Dienstag, 31. Januar 2017

Trotzdem



Foto: AW


manchmal fühle ich mich kraftlos und taub.
ich bewege mich trotzdem.
manchmal lähmt mich die angst.
ich gehe trotzdem.
manchmal denke ich, das schaffst du niemals.
ich schaffe es trotzdem.
manchmal sehe ich keine lösung.
ich versuche es trotzdem.
manchmal verlässt mich der mut.
ich mache es trotzdem.

Montag, 30. Januar 2017

Und wenn es ein Leben lang dauern mag

 


Es ist das Ungelebte, das Unverarbeitete und das Verdrängte. Es ist der Mangel und es ist der Schmerz über das, was wir als Kind erfahren haben, was uns angetan oder vorenthalten wurde und was uns über uns selbst zu denken und zu fühlen beigebracht wurde, was unser ganzes Leben vergiften kann. 

Durch das Abspalten der schmerzhaften Gefühle, die viele von uns als Kind erlebten und so nie wieder erleben wollen, wird auch das Empfinden positiver Gefühle verhindert und Gefühle des Ungeliebtseins, der Leere, der Wut, der Trauer, der Verlassenheit und der inneren Einsamkeit manifestieren sich. Es kommt zu keinem tiefen Kontakt mit uns selbst. Zugleich aber ist ein tiefer Kontakt zu Anderen ohne Verbindung zu uns selbst nicht möglich. Es werden eigene Wünsche und Gefühle unterdrückt, in der unbewussten Hoffnung geliebt zu werden, wenn man sich den Erwartungen anderer anpasst. Das ist ein Teil des Dramas des inneren Kindes, basierend auf der Wunde des ungeliebten Menschenkindes. Es ist das Kindheitstrauma derer, die Liebe ohne Bedingungen, niemals erfahren haben. 

Was in den Kellerräumen unserer Erfahrung liegt, kann verdrängt, aber nicht ignoriert werden. Es kommt uns auch als Erwachsener entgegen, oft so gut verpackt, dass wir es nicht sofort erkennen. Verarbeiten wir also die Erlebnisse und Traumata unserer Kindheit so gut wir das können, machen wir uns auf die Suche nach den Zusammenhängen und finden wir heraus wie unser verletztes inneres Kind das Leben beeinflusst, das wir im Jetzt führen. Damit befreien wir es aus seinem Schattendasein und holen es ins Licht.

Der Weg zu innerer Freiheit und Selbstbestimmtheit führt durch die Wunde des verletzten inneren Kindes.

Die Auseinandersetzung mit unserem Schattenkind hat nichts mit Herumstochern und permanentem Aufarbeiten früherer Erlebnisse zu tun. Es ist vielmehr ein aktiver, schöpferischer Prozess, bei dem wir den fortlaufenden roten Faden in unserem Leben als das erkennen, was er ist: Ein von uns selbst künstlich am Leben erhaltenes Theaterstück, das  wir an Eckpunkten unseres Lebens festgeschrieben haben und das wir wieder und wieder aufführen, weil wir noch immer in unserer Vergangenheit festhängen.

Bei manchen Menschen ist die Angst sich in ihrem Schmerz selbst zu spüren so groß, dass sie sich in ein Schneckenhaus verkriechen. Ein einsames enges Haus voller Traurigkeit. Holt sie keiner da heraus beginnen sie zu resignieren und trauen sich selbst nichts mehr zu. Es braucht viel Liebe um einen Menschen da heraus zu holen, es braucht Geduld und Mitgefühl für dieses verschüchterte Kind, das uns da begegnet, Geduld für uns selbst. Und es braucht Geduld und Mitgefühl als Wegbegleiter. Es braucht Menschenliebe. 

Wenn ich eins weiß und wenn ich eins niemals aufgebe, so ist es mein Glaube, dass es möglich ist das Schattenkind zu befreien. Und wenn es ein Leben lang dauern mag. Auch am Ende eines Lebens, auch wenn die Zeit knapp wird, der Weg lohnt sich, denn eins soll nicht sein, dass das Ende dem Anfang und dem Zwischenspiel gleicht.


