Selbstvertrauen ist die
Basis für ein gewisses Maß an innerem Frieden und die Fähigkeit ein
selbstbestimmtes Leben zu gestalten. Wer sich selbst nicht vertraut, ist
mit sich selbst nicht einig, er ist innerlich zerrissen, er hat kein
Vertrauen in das Leben und nicht in andere. Ohne uns selbst zu vertrauen
leben wir in einem ständigen inneren Kampf, der nichts anderes ist als
der Widerstand gegen unser Selbst, das nie gelernt hat sich
wertzuschätzen, aber es doch will.
Die größte Angst eines Menschen, der sich selbst nicht vertraut, ist die Angst vor sich selbst.
Hirnforscher haben herausgefunden, dass bei Menschen mit geringem
Selbstvertrauen der Mandelkern, die Gehirnregion, die man auch
Angstzentrum nennt, besonders aktiv ist. Diese Menschen wittern überall
Gefahren, selbst dort, wo keine sind. Mangelndes Selbstvertrauen,
basierend auf mangelndem Selbstbewusstsein, so die gängige Lehrmeinung,
können Kinder bereits mit zweieinhalb Jahren entwickeln. Mit fünf ist
die Ausbildung des Selbstwertgefühls größtenteils abgeschlossen, bis zum
20. Lebensjahr erfolgt nur noch die Feinabstimmung.
Ein geringes
Selbstvertrauen ist uns nicht in die Wiege gelegt, es ist erworben,
d.h. erlernt. Niemand kommt mit einem geringen Selbstvertrauen auf die
Welt. Wenn wir uns nichts zutrauen, unsicher und gehemmt sind, dann
deshalb, weil wir schon als Kind Erfahrungen gemacht haben, die in uns
das Gefühl hinterlassen haben, dass mit uns etwas nicht stimmt, dass wir
nicht okay sind, so wie wir sind.
Diese Erfahrungen sind der
Grund dafür, dass wir bis ins Erwachsenenalter eine Stimme in uns
tragen, die nie ein gutes Wort für uns übrig hat. Wir leben mit einem
inneren Kritiker, der unser Selbstwertgefühl ständig angreift und
vernichten will, einem Fremden in uns, der uns auf eine subtile Weise
beherrscht und nur ein Ziel hat - uns von unserem wahren Wesenskern
abzuschneiden.
Die Stimme dieses inneren Kritikers klingt so
laut, so unfehlbar, so mächtig und wahr, als käme sie direkt von Gott.
Sie beeinflusst unsere Gefühle, unsere Gedanken und damit unsere
Handlungen. Oft sind wir uns dieser Stimme nicht einmal bewusst. Aber
bewusst oder unbewusst, sie schafft es uns zu fragmentieren und klein zu
machen, wo und wann immer es geht. Sie schafft es uns Dinge zu
verbieten, die wir uns wünschen, sie schafft es uns zu demontieren bevor
wir uns überhaupt aufrichten, sie schafft es uns anzutreiben wo wir
längst hundemüde sind und sie schafft es uns unser inneres Licht zu
verdunkeln, das leuchten will. Der innere Kritiker ist so alt wie unser
Bewusstsein über uns selbst, das sich in den ersten Lebensjahren
gebildet hat. Dieses Bewusstsein unserer selbst wurde uns
eingepflanzt von den ersten Menschen in unserem Leben, die uns unbewusst
oder bewusst ständig auf unsere Schwächen aufmerksam gemacht und/oder
uns mit vernichtenden Worten und abweisendem, lieblosen Verhalten
bestraft haben, wenn wir nicht so waren, wie sie es von uns erwartet
haben.
Nicht wir konnten entscheiden, andere haben für uns
entschieden und damit die Basis gelegt, dafür wie wir uns mit uns selbst
und dem Leben fühlen, was wir über uns denken und was wir über uns und
das Leben glauben. Sie haben den Nährboden bereitet für das Nichtwissen,
was wir wirklich fühlen und fühlen dürfen, was wir wollen und wer wir
im tiefsten Kern unseres Wesens sind. Und wir haben ihnen geglaubt, weil
sie die Großen waren und wir klein und nicht fähig zu unterscheiden was
wahr ist und was nicht. Diese innere Mutter und dieser innere Vater
leben seither in unserer Seele und - waren sie nicht für uns, sind wir
es auch nicht.
