frieden
empathie
achtung
menschliches miteinander
gegenseitige hilfe
sehen nicht wegsehen
verstehen nicht verurteilen
handeln nicht wünschen
zuversicht
L I E B E
Freitag, 23. Dezember 2011
Mittwoch, 21. Dezember 2011
ZWINGEND
da war sie wieder die stimme in ihrem kopf.
leise, dann immer lauter drang sie in all die anderen gedanken, schob sie zu seite, breitete sich aus, unüberhörbar.
leise, dann immer lauter drang sie in all die anderen gedanken, schob sie zu seite, breitete sich aus, unüberhörbar.
lisa hielt sich die ohren zu. es half nichts. sie wusste es, die stimme kam nicht von aussen, es war nutzlos sich die ohren zuzuhalten. sie hatte sich lange gewehrt, maßnahmen ergriffen um sie nicht zu hören, über sie hinweg zu hören oder durch sie hindurch. sie hatte das radio angestellt, eine cd in den cd player geschoben und sich die kopfhörer aufgesetzt, sie hatte sich unter die dusche gestellt, das wasser laufen lassen, am anfang und immer wieder, bis sie begriff - es waren untaugliche versuche. lisas lösungsstrategien waren begrenzt, das laute der stimme unbegrenzt.
sie war unberechenbar. wann sie sich meldete konnte lisa nicht vorhersagen. die stimme hatte ein eigenleben, in ihr, ihrem leben, war gewachsen mit ihr wie eine pflanze. wie efeu, dachte lisa, wildwuchs. ein überwucherndes wildes, das nicht auszumerzen war.
in ihren ohren dröhnte es. geh weg, forderte sie die stimme auf, leise, dann lauter gegen die stimme ansprechend. die stimme lauter werdend mit lisas lautem, lachte höhnisch: du taugst nichts, aus dir wird nichts. das war noch auszuhalten. dann folgte der satz, der immer folgte, unweigerlich als letzter aller sätze: du bist die nachgeburt, die wir großgezogen haben.
dia nachgeburt, die raus kam, nachdem das kind geboren war. ein blutiger klumpen nutzlos gewordenenen mutterkuchens, rohes fleisch. anfangs ekelte sie sich vor dem bild, dann vor sich selbst. der ekel hatte den waschzwang ausgelöst. die weiß verbundenen hände über die ohren legend, dachte lisa an den vater.
sie hatte ihm nichts recht machen können. sie hatte es versucht. der vater sah sie nicht, wollte sie nicht sehen. warum das so war wusste sie nicht, beschloss, dass er es nicht konnte, weil sie kein recht hatte zu sein.
später sagte er einmal, sie habe sein leben zerstört mit ihrem dasein und das leben der mutter, die vieles gewollt hatte nur lisa nicht, dass es ein unfall gewesen sei ihr leben. ein unfall, der blutige klumpen, der sie war. das war stimmig. sie hatte sich unsichtbar gemacht dann. ein stilles kind, das gut lernte, aber sich nicht meldete im unterricht. ein unauffälliges mädchen. auffällig geworden, als es zur frau zu werden begann. die wachsende brust mit tüchern wegebunden. die haare kurz geschoren und immer allein im zimmer nach der schule, den vater nicht stören wollend. die mutter sich selbst beklagend, weinflaschen im nachttisch versteckend, resignierte traurigkeit wie eine anklage dem kind entgegen haltend.
lisa wollte sich auflösen, wusch es ab das sichauflösenwollende, hundert mal am tag. die hände verbunden wie die brust, dann.
die stimme schwieg. lisa weinte ein bisschen, holte die salbe aus dem schränkchen im badezimmer, wickelte den weißen verband auf, sah den blutigen klumpen rohes fleisch in beiden händen. sie musste ihn abwaschen, zwingend.
Dienstag, 20. Dezember 2011
GLÜCK - Eine Entscheidung?
Postives Denken ist die Formel des Zeitgeistes und ihre Vertreter verdienen daran, es jenen beizubringen, die das nicht können mit dem positiven Denken und es unbedingt lernen wollen. Alle wollen glücklich sein. Warum sonst leben wir, wenn nicht um glücklich zu sein?
Ist das wirklich wahr?
Sei der Antike sind das Glück und die Frage nach einem glücklichen Leben ein großes Thema in der Philosophie. Schon Aristoteles schrieb: " Das Glück wollen alle, die Gebildeten und die Vielen". Nicht wenige Menschen glauben, das Leben selbst trägt den Anspruch auf das Glück in sich. Die Option auf Erfüllung garantiert es uns jedoch nicht. Vielmehr zeigt uns das Leben anderes. Das Glück ist wie die Liebe zwischen Mann und Frau, launisch und vergänglich. Auch darüber schreiben die Philosophen und wer lange genug lebt wird dies bestätigen. Schopenhauer, formuliert das mit dem Glück so: "Es kommt bei der Lebenskunst gerade nicht darauf an, sich geschickt durchs Leben zu manövrieren, sondern darauf Schmerzen zu überwinden und das Leben selbst zu gestalten.“
Das eigene Leben gestalten, Moment für Moment, auch in den Momenten wo das Glück abwesend ist, zu sehen, dass genau das unser Leben ist. Was für ein Glück!