Sonntag, 29. Januar 2017

Wir folgen der Angst, anstatt dem Herzen



Foto: Aw

Viele Menschen möchten gern mit dem was sie lieben und was sie gut können weiterkommen, sie wissen auch genau, dass dies der richtige Weg wäre, wenn da nicht die Angst wäre, dass es vielleicht doch ein Fehler ist es zu versuchen. Hinter dieser Angst liegt die Angst unzureichend zu sein, hinter dieser Angst liegt ein tiefes Misstrauen uns selbst gegenüber. Diese Angst hat so eine große Macht, weil wir nicht in die Zukunft sehen können.

Wir wissen nicht was passiert, wenn wir unserem Gefühl folgen, wir wissen nicht was passiert, wenn wir endlich tun, was wir lieben und uns aus der Komfortzone herausbewegen, die zwar oft ganz und gar nicht komfortabel ist, aber eben bekannt, gewohnt, vertraut und damit berechenbar. In der Komfortzone wissen wir wenigstens, was wir haben, würden wir es wagen sie zu verlassen, wissen wir nichts. Vor allem, wir wissen nicht was kommt.

Dominiert vom Verstand, der evolutionär bedingt immer bestrebt ist Sicherheit zu erzeugen, Veränderungen zu verhindern und unseren geschützten Raum zu bewahren, leben viele von uns ein Leben das sich zwar im Herzen falsch anfühlt im Kopf aber richtig.

Unser Verstand kann nicht anders, er beschäftigt sich immer dann mit Ängsten, wenn wir nicht wissen was auf uns zukommt. Darum bleiben so viele Menschen dort wo sie sind. Sie machen immer wieder etwas, das ihren eigentlichen Anlagen gar nicht entspricht. Sie rackern sich ab und sind erstaunt wie wenig dabei herauskommt. Sie neigen dazu ihre Potenziale und Stärken zu unterschätzen und kultivieren stattdessen ihre Schwächen. Und schließlich wundern sie sich, dass sie sich irgendwann so leer und mutlos fühlen, dass sie sich fragen: Ist das wirklich mein Leben? Ist das der Sinn meines endlichen Daseins auf dieser Erde? Meist neigen sie auch noch dazu, fremden Vorstellungen zu folgen, weil ihnen diese wertvoller und richtiger erscheinen als ihre eigenen. Und so leben sie im Hamsterrad. Und wenn sie nicht gestorben sind leben sie darin bis es soweit ist. In Wahrheit sind sie gefühlt innerlich schon lange tot.

Während der Verstand mit der Angst beschäftigt ist wünscht sich das Herz einen Cut, einen Schnitt, einen Schritt von uns, raus aus dem Hamsterrad. Und wenn noch irgendein warmes Gefühl für uns selbst vorhanden ist, wissen wir das längst oder schon sehr lange. Nur der Verstand will das eben nicht wissen.

Also verdrängen wir dieses warme Gefühl, das da in in unserem Herzens für uns schlägt, wieder und wieder, wenn es dumm läuft, solange bis wir innen ganz kalt sind, kalt und unberührbar für uns selbst und in der Folge kalt und unberührbar für die Schönheit des Lebens und andere Menschen.

Wir folgen der Angst, anstatt dem Herzen.
Ein Dilemma, eine scheinbar unlösbare Lage in der sich unendlich viele Menschen befinden. Kein Wunder dass unsere Gesellschaft immer kälter und unmenschlicher wird, kein Wunder, dass es so viele meinungslose angstgesteuerte Mitläufer gibt, kein Wunder, dass es dazu kommt, dass narzisstische, herzlose Machthaber weltweit das Ruder in der Hand haben. Sie wissen diese Angst zu schüren um ihr destruktives Gedankengut in die Tat umzusetzen. Angst lähmt, Angst führt dazu, dass Menschen aufhören zu fühlen, was sie wirklich wollen und denen folgen, die ihnen vormachen sie wüssten was für sie gut ist und was sie zu wollen haben. Wer Angst hat denkt im engen Sicherheitsrahmen, er ist manipulierbar und er fühlt nicht mehr was sich im Herzen gut und richtig anfühlt, im Großen wie im Kleinen, individuell und kollektiv.

