Montag, 25. Juni 2018

Die kindliche Sehnsucht nach Liebe

 
Foto: A.Wende

Immer wenn wir nach einer Zeit des Alleinseins wieder einem Menschen begegnen, der uns anzieht und fasziniert fallen viele von uns in jene kindliche Stufe zurück, die sich ein Leben lang nach Symbiose sehnt. Das Kind in uns hofft noch immer alles Wohlgefühl, alles Glück, alle Aufmerksamkeit, alle Liebe von diesem einen Menschen zu bekommen, der seine Augen liebend auf uns legt und sie ausspricht, die magischen drei Worte: „Ich liebe dich“. Und wir tun wieder alles um geliebt zu werden. Wir sind so beseelt vom Gefühl geliebt zu werden, dass wir nicht merken, wie wir wie in einer Art Trance nach hinten gehen, zurück in die Zeit als wir uns so sehr nach bedingungsloser Liebe gesehnt haben und sie nicht bekommen haben. Wir wollen diese eine Liebe, die wir so schmerzlich vermisst haben, um jeden Preis, sogar um den Preis der Selbstverleugnung. Und plötzlich sind wir auf diesen einen Menschen fixiert und bereit alles, was wir uns in der Zeit des Alleinseins erarbeitet haben, aufzugeben.

Die Erfahrung, dass jede Beziehung eine fragile Sache ist, blenden, wir von Glückshormonen überschüttet, aus. Die Erfahrung, dass wir vielleicht genau aus dem Grund, dass wir vieles, was uns wichtig war, in der letzten Beziehung aufgegeben haben, blenden wir aus. Die Erfahrung wie verletzbar wir waren, nachdem wir uns vollkommen geöffnet haben, blenden wir aus. Die Erfahrung, dass kein Mensch, dem rosaroten Bild, das wir ihm am Anfang übergestülpt haben, stand hält, blenden wir aus. Die Erfahrung, dass Symbiose keine Basis für eine erwachsene Beziehung auf Augenhöhe ist, blenden wir uns. Wir sind geblendet vom tiefen Bedürfnis unseres kindlichen Urhungers nach Zuneigung und Liebe.


Selbst wenn sich in klaren Momenten der Schatten all der missglückten Beziehungen, die wir bereits hatten, auf das blendende Licht des Verliebtseins legt, hoffen wir noch: Dieses Mal wird es anders, weil wir ja etwas gelernt haben.

Haben wir das?

In Wahrheit ist dieses Kind in uns süchtig danach endlich anzukommen, bei dem was es nie bekommen hat: bedingungslose Liebe. Solange wir sie nicht bekommen fühlen wir uns halb, und wir alle wollen ganz sein. Dieses Ganzsein ist letztlich das Ziel unserer Existenz. Aber diese Ganzheit finden wir nicht im anderen. Warum sollte das gelingen, wo es schon damals nicht gelungen ist? Im Grunde suchen wir Etwas im Jetzt, was es damals schon nicht gab.
Warum kann das Finden nicht gelingen? Weil es das, so wie wir es uns wünschen, nicht gibt, ist die ernüchternde Antwort. Es ist eine Illusion, die wir uns machen. Eine Illusion, durch die wir uns wieder und wieder selbst verletzen. Eine Illusion, die auf einer unerfüllbaren Sehnsucht basiert. Wir alle suchen nach einer Lösung für unser Bedürfnis nach Nähe, Geborgenheit und Liebe. Jede Trennung zerstört die Hoffnung, dass es gelingen kann, die Sehnsucht aber bleibt. Das Urbedürfnis gehalten zu werden bleibt.

Angesichts all unserer Enttäuschungen den Glauben nicht zu verlieren, dass da draußen jemand ist, der uns diese Bedürfnisse erfüllt, ist schwer, also halten wir daran fest. Dieser Glaube wird zum Anker in den einsamen Stunden in denen wir das Leben, das wir mit uns selbst leben, alles andere als schön empfinden.


