Freitag, 28. April 2017

"Schreib es Dir von der Seele" – Mein aktueller Kurs in der Wiesbadener Freien Kunstschule




Schreiben ist selbstwertdienlich. Das weiß ich aus meiner eigenen Erfahrung und aus den Erfahrungen vieler meine Klienten, denen ich das Schreiben ans Herz lege. Sie alle empfinden es als hilfreich. Und genau das ist es: Hilfreich in allen Lebenslagen.

Wer über sein Leben schreibt und es schreibend betrachtet, findet Klarheit und zu sich selbst. Schreiben ist der Schlüssel zu unserem Gefühlsarchiv. Schöpferisches Schreiben ist wichtig für alle, die professionell mit Sprache arbeiten. Schreiben dient unterschiedlichen Zwecken. Der erste und vielleicht wichtigste ist, Freude zu haben. Beim schöpferischen Schreiben brauchst du keine Vorkenntnisse. Das einzige, was zählt, ist deine Neugier.

6 Gründe, warum dieser Kurs Dich garantiert weiterbringen wird:

1. Weil Schreiben uns hilft zu verarbeiten und zu verstehen
Schreiben hilft uns uns selbst besser zu verstehen. Die Rückschau auf unser Leben beispielsweise erlaubt uns, Muster zu erkennen und so den roten Faden zu begreifen. Schreiben ist hilfreich, um Altlasten weniger Macht zu geben und sie abzulegen oder bestimmte Situationen, die uns noch heute belasten, anders zu bewerten und damit besser zu bewältigen. Schreiben kann uns aus einem tiefen Loch und aus kreativen Blockaden bringen. Denn, wenn wir denken, es geht nicht weiter, können wir genau darüber schreiben. Und dann geht es weiter, zuerst auf dem Papier und später im Leben.

2. Weil es uns uns selbst näher bringt
Schreiben ist ein Weg und ein Werkzeug, uns selbst, die eigenen Gedanken, Wünsche und Sehnsüchte zu hinterfragen, Neues an uns zu entdecken, Potentiale auszubilden und um ungute Glaubensmuster aufzulösen. Über das eigene Leben zu schreiben, ist ein wundervoller kreativer Weg der Persönlichkeitsentwicklung.

3. Weil es das Selbstwertgefühl stärkt
Wer schreibt nimmt sich selbst intensiver wahr. Er erfährt, dass er eine eigene Stimme hat, und er kann stolz auf deine verfassten Texte sein. Er findet Zuhörer für seine Themen.

4. Weil es Ängste und Blockaden löst
Ängste, die wir nicht ausdrücken, blockieren unser Leben. Was sich nicht ausdrückt, drückt sich ein. Schreiben ist Selbstausdruck und löst so innere Blockaden. Den inneren Kampf beenden heißt: Uns mit dem Teil, den wir als größer empfinden als uns selbst, zu arrangieren. Es heißt, unseren Dämon lieben lernen. Dieser Dämon heißt meistens Angst. Angst hält uns klein. Schreibend hören wir auf vor diesem inneren Dämon davonzulaufen, wir schauen ihm ins Gesicht und konfrontieren uns mit dem, was wir fürchten. Angst, die nicht benannt wird, beherrscht das Leben. Es ist ok, Angst zu haben, sie ist ein gesundes Warngefühl, aber lass sie dich niemals von dem, was du tun willst, abhalten. Schreiben bringt uns mit der Angst auf Augenhöhe und verleiht uns den Mut, trotz der Angst zu handeln.

5. Weil es hilft, Krisen zu meistern
Schreiben ist deshalb so hilfreich, weil sich in Krisen der Blick verengt: Alle Türen scheinen verschlossen, alles Schöne fällt aus unserer Wahrnehmung heraus, die Welt zeigt sich Grau in Grau. Schreiben ist oft der erste Weg, aus dem inneren Gefängnis auszubrechen.
Bei Krisen, Krankheiten, Schicksalsschlägen, Trennungen und Verlusten hilft es, sich den Schmerz von der Seele zu schreiben. Schreiben kann dann ein Ventil sein. Schreiben hilft, Lebenskrisen als Chance zu begreifen und konstruktiv damit umzugehen.