Angst isst die Seele auf, sie macht das Herz eng, sie macht bedürftig nach der starken Hand, die es für uns machen soll, die uns versorgen soll. Angst ist die große Falle unserer Zeit und die Mächtigen benutzen sie um uns einzufangen, damit sie ungehindert ihre unheiligen Ziele verfolgen können.

Wir alle wissen im Herzen was richtig und was falsch ist, sollte man meinen. Aber wo die Angst zu groß ist werden alle anderen Gefühle zugedeckt. Sie ersticken unter der bedrohlichen Glasglocke der Angst.

Wie da herauskommen?
Der einzige Weg um mit unseren Ängsten umzugehen ist, unseren Verstand darin zu üben, achtsam und geduldig zu sein. Zur Kenntnis zu nehmen was ist und nicht in Panik zu geraten.

Und dann verschieben wir den Focus vom Verstand ins Herz. Das Herz weiß, wenn es Druck spürt, ist es ungut. Das Herz weiß, wenn es Stress  spürt, es ist ungut. Das Herz weiß, wenn es eng wird, es ist ungut. Das Herz weiß, wenn es rast, es ist Zeit achtsam zu sein. Das Herz spürt wenn es warm wird, es ist richtig. Das Herz spürt, wenn es weit wird, es ist gut. 

Das Herz ist ein Seismograf und ein Kompass in die Richtung des Weges, der für uns der Richtige ist. Es weiß genau was sich richtig und was sich falsch anfühlt. Aber wenn der Verstand das ums Verrecken nicht  zur Kenntnis will, wird das Herz das Schweigen lernen. Und im Zweifel wird es irgendwann totenstill auf diesem Planeten.











Samstag, 28. Januar 2017

Wer nicht hören will, muss fühlen






Von den Konsequenzen des nicht nein sagen Könnens eingeholt sitze ich am Schreibtisch und tippe mühselig und ganz langsam mit der linken Hand die Worte. Man hat mir einen Glasplitter aus dem Mittelfinger herausoperiert. Die rechte Hand kann ich jetzt für mindestens zehn Tage nicht benutzen. Danach brauche ich eine Ergotherapie. Der Schnitt ist tief, sagte der Chrirurg, das dauert bis es wieder wird wie vorher. Ein Dilemma für eine wie mich, die ihre Hand zum Schreiben und Malen braucht. Das dauert und das tut weh. Das schränkt ungemein ein und vieles was ich als völlig selbstverständlich nahm ist im Moment nicht machbar. Unglaublich wie so ein einzelner Finger fehlen kann. Hilfe habe ich keine. Ich lebe allein. Ich über mich in Geduld, Langsamkeit und akzeptiere traurig die Einschränkung. Ich lerne meine linke Hand zu benutzen und merke, sie kann mehr als ich dachte. Ich mache vieles jetzt mit links. Das einzig Gute, die rechte Hirnhälfte kommt auf diese Weise vermehrt in Bewegung. Die rechte Gehirnhälfte steuert Kreativität Sinneseindrücke, Symbole, Bilder, Gefühle und Intutition. Passt, denke ich, denn auf meine Intuition habe ich nicht gehört, als ich mir das Glas in den Finger gerammt habe.

