Donnerstag, 31. Dezember 2020
FÜR DICH
Mittwoch, 30. Dezember 2020
In diesem Moment
Foto: A.Wende
Wer sich im Moment aufhält bekommt Boden unter den Füßen.
Und das lässt uns für diesen Moment erfahren, dass es eine Sicherheit gibt.
Wir erfahren, dass es für diesen kurzen Augenblick möglich ist Bodenhaftung zu spüren.
Im Konzentrieren auf den Moment entkommen wir den düsteren Gedankenkreisen.
Wir befreien uns für diesen Moment.
Und das macht ruhiger.
Alles andere interessiert in diesem Moment nicht.
Montag, 28. Dezember 2020
Wut
Kotz sie aus, lass sie raus, alles besser als deine Wut runterschlucken.
Gerade
heutzutage gibt es immer mehr Menschen, die genau das machen. All die
unausgekotzte Wut, die schon lange in ihnen gärt, wird hemmungslos
ausgekotzt oder hemmungslos anderen übergekippt. Der Respekt lässt
eklatant nach und die verbale Aggression wächst exponentiell nahezu
parallel zu den die Infektionszahlen der Pandemie. Wut ist zur Zeit
omnipräsent. Auch spirituelle Heiler und Bewusstseinscoaches fordern
immer häufiger ihre Follower im Netz auf die Wut rauszulassen. Nach dem
Motto: Wut muss frei und ungebremst raus, weil das angeblich heilsam
sei. Soziale Netzwerker haben sogar ein Interesse an wütenden Nutzern,
denn Emotionen bringen Klicks und Likes.
Wüten ist also gut?
Meint man.
Man irrt.
Wüten ist nicht gut.
Das ist ein fataler Mythos.
Im
Gegenteil, wer lautstark wütet und hemmungslos seiner Wut freien Lauf
lässt, liegt falsch, wenn er meint sich damit etwas Gutes zu tun. So
zeigten sich Probanden, denen man im Laborexperiment die Gelegenheit gab
ihre Wut auszuagieren und erst damit aufzuhören, wenn sie selbst
meinten, sie hätten jetzt intensiv und genügend gewütet, noch lange nach
dem Wutausbruch anderen Personen gegenüber signifikant aggressiver als
Probanden, die im Labor keine Gelegenheit bekamen ihre Aggressionen
auszuagieren.
Das hemmungslose Abreagieren von Wut füttert also
die Wut, anstatt die Seele zu befrieden. Fast immer, wenn wir wütend
werden, liegt es daran, dass etwas nicht so läuft wie wir es wollen oder
erwarten. Das Ego ist angepisst und reagiert mit Wut.
Wut ist ein Brennstoff, der Leid, Trennung und Spaltung schafft.
Mich
wundert das nicht, denn niemals ist meine Wut kleiner geworden, indem
ich sie einem anderen übergegossen habe. Im Gegenteil. Man schadet sich
damit nur selbst.
Wut auskotzen bringt nichts außer noch mehr Wutenergie.
Wut
die kopflos ausagiert wird, ist keine Erlösung und schon gar keine
Lösung für nichts. Von dieser Vorstellung dürfen wir uns lösen, wenn uns
an unserem Seelenheil und dem Heil unserer Mitmenschen gelegen ist.
Aber wohin dann mit der Wut?
Sich
mit der eigenen Wut auseinanderzusetzen und sie zu ergründen ist
heilsam. Sie unkontrolliert abzuladen ist unheilsam. Es ist wichtig,
sich der Emotion bewusst zu sein und sie sich bewusst zu machen und das
bedeutet eben nicht, sie unreflektiert auszuagieren, sondern
hinzuschauen, woher sie kommt und was sie uns sagen will.
Es
macht Sinn sich in die eigene Innenwelt zu begeben und sich zu fragen,
was einen denn so wütend macht und warum man das Bedürfnis verspürt den
Rest der Welt daran teil haben zu lassen. Man könnte sich fragen, was in
einem selbst schon lange unbearbeitet und unverarbeitet gärt. Welches
Schuldgefühl, welches Versäumnis, welche Verletzung, welche Trauer,
welche Angst oder welche Ohnmachtserfahrung liegt der Wut zugrunde?