Glück ist keine Entscheidung, die der Mensch trifft, es ist eine Sehnsucht. Sehnsüchte tragen in sich, dass sie meist unerfüllt bleiben. Sie entspringen einem Mangel, sind ein Suchen. Die Sehnsucht ist zukunftsorientiert wie das Glück, das, wenn es abwesend ist, bei vielen Menschen zu einem zukunftsorientierten Seinszustand wird. Oh nein, ich habe nichts gegen das Glück, ich habe es selbst oft erfahren, dieses Augenblicksglück, von dem man sich wünscht, so soll es sein, so soll es bleiben. Es bleibt aber nicht. Es geht und wenn wir Glück haben kommt es wieder. Wäre es immer anwesend würden wir es nicht mehr aushalten vor glücklicher Langeweile. Das vollkommene dauertüchtige Glück als Lebensoption ist eine Illusion und das ist gut so, denn nur durch das Erleben und Durchleben verschiedenster Gefühlszustände wächst der Mensch. Da halte ich es mit Nietzsche, der konstatierte, dass sich die Lebenskunst an Intensität, nicht an Schmerzvermeidung orientiert. Lebenskunst bedeutet nicht, Leid und Schmerz partout vermeiden zu wollen, abgesehen davon, dass dies auch ein unmögliches Unterfangen ist, sie bedeutet intensive Erfahrungen zuzulassen. Nichts ist öder als eine linear verlaufende Lebensspur. Das Leben verläuft episch und das bei den meisten Menschen. Was für ein Glück!
Das ständige Streben nach Glück birgt ein bitteres Gift in sich.
Es bedeutet unzufrieden zu sein mit dem was ist, es bedeutet sich immer neue Ziele setzen zu müssen, sie erreichen zu müssen, es bedeutet getrieben zu sein in die Zukunft, die bessere bitte, und es bedeutet ein Herausfallen aus dem Jetzt wie es ist. Es bedeutet das Jetzt nicht wahrzunehmen, den Verlust der Achtsamkeit auf den Moment und ein ständiges abwesend Sein von dem, was uns das Leben gerade vor die Füße legt, damit wir es aufheben und etwas damit gestalten. Stefan Grammel hat es einmal so formuliert: "Eine grundsätzliche Übung für alle, die ihr Unglück suchen, ist eine intensive Beschäftigung mit dem Glück." Glück als Lebensziel ist eine Verirrung aus dem Jetzt in eine unwägbare Zukunft. Der Anspruch auf das Glück und der Glaube es mit positiven Affirmationen einfach herbeidenken zu können gleicht einer Verachtung des Lebens, seiner Vielfalt und Unerwartbarkeiten, es ist Undank und mangelnde Demut. Glück kann nicht das Ziel sein, sondern der Lohn.
Glück ist niemals eine Entscheidung - es ist eine Fähigkeit, die wir in uns tragen oder nicht.
Es kann auch keine Entscheidung sein, denn eine Entscheidung bedeutet es folgt dieser ein Tun. Glücklich tun können wir nicht, ebenso wenig wie wir andere glücklich machen können oder sie uns. Glück ist ein Seinszustand in einem Moment in der Zeit. Es ist flüchtig und freiheitsliebend wie die Liebe: Beide begegnen uns ohne unser Zutun und sie verlassen uns ohne unser Zutun. Das Schöne und Gute lässt sich nicht zwingen und nicht halten. Das ist Leben - Veränderung. Was wir aber tun können ist offen zu sein für Möglichkeiten. Glücklich ist, der das vermag!
Gerade weil das Glück eine Möglichkeit ist, ist es so kostbar. Aber das Kostbare verschwendet sich nicht, denn dadurch verliert es seine Kostbarkeit. Wollen wir uns für das Glück entscheiden und es gar herbeiwünschen oder sogar einfordern, legen wir es in Ketten. Wiederum legen wir uns mit der Entscheidung glücklich sein zu wollen in Ketten, denn wir nehmen das kleine Glück nicht mehr wahr.
Und nein, nicht jeder ist sein Glückes Schmied. Das Leben und alle seine vergeblichen Glücksschmiedereien haben es uns längst bewiesen.
Solang Du nach dem Glücke jagst,
bist du nicht reif zum Glücklichsein
und wäre alles Liebste Dein.
Solang Du um Verlorenes klagst
und Ziele hast und rastlos bist,
weißt Du noch nicht was Friede ist.
Erst wenn Du jedem Wunsch entsagst,
nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
das Glück nicht mehr mit Namen nennst,
dann reicht Dir des Geschehens Flut
nicht mehr ans Herz,
und Deine Seele ruht.
Hermann Hesse
Montag, 19. Dezember 2011
De MUT
Der Mensch glaubt er hat alles erreicht.
Die Welt ist hochtechnisiert, chemisiert, industrialisiert. Ein Ende dieses Prozesses ist nicht absehbar, getrieben vom Gedanken an ein noch besser, noch mehr, dreht sich die Welt mit uns und sie dreht sich immer schneller diese Welt, die wir die wir zu beherrschen glauben. Aber um uns herum bröckelt, was wir für Gold halten, nur weil es so schön glänzt. Was dahinter sichtbar ist glänzt nicht.
Da ist eine Welt voller Kathastrophen, eine Natur, die zurückschlägt, eine Wirtschaft, die sich seit Jahren in der Krise befindet, da sind immer mehr Menschen die alles verlieren, da sind Krankheiten wie Depression, Ängste, Krebs und Alkoholismus, die sich ausbreiten und da sind unsere Kinder, die keinen Halt mehr finden, ich könnte endlos weiter aufzählen.
Unmenschlichkeit, Härte, Gewalt und Empathielosigkeit breiten sich aus in dieser Welt, in der das Geld regiert und als das Maß aller Dinge gilt, auf Kosten der Menschlichkeit, im Sinne - wie der Mensch sein könnte.