Ich habe links gedacht, obwohl ich rechts gefühlt habe und meine linke Hirnhälfte gewinnen lassen.
Das habe ich jetzt davon, damit ich begreife, damit ich wieder einmal begreife, dass nichts so sicher ist wie meine Intuition und ich endlich kapiere, dass ich ihr zu vertrauen habe um mir selbst keinen Schaden zuzufügen. Ich habe ja gesagt obwohl meine Intuition nein gesagt hat, ich bin in die Falle getreten, obwohl ich es wahrhaft besser wissen könnte. Ich bin in eine Falle getreten in die viele von uns immer wieder treten, weil wir meinen wir müssten, trotz des Bauchgefühls, das laut warnt: Tu es nicht, das fühlt sich nicht gut an!, schreit, Kompromisse eingehen. Nun, Kompromisse sind per se nichts Ungutes, aber sie sind schlecht für uns, wenn sie mit Menschen gemacht werden, denen es nur um ihren Vorteil geht und denen es egal ist ob es eine win-win-Situation gibt. Solche Menschen gibt es viele und ich habe das ungute Gefühl, es gibt immer mehr davon. Menschen, denen es nur um sich selbst und ihre eigenen Bedürfnisse geht, Menschen, die dir das Blaue vom Himmel herunter lügen  ohne mit der Wimper zu zucken. Menschen, die Absprachen nicht einhalten und dich respektlos behandeln. Jede Begegnung mit dieser Art Menschen ist eine Lektion im Abgrenzen und in der Folge im Nein sagen: Nein zu einer Allianz mit ihnen, nein zu einem Kompromiss mit ihnen, nein zu diesem Menschen. Denn jedes Einlassen mit ihnen kann weh tun. Ich habe nicht Nein gesagt, ich habe die Falle gespürt und bin ihr nicht ausgewichen. Ich habe mich selbst verletzt. Ich selbst bin dafür verantwortlich. Der Schmerz in meinem Finger, die Narbe, die bleiben wird, wird mich daran erinnern: Hör auf deine Intuition!

Intuition, lateinisch intueri = genau hinsehen, anschauen, hinschauen ohne den diskursiven  Gebrauch des Verstandes. Intuition, die Fähigkeit, etwas in Sekundenbruchteilen unbewusst und instinktiv zu erfassen. Und dann danach zu handeln, egal wieviele sinnvolle Argumente die linke Hirnhälfte dagegen setzt. Das erspart Kummer und Schmerzen.
Tja, wer nicht (auf seine Intuition) hören will, muss fühlen.
Lesson learned. 

Montag, 23. Januar 2017

Hochmut, der Ritter von der traurigen Gestalt



Foto: Aw

"Hochmut ist, wenn ein Mensch sich eine Vollkommenheit beimißt, die bei ihm nicht zu finden ist." Dies ist ein Satz des Philosophen Spinoza.
Er fasst knapp und prägnant zusammen worum es beim Hochmut geht.
Der Hochmut, Superbia - eine der sieben Todsünden. Etwas von dem wir alle, wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, nicht frei sind. Aber es gibt diesen dummen Hochmut, der sich besonders bei unreflektierten Menschen findet. Manchmal begegnet er mir in der Praxis. Da sitzt dann ein Mensch vor mir, der immer wieder in die gleiche Falle tappt und der festen Überzeugung ist, alle anderen sind Idioten und er allein wisse genau wie es geht, vor allem wie es besser geht. 