6. Weil es Sinngebung im Jetzt ist.
Schreiben ist hilfreich, um Klarheit zu erlangen über das, was war und das, was ist.
Unsere Erinnerungen prägen uns zwar, sie sind aber keineswegs eine objektive Wiedergabe unserer Vergangenheit. Was war, muss nicht so bleiben. Unsere Sicht auf die Dinge entscheidet, woran wir uns erinnern, wie wir uns erinnern und wie wir aufgrund unserer Erfahrungen weitermachen wollen. Schreiben ist nicht nur Verarbeitung, wir formen damit auch unsere Sicht von Welt. Schreiben öffnet den Raum für Probedenken und Probehandeln. Schreiben hilft, das Leben im Jetzt zu gestalten.
Fang jetzt damit an!

Ich freue mich ein inspirierendes, spannendes Miteinander!

Herzlich,
Angelika Wende


Kursbeginn: Samstag, 13. Mai 2017 von 15 bis 17 Uhr.
Der Kurs geht über 4 Wochen.
Wir treffen uns jeden Samstag immer von 15 - 17 Uhr
Ort: Der Kurs findet in den Räumen der wfk, Wiesbadener Freien Kunstschule, Friedrichstraße 7, 65185 Wiesbaden statt.

Infos und Anmeldung:
Mail aw@wende-praxis.de
Website: www.wende-praxis.de

Mittwoch, 26. April 2017

Über die Klage



FOTO: AW

Sich zu beklagen ist für manche Menschen eine lebenslange Gewohnheit und sie kämpfen darum sie nicht aufgeben zu müssen. Sie glauben sich zu beklagen sei das Zeichen eines sensiblen Menschen, dem man schweres Unrecht getan hat.
„Warum ich?“, fragt sich dieser Mensch.
„Warum nicht ich?“, könnte er sich fragen.
Sich beklagen ist das Zeichen eines unreifen Menschen, der den Kinderschuhen nicht entwachsen will. Es ist das Zeichen eines Menschen, der sich allein um sich selbst dreht, der nur sich selbst sieht, der nicht bereit ist, sein Sein in einem großen Zusammenhang zu sehen.
Er klagt, weil ihm nichts Besseres einfällt.
Er klagt weil er meint, dass ihn das Klagen zu etwas Besonderem macht. Er klagt, weil er nicht bereit ist loszulassen, was ihn in seinen Augen zu etwas Besonderem macht, wenn er sonst schon nichts Besonderes tut. Klage aber ist nichts weiter als eine infantile Weigerung gegen das, was das Leben an Aufgaben an uns stellt. Die Klage aufgeben heißt, zu erkennen, dass wir die alten Geschichten nicht mehr brauchen und sie endlich wegzuwerfen, weil sie uns absolut nichts nützen und Leben im Jetzt verhindern.

Sonntag, 23. April 2017

Verantwortung für unsere Bedürftigkeit übernehmen





Die Mehrzahl der Menschen fühlt sich in irgendeiner Weise bedürftig. Auch ich spüre in einigen Bereichen meines Lebens Bedürftigkeit. Nach einem lieben Gefährten zum Beispiel, der meine Visionen teilt und an meiner Seite geht. Nach Menschen, die sich für die gleichen Themen interessieren wir ich, nach Menschen, die mich inspirieren, mich weiter bringen und begeistern, nach Menschen von denen ich lernen kann. Und wenn ich ganz lange darüber nachdenke fällt mir sicher noch einiges ein wonach ich bedürftig bin. By the way, es ist sehr aufschlussreich sich einmal die Zeit zu nehmen, nachzudenken und aufzuschreiben wonach wir bedürftig sind.