Sich mit der eigenen Wut auseinanderzusetzen und sie zu ergründen ist heilsam. Sie unkontrolliert abzuladen ist unheilsam.
Wut
hat oft mit verdrängten Schatten zu tun, den die Wütenden nicht sehen
wollen oder können. Wut hat auch immer etwas mit dem eigenen Selbstwert
zu tun. Meistens liegen dem aggressiven Verhalten Verletzungen in der
Vergangenheit zugrunde. Das sind z.B. wie gesagt Opfererfahrungen
oder/und Diskriminierungserfahrungen. Die Wut fungiert dann als eine
Umkehrung von einem Ohnmachtsgefühl in ein handlungsmächtiges
Aktivwerden mittels Wut. Wut ist aus der Hilflosigkeit sich selbst, den
eigenen Wunden, Schwächen und Fehlbarkeiten gegenüber geboren, die dann
wütend auf das Außen projiziert wird, das schlecht ist und böse und
dumm. Wo, könnten sich die wütenden Aggressoren fragen, bin ich selbst
schlecht und böse und dumm?
Wut, die wir bewusst anschauen, hilft
uns die eigenen Bedürfnisse zu erkennen für sie einzustehen. Sie ist
ein Seismograf dafür, was in uns unerfüllt und ungelebt ist. In dem
Moment, wo ich weiß, wo meine Wut herkommt, kann ich Verantwortung
übernehmen und entscheiden, wie ich damit umgehe. Dann passiert es
nicht, dass sie unkontrolliert hochschießt und zerstörerisch wirkt. Dann
kann ich aus meiner Wut sogar Kraft schöpfen, indem ich sie in
Kreativität wandle. Wut ist also auch eine wertvolle Ressource, denn sie
gibt uns die Kraft, Kontrolle über das eigene Leben zu erlangen und
Dinge zu verändern, die einem nicht gut tun, zum Beispiel eine
dysfunktionale Beziehung zu beenden.
Statt also auf den
Wutimpuls zu reagieren, beobachten wir ihn. Wenn wir das tun, lassen wir
Raum zwischen uns und dem Wutimpuls und in diesem Raum haben wir Zeit
zu entscheiden was wir mit der Wut machen wollen und wozu sie uns
nützlich sein kann. Wut ist ungut wenn wir sie irgendwo
hinlenken, aber sie ist sinnvoll, wenn wir sie dahin lenken wo wir
Essentielles zum Besseren hin verändern wollen. Sich mit den
Ursachen der eigenen Wut auseinanderzusetzen stünde manch wütenden
Mitmenschen gerade in dieser harten Zeit nicht schlecht. Es gibt schon
genug Drama, man muss es nicht noch schüren, hochkochen und andere damit
infizieren.
Samstag, 26. Dezember 2020
Zeitenwende
In einer Zeit, in der alles brüchig
ist, suchen viele Menschen nach Erklärungen, um das Leben zu verstehen. Wir
suchen Halt in einer haltlos gewordenen Welt nicht wissend wie es weitergeht,
wir sehnen uns nach Sicherheit in einer Welt, die eine permanente Bedrohung
darstellt und Lösungen nicht in Sicht sind. Wir wollen das Leben denkend
verstehen und bewältigen. So sind wir es gewohnt. Und jetzt steht uns die Welt
wie ein fremd gewordenes Objekt vor Augen, und wir messen und bewerten sie
weiter nach gewohntem Maß. Wir ordnen den Phänomenen Gesetzmäßigkeiten zu, die
uns auch nicht weiter helfen und gleichzeitig schaffen wir strenge Gesetze.
Regeln und Verbote sind unser Alltag geworden, den Zahlen dominieren. Auf diese
Zahlen starren wir Tag für Tag und werden immer ängstlicher, denn sie verheißen
nichts Gutes. Messend, zählend und forschend bewegen wir uns orientierungslos
im Chaos. Wir wollen nichts lieber als endlich wieder Ordnung schaffen und müssen
erkennen: Angesichts einer Naturkatastrophe geraten wir an unsere Grenzen. Das
Virus bedroht uns weiter, es nimmt unsden Atem in einer Welt, in der die Erde
am Ersticken ist: I can´t breath.