So ein Mensch maßt sich an die Anderen beurteilen zu können und in Folge zu verurteilen. Fatal wird das dann wenn der Hochmütige in einer Machtposition ist. Mächtige Hochmütige bewerten Menschen allein nach ihrer Leistung, wie gut sie funktionieren, was sie bringen und was sie nützen. Die mitfühlende Fähigkeit anderen Menschen Fehler und Schwächen zuzugestehen ist ihnen völlig fremd. Der Hochmütige sieht sich selbst als das Maß der Vollkommenheit und wundert sich, wenn andere das so gar nicht erkennen können.
Hochmut ist selbstsüchtig. Er ist ignorant und kalt und sitzt auf den hohen Ross der Unmenschlichkeit und der dummen Besserwisserei.
Eine Weile reitet so ein Mensch schnell und erfolgreich im Sinne des Systems, durch sein Leben. Er hat einige zerstörte Existenzen am Wegesrand zurückgelassen und macht sich rein gar nichts draus, dass er von so manchem Pfeil aus den ihm unterlegenen Mob, denn dafür hält er den Rest der Menschen, touchiert wurde. Touchieren tut ja nicht weh, vielmehr ist es in seinem selbstbezogenen Gedankengebäude der Preis für seinen Erfolg, den die Anderen ihm neiden. Ein Erfolg, der allein darin besteht es sich selbst gut gehen zu lassen. Der Hochmütige ist kein Teamplayer. Enge menschliche Beziehungen interessieren ihn nur wenn sie ihm nützlich sind. Wer ihm nicht nützt hat keinen Wert und wird dementsprechend entwertet und am Besten gleich entfernt.
Entwertung und Hochmut gehen immer eine unheilige Allianz ein.
Apropos Entwertung –  der Hochmütige hat genau damit ein Thema.
Meist sind diese Menschen tief drinnen davon überzeugt, dass sie nichts wert sind, wenn sie nichts leisten, wenn sie es nicht besser können als andere, wenn sie nicht siegen und nicht der Beste sind. 
Diese innere Übereugung führt dazu, dass alles was in den Augen des Hochmütigen nicht wertvoll ist platt gemacht werden muss. So platt wie er sich selbst, würde er einen Moment ehrlich in sein kaltes Herz blicken, fühlt. Leider jedoch fehlt ihm die Fähigkeit zur Selbstreflexion und zum Selbstmitgefühl.
Der als unerträglich empfundene innere Feind der Wertlosigkeit wird auf Andere übertragen und stellvertretend in anderen vernichtet. Ein Teufelskreis, der am Ende dazu führt, dass der Hochmütige wie der Ritter von der traurigen Gestalt gegen Windmühlen kämpft, gegen die er natürlich niemals als Sieger hervor gehen kann. Er kämpft, will siegen und muss vernichten, was nicht in sein Weltbild passt und ihm beim Siegen vermeintlich im Wege steht. Er macht das solange bis man ihn zu Fall bringt, weil man ihn erkennt oder bis die eigene Kraft zur Neige geht. Nicht selten landen Hochmütige im Burn- Out. Sie zerfressen sich selbst. 

Es ist wahrlich eine Herausforderung einem solchen Menschen mit Mitgefühl zu begegnen. Bedenkt man aber, dass sein Handeln eine Folge dessen ist, was in ihm nach Anerkennung und Wertschätzung schreit, gilt es den eigenen Hochmut zurückzunehem, denn wer weiß, ob man es selbst mit den Gefühlen der eigenen inneren Entwertung, so viel besser könnte.



Samstag, 21. Januar 2017

Zurückweisung weist uns auf uns selbst zurück

 
 
Foto: www


Die meisten Menschen können mit Zurückweisung nicht gut umgehen. Manche haben sogar Angst davor zurückgewiesen zu werden.
Warum ist das so?
Zurückweisung ist eine Form der Ablehnung. Und Ablehnung hat immer auch mit Selbstablehnung zu tun. Je mehr wir uns selbst ablehnen, desto weniger liebenswert und wertvoll fühlen wir uns. Je wertloser wir uns fühlen, desto schmerzhafter ist die Verletzung der Zurückweisung. Ein Mensch der kein Selbstwertgefühl hat ist umso abhängiger von der Wertschätzung anderer. Wird er nicht wertgeschätzt, bricht sein fragiles Selbstwertgefühl zusammen wie ein Kartenhaus. 

Fast immer entsteht die Angst vor Zurückweisung und Ablehnung in der Kindheit. 
Wir lernen, ich bin nur ok, wenn ich lieb bin. Ich bin nur liebenswert, wenn ich brav und folgsam bin. Ich bin nur wertvoll, wenn ich Leistung bringe und die Erwartungen der Eltern erfülle. Ich bin nur liebenswert, wenn ich meinen Eltern keine Sorgen mache. Das alles sind Erfahrungen die uns prägen, die unser inneres Bild von dem was wertvoll ist, formen. Dieser Wertekatalog prägt sich in unser Gehirn ein. Die destruktivste Erfahrung von Wertlosigkeit ist, wenn Eltern das Kind ablehnen, es wiederholt demütigen oder wenn ein Kind missbraucht und misshandelt wird. Jede dieser Erfahrungen wird vom Kind als Vernichtung empfunden. Sie bewirkt das Gefühl: Ich habe es nicht verdient zu leben. Missbrauchserfahrungen bewirken das Gefühl schmutzig, schuldig und schlecht zu sein.  Ausgestattet mit derart traumatischen Erfahrungen ertragen wir als Erwachsene das Gefühl der Zurückweisung nur schwer oder gar nicht. Es erschüttert den fragilen Boden auf dem wir uns bewegen. Sicher als Erwachsener hängt unser Leben nicht mehr vom Urteil anderer ab, aber die Ablehnung aus der Kindheit empfinden wir reflexartig sobald uns eine Zurückweisung zuteil wird. Wir gehen wie in Trance in sekundenschnelle den Weg nach hinten in die Kindheit, wo wir den Erwachsen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert waren. 

