Montag, 7. April 2025

Von Bedeutung


 


 

Der Zustand der Welt betrifft uns alle auf unterschiedliche Weise.

Es ist jetzt von größter Bedeutung, 

Wege zu finden, um unsere psychische Gesundheit zu erhalten.


Sonntag, 6. April 2025

Warum ich den Bodhisattva so mag

 

                                                                            Foto: Pixybay


Der Begriff Bodhisattva setzt sich zusammen aus: Sattva – fühlendes Wesen und Bodhi – Erwachen, Erleuchtung, absolute Bewusstheit. Er ist ein zentraler Begriff im Mahayana-Buddhismus und bezeichnet einen Menschen, dessen Ziel es ist die Erleuchtung zu erreichen und der aus Mitgefühl beschließt, anderen Wesen zu helfen, ebenfalls Erleuchtung zu erlangen.
Der Weg eines Bodhisattva ist geprägt von der Entwicklung von Eigenschaften wie Mitgefühl, Weisheit, Geduld und Selbstlosigkeit. Der Bodhisattva ist für mich mehr als nur ein Konzept im Buddhismus - er ist ein Symbol für tiefes Mitgefühl und die Hingabe an das Wohlergehen aller fühlenden Wesen.
In einer Welt, die von Gier, Hass, Selbstsucht, Leiden, Schmerz und Verzweiflung geprägt ist, verkörpert er die Hoffnung, dass es einen Weg gibt, Leiden zu lindern und Licht in die Dunkelheit zu bringen.
 
Stell dir vor, du stehst an einem Fluss, der reißend und unberechenbar ist. Auf der anderen Seite siehst du einen Menschen der verzweifelt kämpft, um ans rettende Ufer zu gelangen.
Was tust du?
Was würde ich tun?
Ehrlich gesagt, ich bin mir nicht sicher, was ich tun würde.
Der Bodhisattva weiß genau, was er tut – er zögert nicht ins Wasser zu springen, selbst wenn die Strömung stark ist. Er stellt sein eigenes Wohl zurück, um diesem Menschen zu helfen. Sein Herz ist erfüllt von Mitgefühl. Er sieht nicht nur die Not des anderen, sondern fühlt sie in sich selbst.
Das ist natürlich ein krasses Bild.
Man mag jetzt denken, wie dumm, der riskiert sein eigenes Leben für das Leben eines anderen, aber das macht tiefes Mitgefühl aus – wir fühlen den anderen und haben das dringende Bedürfnis zu helfen. Solche Menschen gibt es, wir nennen sie dann Helden. 
 
Der Weg eines Bodhisattva ist nicht einfach. Er ist geprägt von Herausforderungen, Rückschlägen und dem ständigen Ringen mit den eigenen Ängsten und Zweifeln. Doch der Bodhisattva geht diesen Weg gegen alle Widerstände im Innen und Außen. Was ihn antreibt ist die Liebe zu allen Wesen, und eine tiefe Verbundenheit mit allem, was lebt. Der Bodhisattva weiß, dass jeder Akt des Mitgefühls, jede Geste der Freundlichkeit, eine Veränderung auslösen kann, die über das Hier und Jetzt hinausgeht. Er urteilt und spaltet nicht in Gut und Böse, sondern ist von Mitgefühl unterschiedslos allen Wesen gegenüber erfüllt. 
 
Wir alle haben das Potenzial, Bodhisattvas in unserem Leben zu sein. Wir können die Entscheidung treffen, nicht nur für uns selbst zu leben, sondern auch für andere da zu sein. Jeder von uns kann die Welt ein kleines Stück besser machen, indem wir Verständnis und Mitgefühl zeigen, ein offenes Ohr anbieten oder einfach nur da sind, wenn jemand uns um Hilfe bittet und Unterstützung braucht.
In einer Welt, die zunehmend kälter und unbarmherziger wird, ist der Bodhisattva für mich ein Lichtstrahl im Dunkel. Er lehrt uns, dass wahre Erfüllung nicht im Streben nach persönlichem Glück, Macht und Erfolg liegt, sondern im Dienst für das Ganze. Wenn wir den Weg des Bodhisattva wählen, öffnen wir unser Herz und unsere Hände für andere. Wir verlassen unsere Ich-Zentriertheit und richten unseren Blick auf das Ganze. Jedes Mal wir uns für andere einsetzen, statt nur an unsere eigenen Bedürfnisse zu denken, manifestiert sich bereits in diesem Moment der Bodhisattva in uns.
Für mich ist der Bodhisattva kein naives, träumerisches Ideal, sondern lebendige Realität und ein heilsamer, dringend notwendiger Weg, der uns alle miteinander verbindet und uns in Richtung Frieden führt. 
 