Wir geraten mehr und mehr aus dem Gleichgewicht weil wir begreifen, auch das
kommende Jahr wird nichts Entscheidendes verbessern wenn nicht ein Wunder
geschieht. Wir werden noch lange weiter den größten Teil unserer Lebenszeit in
unseren Wohnungen sitzen und uns fragen, ob das noch ein Leben ist, während wir
hoffen, dass die Wissenschaft Mittel findet, die uns unsere Freiheit wieder
gibt. Wir haben erkannt, dass Rationalisierung und Individualisierung,
Technisierung und Chemisierung an ihren äußersten Punkt gelangt sind. Corona
hat es uns gezeigt: So geht es nicht weiter. Wir stehen vor einer Zeitenwende.
Aber wohin wird sich das Leben wenden? Wohin bewegen wir uns? Welche
Veränderungen müssen wir vornehmen?
Bewegen wir uns in eine virtuelle Welt? In eine Welt der digitalen Lebensweise
in der wir schon jetzt leben und die bis ins nächste Jahr und darüber hinaus
andauern wird? Wie wir leben, arbeiten und wie wir kommunizieren und kooperieren, muss neu
durchdacht und geplant werden. Jetzt ist unsere kollektive Kreativität
gefordert und die eines jeden Einzelnen.
In einer Zeit in der das Leben so wie wir es gewohnt waren, zusammengebrochen
ist sind wir dazu angehalten, nachzudenken und das bedeutet vergangene
Projekte, Träume, Jobs und zwischenmenschliche Beziehungen Revue passieren zu
lassen und zu überprüfen ob sie der neuen Welt standhalten. Wir müssen
selektieren und uns fragen, was geht und was nicht mehr geht und was keinen
Sinn mehr macht. Wir müssen optimieren was umsetzbar und lebbar ist, was an
Fähigkeiten und Potenzialen wir ausbauen und vervollkommnen können, damit sie
uns in der neuen Welt halten und tragen. Wir müssen kompensieren, was uns
weggerissen wurde und Alternativen finden. Wir sind aufgerufen uns neu zu
positionieren und das in allen Lebensbereichen – uns selbst gegenüber, in
unseren Beziehungen zu anderen, was unsere Lebensweise, unsere Gesundheit und
unseren Beruf angeht. Wir dürfen uns fragen: Was darf gehen und was darf
bleiben?
2021 wird ein Jahr des Umbruchs. Zuvor aber geht es um Großreinemachen.
Das ist eine große Herausforderung, noch dazu wenn alles unbeständig,
veränderlich und unkontrollierbar ist. Das ist eine noch größere
Herausforderung, wenn wir zerrissen sind zwischen der Hoffnung auf ein besseres
Jahr 2021 und der Angst, dass 2021 noch eins drauflegen könnte.
Was dann?
Wie schaffen wir das mental, psychisch und physisch wo wir doch längst an der
Grenze unserer Belastbarkeit angekommen sind? Woher die Kraft nehmen nach einem
Jahr voller Shutdowns, Social Distancing, Verboten, Einschränkungen, Verlusten,
Unsicherheiten und einer wabernden Angst, die uns mürbe gemacht hat und unsere
Sehnsucht nach Freiheit so groß, dass es schon weh tut?
Indem wir akzeptieren was unveränderbar ist und ändern, was wir ändern können
ist, wie ich es immer erwähne, und indem wir uns bewusst machen: Nicht der
Stärkere, sondern der Flexiblere wird diese Katastrophe überstehen.
Unsere
Überlebenskunst ist jetzt gefragt.
Was einen Überlebenskünstler ausmacht ist die Fähigkeit sich an die Umstände
anzupassen. Nur wenn wir bereit und fähig sind uns dem Jetzt anzupassen finden
wir unseren Platz in der neuen Welt in der die Umbruchs- und
Transformationsphase gerade erst begonnen hat. Wir alle sind aufgerufen mit
Geduld und Disziplin für eine bessere Welt zu arbeiten. Jeder von uns kann
entscheiden wie und was er dazu beitragen will.
„Das Leben selbst ist es, das dem Menschen Fragen stellt. Er hat nicht zu
fragen, er ist vielmehr der vom Leben her Befragte, der dem Leben zu antworten
- das Leben zu verantworten hat“, schreibt Viktor Frankl. Genau darum geht es
jetzt.
Keine leichte Übung, aber eine Herausforderung, die wir annehmen dürfen.