Das Alleinsein zu leben ist schwer. Es ist eine Kunst, die nur wenigen Menschen auf Dauer gelingt. Wir sind auch nicht dafür geschaffen. Wenn es uns aber gelingen würde, mit uns selbst gut zu sein, auch wenn da kein anderer ist, der für uns da ist, wenn es gelingen würde, mit uns selbst in liebevollem Kontakt zu sein, wenn es gelingen würde, uns selbst das zu geben, was wir so verzweifelt im anderen suchen, dann könnten wir diesen Glauben fallen lassen. Wir könnten lieben was da ist - der einzige Mensch, der immer da sein wird - wir selbst. 

Genau deshalb ist es so essentiell wichtig gut zu uns selbst zu sein. Wir können es lernen, indem wir eine nährende Verbundenheit zu uns selbst aufbauen, indem wir achtsam, rücksichtsvoll und fürsorglich mit uns selbst umgehen. Menschen, denen das gelingt, denen ein liebevolles Mit-sich-selbst-sein gelingt, finden das, was wir letztlich alle suchen - innere Ruhe, inneren Frieden, Zufriedenheit, Klarheit und diese eine Liebe, die nicht bedürftig ist. Jede Art von Bedürftigkeit führt zu Abhängigkeit und jede Abhängigkeit kann zur Sucht werden. Jede Sucht führt zu Anhaftung und so zum Verlust unserer inneren Freiheit. 

Sicher es ist menschlich bedürftig zu sein, aber wie viele Menschen geben sich selbst oder einen wesentlichen Teil ihrer selbst auf um vom anderen zu bekommen, was sie in sich selbst partout nicht finden? 

Und wieder und wieder dreht sich das Karussell der Erwartungen, Sehnsüchte und Wünsche, die unerfüllt bleiben.Wie wollen wir Etwas von einem anderen bekommen, wenn wir es uns selbst nicht geben können? Und wie wollen wir einem anderen das geben, was wir uns selbst nicht geben können? Also könnten wir uns bemühen, es uns selbst zu geben und es nicht immer wieder von einem anderen einzufordern, der das meist auch nicht kann. Das ist harte Arbeit und das dauert. Das ist tägliche Übung. Das ist lebenslange Übung. Das ist nicht auf einmal da, weil wir wissen, dass wir es brauchen. Das ist genauso wie ein Kind großzuziehen, es achtsam und fürsorglich zu begleiten, es immer wieder zu trösten, wenn es ihm nicht gut geht, jeden Tag für dieses Kind da zu sein, so wie eine hinreichend gute Mutter ein Leben lang für ihr Kind da ist. 

Echte, tiefe Begegnungen können nur dann stattfinden, wenn sich Menschen begegnen, die dazu fähig sind sich selbst zu geben, was sie brauchen.  
Alles andere ist die bedürftige Sehnsucht des ungeliebten Kindes in uns. Und genau diese Sehnsucht führt zu immer wieder neuen Enttäuschungen. Vielleicht brauchen wir diese Enttäuschungen um endlich das zu erledigen, was unsere Aufgabe ist - uns selbst zu wertschätzen und lieben.
„Liebe ist ein Wert, der durch liebende Handlungen verwirklicht wird“, schreibt Stephan R. Covey. Er hat Recht. Das ist der Weg zu Selbstliebe, das ist auch der Weg um einen anderen zu lieben – liebevolles Handeln, wie gesagt - erst einmal an und für uns selbst. Wenn uns das gelingt greift diese Liebe über uns selbst hinaus, hin zu einem anderen, der sich auch liebevoll behandelt. Dann ist eine Beziehung auf Augenhöhe, frei von kindlichen Erwartungen und kindlichen Sehnsüchten möglich.

 Ja, ich weiß, das klingt nicht so schön, aber die Erfahrung sagt: Ja, so ist es.





