ich bin ein gutmütiger mensch. das ist zunächst mal in ordnung. aber gutmütige menschen sind meist auch ausbeutbar, emotional und in allen praktischischen belangen.
gutmütige menschen neigen dazu, wenn man sie fragt: "kannst du mal?", ohne weiter nachzudenken, spontan mit einem ja zu antworten. schwupps, sind sie vereinnahmt und ehe sie sich versehen, instrumentalisiert für die ideen, absichten oder projekte anderer. "fein, du machst das schon!" freut sich das gegenüber und der gutmütige macht, weil er gesagt hat, dass er mal kann, auch wenn er mittendrin feststellt, dass seine gutmütigkeit dahin führt, dass man nicht, wie besprochen den kleinen finger nimmt, sondern nach und nach die ganze hand, um es bildhaft auszudrücken. das spielchen kenne ich gut, und obwohl ich es gut kenne, spiele ich es immer wieder mit.
aber warum mache ich das und all die anderen gutmütigen?
erst mal - die gutmütigen senden unbewusst signale aus, die menschen mit der prägung andere auszunutzen, instinktiv spüren. und die schnappen zu, wenn sie dererlei signale empfangen. man könnte also meinen, der gutmütige hat tief drin ein mehr oder weniger groß ausgeprägtes "helfersyndrom", was bedeutet, er ist leicht von hilfesuchenden botschaften anzusprechen. noch tiefer drin findet sich bei den meisten jener unverbesserlichen gutmütigen ein unbewusstes etwas, das ich mal so formulieren will: "ich werde geliebt, wenn ich helfe." und wer will das nicht, geliebt, bzw. gemocht werden?
der gutmütige will das, wie es scheint, ganz besonders. in besonders schweren fällen von gutmütigkeit findet man gar das lebensprägende gefühl - ich bin nicht gut genug, wenn ich anderen nichts gutes tue. ein ziemlich einschränkender glaubenssatz, der dazu führt, dass der gutmütige auf kosten seiner selbstbestimmung zur fremdbestimmung neigt.
dieser innere drang anderen auf eigene kosten (das helfen kostet nämlich zeit und energie) behilflich zu sein sowie die unfähigkeit sich abzugrenzen sind die fallgruben des gutmütigen, in denen er immer wieder landet.
ich habe schon gutmütige erlebt, die derart ausbeutbar waren, dass sie am ende eines
"kannst du mal?" sogar noch geld draufgelegt haben, damit sie können konnten. auch wenn ich das richtig ungut finde - zu denen gehöre ich. was habe ich schon lehrgeld bezahlt. und jedes mal denke ich mir: "frau, das passiert dir nie wieder!"
nutzt aber nix, sobald der nächste vor mir steht und "kannst du mal" fragt, rutscht mir das fatale ja aus dem mund, noch bevor mein kopf überlegt hat: "will ich oder will ich nicht - und wenn ich will - zu welchen konditionen will ich?"
es ist höchste zeit das zu ändern. ich könnte mir zum beispiel den mund zuhalten, bevor ich auf ein "kannste mal" antworte, sähe aber etwas merkwürdig aus, mach ich also nicht. ich vermute auch, dass der ja sager impuls schneller wäre als meine hand auf dem mund.
was ist zu tun?
selbstwahrnehmung ist angesagt, selbstreflexion, wieder mal, zur selbstsucht muss es ja nicht gleich ausarten, aber zumindest mehr selbstliebe wäre ein guter ansatz. die kann man üben, da bin ich mir sicher. das dauert vielleicht eine weile, aber ich habe da so eine idee, wie es schneller geht: ich frage mich öfter mal selbst: "kannst du mal?, ein bisschen liebevoller mit dir umgehen?"
wenn ich mir das oft genug sage und es dann auch tue und dann irgendwann der nächste kommt, der mich fragt: "kannst du mal?" werde ich charmant sagen: "du kannst mich mal!"
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