Bedürftigkeit entspringt einem inneren Mangel. Dieser Mangel trägt bei jedem von uns einen anderen Namen. Dem Einen mangelt es an Nähe, an Liebe, an Aufmerksamkeit und an Wärme, dem Anderen mangelt es an Bewunderung, an Zuwendung und an Lebensfreude, dem Anderen an Erfolg, Macht oder Geld.  

Was macht das mit uns, wenn wir einen Mangel verspüren? Was können wir tun?
Die Meisten denken über diese Fragen erst gar nicht nach. Sie wollen, das wonach sie bedürftig sind vom Anderen haben. Sehr viele Beziehungen basieren auf dieser Bedürftigkeit und der inneren Überzeugung, sich das beim Anderen zu besorgen zu können, was wir uns selbst nicht geben können. Besser, was wir glauben, uns selbst nicht geben zu können. Nun hat diese Strategie sich beim Anderen holen zu wollen, was man so nötig braucht einen ziemlich unseligen Aspekt: Die Anderen sind auch bedürftig. Die Anderen spüren auch einen Mangel. Sie fühlen genau das, was wir selbst fühlen und sie wollen genau das, was ihnen fehlt, auch von uns haben. So tun sich in den meisten Fällen zwei Bedürftige zusammen, die ihren inneren Mangel durch den Anderen füllen lassen wollen. Und schon sind wir bei den Erwartungshaltungen, die wie uns die Erfahrung immer wieder zeigt, in den meisten Fällen mit einer mehr oder weniger bitteren Enttäuschung endet.

Wenn ich zurückblicke auf einige Beziehungen, die ich in meinem Leben hatte, so muss ich mir eingestehen, dass ich sehr oft genau das beim Anderen gesucht habe, von dem ich mir selbst nicht vorstellen konnte, es mir zu geben. Und ich muss erkennen, dass ich immer wieder an Menschen geraten bin, die das mit mir genauso gemacht haben. Sie wollten etwas von mir, was sie sich selbst nicht geben konnten und sie beklagten nach einer Weile, dass ich es ihnen auch nicht geben konnte und umgekehrt habe ich es genaus gemacht.  Am Ende der Klage kamen die Vorwürfe und die Schuldzuweisungen und manchmal sogar Bitterkeit und Hass. Das war dann das Ende einer Illusion, die keiner von Beiden als solche erkannt hat.

Die Wahrheit ist nämlich: Wir finden beim Anderen nicht was wir brauchen. 
Wir finden es vielleicht für eine Weile. Am Anfang einer Liebesbeziehung bekommen wir die Zuwendung, die Wärme und die Aufmerksamkeit, nach der wir so bedürftig sind. Wir sind für den Anderen ein Faszinosum. Und er ist es für uns. Wir sind voller Energie, weil wir im Anderen das zu finden glauben, wonach wir so bedürftig sind. Wir fühlen uns voll, wo vorher eine emotionale Leere war und nennen uns glücklich. Das ist eine wundervolle Erfahrung. Ich bin für jede dieser Erfahrungen in meinem Leben dankbar. Und weil unser Herz so voll ist, denken wir: So soll es sein, so soll es bleiben. Aber irgendwann müssen wir erkennen, dass es nicht so bleibt. Denn jetzt kommt der entscheidende Punkt: Was passiert, wenn der Andere uns nicht mehr gibt, was wir brauchen? Was ist, wenn seine Faszination nachlässt oder die unsere? Was ist, wenn er seine Liebe zu uns verliert oder wir die Liebe zu ihm? Dann stehen wir da wie eine leere Hülle. Die Zuwendung des Anderen fällt weg und wir fühlen uns leer. Wir fallen emotional in ein tiefes schwarzes Loch. Wir stehen wieder alleine da mit unserer Bedürftigkeit und weit und breit ist da nichts, was diesen Mangel füllen kann.
Wir müssen erkennen, wir haben dort gesucht, wo das, was wir brauchen, nicht oder eben nur für eine Weile zu finden ist. Wir erkennen vielleicht sogar, dass die Liebe des Anderen eine Notwendigkeit war um uns voll zu machen und nicht, wie es sein sollte, ein Geschenk, das wir dankbar annehmen ohne mehr zu erwarten oder gar einzufordern, als der Andere zu geben hat. Wir haben uns getäuscht, aber nicht im Anderen, der sich in uns genauso getäuscht hat, wir haben uns getäuscht, was uns selbst angeht. Und wir haben einander getäuscht. Die Meisten von uns brauchen viele dieser Enttäuschungen um endlich zu begreifen, dass das, was sie erfüllt, das Herz, das sie wärmt, nicht bei anderen, sondern in ihnen selbst zu finden ist - und ist es dort nicht, ist es nirgendwo.