Wir befinden uns in einem Zustand, den zu reparieren fast unmöglich geworden ist. Viele Menschen sehen das und viele Menschen wissen - es ist Zeit nach Innen zu gehen, zu hinterfragen und Lösungen zu finden.
Es ist Zeit ein neues Bewusstsein zuzulassen. Es gibt so viele Zeichen.
Unsere Generation gehört zu den Zerstörern. Diese Einsicht sollte dazu führen, uns selbst und unseren Kindern die Kraft und den Mut zu geben neu zu denken und zu fühlen, den Mut menschlicher, vorrausschauender und klüger zu handeln. Wir wissen alle wie eine Kindheit nicht sein sollte - allein deshalb sollten wir darauf achten unseren Kindern Liebe, Achtung und Respekt vor dem Leben in jeglicher Form und vor allem Selbstwertgefühl mitzugeben.
Aber was ist die Realität?
Unsere Kinder sollen funktionieren. Es gibt Kinder, die sich wehren, die sich dem verweigern, was wir von ihnen fordern. Das sind dann die schwierigen Kinder, die mit Aufmerksamkeitsdesinfizitsyndromen, die Leistungsverweigerer, die die ausbrechen auf irgendeine Weise und sich dabei sogar selbst verletzten, weil sie verletzt sind, weil sie ohnmächtig sind gegenüber all den Erwartungen, die wir an sie stellen und die sie nicht erfüllen können, weil wir sie überfordern.
Diese Kinder reagieren normal, nomaler als die Angepassten.
Ihre kleine Rebellion ist das Zeichen eines gesunden Lebensgefühls, das man ihnen austreiben will, damit sie wie die Überzahl der Menschen keinen eigenen Willen haben, keine Ambitionen selbst zu denken, damit sie funktionieren. Ich bin froh über diese Kinder, die sich wehren und ich bin zugleich traurig, denn sie haben es unendlich schwer. Aber es sind starke Kinder, stark genug um zu überstehen was noch kommen wird.
Wir hinterlassen ihnen ein trauriges Vermächtnis, eine verletzte Erde, die wir ihrer Schönheit und ihrer Gesundheit beraubt haben und wir machen weiter, obwohl wir wissen - nichts ist gut, obwohl wir wissen, dass wir auf diese Weise nicht weiter machen dürfen.
Das Wesen des Menschen, der im Grunde Gutes will, ist ein destruktives, eine Kraft, die das Gute will und doch das Böse schafft.
Der Motor, der uns antreibt ist die Gier. Sie ist nicht zu stillen. Da brauche ich nicht die Weihnachtszeit um das zu sehen. Sie ist lediglich die sichtbare scheinheilig glitzernde Spitze des gierigen Raffens und Anhäufens von Dingen die kein Mensch braucht, ein Raffen, das sich wie eine Seuche ausbreitet.
Zu viel, zu viel von allem was es zu kaufen gibt, zu haben gibt - vom Wesentlichen viel zu wenig.
Das Wesentliche - Demut!
Ein altmodisches Wort, ein Wort, das, spricht man es laut aus, belächelt wird und der, der es ausspricht.
Die Gier macht uns blind, schüttet uns Sand in die Augen.
Damit wir die Skrupellosigkeit und das Maß der Ausbeutung unseres Planeten und seiner Bewohner übersehen?
Die schlimmsten Fantasien von heute sind die Realität von Morgen, wenn wir nicht bereit sind etwas Wesentliches zu ändern, wenn wir weiter machen wie bisher.
Einige von uns wissen das und eigentlich wissen wir es alle. Und in dieser weihnachtlichen Zeit kriecht dieses Wissen bei vielen Menschen ganz nach oben. So weit hoch, dass es schwer fällt es herunterzuschlucken. Aber wir schlucken ihn runter, diesen dicken Kloß, der raus will, weil wir glauben, wir können ja doch nichts ändern, weil uns der Mut fehlt - der Mut der Demut.
Die Welt ist hochtechnisiert, chemisiert, industrialisiert. Ein Ende dieses Prozesses ist nicht absehbar, getrieben vom Gedanken an ein noch besser, noch mehr, dreht sich die Welt mit uns und sie dreht sich immer schneller diese Welt, die wir die wir zu beherrschen glauben. Aber um uns herum bröckelt, was wir für Gold halten, nur weil es so schön glänzt. Was dahinter sichtbar ist glänzt nicht.
Da ist eine Welt voller Kathastrophen, eine Natur, die zurückschlägt, eine Wirtschaft, die sich seit Jahren in der Krise befindet, da sind immer mehr Menschen die alles verlieren, da sind Krankheiten wie Depression, Ängste, Krebs und Alkoholismus, die sich ausbreiten und da sind unsere Kinder, die keinen Halt mehr finden, ich könnte endlos weiter aufzählen.
Unmenschlichkeit, Härte, Gewalt und Empathielosigkeit breiten sich aus in dieser Welt, in der das Geld regiert und als das Maß aller Dinge gilt, auf Kosten der Menschlichkeit, im Sinne - wie der Mensch sein könnte.
Wir befinden uns in einem Zustand, den zu reparieren fast unmöglich geworden ist. Viele Menschen sehen das und viele Menschen wissen - es ist Zeit nach Innen zu gehen, zu hinterfragen und Lösungen zu finden.
Es ist Zeit ein neues Bewusstsein zuzulassen. Es gibt so viele Zeichen.