Sonntag, 24. Juni 2018

Wozu Achtsamkeit gut ist



Ich, beim achtsamen Fenster putzen ;) 
Foto: Reinhard Berg

Immer wieder fragen mich Klienten: Wozu ist Achtsamkeit gut?
Achtsamkeit ist eine besondere Form von Aufmerksamkeit. Diese besondere Form der Aufmerksamkeit führt, je öfter wir sie praktizieren, zu einem klareren Bewusstseinszustand. Diese Klarheit führt dazu, dass wir lernen innere und äußere Erfahrungen und Erlebnisse, als auch unsere Gefühle, im gegenwärtigen Moment beobachtend zu registrieren und sie ohne zu bewerten, zulassen können.

Je achtsamer wir werden, desto klarer und ruhiger werden wir mit der Zeit. 

Warum ist das so?
Durch das Üben der Achtsamkeit entkommen wir nach und nach der Reiz-Reaktionsfalle.
Mit zunehmender Achtsamkeit reduzieren sich unsere automatischen und unbewussten Reaktionen auf das gegenwärtige Erleben - wir handeln angemesser, situationsadäquater und selbstbewusster.

Beim Erlernen der Achtsamkeit steht an erster Stelle die Körperwahrnehmung im Mittelpunkt. Die intensive Verbindung zwischen unserem Körper und unserem Geist ist unumstritten. Eine achtsame Körperhaltung führt zu einer inneren achtsamen Haltung und damit zu einer achtsameren Geisteshaltung. Auf diese Weise nehmen wir uns selbst im Ganzen bewusster wahr, auch unsere Gefühle uns unsere Gedanken. Je bewusster wir uns selbst wahrnehmen, desto größer wird mit der Zeit unser Einfluss auf unsere Wortwahl, unsere Gedanken, unsere Bewertungen, unsere Emotionen und unsere Reaktionen auf das, was gerade geschieht.

Wenn wir also achtsamer und damit bewusster leben wollen, dann ist es hilfreich auf uns zu achten - auf unsere körperliche Verfassung, auf unsere Körperhaltung, auf unsere Mimik und Gestik. Wie atme ich? Was fühle ich gerade wo in meinem Körper? Dazu gehört auch auf das zu achten, was wir unserem Körper zumuten an unguten Substanzen z.B. oder an Stress. Dazu gehört auch selbstberuhigende Techniken zu erlernen, damit unsere Gefühle und unsere wenig hilfreichen Gedanken uns nicht mehr so leicht im Griff haben.

Je achtsamer wir uns selbst beobachten, desto besser werden wir mit der Zeit mit uns selbst und damit auch mit anderen umgehen.
Achtsamkeit führt zu Selbstmitgefühl.
Selbstmitgefühl führt zu Selbstliebe.
Selbstliebe führt zu liebevollem Handeln über uns selbst hinaus.


"Wenn die Achtsamkeit etwas Schönes berührt, offenbart sie dessen Schönheit. Wenn sie etwas Schmerzvolles berührt, wandelt sie es um und heilt es."
Thich Nhat Hanh


Namaste Ihr Lieben

Sonntag, 17. Juni 2018

Der eigene Schmerz

Zeichnung: A.Wende

Es ist schwer zu vertrauen, wenn wir als Kind immer wieder widersprüchliche Botschaften erhalten haben.
Es ist schwer zu lieben, wenn wir als Kind immer wieder Schmerz erfahren haben.
Es ist schwer die Kontrolle aufzugeben, wenn wir als Kind immer wieder Unberechenbarkeit und Unzuverlässigkeit erfahren haben.
Es ist schwer uns selbst gut zu behandeln, wenn wir als Kind immer wieder schlecht behandelt wurden.


All das ist so schwer, dass wir ein Leben lang versuchen dieses Schwere loszuwerden.
Also versuchen wir es: Wir versuchen zu vertrauen und werden wieder enttäuscht. Wir versuchen zu lieben und erfahren immer wieder Schmerz. Wir versuchen zu kontrollieren und erfahren immer wieder Unberechenbarkeit. Wir versuchen uns selbst gut zu behandeln und behandeln uns immer wieder schlecht.
All das sind untaugliche Versuche, die uns nur mehr vom Schweren bringen.