Bedürftigkeit ist immer ein Tauschgeschäft, verbunden mit der inneren Erwartungshaltung: Ich gebe dir und du gibst mir, was ich brauche und umgekehrt, du gibst mir, dann gebe ich dir.  
Nimmt der Andere sein Geben zurück nehmen wir unser Geben zurück. Den Wenigsten ist das bewusst. Sie verbringen ein ganzes Leben mit dieser Art von Tauschgeschäften mit wechselnden Partnern. Aber spätestens dann, wenn der Mangel wieder und wieder zu spüren ist, wird es offensichtlich: Die eigene Leere, die eigene Bedürftigkeit ist nur durch einen Menschen auf Dauer zu füllen und dieser Mensch sind wir selbst. Das was wir brauchen müssen wir lernen uns selbst zu verschaffen, sonst sind wir auf ewig Abhängige.  Wir leben fremdbestimmt von unserer Unfähigkeit die Fülle in uns selbst zu spüren. Aber sie ist da. Sie ist in jedem von uns. Nur -  solange wir uns nicht darum kümmern sie in uns lebendig werden zu lassen, leben wir ohne ein Gegenüber, das uns auffüllen soll, wie ein Vampir – blutleer und bedürftig nach dem warmen Blut der Anderen.

Aber was können wir tun, wenn wir uns dermaßen bedürftig fühlen? Was können wir tun um dieses um Zuwendung und Liebe kämpfen zu beenden?
Wir können uns eingestehen, wie bedürftig wir sind. Das ist der wichtigste Schritt: Die eigene Bedürftigkeit annehmen, akzeptieren, dass es so ist und dass es nichts Verwerfliches ist, aber etwas, was es in uns zu heilen gibt. Wir können all die schmerzlichen Gefühle, die unsere Bedürftigkeit in uns auslöst fließen lassen und uns unsere Trauer darüber aufrichtig eingestehen. Was uns das bringt? Es befreit uns vor immer neuen sinnlosen Versuchen andere zu benutzen, es bewahrt uns vor weiteren Enttäuschungen, es befreit uns von dem kindlichen Erwartung, dass Andere dazu da sind, unser Bedürftigkeit auszugleichen oder gar zu beenden. Damit übernehmen wir endlich die Verantwortung für uns selbst. Wir übernehmen die Verantwortung für unsere Bedürftigkeit. Wir lernen darauf zu verzichten, dass andere unseren inneren Mangel beheben und wir lernen auszuhalten, dass dieses Gefühl des Mangels schmerzt. Wir lernen es mit uns selbst auszuhalten. Wenn wir das aushalten können haben wir den entscheiden Schritt getan: Wir beginnen uns um uns selbst zu kümmern und uns selbst das zu geben, was wir so nötig brauchen. Und mit der Zeit wird uns geschenkt, was wir brauchen.