Unsere Generation gehört zu den Zerstörern. Diese Einsicht sollte dazu führen, uns selbst und unseren Kindern die Kraft und den Mut zu geben neu zu denken und zu fühlen, den Mut menschlicher, vorrausschauender und klüger zu handeln. Wir wissen alle wie eine Kindheit nicht sein sollte - allein deshalb sollten wir darauf achten unseren Kindern Liebe, Achtung und Respekt vor dem Leben in jeglicher Form und vor allem Selbstwertgefühl mitzugeben.
Aber was ist die Realität?
Unsere Kinder sollen funktionieren. Es gibt Kinder, die sich wehren, die sich dem verweigern, was wir von ihnen fordern. Das sind dann die schwierigen Kinder, die mit Aufmerksamkeitsdesinfizitsyndromen, die Leistungsverweigerer, die die ausbrechen auf irgendeine Weise und sich dabei sogar selbst verletzten, weil sie verletzt sind, weil sie ohnmächtig sind gegenüber all den Erwartungen, die wir an sie stellen und die sie nicht erfüllen können, weil wir sie überfordern.
Diese Kinder reagieren normal, nomaler als die Angepassten.
Ihre kleine Rebellion ist das Zeichen eines gesunden Lebensgefühls, das man ihnen austreiben will, damit sie wie die Überzahl der Menschen keinen eigenen Willen haben, keine Ambitionen selbst zu denken, damit sie funktionieren. Ich bin froh über diese Kinder, die sich wehren und ich bin zugleich traurig, denn sie haben es unendlich schwer. Aber es sind starke Kinder, stark genug um zu überstehen was noch kommen wird.
Wir hinterlassen ihnen ein trauriges Vermächtnis, eine verletzte Erde, die wir ihrer Schönheit und ihrer Gesundheit beraubt haben und wir machen weiter, obwohl wir wissen - nichts ist gut, obwohl wir wissen, dass wir auf diese Weise nicht weiter machen dürfen.
Das Wesen des Menschen, der im Grunde Gutes will, ist ein destruktives, eine Kraft, die das Gute will und doch das Böse schafft.
Der Motor, der uns antreibt ist die Gier. Sie ist nicht zu stillen. Da brauche ich nicht die Weihnachtszeit um das zu sehen. Sie ist lediglich die sichtbare scheinheilig glitzernde Spitze des gierigen Raffens und Anhäufens von Dingen die kein Mensch braucht, ein Raffen, das sich wie eine Seuche ausbreitet.
Zu viel, zu viel von allem was es zu kaufen gibt, zu haben gibt - vom Wesentlichen viel zu wenig.
Das Wesentliche - Demut!
Ein altmodisches Wort, ein Wort, das, spricht man es laut aus, belächelt wird und der, der es ausspricht.
Die Gier macht uns blind, schüttet uns Sand in die Augen.
Damit wir die Skrupellosigkeit und das Maß der Ausbeutung unseres Planeten und seiner Bewohner übersehen?
Die schlimmsten Fantasien von heute sind die Realität von Morgen, wenn wir nicht bereit sind etwas Wesentliches zu ändern, wenn wir weiter machen wie bisher.
Einige von uns wissen das und eigentlich wissen wir es alle. Und in dieser weihnachtlichen Zeit kriecht dieses Wissen bei vielen Menschen ganz nach oben. So weit hoch, dass es schwer fällt es herunterzuschlucken. Aber wir schlucken ihn runter, diesen dicken Kloß, der raus will, weil wir glauben, wir können ja doch nichts ändern, weil uns der Mut fehlt - der Mut der Demut.
Mittwoch, 14. Dezember 2011
ERINNERUNG
sie hatte gewartet, geduldig wie es ihre art war. immer geduldig sein, hatte die mutter ihr eingetrichtert, schon als kind. sie hatte es verinnerlicht, nie war sie ungeduldig gewesen, immer hatte sie den dingen ihre zeit gegeben, gewartet ohne viel einzugreifen in das, was leben war. das nötigste getan und wenig über das nötige hinaus. geduldig hatte sie die schläge des vaters ertragen, wenn er betrunken nach hause kam. geduldig das abklingen des schmerzes erwartet, der über den rücken kroch wie ein rauhes schuppiges tier.
sie litt unter dem schmerzenden rücken. die erinnerung hatte sich in die nervenbahnen verkrochen.
manchmal legte sie sich auf den bauch, fühlte in den schmerz hinein und wartete geduldig bis er verschwand. dann erhob sie sich, schüttelte sich und die erinnerung ab. der rücken beruhigte sich eine weile, bis das tier sich wieder bemerkbar machte. dann wiederholte sie die prozedur.
als der mann seine hände zum ersten mal über ihren rücken gleiten ließ fühlte sie den schmerz intensiv wie damals. er legte sich über das tier. die hände des mannes drückten es tiefer in die haut. das tier, sich einbohrend in die knochen ihres rückgrates.
hör auf, bat sie ihn. hab geduld mit mir. der mann, ungeduldig, wollte ihre haut und sie, die sie ihm nicht geben konnte, zog sich zurück von seinen ungeduldigen händen. eine erklärung gab sie ihm nicht, nur die bitte um die geduld, die ihm fremd war. sie spürte seine ungeduldige unnachgiebigkeit, sein unbedingtes wollen, das ihre geduld ignorierte.
sie traf ihn immer seltener. dachte an den vater, der längst tot war und doch nicht tot, lebendig in ihrem rücken wie das tier, das er auf sie gehetzt hatte. nicht totzukriegen das tier.