Imagine all the people
Living life in peace
You may say I'm a dreamer
But I'm not the only one
I hope someday you'll join us
And the world will be as one
 
John Lennon 
 
 
Angelika Wende

Freitag, 4. April 2025

Wandle dein Herz, dann wandelt sich dein Sinn

 



 
Von Fernado Pessoa stammt der Satz: "Wenn das Herz denken könnte, stünde es still." Darin liegt so viel Schmerz, dass mir das Herz beim Lesen weh tut.
"Ich kann mein Herz nicht mehr öffnen, weil ich verletzt wurde", diesen Satz höre ich oft in der Praxis und auch sonst. Ich selbst fühlte das nach einer tiefen Verletzung durch einen geliebten Menschen auch so. Denke und glaube ich so, bleibe ich an meinem Schmerz haften. Ich bleibe an denen oder dem haften, die ihn mir zugefügt haben. Ich füge mir selbst über den Schmerz hinaus Leid zu. Ich mache aus Schmerz Leiden, im Glauben mir eine schützende Rüstung um mein Herz legen zu müssen, auf dass mich nichts und niemand mehr berührt und verletzt. Aber, in dieser Rüstung lebt es sich nicht gut. Sie ist hart und eng. Sie macht Atmen schwer, Bewegung schwer, trennt mich von allen, die mir nah kommen wollen. Sie macht allein. Aus Selbstschutz wird Selbstkasteiung.
Es ist schwer sich aus der Verhaftung mit einem alten Schmerz zu herauszulösen, schwer die schützende Rüstung abzulegen im Wissen – jetzt bin ich wieder verletzbar. Schmerz ist wieder möglich. Neuer Schmerz. Manchmal kann es sogar soweit kommen, dass die Rüstung so vertraut oder sogar so liebgeworden ist, weil sie als Schutz für mein verletztes Herz gute Dienste leistet. Das Herz aber wird leiden. Es wird an der Enge langsam ersticken. Es wird an Einsamkeit, an Verbitterung, an Resignation erkranken.
 
Der fanzösische Philosoph Blaise Pascal schrieb einst: "Es gibt eine Vernunft des Herzens, die der Verstand nicht kennt. Man erfährt es bei tausend Dingen." Und: "Wir erkennen die Wahrheit nicht allein mit der Vernunft, sondern auch mit dem Herzen."
Ein verletztes Herz, das sich verschließt, verschließt sich nicht nur der Wahrheit, es verschließt sich der Liebe und der Möglichkeit wieder zu lieben. Es erfährt keine Verbundenheit, nicht mit den Mitmenschen, nicht mit dem Transzendentem, dem Urgrund allen Seins. Es wird hart und zu echtem Mitgefühl ist es nicht mehr fähig. Mitgefühl ist eine Herzensqualität, die Selbstliebe und Liebe zu anderen mit einschließt. Mitgefühl gehört zur Herzensbildung. Und damit verbunden ist die Haltung uns anrühren und berühren zu lassen. Es usn ans herz zu legen, was usn anrührt. Herzensbildung hat mit rationalem Wissen nichts zu tun, es geht um die Freude am Sein, um das Teilen der Freude am Sein, um Verständnis für uns selbst und andere, um die Entfaltung unserer Menschlichkeit in unserem Alltag. 
 
Wandle dein Herz, dann wandelt sich dein Sinn!
Wer mit verschlossenem Herzn durch das Leben geht wird immer nur das sehen, was ungut ist, er wird sich als ausgestoßen, getrennt empfinden oder sich sogar bedroht fühlen. Er wird Menschen und Welt durch eine dunkle Brille sehen und nur noch das Ungute seiner Mitmenschen durch diesen Filter wahrnehmen. Seine Aufmerksamkeit wird all dem entzogen, was gut ist. Er wird blind für das Licht, hart und verurteilend anderen gegenüber, die ihm im Grunde nur den Schatten spiegeln, den er selbst in sich trägt, aber nicht sehen kann.
Um die Rüstung abzulegen und im Herzen zu gesunden, bedarf es der Verantwortungsübernahme für das eigene Leben. Und das bedeutet, uns zu öffnen für das Leben, wieder und wieder, auch wenn wir verletzt sind und auch wenn wir die Gefahr eingehen wieder verletzt zu werden.
 