Jede Zurückweisung ist gefühlt eine Erschütterung unserer inneren und äußeren Welt. Gefangen in dieser Trance sind wir genauso alt wie damals als wir die verletzenden Erfahrungen machen mussten. Wir empfinden die Zurückweisung im Jetzt wieder als existentielle Bedrohung.

Es ist leicht gesagt – nimm dir das nicht zu Herzen, heute bist du groß, du kannst ohne die Anerkennung anderer leben. Du bist wertvoll. Solche Sätze nützen gar nichts, wenn wir das nicht fühlen können, denn das Gefühlte von Damals ist in jeder Zelle gespeichert und wirkt nachhaltig bis ins Jetzt.
Um mit Zurückweisung angemessen umgehen zu lernen ist es wichtig unser Selbstwertgefühl genau zu betrachten. Uns zu fragen, worauf es denn in Wahrheit basiert. Kommt es von Innen oder ist es abhängig vom Außen – also von dem was wir haben, was wir machen, was wir verdienen und besitzen oder von dem wer wir sind, wenn all das wegfällt? Haben wir dann noch das Gefühl wertvoll zu sein, wenn wir Menschen, Dinge und Besitztümer verlieren oder sind das die Säulen auf denen wir unser Selbstwertgefühl errichtet haben? Und stürzen diese ein, was ist dann noch übrig von uns selbst. Welchen Wert messen wir uns bei, wenn wir quasi nackt vor uns selbst stehen?
Bei vielen Menschen wird da nicht mehr viel bleiben. Und je weniger da ist, desto schmerzhafter ist jede Zurückweisung.

Zurückweisung weist uns auf uns selbst zurück.
Und zwar auf unsere Eigenwahrnehmung. Ein guter Ausgangspunkt um diese zu erkennen und etwas zu verändern, wenn sie voller Defizite, Minderwertigkeitsgefühle und Selbstzweifel ist.
Selbstwert kann man erarbeiten und zwar indem man sein Selbstwertgefühl stärkt. Wie das geht? Indem wir dem verletzen zurückgewiesenen Kind in uns Aufmerksamkeit schenken, indem wir uns selbst einmal anders sehen lernen, nämlich nicht als Opfer der Vergangenheit, sondern als das starke kleine Kerlchen, das trotzdem überlebt hat. Dieses starke Kerlchen hat all unsere Achtung verdient und es hat unsere Liebe verdient. Wenn wir das fühlen können, ich sage fühlen – es denken hilft nichts – dann fühlen wir vielleicht zum ersten Mal den wertvollen Schatz der wir sind. Und ja, das ist ein Prozess und er dauert. Was wir dazu tun können um ihn zu beschleunigen ist aus dem Fühlen ins Handeln zu kommen. Dinge zu tun anstatt sie zu denken, auch wenn wir zunächst glauben wir können es nicht. Jedes Tun in Richtung sich selbst wertschätzen überschreibt nach und nach die alten Erfahrungen. Veränderung beginnt zwar im Kopf aber um zu wirken und um nachhaltig etwas zu verändern braucht es Handlungen – es braucht das gefühlte Erleben neuer Erfahrungen. 
Wenn wir das nächste Mal zurückgewiesen werden könnten wir das starke kleine Kerlchen in uns anlächeln und zu ihm sagen: Es kann dich nicht jeder gern haben, aber ich liebe dich.