manchmal ließ sie das wasser über den rücken laufen, eiskalt, bis es die haut betäubte und über die haut hinaus jedes gefühl. wut war ihr fremd, sie verweigerte sich jedem wollen. das wollen sei es, dass ihr fehle, hatte der psychologe gesagt, den sie besuchte, um dem mann eine chance zu geben und sich. das wollen, das die mutter nicht zugelassen hatte, ersetzt hatte durch die mahnung an die geduld, die stärker war, als die worte des psychologen und das wollen des mannes. das nicht wollen können setzte sie unter druck. das tier kam immer öfter.
manchmal war der schmerz so stark, dass sie sich krankmelden musste, wochenlang. der arbeitgeber, anfangs verständnisvoll, wurde ungeduldig und sie, an die wand gedrängt, wusste nicht was tun. die geduld nützte ihr nichts, war kein ausweg mehr, machte das leben zum käfig. den schlüssel suchend, nicht findend, war sie verzweifelt.
der mann forderte eine entscheidung. sie unfähig sie zu treffen, suchte nach worten, fand keine, ausser er möge geduld haben, sie habe sie auch.
er sei am ende mit seiner geduld, möge sie tun was sie wolle, er gebe auf, sagte der mann.
das benzin besorgte sie sich an der tankstelle. der geruch als sie es aus dem kanister in die badewanne goß betäubte die sinne. geduldig hielt sie aus, legte die kleider ab. ihr körper in die wanne gleitend, spürte das brennen des benzins auf der haut. es ignorierend öffnete sie die streicholzschachtel, zündete das streichholz an. das tier bohrte sich in die haut. es wird aufhören, sagte sie zu dem tier. gleich hört es auf.
sie litt unter dem schmerzenden rücken. die erinnerung hatte sich in die nervenbahnen verkrochen.
manchmal legte sie sich auf den bauch, fühlte in den schmerz hinein und wartete geduldig bis er verschwand. dann erhob sie sich, schüttelte sich und die erinnerung ab. der rücken beruhigte sich eine weile, bis das tier sich wieder bemerkbar machte. dann wiederholte sie die prozedur.
als der mann seine hände zum ersten mal über ihren rücken gleiten ließ fühlte sie den schmerz intensiv wie damals. er legte sich über das tier. die hände des mannes drückten es tiefer in die haut. das tier, sich einbohrend in die knochen ihres rückgrates.
hör auf, bat sie ihn. hab geduld mit mir. der mann, ungeduldig, wollte ihre haut und sie, die sie ihm nicht geben konnte, zog sich zurück von seinen ungeduldigen händen. eine erklärung gab sie ihm nicht, nur die bitte um die geduld, die ihm fremd war. sie spürte seine ungeduldige unnachgiebigkeit, sein unbedingtes wollen, das ihre geduld ignorierte.
sie traf ihn immer seltener. dachte an den vater, der längst tot war und doch nicht tot, lebendig in ihrem rücken wie das tier, das er auf sie gehetzt hatte. nicht totzukriegen das tier.
manchmal ließ sie das wasser über den rücken laufen, eiskalt, bis es die haut betäubte und über die haut hinaus jedes gefühl. wut war ihr fremd, sie verweigerte sich jedem wollen. das wollen sei es, dass ihr fehle, hatte der psychologe gesagt, den sie besuchte, um dem mann eine chance zu geben und sich. das wollen, das die mutter nicht zugelassen hatte, ersetzt hatte durch die mahnung an die geduld, die stärker war, als die worte des psychologen und das wollen des mannes. das nicht wollen können setzte sie unter druck. das tier kam immer öfter.
manchmal war der schmerz so stark, dass sie sich krankmelden musste, wochenlang. der arbeitgeber, anfangs verständnisvoll, wurde ungeduldig und sie, an die wand gedrängt, wusste nicht was tun. die geduld nützte ihr nichts, war kein ausweg mehr, machte das leben zum käfig. den schlüssel suchend, nicht findend, war sie verzweifelt.
der mann forderte eine entscheidung. sie unfähig sie zu treffen, suchte nach worten, fand keine, ausser er möge geduld haben, sie habe sie auch.
er sei am ende mit seiner geduld, möge sie tun was sie wolle, er gebe auf, sagte der mann.
das benzin besorgte sie sich an der tankstelle. der geruch als sie es aus dem kanister in die badewanne goß betäubte die sinne. geduldig hielt sie aus, legte die kleider ab. ihr körper in die wanne gleitend, spürte das brennen des benzins auf der haut. es ignorierend öffnete sie die streicholzschachtel, zündete das streichholz an. das tier bohrte sich in die haut. es wird aufhören, sagte sie zu dem tier. gleich hört es auf.