Sonntag, 16. April 2017

Persönliche Auferstehung



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Wann immer du in einer belastenden Situation oder in einem Konflikt gefangen bist, könntest du dich fragen: Bin ich präsent im Jetzt oder reagiere ich gerade aus alten Konditionierungen, Mustern, Erfahrungen und Erwartungen heraus? Wann immer wir verletzt werden, besonders als Kind, wird uns etwas Essentielles gestohlen. Aus unseren alten Verletzungen heraus schaffen wir uns innere Überzeugungen und persönliche Wahrheiten, die dazu führen, dass wir, wenn wir mit einer ähnlichen Verletzung konfrontiert werden, an die ursprüngliche Verletzung erinnert werden. Das Unbewusste unterscheidet nicht zwischen dem was war und dem was jetzt ist. Wir gehen reflexartig in eine Art Trance nach hinten in unsere Vergangenheit. Wir fühlen uns so ohnmächtig und wertlos wie damals und reagieren im Jetzt aus diesen alten Gefühlen heraus. Damit beherrschen uns die Wunden der Vergangenheit bis in unser Heute.

Wenn wir uns dessen bewusst sind können wir uns entscheiden. Wollen wir trotz dieses Wissens das Opfer, das wir einmal waren, bleiben? 

Dann benutzen wir die Opferhaltung als Rechtfertigung dafür, dass wir nichts verändern. Oder sind wir präsent in der Gegenwart und entscheiden uns dafür aus der Opferrolle auszusteigen und die Verantwortung für unsere Leben im Jetzt zu übernehmen, auch wenn das bedeutet, über den eigenen Schatten springen zu müssen? Springen wir nicht, erlauben wir den alten Wunden uns zu definieren und zu dominieren. Natürlich macht es Angst die Komfortzone zu verlassen. Aber macht es nicht mehr Angst in Mustern stecken zu bleiben, die uns vielleicht ein Leben lang zu hilflosen Wesen machen, die von der eigenen unguten Vergangenheit bestimmt werden?

Das Leben ist zu kurz um zu wenig achtsam zu sein.
Achtsam uns selbst gegenüber und damit selbstfürsorglich. 


Selbstfürsorge bedeutet auch die Bereitschaft alte Verletzungen nicht in Endlosschleife zu wiederholen. Eine solche Haltung ist selbstverletzend. Sie schadet keinem anderen als uns selbst. Wir tun uns weiter an, was uns einmal angetan wurde. Wir selbst sind es, die uns damit schaden, wenn wir uns weigern anzuerkennen, wer wir im Jetzt sein können und ewig darauf beharren, dass wir nun mal nicht anders können, weil uns Schlimmes widerfahren ist. Das ist als würde man sein Leben auf einem Altar des Leidens bauen und diesen ständig voller Selbstmitleid anbeten.
Vom Selbstmitleid zum Selbstmitgefühl, dahin geht der Weg in die Autonomie als selbstbestimmter Mensch. Und das bedeutet auch: Aufzustehen, für sich selbst einzustehen und uns die Macht über uns selbst zurückzuholen, die man uns genommen hat, als wir uns nicht wehren konnten. Jetzt können wir es. Wir können auf(er)stehen. Das ist für mich die persönliche Auferstehung eines erwachsenen Menschen.

Gesegnete Ostern, Ihr Lieben!

Samstag, 15. April 2017

Es wird nicht einfacher

Je älter wir werden, desto schwieriger wird das Leben. Der Glaube es müsse leichter werden ist eine Illusion. Je älter wir werden, desto größer werden die Herausforderungen, vor die uns das Leben stellt. Je älter wir werden, desto mehr wird uns bewusst, weil wir das Leben differenzierter wahrnehmen. Je älter wir werden, desto mehr Erfahrungen haben wir gemacht und nicht jede von ihnen hat uns weiser gemacht, oder gelassener. Im Gegenteil, viele unserer Erfahrungen waren unschön, manche bitter und manche haben uns das Herz gebrochen. Wir haben Enttäuschungen erlebt und überwunden, wir haben gekämpft. Wir haben gewonnen und wir haben verloren. Und mit der Zeit haben wir kapiert, dass das Leben nicht immer mit einfachen Lösungen daherkommt. Wir haben vielleicht sogar kapiert, dass es für Manches keine Lösung gibt.