Donnerstag, 24. Dezember 2020
Wann ist Weihnachten
„Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“, so steht es in der Bibel. Gottes Liebe erscheint uns Christen mit der Geburt seines Sohnes in einem armseligen Stall, die einzige Herberge, die Maria und Josef finden. Dort wird er geboren, unspekatulär, still und in Armut. Gott schenkt uns seinen Sohn, den Heiland, den Retter, auf dass unser Leben erlöst werde von all dem Unheilsamen das darin ist. In der Geburt Jesu begegnet uns die Liebe Gottes. Und damit begegnet uns unsere tiefe Sehnsucht nach dem Heilsamen in all dem Unheilsaman, die Sehnsucht nach Frieden in einer unfriedlichen Welt, die Sehnsucht nach Liebe in einer lieblosen Welt.
Möge Frieden sein unter den Menschen, Liebe und Nächstenliebe.
Möge das Unheilsame ein Ende haben.
Möge die Liebe menschlich werden und die Herzen der Menschen weit und warm für sich selbst und den Nächsten.
Mögen Kriege und Kämpfe ein Ende haben und in diesem Jahr - möge diese Pandemie, die unser Leben so brüchig und schwer macht und so viele Verluste mit sich bringt, ein Ende haben.
Möge sie erwachen, die Menschheit und endlich begreifen, dass es an ihr selbst liegt, all das Unheilsame in der Welt und dass es an ihr selbst liegt, es endlich zu beenden.
Alle Jahre wieder begegnet uns mit der Heiligen Nacht die Erinnerung an gelebte Liebe und damit auch die Erinnerung an den Einen. Und ob wir nun gläubig sind oder nicht, es spielt keine Rolle. Dieser Eine ist ein Symbol, ein Aufruf an uns Menschen Mensch zu sein im besten Sinne.
Was ist einer gegen so viele?
Einer, der hofft gegen so viel Verzweiflung
Einer, der auf Macht verzichtet gegen so viel Korruption
Einer, der heilt gegen so viel Vernichtung
Einer, der rettet gegen so viele Richter
Ein Lebendiger gegen so viele Tote
Einer, der kam und zeigte, wie ein Blitzlicht, einen Bruchteil der Geschichte, was ein Mensch sein könnte.
So steht es in einer Inschrift in der Nikolaikirche in Leipzig.
Was ist einer gegen so viele?
Es ist einer! Und dann ist da noch einer und noch einer. Und je mehr es von diesen einen gibt, desto mehr werden wir. Und je mehr wir sind, desto mehr kann sich verändern hin zum Guten.
Wenn dieser Eine aus dem gute Taten hervorgehen allein bleibt, wird sich nichts verändern.
Wann ist Weihnachten?
Jeden Tag, wenn wir begreifen und leben, worum es wirklich geht.
Danke, dass ihr mich ein Jahr lang hier auf meinem Blog begleitet habt.
Danke, dass es Euch gibt.
Möget Ihr gesund sein.
Schöne Weihnachten.
Dienstag, 22. Dezember 2020
Freiheit im Sinn
Montag, 21. Dezember 2020
Liebe ist der Wunsch, dass es dem geliebten Menschen gut geht
Sonntag, 20. Dezember 2020
Weihnachten 2020
Samstag, 12. Dezember 2020
Wollt Ihr den harten Lockdown? Und seid Ihr Euch der Folgen für die Psyche bewusst?
Wollt ihr den harten Lockdown? Ja!, schreit die Mehrzahl der Menschen.
Das ist verständlich, denn das Virus lebt von Kontakten und um uns vor eine potenziellen Infektion zu schützen, muss der zwischenmenschliche Kontakt auf ein Mindestmaß reduziert werden. Was aber viele und insbesondere auch die Regierung ausblendet, ist die Tatsache, dass Gesundheit nicht nur auf der körperlichen Ebene angesiedelt ist. Der Mensch hat nicht nur einen Körper, sondern auch einen Geist und eine Seele. Mens sana in corpore sano - Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper und umgekehrt: Ein kranker Geist macht einen kranken Körper. Längst weiß das unsere überpsychologisierte Gesellschaft, im Moment aber scheint dieses Wissen von keiner Relevanz zu sein. Oder, es wird der Einfachheit halber ausgeblendet.