„Das Leiden, die Not gehört zum Leben dazu, wie das Schicksal und der Tod“ , schreibt Viktor Frankl. Es gibt immer schmerzvolle Dinge und Umstände, denen wir als Mensch unausweichlich begegnen. Es gibt das Schicksal, das manchmal ein Arschloch ist. Es gibt so vieles, was nicht in unserer Hand liegt. Es gibt Erfahrungen, die uns alles abverlangen und denen wir uns stellen können oder nicht. Es gibt Dinge, die unveränderbar sind, egal wie sehr wir uns dagegen wehren. Es gibt Menschen, die uns enttäuschen und verletzen. Es gibt so vieles, was unser Herz kränken kann. Ich kenne fast alles. Aber niemals habe ich mein Herz verschlossen, weil ich weiß, ein verschlossenes Herz wird auf Dauer krank und weil ich das Leben liebe, trotz allem, was es an Ungutem gibt. Immer wieder, wenn ich raus gehe, mich in mein Lieblingscafé setze, habe ich schöne Begegnungen. Gesetern hatte ich eine solche Begegnung mit einer Frau meines Alters. Wir hatten ein wunderbares Gespräch, ich fühlte eine tiefe Verbundheit. Am Ende ging sie zum Bezahlen ins Café. Sie kam heraus und machte mir ein kleines Geschenk. Eine köstliche Tafel Schockolade. "Danke", sagte sie und ging mit einem Lächeln. Ich ging mit einem Lächeln, dankbar für diese Begegnung.
Ich erzählte es meinem Sohn, der sagte: "Wahnsinn, Mama, was du immer für Begegnungen hast."
 
Wie wir mit einem erletzen Herzen umgehen, wie wir wählen damit umzugehen, liegt in unserer Hand. Was wir damit machen, liegt in unserer Hand. Das entscheiden wir selbst. Jeden Tag haben wir neu die Wahl, angesichts des Schmerzes, den wir fühlen zu resignieren oder aus dem Schmerz heraus unser Leben neu zu gestalten, indem wir den Sinn im Erfahrenen zu erkennen suchen, indem wir uns fragen: Aus welchem Grund bin ich in dieser Lage? Was will das Leben jetzt von mir? Worin könnte meine Aufgabe, meine Herausforderung liegen?
„Es ist das Leben, das uns die Fragen stellt, wir haben zu antworten und diese Antworten zu ver-antworten“, Nichts anderes kommt uns Menschen zu!“, schreibt Frankl weiter.
Was heißt das?
Es heißt die Herausforderung anzunehmen indem wir uns zu fragen: Wozu fordert mich mein verletztes Herz heraus?
Und: Welche Antwort will ich geben?
Will ich mein Leid vermehren oder es wandeln?
Wandlung hat einen Preis, nämlich den, die scheinbar sichere Rüstung abzulegen, den Schmerz irgendwann sein zulassen, die Verbitterung und die Resignation loszulassen und aufhören zu sagen: "Ich kann mein Herz nicht mehr öffnen, weil ich verletzt wurde." Denn das wird zu einem das Herz verhärtenden Gluabenssatz.
 
Auch ein verletztes Herz kann wieder ganz werden, nicht mehr ganz so ganz wie es einmal war, aber mutiger, weicher, wissender, weiser, mitfühlender, ehrlicher und wahrhaftiger sich selbst und damit anderen gegenüber.
Wir könnten die Rüstung ablegen und uns fragen:
Was will ich aus meinen Herzen heraus in die Welt geben?
 
Angelika Wende 

Mittwoch, 2. April 2025

Worauf wartest Du?

 