Wir haben gelernt, dass trotz allen Wollens, Glaubens und Hoffens, das Schicksal daherkommt und uns einen Strich durch die Rechnung macht. Wir haben eine Menge durchgestrichene Rechnungen in der Ablage. Wir haben gute und ungute Entscheidungen getroffen. Wir haben vielleicht erkannt, dass das, was wir anders machen wollten als unsere Eltern, gar nicht so viel anders war.

Wir haben unsere Bedürfnisse und Wünsche zurückgestellt, weil anderes oder andere Menschen für uns wichtiger waren. Wir haben Teile in uns, die leben wollten unterdrückt und manchen den Vorrang gegeben, die es nicht gut mit uns meinten. Wir haben unsere Kindheit, die vielleicht nicht gut war, verarbeitet oder wir knabbern noch immer dran und wissen, wir haben nicht mehr alle Zeit der Welt uns mit ihr auszusöhnen. Wir sind wieder und wieder in die selbe Falle getappt und wir haben wieder und wieder alte Muster wiederholt und immer noch nichts dazu gelernt, bis es so weht tat, dass wir es lernen mussten oder wir sind noch immer am Lernen.

Wir haben Scheidungen und Trennungen hinter uns gebracht. Wir haben Krankheiten besiegt und neue bekommen. Wir haben gelernt, dass wir im Grunde mit den existentiellen Fragen im Tiefsten allein sind und dass uns letztlich nur auf uns selbst verlassen können. Manchmal haben wir uns sogar selbst verlassen. Wir haben hundertfach erlebt, dass unser Wille und unsere Pläne an der Wirklichkeit zerbrechen. Wir haben Kraft verloren in all diesen Kämpfen. Wir haben Zuversicht gewonnen in jeder Situation in der unser Mut über unsere Angst gesiegt hat.

Wir haben auf Scheinharmonie zu verzichten gelernt um der Wahrhaftigkeit und um der eigenen Integrität willen oder wir stecken noch immer im Selbstverrat fest. Wir haben Verluste erfahren, die nicht wieder gut zu machen sind. Wir haben Menschen verloren, die nicht zu ersetzen sind. Wir haben gelernt mit der Trauer zu leben. Wir haben mehr und mehr begriffen, dass das Leben kein Wunschkonzert ist und wir kein Geburtsrecht auf das ewige Glück haben. Wir haben gelernt, dass manche Türen sich schließen und sich neue auftun und wir haben gelernt, dass sich keine neuen Türen auftun und wir noch immer im selben Zimmer sitzen und auf ein Wunder warten. Wir haben gehofft, dass es mit der Zeit einfacher wird und mussten erleben, dass es noch schwerer wurde. Wir haben Bewusstheit und Erfahrungen gewonnen, die es uns schwer machen die Leichtigkeit des Lebens zu fühlen, auch wenn wir sie und noch so sehr herbeisehnen.

Wir haben Erinnerungen und wir haben eine lange Vergangenheit. Und diese Vergangenheit lässt sich nicht von unserem Jetzt trennen. Wir können sie nicht abspalten und sagen:“ Scheiß drauf, ich fange noch mal ganz von vorne an!" Wir sind nicht mehr ganz vorne. Wir bewegen uns, je älter wir werden, mehr und mehr nach hinten. Hinten wo der Tod wartet, der dieses Leben beendet. Und mit diesem Gewahrsein stellen wir uns die schwierige Frage: Was nun? Was will ich mit dem Rest meines Lebens anfangen?Und wieder müssen wir erfahren: Nicht wir, das Leben stellt uns Fragen.
Also erlösen wir uns von der Illusion, dass es mit dem älter werden leichter wird. Das macht es leichter.

Dienstag, 11. April 2017

Das falsche Selbst




Foto: A:W:

Die größte Wunde, die man einem Kind zufügen kann, ist die Zurückweisung seines wahren Kerns, seines Selbst. Wenn die Bedürfnisse, die Gefühle, die Eigenarten und die Begabungen eines Kindes nicht geachtet werden, wird es dazu gezwungen ein falsches Selbst zu entwickeln.