Fakt ist: Konnten die meisten Menschen im Frühjahr den Lockdown noch einigermaßen gut überstehen, wird der harte Lockdown im Winter viele von uns an die Grenze der mentalen und psychischen Belastbarkeit bringen. Die harten Maßnahmen, die uns jetzt wieder bevorstehen und die allein auf die rein körperliche Gesundheit der Menschen beschränkt sind und die seelische Gesundheit außer Acht lassen, sind unmenschlich. Ein verantwortungsvolles Krisenmanagement in Pandemiezeiten muss auch Maßnahmen zum Schutz der psychischen Gesundheit der Menschen umfassen.
Unsicherheit, Angst und Niedergedrücktsein sind die häufigsten Reaktionen auf die Pandemiesituation, auch bei psychisch einigermaßen gesunden Menschen.
Gefühle und Zustände wie diese sind normale menschliche Reaktionen auf belastende Lebensereignisse. Nicht alle Menschen sind jedoch einem gleich hohen Ansteckungsrisiko ausgesetzt oder psychisch und sozial gleich belastet.
Die einen kommen einigermaßen gut damit klar, andere leiden unvorstellbar.
Ich möchte mich hier auf jene Menschen fokussieren, die durch die Corona-Pandemie am stärksten gefährdet sind.
Das sind vor allem die Coronakranken und deren Angehörige, das sind ältere und sehr alte Menschen, das sind Pflegebedürftige, medizinisches Pflegepersonal sowie Frauen, Kinder und Jugendliche und besonders auch Menschen mit körperlichen und/oder seelischen Behinderungen und Erkrankungen.
Psychische Auswirkungen hat für diese Menschen wie für alle anderen nicht nur das Leben mit einem potenziell tödlichen Virus, sondern die Drastik der Maßnahmen, insbesondere des harten Lockdowns, der uns jetzt wieder erwartet. Das öffentliche Leben kommt fast vollständig zum Erliegen. Alles außer dem, was wir zum Überleben notwendig brauchen macht dicht. Um Risikopatienten zu schützen wird alles geschlossen, was das soziale menschliche Leben ausmacht. Und damit fehlt der menschliche Austausch, das soziale menschliche Miteinander, das den jeder von uns täglich braucht.
Ja, wir brauchen menschliche Kontakte um psychisch widerstandsfähig zu sein und um körperlich gesund zu bleiben. Wer Nähe erlebt hält zudem schwere psychische Belastungen besser aus. Mit den Kontakt-und Ausgehbeschränkungen fallen genau diese psychisch stärkenden Faktoren seit fast einem Jahr schon weg. Fatalerweise stehen sich hier zwei menschliche Grundbedürfnisse gegenüber: Das Bedürfnis nach körperlicher Unversehrtheit und das Bedürfnis nach sozialen Kontakten. Genau das hat fatale Folgen.
Infolge der Pandemiemaßnahmen steigt die Zahl psychischer Erkrankungen.
Psychiater der Harvard-Universität schlagen bereits Alarm. Als Folge der Corona-Maßnahmen erwarten sie einen "Tsunami psychischer Erkrankungen".
Auch die Bundespsychotherapeutenkammer hat bereits im August auf die Gefahr hingewiesen, dass neben Depressionen und Angststörungen, akuten- und posttraumatischen Belastungsstörungen auch Alkohol- und Drogen- und Medikamentenabhängigkeit, sowie Zwangsstörungen und Psychosen zunehmen. Gleiches gilt für häusliche Gewalt, Stigmatisierung, soziale Isolation, Einsamkeit und Suizidalität. So hat die Notaufnahme an der TU München die psychiatrischen Notfälle während der Ausgangsbeschränkungen in Bayern von März 2020 bis Mai 2020 ausgewertet und eine große psychische Gefährdung durch die Pandemie festgestellt. 22 Prozent der PatientInnen, die über Corona-Belastungen berichteten, haben einen Suizidversuch unternommen.