 
Worauf wartest Du?
Mit warten verschwendest du dein Leben!
Du musst was machen!
Du musst dich bewegen!
Du musst handeln!
Du musst das jetzt ändern!
Wer sagt das?
Ist das so?
Manchmal geraten wir in Situationen in denen wir ausgebremst werden, wir geraten in Situationen, die uns missfallen, weil sie nicht so sind, wie wir das gerne hätten, wir geraten in Situationen, in denen wir keine Lösungen finden und keine Entscheidung fällen können, wir geraten in Situationen, in denen wir einfach nicht weiter wissen. Wir geraten in Situationen, in denen uns die Häne gebnden sind. Wir sitzen da und alles was wir gerade tun können ist: Sit and wait. Und das mögen die meisten Menschen gar nicht.
Ein Beispiel:
Mein Klient ist seit einem Jahr Single und hält es mit sich selbst nicht aus. Er braucht eine Beziehung um sich, wie er sagt, „gut zu fühlen“, findet aber, trotz aller Anstrengungen, keine Partnerin. Er ist täglich auf Tinder und vielen anderen Dating-Portalen aktiv, er hat jede Woche mindestens ein Date, aber außer kurzen Begegnungen und One-Night-Stands tut sich nichts. Er strengt sich an um sein Glück zu schmieden, er investiert eine Menge Energie in seine Suche, er hat ein klares Ziel, aber sein Beziehungsglück stellt sich einfach nicht ein. Er ist total frustriert, schwankt zwischen Wut und Traurigkeit, weil er das, was er will nicht bekommt.
Als ich ihn frage, ob es nicht sinnvoll wäre in dieser Zeit als Single an sich selbst zu arbeiten, um sich mit sich selbst wohler zu fühlen, winkt er ab: „Ich vergeude doch keine sinnlose Zeit mit warten!“
Warten - vergeudete, sinnlose Zeit?
Kann man Zeit vergeuden?
Kann Zeit sinnlos sein, wenn wir nicht haben, was wir meinen zu brauchen?
Ist warten immer ein Warten auf Godot?
Ist warten falsch?
Gibt es nur entweder oder?
Oder gibt es ein Dazwischen - eine Zeit des Wartens, die durchaus sinnvoll sein kann?
Sind im Warten nicht auch Möglichkeiten verborgen, nämlich die Zeit des Wartens und was sie beinhaltet zu entdecken, zu nutzen und zu gestalten?
Warten, wie auch immer wie es für uns definieren mögen, beinhaltet Geduld. 
 
Geduld ist eine Tugend und eine Fähigkeit.
Geduld ist ein Zeichen von Stärke und Zähigkeit.
Geduld ist ein innerer Zustand, der von äußeren Umständen unabhängig ist.
Geduld beinhaltet das Erkennen, dass nicht die Situation, sondern meine Einstellung und meine Erwartung das Problem ist.
Geduld ist die Fähigkeit, eine innere Spannung anzunehmen, ohne mich dabei zu verspannen.
Geduld ist eine Übung im Durchhalten
Geduld ist Gelassenheit.
Geduld wird in unserer „schneller, höher, weiter“ Zeit leider unterschätzt.
„Don´t push the river it flows by itself“, ist ein Satz, der mir in vielen Situationen des Wartens geholfen hat.
Dieses Zitat soll von Barry Stevens stammen, einer amerikanischen Psychotherapeutin, die in ihrem gleichnamigen Buch ihre persönlichen Erlebnisse in einer von Fritz Perls gegründeten Gestalt-Gemeinschaft in Kanada beschreibt.
Don´t push the river …
übe dich in Geduld. 
 
Geduld kann warten und Wünsche zurückstellen.
Geduld sagt ja zu dem was ist, im Wissen, dass nichts bleibt wie es ist.
Geduld erträgt Mühen und kann Schmerz aushalten.
Geduld kann Rückschläge einstecken, dran bleiben, durchhalten. Geduld erinnert uns daran, dass die Dinge Zeit und Hingabe benötigen, um sich zu entwickeln.
Geduld kann auch unschöne Gefühle annehmen und sagen: Es ist jetzt wie ist es. Es ist okay.
Geduld kann Impulse kontrollieren, sie treibt sich nicht an.
Geduld hat gelernt sich nicht unter Stress zu setzen um alles sofort haben oder schaffen zu müssen.
Geduld kann zuwarten und abwarten.
Geduld weiß um den Wert von kleinen Erfolgen und Teilzielen.
Geduld verschwendet keine Energie an Unrast und Eile.
Geduld kennt den Wert von Entschleunigung und Stille.
Geduld weiß um den Sinn von Achtsamkeit und Präsenz im Moment.
Geduld vertraut in den Prozess des Lebens.
Geduld ist das Vertrauen, dass das für uns Richtige geschehen wird.
Geduld steuert nicht auf das ferne Endziel, sondern agiert aufmerksam im Hier & Jetzt.
Geduld weiß um den Prozess der Dinge.
Geduld hat gelernt nicht auf das Ziel zu starren, sondern die Reise zu schätzen.
Geduld weiß: Der Weg ist das Ziel. 
 
"Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen."
Blaise Pascal 
 
Angelika Wende
Kontakt:aw@wende-praxis.de