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Eine Leserin meiner Texte bat mich vor einigen Tagen um meine Gedanken zum Thema „Du bist so anstrengend!“
Hier sind sie ...
Nicht jeder ist anstrengend. Aber viele von uns sind
auf ihre eigene Art und Weise anstrengend.
Es gibt Menschen, die sind sogar für sich selbst anstrengend.
Ihr Leben ist eine ständige Herausforderung. Sie leiden unter etwas, das ihnen das Dasein schwer macht. Sie sind meist keine Positivdenker, sondern eher melancholische, pessimistische Gemüter oder sie tragen einen Schmerz in sich, der nicht vergeht.
Die Anstrengenden sind besonders die, denen man eine Neurose zuspricht, oder andere psychische Defekte, Traumata Störungen und Erkrankungen bis hin zur Sucht. Oder sie sind passiv aggressiv, nicht kritikfähig, narzisstisch, zwanghaft, wissen alles besser, wollen, dass es immer nach ihrem Kopf geht, brauchen sehr viel Aufmerksamkeit, erwarten viel von sich selbst, dem Leben und anderen, sehen ihre eigenen Schwächen nicht oder projizieren sie auf andere, können nicht zuhören, klagen und jammern, können keine Entscheidungen treffen, sind selbstunsicher, leicht kränkbar, verbittert, leicht verletzbar, fühlen sich als Opfer und geben anderen oder dem Leben die Schuld, dass sie Opfer sind.
Anstrengend sind auch die, die in ihrer eigenen Welt leben, mit ihren eigenen Wahrheiten, die sich nicht nach den gesellschaftlichen Normen richten, anders sind, der Masse nicht hinterherlaufen, nicht mitlaufen, einen eigenen Moral- und Wertekodex haben, für das stehen, woran sie glauben und danach leben, in aller Konsequenz. Anstrengend sind Introvertierte, Extrovertierte und Hochsensible, Forschende, Fragende, Zweifelnde und Suchende.
Ich könnte die Liste endlos weiterschreiben.
Wer anstrengend ist voller Eigenschaften, die den Umgang mit sich selbst und anderen schwer machen. Wer anstrengend ist, strengt also an.
Anstrengung bedeutet immer Kraft- und Energieaufwand, wo doch alles so viel einfacher und leichter sein könnte. Ist es aber nicht, jedenfalls nicht für die Anstrengenden unter uns.
Anstrengend sein bedeutet im Grunde: Ein Mensch ist kompliziert. Nicht einfach im Umgang, mit normalen Maßstäben nicht zu messen, schwer oder nicht zu greifen oder zu begreifen für Menschen, die es einfach haben wollen.
Es ist okay es einfach haben zu wollen und, fragt man die Anstrengenden, würden die Meisten sagen, ich hätte es gern weniger anstrengend. Mehr Leichtigkeit, mehr Pragmatismus, weniger Berührbarkeit, mehr Klarheit, weniger Ängste, weniger Tiefe, mehr Gelassenheit, eben weniger von all dem, was es mir schwer zu leben.
Okay, erkannt! Dann kann man etwas tun und an sich selbst arbeiten, um es weniger anstrengend zu haben, für sich selbst und seine Mitmenschen.
Die andere Seite der Medaillie:
Begegnen wir anstrengenden Menschen können sie uns überfordern. Sie können uns sprachlos, frustriert, traurig und wütend machen.
Obwohl diese Menschen fühlbar anstrengend sind, wissen wir aber nicht, warum sie so sind. Bevor wir sie verurteilen, könnten wir versuchen sie zu verstehen. Wir können offen, höflich und respektvoll sein, was nicht heißt, wir müssen ihnen stundenlang zuhören oder uns selbst überfordern, wenn eine Begegnung auf Dauer unerträglich ist. Dann ist Abgrenzung und letztlich Distanz die Lösung, im Sinne unserer Selbstfürsorge. Übrigens:Anstrengende Menschen können auch große Lehrer sein, wenn wir das so sehen können.
Fazit: Ich wage zu behaupten, dass die große Mehrheit der Menschen andere Menschen anstrengend findet.
Weil jeder anders tickt und absolute Harmonie zwischen Menschen ein seltenes Geschenk ist. Manche Menschen fordern uns, provozieren uns, verärgern uns, enttäuschen und verletzen uns. Was uns am anderen anstrengt, ist individuell und es hat mit uns selbst zu tun, was wir als anstrengend empfinden und wie viel wir an Anstrengendem aushalten.
Das Leben ist nicht leicht. Es ist sogar eher schwer als leicht. Es ist für viele von uns anstrengend. Das zu leugnen hieße das Leben als Ganzes zu leugnen, uns selbst als Ganzes zu leugnen. Und ein anstrengendes Leben schafft auch anstrengende Menschen.
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