Um geliebt zu werden passen sich Kinder den Erwartungen und Normen ihrer Bezugspersonen an. Im Laufe des Lebens bekommt dieses falsche Selbst einen so massiven Einfluss, dass Menschen bis ins Erwachsenenalter glauben, das sei ihr wahres Selbst. Sie wissen nicht, wer sie wirklich sind, denn das wahre Wesen wird vom falschen Selbst in den Schatten des Unbewussten versenkt. 

Dass wir ein falsches Selbst entwickelt haben, erkennen wir daran, dass wir ständig oder immer wieder das Gefühl innerer Leere empfinden. Wir haben das Gefühl, dass mit uns etwas nicht in Ordnung ist.

Aber mit uns ist alles in Ordnung. Wir wissen es nur nicht besser, weil man es uns nicht gesagt hat. Wir wissen es nicht, weil wir mit einem falschen Selbst herumlaufen. Wir wissen es nicht, solange wir uns nicht aufmachen um unser wahres Selbst zu entdecken.

Sonntag, 9. April 2017

Die inneren Eltern


Malerei: A. W.

Auch wenn wir denken, wir haben uns von der Mutter gelöst, auch wenn wir denken, wir haben uns vom Vater gelöst, selbst wenn sie gestorben sind, in jedem von uns lebt eine innere Mutter, lebt ein innerer Vater und sie hören sich so an, sie denken, fühlen, reagieren, handeln so wie die Mutter und der Vater unserer Kindertage.

Wenn wir uns an die Eltern unserer Vergangenheit bewusst erinnern und an die Art ihrer Bemutterung und ihrer Bevaterung, ihre Haltung zueinander, zu uns, zum Leben, können wir verstehen, was in uns zu unserem Besten und was in uns zu unserem Schlechtesten wirkt.

Wenn wir fähig sind uns von der unbewussten Identifikation und den destruktiven Einflüssen der Inneren Eltern zu distanzieren und zu disidentifizieren, werden wir mehr wir selbst.

Freitag, 7. April 2017

Aus der Praxis – Selbstmitgefühl



Malerei: A.W.

Wenn die Menschen auf die wir als Kind emotional angewiesen waren, um Halt, Sicherheit, Trost und Beruhigung zu finden, eine Bedrohung waren, dann geschieht es nicht selten, dass sich unser Bedürfnis nach Nähe und Bindung mit Angst paart. Dann spüren wir Angst, wenn wir unser Herz öffnen. Es kommt kein Vertrauen auf, sondern das Gefühl uns schützen und verteidigen zu müssen. Das ist vollkommen verständlich.

Was wir dann brauchen ist uns selbst Mitgefühl und liebevolles Verständnis zu geben. Wenn wie uns Selbstmitgefühl geben, hören wir irgendwann auf uns für etwas zu verurteilen, wofür wir nichts können. Wir beginnen uns zu verstehen, mit unseren Wunden und unseren Ängsten und dem Verhalten das daraus resultiert. Wir lernen uns anzunehmen, so wie wir auch sind, auch wenn uns unser Sosein das Leben schwer macht. Wir beginnen uns klar zu sehen. Wir hören auf uns selbst zu verurteilen. Wir erkennen uns an, mit unseren Schwächen. Erst wenn wir soweit sind uns selbst so zu akzeptieren wie wir sind, kann Veränderung stattfinden.

Uns verändern bedeutet nicht perfekt zu werden oder ein Anderer zu werden. Es gibt im Leben keine Perfektion und wir werden kein neuer Mensch. Uns verändern heißt: Denkmuster und Verhaltensweisen zu verändern, die uns schaden.