All das erfahren wir durch andere, glauben wir, und sehen nicht, dass wir es durch uns selbst und unseren Schmerz wieder und wieder erfahren.

Wir kommen vom Schweren nicht weg solange wir uns nicht unserem eigenen Schmerz zuwenden.
Wir finden kein Vertrauen, wenn wir uns selbst nicht vertrauen.
Wir können nicht lieben, solange wir uns selbst nicht lieben.
Wir können die Kontrolle nicht aufgeben, solange wir uns selbst kontrollieren.
Wir können nichts von anderen bekommen, was wir uns selbst nicht geben können.
Es hilft nicht den Schmerz zu ignorieren.
Es hilft nicht in immer neuen Beziehungen die Liebe und all das zu suchen, was wir als Kind nicht bekommen haben.
Es hilft nicht, weil wir immer nur das bekommen werden, was wir in uns tragen: Schmerz.
Wir bekommen immer nur das altbekannte Gefühl der Kindheit.
Wir bekommen es solange, bis wir uns endlich selbst dem verletzten Kind in uns zuwenden, solange bis wir die Trennung zwischen uns und dem inneren Kind auflösen und anfangen für dieses Kind hinreichend gute Eltern zu werden. Solange wir das nicht tun, werden wir immer wieder am selben scheitern: An unserem eigenen Schmerz.

Samstag, 16. Juni 2018

Der Weg zur Selbstliebe



Immer wieder höre ich von meinen Klienten oder lese von Euch hier auf meiner Seite den Satz: „Mich selber lieben, dass kann ich nicht, weil ich es nicht fühle.“
Das ist wahr: Was ich nicht fühle, kann ich nicht glauben.
Aber wahr ist auch: Was ich denke, kann ich fühlen.
Wahr ist:
Ich kann mein Denken ändern.
Ich habe die Macht mein Denken zu ändern.
Ich habe die Macht mein Denken über mich selbst zu ändern.
Ich habe die Macht durch meine Gedanken meine Gefühle zu verändern.

Die meisten Menschen aber glauben das nicht. Sie hören es, sie lesen es, aber sie können es nicht als Wahrheit annehmen, weil die alten Wahrheiten in ihren Köpfen so mächtig sind. Viele Menschen fühlen sich ein Leben lang als Opfer der Umstände, als Opfer ihrer Programmierungen, als Opfer einer vergifteten Kindheit, als Opfer ihrer eigenen Unzulänglichkeit, als Opfer ihrer eigenen Unfähigkeit nicht der zu sein, der sie sein wollen.

Ich kenne das gut. Ich habe lange gebraucht um mich selbst zu lieben. Und noch heute gibt es Tage oder Phasen wo es mir nicht gelingt und ich in den alten Modus zurückfalle und mich ohnmächtig fühle. Besonders dann wenn mich ein Mensch, der mir viel bedeutet verletzt. Dann fühle ich mich gar nicht mehr so liebenswert. Ich fühle mich schlecht und denke, was habe ich nur getan, dass mir so etwas passiert und wenn es ganz schlimm ist, wenn mich ein Mensch, den ich liebe, benutzt, belügt oder betrügt, dann kommt dieses alte Gefühl wieder hoch: Ich bin nicht liebenswert genug um geliebt zu werden. Dann spüre ich den Widerstand in mir, dann höre ich all das Ungute was man mir über mich selbst beigebracht hat, dann fallen mir alle Schicksalsschläge ein, die mich getroffen haben, dann verliere ich den Boden unter den Füßen ich und fühle mich genauso wie damals als Kind – wertlos, verlassen und ganz und gar nicht liebenswert.
Es ist okay!, sage ich mir dann.
Es ist okay, dass du dich jetzt so fühlst!
Mit diesem „Es ist okay!“, beginnt sie, die Liebe zu uns selbst.