Dienstag, 13. Dezember 2011
MACHTLOS
ich will keine pläne machen, sagte sie. ich habe schon zu oft pläne gemacht, am ende waren sie nichts weiter als ein durchgestrichenes sinnloses wünschen.
er sah sie an. verständnislosigkeit mischte sich in den versuch zu verstehen. er kannte ihr leben, das was sie ihm erzählt hatte von der zeit, vor ihrer zeit.
wenn du keine pläne machst kann nichts entstehen, sagte er, verstehst du?
ich verstehe das. ich überlasse es jedem seine pläne zu machen. ich aber mache keine. sie klang gereizt.
er wusste, es war besser nichts mehr zu sagen. du verweigerst dich der zukunft, ist es das? rutschte es ihm heraus.
in ihrem kopf braute sich eine welle zusammen, schwemmte die erinnerung nach oben, drängte dunkle bilder zwischen sie und ihn, schaffte abstand. der abstand breitete sich in der mitte des bettes aus.
sie drehte ihm den rücken zu. er weiß es nicht, er könnte es wissen, müsste es wissen, dachte sie, und dass er ihr wohl nie richtig zugehört hatte. die welle brach sich an ihrer wut gegen sein nichthören wollen, zog sie in einem strudel nach unten zu den geistern der vergangenheit.
sie wünschte sich, er möge schweigen.
alle menschen machen pläne, drängte seine stimme unter das weinrot der kissen, blieb dort kleben zwischen ihr und den geistern.
krampfhaft versuchte sie die wut runter zu schlucken. in ihrer kehle blieb sie stecken.
schau, wenn wir keine pläne machen, hat das was von hoffnungslosigkeit.
ein scharfes lachen kroch aus ihrem hals nach oben, riss das verklebte in ihrer kehle schmerzhaft auf. du hast doch keinen blassen schimmer, die hoffnung und die pläne haben nur eins gemein, sie sind zukunftsabhängig, ein schutzschild gegen das unerwartbare sind sie nicht.
er zerrte an der decke, wollte sie in den arm nehmen, sie hinwegtragen über die weigerung das leben nach vorn zu denken.
sie krallte sich fest. die geister hatten sie längst wieder. er, mit seinen plänen, machtlos.
er sah sie an. verständnislosigkeit mischte sich in den versuch zu verstehen. er kannte ihr leben, das was sie ihm erzählt hatte von der zeit, vor ihrer zeit.
wenn du keine pläne machst kann nichts entstehen, sagte er, verstehst du?
ich verstehe das. ich überlasse es jedem seine pläne zu machen. ich aber mache keine. sie klang gereizt.
er wusste, es war besser nichts mehr zu sagen. du verweigerst dich der zukunft, ist es das? rutschte es ihm heraus.
in ihrem kopf braute sich eine welle zusammen, schwemmte die erinnerung nach oben, drängte dunkle bilder zwischen sie und ihn, schaffte abstand. der abstand breitete sich in der mitte des bettes aus.
sie drehte ihm den rücken zu. er weiß es nicht, er könnte es wissen, müsste es wissen, dachte sie, und dass er ihr wohl nie richtig zugehört hatte. die welle brach sich an ihrer wut gegen sein nichthören wollen, zog sie in einem strudel nach unten zu den geistern der vergangenheit.
sie wünschte sich, er möge schweigen.
alle menschen machen pläne, drängte seine stimme unter das weinrot der kissen, blieb dort kleben zwischen ihr und den geistern.
krampfhaft versuchte sie die wut runter zu schlucken. in ihrer kehle blieb sie stecken.
schau, wenn wir keine pläne machen, hat das was von hoffnungslosigkeit.
ein scharfes lachen kroch aus ihrem hals nach oben, riss das verklebte in ihrer kehle schmerzhaft auf. du hast doch keinen blassen schimmer, die hoffnung und die pläne haben nur eins gemein, sie sind zukunftsabhängig, ein schutzschild gegen das unerwartbare sind sie nicht.
er zerrte an der decke, wollte sie in den arm nehmen, sie hinwegtragen über die weigerung das leben nach vorn zu denken.
sie krallte sich fest. die geister hatten sie längst wieder. er, mit seinen plänen, machtlos.
Freitag, 9. Dezember 2011
DIESE MÖGLICHKEIT
da stand sie die liebe, ganz groß stand sie vor ihr.
sie stand da, schon lange. ein jahr schon stand sie da. an manchen tagen des jahres hatte sie sich berühren lassen von der liebe, die da stand und immer noch da stand. sie hatte sie weggejagt, immer wieder in diesem jahr. so wie sie jede liebe weggejagt hatte in den jahren davor, aber sie war jedes mal wieder gekommen.
nicht, dass sie sie nicht gewollt hätte. immer wenn sie abwesend war, wünschte sie sich nichts sehnlicher als dass sie kommen möge. die sehnsucht brannte in der abwesenheit der liebe, ein brennendes nicht verbrennendes, das sie unter kontrolle hatte.
die kontrolle nicht verlieren. überlebenswichtig. hineinfallen in die sehnsucht, nicht in die liebe, die liebe war unberechenbar. am ende tat sie immer weh. egal was sie versprach, am anfang.
sie misstraute der liebe. manchmal fragte sie sich, ob es schon immer so gewesen war. in diesem fragen lag die erinnerung an ihre kindheit. sich erinnernd fragte sie sich, ob sie sich getäuscht haben konnte, ob es so gewesen war, dass sich niemandes augen liebend auf sie gelegt hatten oder ob sie es übersehen hatte. es war möglich.
sie dachte an den vater, der sie geliebt hatte, wenn die mutter nicht da war, der sie von sich gestoßen hatte, wenn die mutter da war. grundlos in der erinnerung, die keine gründe fand in der gegenwart. sie dachte an den großvater, der sie geliebt hatte wie ein großvater ein kind nicht lieben darf. sie fühlte den schmerz, den der gedanke auslöste wenn sie ihn dachte und schob in fort, weil er schmerzte.
sie wusste, dass die erinnerung dazu neigte seltsame blüten zu treiben, auch fleischfressende pflanzen, die sich ins innerste fraßen, alles wegfraßen, was lieben wollte und vertrauen. sie erinnerte sich nicht oft.