Donnerstag, 19. Januar 2017




Ihr Lieben,

immer wieder kommen Menschen auf mich zu, die Hilfe suchen oder sich ein Coaching wünschen, aber zu weit entfernt wohnen oder aus anderen Gründen nicht persönlich in meine Praxis kommen können. In diesen Fällen ist es trotzdem möglich, mein Coaching zu nutzen – mit Bild und Ton über Skype oder über Telefon.

Grundsätzlich können wir die Themen, die Dich belasten, auf diesem Weg gemeinsam bearbeiten.
Via Skpe sehen uns in die Augen und das ist wichtig.
Manche möchten gern telefonieren, auch das ist hilfreich, sagt die Erfahrung.

Wenn Du meine Hilfe auf diesem Wege nutzen möchtest:
Dann schicke mir eine Nachricht per Mail unter: aw@wende-praxis.de

Wir vereinbaren unseren ersten Beratungstermin und ich gebe dir die entsprechenden Zugangsdaten.
Für das Coaching via Skype gelten dieselben Konditionen wie für persönliche Termine in meiner Praxis.

Ich freue mich auf Deine Nachricht.

Herzlich,
Angelika

Übrigens weitere Impulse und Gedanken für den Tag findet Ihr auf meiner Facebookseite : https://www.facebook.com/Angelika-Wende-192328717469410/

Sonntag, 15. Januar 2017

Wer vor sich selbst flieht, kann sich selbst nicht berühren.


Malerei: AW

Viele denken, dass das Drama des Narziss die Selbstverliebtheit ist.
Das ist aber nicht richtig. Das Drama des Narziss, damals und heute, ist die Überzeugung: In dem Moment, in dem ich mit mir selbst in Berührung komme, zerfalle ich und bin nichts. Wer das Gefühl hat, im Inneren nichts zu sein, der muss im Außen alles sein.
Ist es nicht immer schwieriger, der zu sein, der man ist?
In einer Welt, die immer größeren Wert auf das Unwesentliche legt, die den Superlativ fördert und in der Authentizität zunehmend verloren geht, wird es für jeden Einzelnen zum Kampf bei sich selbst anzukommen. Nicht wenige ergreifen die Flucht vor sich selbst und verbringen ihr Leben im Außen. Dieses Außen wird immer schneller, will immer mehr, immer höher, immer perfekter sein, es fordert laut ein „du musst dich optimieren“um mithalten zu können und nicht herauszufallen aus der Welt, sprich dem Bild von Welt, das man uns Tag für Tag in der multimedialen Welt als Wirklichkeit malt. 

Wie da ein Leben leben, das uns selbst entspricht?
Wer vor sich selbst flieht, kann sich selbst nicht berühren.

Donnerstag, 12. Januar 2017

Selbstmitgefühl

Foto: AW

Wenn du dir selbst immer wieder sagst: Ich bin wertvoll und es nicht fühlen kannst, ist es wirkungslos.
Wenn du dir selbst immer wieder sagst: Ich habe Gutes verdient und es nicht fühlen kannst, ist es wirkungslos.
Wenn du dir selbst immer wieder sagst: Ich bin liebenswert und es nicht fühlen kannst, ist es wirkungslos.

Durch Gedachtes verändert sich Gefühltes nicht.
Gefühltes ändert sich durch Fühlen.
Hineinfühlen, nicht hineinreden.
Hineinreden ist einreden.
Das spürt das Gefühl.
Es fühlt sich betrogen von dir.
Also hör auf dir etwas einzureden.
Es ist sinnlos.

Fang an zu fühlen.
Dorthin zu fühlen wo der tiefste Schmerz sitzt.
Fühle wie er sich anfühlt.
Halte das Gefühl aus.
Schenke ihm dein Mitgefühl.
Lege deine Arme um dich und halte dich ganz fest.
Liebevoll fest.

Sag dem Gefühl, dass es sein darf.
Sag es ihm solange bis es sich wandeln kann.
Dann bist du ehrlich mit dem, was du zu dir selbst sagst.
Geh in das Gefühl mit Selbstmitgefühl.
So oft bis es sich wandeln kann.
Hab Geduld ...

Es kann dauern bis du den Schatz in deinem Inneren erschließt.