Um uns selbst lieben zu lernen, ist es wichtig erst einmal aus dem Widerstand herauszukommen und das geht indem du beginnst dich selbst zu akzeptieren, so wie du jetzt bist, so wie du dich jetzt fühlst, so wie du jetzt in diesem Moment in der Zeit gerade drauf bist.
Selbstliebe beginnt genau mit dieser Akzeptanz und sie beginnt mit dem Mitgefühl für dich selbst.
Es ist okay! zu fühlen, was du fühlst.
Es ist zwar nicht schön, aber es ist okay.

Wenn du alle Illusionen, alles was man dir über dich selbst zu denken beigebracht hat, alle Konditionierungen der Gesellschaft einmal durchdrungen hast, wirst erkennen, dass der Weg zu Selbstliebe darin besteht, dich selbst so anzunehmen wie du bist, mit allen unguten Gefühlen, mit all deinen kleinen und großen Macken, mit all deinen Zweifeln, deinen Verletzungen, deinen Ängsten, mit allem, was dich ausmacht und dennoch gut zu dir selbst zu sein. Gerade deshalb gut zu dir selbst zu sein.

Nobody is perfect. Wir alle lernen in diesem Leben, jeden einzelnen Tag, mit jeder Erfahrung und mit jeder Begegnung, mit dem Guten was wir erfahren und mit dem Unguten was wir erfahren, aber das Entscheidende um uns selbst lieben zu lernen ist, das zu verlernen was man uns über uns beigebracht hat, nämlich, dass wir so und so sein müssen um liebenswert zu sein.
Es ist okay! Wir sind okay, so wie wir sind.
Es ist okay, dass wir nicht so schnell lernen wie wir es von uns erwarten, es ist okay, dass wir immer wieder in alte Muster zurückfallen, es ist okay, dass wir versagen und scheitern, es ist okay, denn genau das ist das Leben.

Liebst du das Leben? Liebst du es trotz allem was es dir beschert, trotz der schweren Zeiten? Liebst du die schönen Dinge? Kannst du sie auch im größten Kummer sehen und wertschätzen? Bist du dankbar, dafür was du hast, auch in schlechten Zeiten? Kannst du sehen was du hast und nicht damit hadern, was du nicht hast oder nicht mehr hast?
Wenn ja, dann hast du eine sehr gute Chance dich selbst lieben zu lernen, denn du bist das Leben selbst, mit allem was dich ausmacht.

Selbstliebe geht nicht auf Knopfdruck. Der Weg zu ihr hin, zu dir hin, ist eine Entscheidung und die triffst allein du selbst. Keiner kann das für dich erledigen. Und niemand kann dich daran hindern, wenn du es wirklich willst. Es ist deine Aufgabe, wenn du sie annimmst.
Jeder lernt auf seine Weise. Die einen schneller, die anderen langsamer. Am Besten lernt der, der weiß, dass es immer wieder Rückschritte und Rückschläge gibt, dass das Leben alles ist: Freude und Leid, Glück und Unglück, Gewinn und Verlust, Begegnung und Abschied, Krankheit und Tod. All das erleben wir alle, aber wenn wir es zu persönlich nehmen können wir damit nicht einverstanden sein. Dann hadern wir und finden uns selbst und unser Leben nicht liebenswert.

Gelerntes Zeit braucht um es zu verinnerlichen. Und so ist es mit der Selbstliebe. Wir lernen sie jeder auf seine Weise. Manche brauchen sogar viele Rückschläge um endlich den Widerstand gegen sich selbst aufzugeben.
Es ist okay!

Namaste Ihr Lieben.

www.wende-praxis.de

Freitag, 8. Juni 2018

Gedankensplitter

Foto: AW

Das Leben schenkt dir destruktive Beziehungen? 
Dann hast du noch keinen Weg gefunden gute Beziehungen zu leben. 
Das Leben schenkt dir Alleinsein?
Dann hast du noch keinen Weg gefunden, mit dem Alleinsein umzugehen.