Wir werden nicht alle Denkmuster und Verhaltensweisen ändern können, wir werden vielleicht sogar weiter Angst haben und unsere tiefen Wunden werden vielleicht niemals heilen, wir werden vielleicht weiter Dinge tun, die uns leid tun und Fehler machen, die ungute Folgen haben, aber wir werden aufhören uns dafür anzuklagen, abzuwerten und zu verurteilen. Wir werden aufhören uns selbst zu bestrafen, indem wir nicht gut für uns sorgen. Wir werden eine Haltung von Selbstmitgefühl und Eigenliebe entwickeln. Damit leiden wir weniger an uns selbst.

Dienstag, 4. April 2017

Möglichkeiten





Gestern sagte ein älterer Klient zu mir: "Ich hatte ein erbärmliches Leben." Ich fragte ihn, was ist für Sie ein erbärmliches Leben? Er dachte lange nach... Ich habe meine Möglichkeiten und meine Gaben nicht genutzt. Es ist traurig, wenn ein Mensch das in einem Alter sagt, wo das Meiste gelebt ist. Es hat mich sehr berührt, dass mein Klient so empfindet. Ich weiß, dass er nicht der Einzige ist der so denkt und fühlt und darum schreibe ich das heute früh, für alle von Euch, die dieses Gefühl kennen.

Es ist traurig, wenn wir ein Leben lang, das was uns an Anlagen, Gaben und Möglichkeiten gegeben ist nicht nutzen, weil wir es nie gelernt haben, weil es uns keiner vermittelt hat oder unsere Erziehung so war, dass es uns nicht erlaubt wurde. Es ist nicht leicht sich selbst zu verwirklichen, wenn es uns keiner vorgelebt hat und uns keiner dazu ermutigt hat. Es ist sogar sehr schwer.
Andererseits ist es auch schwer seinen eigenen Weg zu gehen, seine Gaben zu nutzen, sie in die Welt zu geben, sie zum eigenen Wohl und zum Wohl anderer einzusetzen. Es erfordert Mut, den Glauben an sich selbst, Disziplin und auch Verzicht. Aber wer das vermag hat ein erfülltes Leben. Er wird am Ende sagen können: Ich habe mich verwirklicht, mein Leben hatte Sinn und zwar den, den ich ihm gegeben habe. Er wird zufrieden und dankbar auf die gelebten Jahre zurückblicken und jeden neuen Tag Leben mit Freude begrüßen.

Mein Klient hat noch Zeit, er hat Zeit sein erbärmliches Leben zu ändern. Er hat beschlossen in seinem höheren Alter noch einmal zu studieren, und zwar das, was ihn schon immer interessiert hat. Das ist schön. Es ist nie zu spät aus einem "erbärmlichen Leben" auszusteigen. Wir müssen nicht erst alt oder vielleicht sogar krank werden um zu begreifen, dass wir das Recht haben und Niemandes Erlaubnis brauchen, zu leben, was ihn uns angelegt ist und unsere Gaben zu nutzen. Wir können es uns selbst erlauben. Wir können es tun, jeden einzelnen Tag, können wir das tun. Wir können ändern, was uns nicht gefällt. Es muss nicht die große Wende sein, es muss nicht bedeuten, dass wir radikal etwas verändern. Es genügt mit kleinen Dingen anzufangen, kleine Dinge zu verändern.
Jeden Tag können wir etwas tun, was unseren Gaben entspricht und was uns Freude macht. Freude schafft Sinn. Wenn wir glauben, dass unser Tun keinen Sinn hat, beschneiden wir uns selbst. Wir machen uns unglücklich.

Es ist wichtig, dass wir unsere Fähigkeiten anerkennen, denn damit erkennen wir uns selbst an. Das Entfalten unserer Potentiale, das Verfolgen unserer Interessen, unserer Visionen und Ideale, das Ausleben unserer Kreativität, bedeutet, uns selbst gegenüber gerecht zu werden.
Freude am Tun schenkt Kraft und je mehr wir von dem tun, was uns Freude macht, desto stärker und zufriedener fühlen wir uns.
Jeder Tag schenkt uns die Möglichkeit, das zu tun.
Gottes Geschenk an uns sind Möglichkeiten.