sie dachte an das eine mal, wo sie die liebe zu sich gelassen hatte, ganz nah, ganz eng, ganz tief in ihr innerstes. das eine mal, als sie verschmolzen war mit der liebe, die sie hatte leben lassen, ohne die sehnsucht und das brennen, in einer langen wärme. sie dachte an das kind, das sie geboren hatte, vor dieser liebe, aus einer anderen liebe heraus, der sie vertaut hatte und die sie verlassen hatte. das kind, das diese tiefe liebe nicht gewollt hatte für sie, nicht hatte wollen können aus angst die mutter zu verlieren. sie weinte um das kind, das sie verloren hatte wegen der tiefen liebe, das kind, das gelitten hatte für diese liebe, die so tief war, dass sie sie nicht hatte gehen lassen können. sie fühlte den schmerz, die ohnmacht und den zorn des kindes. sie fühlte die schuld gegenüber dem kind, das gegangen war, wegen der liebe.
sie tat weh die liebe, das war, was sie fühlte. sie zerstört die liebe, das war, was sie gelernt hatte von der liebe. sie hatte bezahlt für die liebe. sie erlaubte sich die liebe nicht mehr, dachte, dass sie die liebe nicht verdient hatte, wegen der schuld, die sie trug.
aber die liebe stand immer noch vor ihr, ganz groß und sie spürte das große, das sich zu dem anderen großen legte, das der liebe misstraute.
sie sah die liebe an, die vor ihr stand, noch immer, dachte, sie steht da, bis du sie zu dir lässt, ganz nah, ganz eng, ganz tief in dein innerstes. dachte, dass sie so lange da stehen würde, bis sie sie zu sich ließ, ganz nah. dann würde sie sie verlassen, wieder.
diese möglichkeit würde sie ihr nicht mehr geben.
sie stand da, schon lange. ein jahr schon stand sie da. an manchen tagen des jahres hatte sie sich berühren lassen von der liebe, die da stand und immer noch da stand. sie hatte sie weggejagt, immer wieder in diesem jahr. so wie sie jede liebe weggejagt hatte in den jahren davor, aber sie war jedes mal wieder gekommen.
nicht, dass sie sie nicht gewollt hätte. immer wenn sie abwesend war, wünschte sie sich nichts sehnlicher als dass sie kommen möge. die sehnsucht brannte in der abwesenheit der liebe, ein brennendes nicht verbrennendes, das sie unter kontrolle hatte.
die kontrolle nicht verlieren. überlebenswichtig. hineinfallen in die sehnsucht, nicht in die liebe, die liebe war unberechenbar. am ende tat sie immer weh. egal was sie versprach, am anfang.
sie misstraute der liebe. manchmal fragte sie sich, ob es schon immer so gewesen war. in diesem fragen lag die erinnerung an ihre kindheit. sich erinnernd fragte sie sich, ob sie sich getäuscht haben konnte, ob es so gewesen war, dass sich niemandes augen liebend auf sie gelegt hatten oder ob sie es übersehen hatte. es war möglich.
sie dachte an den vater, der sie geliebt hatte, wenn die mutter nicht da war, der sie von sich gestoßen hatte, wenn die mutter da war. grundlos in der erinnerung, die keine gründe fand in der gegenwart. sie dachte an den großvater, der sie geliebt hatte wie ein großvater ein kind nicht lieben darf. sie fühlte den schmerz, den der gedanke auslöste wenn sie ihn dachte und schob in fort, weil er schmerzte.
sie wusste, dass die erinnerung dazu neigte seltsame blüten zu treiben, auch fleischfressende pflanzen, die sich ins innerste fraßen, alles wegfraßen, was lieben wollte und vertrauen. sie erinnerte sich nicht oft.
sie dachte an das eine mal, wo sie die liebe zu sich gelassen hatte, ganz nah, ganz eng, ganz tief in ihr innerstes. das eine mal, als sie verschmolzen war mit der liebe, die sie hatte leben lassen, ohne die sehnsucht und das brennen, in einer langen wärme. sie dachte an das kind, das sie geboren hatte, vor dieser liebe, aus einer anderen liebe heraus, der sie vertaut hatte und die sie verlassen hatte. das kind, das diese tiefe liebe nicht gewollt hatte für sie, nicht hatte wollen können aus angst die mutter zu verlieren. sie weinte um das kind, das sie verloren hatte wegen der tiefen liebe, das kind, das gelitten hatte für diese liebe, die so tief war, dass sie sie nicht hatte gehen lassen können. sie fühlte den schmerz, die ohnmacht und den zorn des kindes. sie fühlte die schuld gegenüber dem kind, das gegangen war, wegen der liebe.
sie tat weh die liebe, das war, was sie fühlte. sie zerstört die liebe, das war, was sie gelernt hatte von der liebe. sie hatte bezahlt für die liebe. sie erlaubte sich die liebe nicht mehr, dachte, dass sie die liebe nicht verdient hatte, wegen der schuld, die sie trug.
aber die liebe stand immer noch vor ihr, ganz groß und sie spürte das große, das sich zu dem anderen großen legte, das der liebe misstraute.
sie sah die liebe an, die vor ihr stand, noch immer, dachte, sie steht da, bis du sie zu dir lässt, ganz nah, ganz eng, ganz tief in dein innerstes. dachte, dass sie so lange da stehen würde, bis sie sie zu sich ließ, ganz nah. dann würde sie sie verlassen, wieder.
diese möglichkeit würde sie ihr nicht mehr geben.