Besonders betroffen von den Auswirkungen der Maßnahmen sind auch ältere und alte Menschen. Sie werden aufgrund des erhöhten Infektionsrisikos besonders starken Isolationsmaßnahmen unterworfen. Insbesondere Menschen in Alten- und Pflegeheimen wurden fast vollständig isoliert. Ein solches Vorgehen ist angesichts des damit verbundenen psychischen Leids menschlich nicht mehr nachvollziehbar. Diese Menschen sind massiv gefährdet, wenn sie auf die körperliche Nähe vertrauter Pflegkräfte und auf Besuche Familienangehöriger verzichten müssen. Zur häuslichen Isolation kommt für sie eine unerträgliche soziale Isolation hinzu, die viele kaum mehr verarbeiten können. Manche von ihnen sagten, als man sie nach ihrem Zustand befragte, sie wären lieber tot, als weiter so leben zu müssen. Man bedenke bei dieser Aussage: Das sind Menschen, die einen Krieg überlebt haben.
Laut der Stiftung Deutsche Depressionshilfe sind in Deutschland mehr als fünf Millionen Menschen an Depressionen erkrankt. Im ersten Lockdown im Frühjahr hat fast jeder Zweite massive Einschränkungen Hilfen betreffend erlebt, sei es durch ausgefallene Arzt-und Therapeutentermine oder Klinikaufenthalte. Jetzt wird es noch dramatischer für Betroffene, denn viele Kliniken stellen Ressourcen für die Behandlung von Coronainfizierten um. Für diese Menschen kann der jetzige harte Lockdown zur psychischen Dekompensation führen. Es können Symptome wieder zum Ausbruch kommen, oder es kommt zu schweren Rückfällen.
Eine Analyse der Stiftung Deutsche Depressionshilfe belegt: Rund drei Viertel der Menschen mit Depressionen (74 Prozent) empfanden den ersten harten Lockdown im Frühjahr als bedrückend. In der Allgemeinbevölkerung waren es 59 Prozent. Menschen mit einer Depression haben fast doppelt so häufig unter einer fehlenden Tagesstruktur (75 Prozent) und Grübeln (89 Prozent) gelitten als die Allgemeinbevölkerung. Da waren es aber immerhin auch 41 Prozent. In der häuslichen Isolation sind depressiv Erkrankte zudem deutlich häufiger tagsüber im Bett geblieben (48 Prozent versus 21 Prozent). Deutlich mehr als ein Drittel (43 Prozent) von ihnen gab an, dass es zu Konflikten und Streit kam. In der Allgemeinbevölkerung sagte das weniger als ein Fünftel (18 Prozent) der Befragten.
Für Menschen mit einer Depression, einer Angst – oder Zwangsstörung wird der Einschluss in die eigenen vier Wände durch diesen zweiten harten Lockdown destruktive Auswirkungen haben.
Dabei wissen: Die Depression ist eine schwere, dringend behandlungsbedürftige seelische Erkrankung. Und wieder finden Betroffene keine wirkliche Hilfe. Telefon- und Videosprechstunden sind zwar eine Alternative, aber für manche nicht möglich oder die Online Hilfen sind erst gar nicht erreichbar.
So berichtet die Telefonseelsorge dass ihre Nummern ständig überlastet sind. Bereits im ersten Lockdown riefen etwas über 2.700 Menschen täglich bei der Telefonseelsorge an. Das waren Menschen, die an Depressionen und Angststörungen leiden und aushäusige Kontakte mieden, aber auch viele ältere und körperlich Gebrechliche. Neben der Angst vor einer Infektion gaben lt. Telefonseelsorge, alle Anrufer an vor allem unter der sozialen Isolation zu leiden.
Menschliche Nähe, Wärme und das Gefühl, dazuzugehören und gebraucht zu werden, sind lebensnotwendig und heilsam für die Seele.
Kontakt stärkt unser Immunsystem und erhöht zudem unsere Lebenserwartung. Soziale Isolation und Einsamkeit über lange Zeit machen krank. Durch ständige Lockdowns und Ausgangsbeschränkungen aber sind wir Menschen immer mehr isoliert in den eigenen vier Wänden. Bei manchen Menschen wird durch die totale Reduktion auf sich selbst und aus der Angst, sich anzustecken, nicht selten Todesangst. Dazu kommt die Angst allein zu sterben zu müssen. Aufgrund des seelishes Dauerstresses, könnten viele dann auch tatsächlich früher sterben – ohne Corona.
Singles sind während der Pandemie in der Regel stärker belastet als Familien oder Paare.