Sonntag, 8. Januar 2017

Das Liebste aufgeben

Foto: AW

Wenn uns das Leben etwas wegreißen will versuchen wir krampfhaft es festzuhalten und den Fluss der Ereignisse zu stoppen. Doch so sehr wir es auch versuchen, je krampfhafter wir es versuchen, desto brachialer fliegen uns unsere ganzen Lebensstrukturen und Konzepte um die Ohren. Paff und alles ist weg, mit einem Schlag oder nach einem Schlag nach und nach alles und wir reisen Wochen oder Monate durch die Unterwelt, total erschöpft, gelähmt vor Angst, gezwungen uns dem, was geschieht, überlassen zu müssen, weil nichts mehr greift um den Zusammenbruch aufzuhalten.

All die scheinbar so lebenswichtigen Bedingungen und Strukturen, die Menschen oder Umstände, an die wir uns gehalten haben liegen hinter uns. Wie nach einem Erdbeben ist kein Stein auf dem anderen geblieben, alle tragenden Säulen unseres Lebens sind weggebrochen.
Worum geht es dann? Ist das unser Ende? Müssen wir untergehen?

Wenn nichts mehr bleibt, dann geht es um das große Wegreißen jeder einzelnen Krücke, die uns bisher gestützt hat.
Wenn alle Krücken wegfallen sind wir zum ersten Mal in unserem Leben völlig auf uns selbst gestellt, und wir wissen es und können uns nicht einmal mehr vormachen, dass wir es nicht wissen. Wir sind allein, wir leiden allein und da ist weit und breit keine neue Tür in Sicht, die sich angeblich immer dann öffnet, sobald eine alte Tür sich schließt. Da ist das absolute schwarze Nichts und wir mitten drin in unserem persönlichen Hades und am Liebsten möchten wir aufgeben vor Kummer und Schmerz über unsere totale Vernichtung.

Was will das Leben von uns, wenn uns ein derart massiver Schicksalsschlag widerfährt? Hat so etwas überhaupt irgendeinen Sinn?
Das Leben könnte von uns wollen, dass wir etwas aufgeben.
Es könnte wollen, dass wir unser Liebstes aufgeben.
Dieses Liebste ist etwas tief in uns selbst an das wir uns ein Leben lang gehalten haben. Das gilt es zu identifizieren. Dieses Liebste ist eine Vorstellung oder eine Überzeugung, die unsere begrenzte Welt bisher aufrecht erhalten hat, eine Vorstellung oder eine Überzeugung davon, wie wir selbst oder unser Leben zu sein haben. Genau diese Vorstellungen und Überzeugungen sind es, die ein massiver Schicksalsschlag zerschlagen will. Sie sind das, was wir loslassen müssen um aus dem Hades heraus zu finden. Das kann unsere Vorstellung davon sein, dass wir die Dinge kontrollieren müssen, das kann die Überzeugung sein, dass wir Sicherheit und Halt durch andere brauchen, dass kann die Überzeugung sein, dass wir es alleine nicht schaffen, dass kann das Bild des erfolgreichen Menschen sein, das wir von uns selbst über all die Zeit geformt haben.

Aber was in Gottes Namen sollen wir noch aufgeben, wo doch schon alles verloren ist? Warum müssen wir so leiden, warum auch noch das Liebste aufgeben, warum wird nicht alles mit einem Schlag besser, wo doch das Schlimmste schon geschehen ist?

Weil es nicht besser wird, solange wir Widerstand leisten und uns gegen die große Loslassübung wehren, die das Leben von uns fordert. Es wird solange nicht besser, wie wir an etwas festhalten, was uns die Macht nimmt anders zu handeln und anders zu denken als in den alten Vorstellungen. Diese dysfunktionalen gedanklichen Vorstellungen und Überzeugungen müssen - und hier sage ich wirklich "müssen" - losgelassen werden, wenn wir wachsen wollen. Denn das Problem mit dem wir hier konfrontiert sind, lässt sich mit genau diesen Vorstellungen nicht mehr lösen.

Donnerstag, 5. Januar 2017