|
Zeichnung A.W. |
Je höher unsere
Bewusstseinsstufe ist, desto mehr wissen wir was wir brauchen und was
nicht, desto weniger machen wir Kompromisse, die unseren Bedürfnissen
nicht entsprechen, auch wenn dies bedeutet wir leben allein, für eine
Weile oder grundsätzlich. Ich kenne einige kluge und kreative Menschen,
die alleine leben weil es ihnen nicht gelingt gleichgesinnte Menschen
zu finden und sie lieber auf Gesellschaft verzichten mit der sie nichts
Wesentliches teilen können, als ihre kostbare Zeit mit
Oberflächlichkeiten und Zerstreuungen, die ihnen nichts geben, zu
verschwenden. Diese Menschen können ihr Alleinsein genießen. Das ist ein
Gefühl innerer Freiheit.
Andere Menschen können das nicht. Sie
empfinden das Alleinsein als einen Zustand dunkler Einsamkeit, immer
kurz davor in tiefe Depression verfallen oder sie zu haben. Menschen,
die Alleinsein und nicht in Beziehung sein, nur schwer ertragen können
sind Erwachsene, die von ihrem inneren Kind auf eine höchst unschöne
Weise beherrscht werden. Meist sind es die gespeicherten kindlichen
Gefühle der Zurückweisung, des Verlassenseins, der Ausgrenzung aus
einer Welt, in der wir uns als Kind alleine nicht zurechtfinden, die im
Alleinsein getriggert werden. Vielleicht ist es dieses Gefühl durch ein
einmaliges Erlebnis entstanden, vielleicht aber auch durch viele
Erlebnisse, in der Abweisung empfunden wurde.
Für die im
limbischen System unsere Gehirns gespeicherten Gefühle ist es nicht von
Bedeutung ob wir tatsächlich nicht angenommen und geliebt wurden oder ob
wir das nur so empfunden haben. Die inneren Überzeugungen: „Ich bin
nicht gewollt, ich habe keinen Platz, mich will keiner, ich bin nicht
liebenswert", lassen sich nicht wegdenken, eben weil sie auf
gespeicherten Gefühlen beruhen, die damals genau so gefühlt wurden.
Menschen, die das Alleinsein als schmerzhaft empfinden sind immer
darauf bedacht in Beziehung zu sein. Kaum ist eine Beziehung zu Ende
suchen sie schnell die nächste. Die ist dann meist auch nicht von langer
Dauer. Beziehungen zerbrechen schnell, wenn es nicht um Liebe und Fülle
geht, die dem anderen entgegengebracht wird, sondern um die
Kompensation inneren Leere und innerer Einsamkeit.
Der Mangel des
inneren Kindes soll von einem anderen weggemacht werden, sprich: Die
innere Leere soll gefüllt werden, die innere Einsamkeit durch
Zweisamkeit nicht mehr gespürt werden. Eine Erwartungshaltung die
darauf wartet, dass von Außen gelöst wird, was innerlich im Argen liegt.
Nur dass das nicht geht. Genau das zeigt die gelebte Realität
solcher Beziehungen meist ziemlich schnell. Dies führt dann zur
Bestätigung der unguten inneren Überzeugungen, die ja noch immer da
sind, weil sie nicht bewusst sind. Das Drama geht in den nächsten Akt.
Ist die Trennung vollzogen kommt es zur Bestätigung und Verfestigung
folgender destruktiver Überzeugungen: “Ich werde benutzt, keiner liebt
mich. Ich bin zu anstrengend, der andere lässt mich fallen. Ich bin
wirklich nichts wert und das obwohl ich mich aufgeopfert habe und alles
für den anderen getan habe." Dies ist eine bittere Interpretation des
Ganzen, die leider nicht wahr ist, auch wenn Betroffene das zutiefst
glauben.
Wahr ist, Liebe kann man nicht bekommen, wenn man damit einen Zweck verfolgt, nämlich die innere Leere füllen zu wollen.
Wer leer ist hat nichts zu geben und das spürt der andere instinktiv
und wendet sich irgendwann ab. Oder anders herum, wenn Menschen, aus
einem Mangel heraus agieren, wird ihr inneres Loch niemals gefüllt
werden können. Enttäuscht wenden sie sich dann von dem ab, der ihnen die
Fülle, die sie so dringend brauchen, nicht geben kann. Ein
Teufelskreis ohne Ende. Es sei denn wir beginnen uns uns selbst
zuzuwenden, sprich diesem verstörten Kind im Schatten unserer Seele, das
nichts mehr braucht als einen, der es endlich sieht in seinem Drama.
Dieses Kind braucht einen starken reifen inneren Erwachsenen, an den es
sich wenden kann, der es endlich wahrnimmt und es ernst nimmt und der
es an der Hand nimmt und mit ihm in seine tiefsten Ängste und seine
dunkelsten Gedanken hinabsteigt.
Dieser reife innere Erwachsene
muss herausgebildet werden, denn es gibt ihn noch nicht. Es gibt den,
der dem Kind im Schatten blind folgt. Also muss dieser erst einmal
sehend werden.
Damit beginnt die innere Kind Arbeit, die wenn sie getan ist, einen Weg in die Freiheit bahnt.