Mehr als 17 Millionen Menschen in Deutschland sind nach Angaben des Statistischen Bundesamts im vergangenen Jahr nicht nur alleinstehend sondern leben auch alleine. So allein wie jetzt waren sie nie zuvor. Besonders die Kontaktbeschränkungen machen Alleinstehenden zu schaffen. Sie leiden teilweise massiv unter Einsamkeitsgefühlen, die sie nicht mehr durch sozialen Kontakte wir z.B. einen Besuch im Café um unter Menschen zu kommen, kompensieren können. „Singles geht es am schlechtesten“, sagte Pastorin Astrid Eichler vom Netzwerk Solo & Co für christliche Singles in einem Interview der Berliner Zeitung. Es besteht die Gefahr, dass viele Singles in der Corona-Pandemie abrutschen und in ein schwarzes Loch fallen. Da merkt im Moment kein Mensch, wenn sie in eine Depression rutschen. Für Singles in ist der Lockdown in den Bereichen Kultur und Gastronomie schlimmer als die Kontaktbeschränkungen.“
Eine weitere psychisch stark betroffene Gruppe von Menschen sind diejenigen die ihre Arbeit einstellen mussten, weil sie nicht systemrelevant sind oder ihre Existenz aufgrund der Corona-Maßnahamen verloren haben.
Diese Menschen haben nicht nur existentiell alles verloren, sie haben verloren was ihnen Sinn und Halt gab, sie haben keine Aufgabe mehr. Sie sind potenzielle Kandidaten für Depressionen und Suizid.
Besonders betroffen sind auch all die Menschen, die Tag für Tag um das Überleben Coronakranker kämpfen.
Auch sie bedürfen dringend psychologischer Unterstützung um das Leid und die Angst, die sie Tag für Tag durch ihre Arbeit und auch an sich selbst zu spüren bekommen.
Wir Menschen verfügen grundsätzlich über das Potenzial, Krisen zu überstehen und uns auch wieder davon zu erholen. Die Corona-Pandemie mit ihren harten Maßnahmen allerdings stellt unsere Resilienz und unsere Selbstheilungskräfte vor eine kaum zu bewältigende Herausforderung.
Langsam kommen schon seelisch einigermaßen stabile Menschen an ihre Grenzen, für die oben Beschriebenen, und es gibt noch mehr Gruppen, die ich aufgrund der Länge die dieser Text dann hätte nicht erwähnt habe, ist diese Krise im Zweifel der seelische Untergang.
Ein Ende der Pandemie ist bis jetzt nicht abzusehen. Die Bedrohung durch das Virus bleibt bestehen. Die große Verunsicherung, die Angst, das menschliche Leid, das sie mit sich bringt, dauert an.
Je länger Krisen, Konflikte und lebensbedrohende Situationen dauern und je länger der Mensch sie isoliert von anderen Menschen bewältigen muss, desto eher sind die psychischen Widerstands-und Regenerationskräfte überfordert - das seelische System kollabiert.
Es ist längst überfällig. Die Politik muss langfristig für ein Leben mit dem Virus planen und handeln. Wir werden noch monate-, vielleicht jahrelang, mit dieser Bedrohung leben müssen. Und wer der Illusion verfällt das Problem sei mit Lockdowns, ob light oder hart, nachhaltig zu lösen unterliegt einem Irrtum. Es ist höchste Zeit für Konzepte und Maßnahmen, die die psychischen und die sozialen Konsequenzen der Pandemie mehr in den Mittelpunkt der Überlegungen rücken, zumal das nicht die erste und die letzte Pandemie ist mit der wir künftig leben müssen, zumindest wenn man dem Virologen Dr. Christian Drosten Glauben schenkt, der uns als Nächstes das Mers Virus ankündigt.
Es ist in der Tat allerhöchste Zeit, sonst schreit irgendwann keiner mehr nach dem totalen Lockdown, weil ihm die Kollateralschäden viel mehr Angst machen als eine Infektion.
Freitag, 11. Dezember 2020
Zurückweisung oder wenn sich eine Tür schließt
Donnerstag, 10. Dezember 2020
Ich-Sucht schafft Leid
Zeichnung: A. Wende
Mittwoch, 9. Dezember 2020
Ich bin meine Insel - Vom Umgang mit dem Gefühl von Einsamkeit
Dienstag, 8. Dezember 2020
Eine Pandemie ist eine Pandemie, ist eine Pandemie