Donnerstag, 8. Dezember 2011
S P R A C H W O R T
s p r a c h w o r t LIEBE
leicht gesagtes
leicht benutztes
hingeworfenes
verschleudertes
abgenutztes
s p r a c h w o r t
im augenblick als es zu füllen war mit tun
als leer entlarvtes
verblasstes
leicht gesagtes
s p r a c h w o r t liebe
leicht gesagtes
leicht benutztes
hingeworfenes
verschleudertes
abgenutztes
s p r a c h w o r t
im augenblick als es zu füllen war mit tun
als leer entlarvtes
verblasstes
leicht gesagtes
s p r a c h w o r t liebe
Montag, 5. Dezember 2011
M E D E A
Malerei: Angelika Wende |
lust hatte er nicht, lieber hätte er den abend zu hause verbracht, sich arbeit mitgenommen. er hatte genug arbeit und eigentlich keine zeit für zerstreuung. aber irgendetwas zog ihn dann doch ins theater. ein geschäftsfreund hatte ihm die karte geschenkt. premiere und danach premierenfeier. du musst mal raus, hatte der geschäftsfreund gesagt. er hatte seinen widerwillen besiegt, war mitgegangen. es sind ja nur ein paar stunden, gedacht, und dass es ihm vielleicht gut tun würde einmal rauszukommen.
die luft im theater war stickig. er öffnete den hemdkragen und versuchte sich auf das geschehen auf der bühne zu konzentrieren.
diese leidensmine. sie galt ihm, eine anklage gegen sein ganzes sein, sein da sein, das er ihr entzogen hatte. sie litt sichtbar. das leid zog sich wie gitterstäbe um alles und jeden, der sie umgab. sie sah nur noch sich selbst, schloss alle anderen aus und gleichzeitig ein in ihr leid.
sie ist blind vor hass, dachte er. dabei hatte er gedacht, dass nur die liebe blind macht. das sagte man jedenfalls. jetzt sah er, dass leid das gleiche anrichtete, auf eine zerstörerische weise. selbstzerstörerisch in einem nach aussen greifenden maße über die maßen des selbst hinaus, schwarzgalliges, leben zerstörendes.
zuerst hatte er schuldgefühle. dann mitleid. beides half nicht. ihr nicht und ihm nicht. dann kam das mitgefühl, das sie nicht annehmen konnte oder wollte. dann kam die wut auf ihre ignoranz. dann die ohnmacht. es dauerte bis er begriff, dass seine ohnmacht ihre macht war. es war ihre rache, geboren aus verletzter eitelkeit und verwundetem stolz oder dem verlust eines lebenskonzeptes. sie, die verstoßene. er, der ihr das angetan hatte. er sollte büßen.
auf der bühne krümmte sich die hauptdarstellerin, kreischte den hauptdarsteller an: durch schmähungen erleichtere ich mein herz. ich habe dich gerettet und du dankst es mir mit verrat, erwarbst ein neues bett, obgleich du kinder hast.er hielt sich die ohren zu.
was es genau war wusste er nicht zu sagen. er hatte gehofft, dass es vorrübergehen würde. immer wieder hatte er den versuch gemacht mit ihr zu reden. sie weigerte sich. sie gab das opfer, schlüpfte in die rolle, von der sie glaubte, dass das leben sie ihr zugespielt hatte. sie das arme opfer, er der gewissenlose täter, angeklagt und verurteilt, von ihr, wenn die welt es schon nicht tat. sie wollte rache. dass sie damit mehr als zwei gräber schaufelte war ihr nicht bewusst, oder es war ihr egal. der hass benutzte seine fresswerkzeuge. zerfressen, dachte er.
das gesicht der hauptdarstellerin glich einer leblosen fratze.
sie war schmal geworden, eine reduktion der ganzen person auf das mindestmaß. dass sie immer unattraktiver wurde war ihr gleichgültig. das leid war größer als jede eitelkeit. seine ohnmacht war ihr triumph. sie wollte gewinnen, zerstören was sie nicht haben konnte, zerstören, was möglich war, wenn nicht ihn, dann sich selbst und das kind. er würde schon sehen.
er sah es, spürte wie sich die schlinge immer enger um sie zog, atmen schwer machte, leben ausschloss. am ende würde sie sich zuziehen. wem das nutze, fragte er sich. er sah die kollateralschäden um sich herum, die sie in kauf nahm.
manchmal fragte er sich, ob es schon immer in ihr gewesen war, das radikal zerstörerische. er hatte es nicht bemerkt, begriff, dass er sie nicht gekannt hatte, nicht erkannt in all den jahren. erschreckend, dachte er und fühlte die ohmacht, die sich über das vergangene legte, über das gegenwärtige und über das gegenwärtige hinaus.
er hoffte auf die zukunft, zählte auf die zeit, die wunden heilt. das sagte man doch. er glaubte daran, weil er daran glauben wollte, setzte seinen glauben gegen ihr wollen, das im begriff war jeden glauben an die zukunft auszulöschen.
wie weit würde sie gehen?
die verzweiflung, die handlungsleitend war, das ich von der welt abtrennte, die existenz ad absurdum führte, das versinken in leere, darin eingeschlossen der wunsch nach zerstörung, dessen was das ich zerstört.
auf der bühne legte medea jason die toten kinder vor die füße.
mit einem schlag stand sie vor ihm, wuchs aus dem aplaus des premierenpublikums heraus, die wahrheit, ganz groß: nein, dachte er, sie ist kein opfer. sie ist eine täterin. ihr größtes vergehen ist ihre unfähigkeit den tod der liebe zu akzeptieren.
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