Es ist unvorstellbar wie sehr Menschen sogar noch
im höheren Alter von diesen inneren Eltern gegängelt, gemaßregelt,
angetrieben und unterdrückt werden. Wie sie Überzeugungen folgen, die
nicht die Ihren sind obgleich sie spüren, dass diese Überzeugungen weder
förderlich noch hilfreich für ihr Leben sind. Und auch wenn sie lernen
diese Überzeugungen auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen und
feststellen, dass diese höchst destruktiv sind – iher Gefühle ändern
sich dadurch nicht. Immer ist da dieser Zweifel, dieser kindliche
Glaube, die könnten ja doch Recht haben mit dem was sie mir über mich zu
denken beigebracht haben.
Was man uns eingepflanzt hat sitzt.
Es sitzt so tief, dass es ein wahrhaft schweres Unterfangen ist uns von
all dem Mist, der uns am Leben hindert, zu befreien. Es ist Arbeit,
tägliche Arbeit an uns selbst diese schädlichen Überzeugungen und tief
verinnerlichten Glaubenssätze jedes Mal wenn sie uns wieder das Leben
schwer machen wollen, zu überprüfen ob sie hilfreich für uns sind oder
nicht. Dazu braucht es Disziplin, Geduld und ein hohes Maß an
Hartnäckigkeit, das nur wenige Menschen aufzubringen bereit sind. Aber
es lohnt sich ihm jedes Mal, wenn sich der innere Kritiker aufbläst mit
einem: „Woher willst du das wissen?“ oder einem: „Das ist nicht
hilfreich!“ die Luft abzulassen. Der Lohn dieser Arbeit ist auf lange
Sicht eine wachsende innere Freiheit, die uns ganz nebenbei das Geschenk
des Selbstvertrauens macht. Und mit der Zeit lernen wir wer wir sind.
Wissen wer man ist - dazu gehört vor allem sich selbst vertrauen und
"ja" zu sagen zu dem, was uns ausmacht. Dazu gehört auch – „ja“ sagen,
zu jedem einzelnen der vielen Teile, die in uns hausen. „Ja“ zu sagen
auch zum inneren Kritiker und vor allem - ihn ausfindig zu machen, ihn
zu identifizieren, ihm ein Gesicht zu geben, damit sein dubioses
machtvolles Wesen entlarvt wird und ans Licht kommt, denn da muss er
hin, damit wir uns von ihm distanzieren können. Wir müssen ihn mit all
seinen Tricks kennen lernen um ihn in die Schranken zu weisen, diesen
fremden Bewohner, der in unserem Haus lebt. Wer mag schon Fremde
in der eigenen Stube, die einen beherrschen und das Leben und unsere
Beziehungen vergiften, vor allem, die zu uns selbst?
Wenn wir
unser Selbstvertrauen steigern möchten, ist es unabdingbar, der
negativen Stimme in uns etwas Kraftvolles entgegenzusetzen, das sie
hinterfragt und dann in ihre Schranken weist. Wie gesagt, einfach ist
das nicht, denn was uns als Kind eingepflanzt wurde, ist mit uns
verwachsen. Auch wenn wir es immer wieder herausreißen, es wächst nach
wie Unkraut. Die Arbeit mit diesem Unkraut ist wie die Gartenarbeit. Sie
hört nicht auf. Kümmern wir uns nicht ständig um unseren Garten, wird
er vom Unkraut überwuchert.
Lassen wir uns aber von Zweifeln
beherrschen werden wir uns jeden Tag fragen – soll, will ich meinen
Garten pflegen oder nicht? Und wir werden es im Zweifel nicht tun, je
nachdem welcher Stimme in uns wir folgen. Erkennen wir den Grund der
Zweifel an uns selbst werden wir unterscheiden lernen, wann der innere
Kritiker uns davon abhält und wir werden ihn dorthin verbannen wo er
hingehört - zu denen, die ihn uns eingepflanzt haben und zu ihm sagen:
„Ich stehe dir nicht mehr zur Verfügung, ich habe Besseres zu tun: Ich
kümmere mich um meinen Garten, damit er blüht.“
Ich danke einer
lieben Klientin für die Zeichnung des aufgeblasenen Möchtegern
Besserwissers, die mir die Erlaubnis gab ihn hier zu veröffentlichen.
Namaste Ihr Lieben
Angelika Wende
www.wende-praxis.de