Was ist Bewusstsein?
Das
Lexikon für Psychologie beschreibt Bewusstsein als das Erleben mentaler
Zustände und Prozesse. Darüber hinaus kann Bewusstsein als ein Zustand
verstanden werden, in dem man sich einer Sache bewusst ist und somit
über entsprechendes Wissen verfügt.
Sigmund Freud unterteilte das
Bewusstsein in drei Ebenen: in bewusste, vorbewusste und unbewusste
Anteile der Persönlichkeit, die er als ES – ICH – ÜBER-ICH bezeichnete,
und die alle Einfluss auf unser Verhalten haben.
C.G. Jung schuf ein anderes Konzept.
Nach
Jung beinhaltet die Seele ein Unbewusstes, das sich in ein persönliches
und ein kollektives Unbewusstes aufteilt. Mit anderen Worten: in jedem
persönlichen Unbewussten ist auch ein kollektives Unbewusstes enthalten,
was bedeutet, alle Erfahrungen des Kollektivs in dem wir leben, sind
darin gespeichert, aber uns nicht bewusst.
Folgt man Jung sind
Bewusstsein und Unbewusstes durchlässig. Was bedeutet: Inhalte können
uns zu einem Zeitpunkt bewusst sein, zu einem anderen Zeitpunkt können
sie wieder im Unbewussten versinken. Beides Konzepte zweier großen
Geister, die diese aus ihren Praxiserfahrungen mit vielen Menschen
erschaffen habe und an denen wir uns in der analytischen Psychologie
noch heute orientieren.
Das Unterbewusstsein ist Versunkenes in
einem ein tiefen, tiefes Meer und es ist tricky. Weil es eine immense
Macht hat. Kaum glauben wir uns über etwas bewusst zu sein, schwappt das
Unterbewusste wie ein Welle darüber und boykottiert unser bewusstes
Wissen. Und wir sind wieder im Autopiloten. Wir wissen zwar, aber es
funktioniert nicht, was wir wissen.
Das zeigt: Die Macht des Unbewussten ist immens und widerstrebt beharrlich dirigistischen Eingriffen.
Ja, hört das denn niemals auf?
Wie oft, wie intensiv muss man sich etwas bewusst machen um das Unterbewusste in die Schranken zu weisen?
Oft, sehr oft, ein Leben lang, ist meine Erfahrung. Klingt nicht sonderlich motivierend und vor allem anstrengend. Das
Gewahrsein wer gerade das Ruder in unserer Psyche übernimmt ist
Training. Klingt jetzt banal ist aber so. Nur das Gewahrsein unserer
Ganzheit und das hinreichende Bewusstsein über die verborgenen Anteile
unserer Psyche können letztlich dazu führen, dass wir irgendwann einmal
die Oberaufsicht über das eigene Seelenerleben haben und dem
Unterbewussten nicht mehr ganzlich hilflos ausgeleifert sind.
Mir
meiner Selbst bewusst sein, zu erkennen wann ich bewusst oder unbewusst
reagiere, ist schwere Arbeit und wie gesagt lebenslanger Prozess. Nur
als kleiner HInweis: Je unmittelbarer ich auf etwas reagiere, desto
unbewusster bin ich. Je leichter man mich triggern kann, desto mächtiger
ist mein Unbewusstes.
Und dann kommt ja auch noch, glauben wir
Jung, das kollektive Unterbewusste dazu, das mitspielt. Und das lässt
sich kaum greifen und identifizieren.
Was mir das zeigt? Reines
Bewusstsein, im Sinne von - alles in uns selbst begreifen, uns allem
gewahr zu sein, ist eine schöne Idee, aber für uns Normalsterbliche wird
das wohl eine Idee bleiben.
Manche wollen aus der schönen Idee
eine Realität machen und streben nach Erleuchtung mit dem Ziel das
eigene, fragmentierte in Teile gespaltene Ich aufzugeben und reines
höheres Selbst zu sein – ein Selbst das nur noch IST, reines
Bewusstsein, das an nichts anhaftet, sich von nichts beeinflussen lässt,
sich in nichts verliert und mit allem Eins ist.
Das trennende
Verhältnis im eigenen Mikrokosmos und das trennende Verhältnis im
Mikro-/Makrokosmos wird hier abgeschafft. In der Erleuchtung löst sich
alles auf um sich miteinander zu verbinden. Es gibt kein kein Ich, kein
Du, kein Außen, keine Trennung mehr. Ich, Du, Außen alles ist eins. Ein
Zustand ohne jede Dualität. Keine Zweifel, keine Fragen. Alles ergibt
Sinn wie es ist. Das Selbst ist alles und beinhaltet alles. Erlösende
geistige Unbefangenheit und vollständige Befreiung vom Denken. Ob man
diesen Zustand für erstrebenswert hält sei jedem selbst belassen.
Die Frage aber ist: Kann das überhaupt gelingen?
Ganz
sein im großen Ganzen, wenn der Mensch nicht einmal in sich selbst ganz
ist? Eins sein mit allem, wenn der Mensch nicht einmal mit sich selbst
eins ist?
Wenn er voll von Ambivalenzen, persönlichem und kollektiven
Unbewussten ist, wenn er nicht einmal das volle Bewusstsein über die
fragmentierten inneren Anteile erlangt, wenn er das ins Unbewusste
Verdrängte niemals in Gänze begreift und erreicht, trotz jahrelanger
Bewusstseinsarbeit?
Ich wage es zu bezweifeln.
Ganz einfach
deshalb: Das Gewahrwerden der eigenen Vollständigkeit und das
Bewusstmachen der verborgenen Anteile der eigenen Seele ist an sich
schon ein lebenslanger Prozess, der unendlich viel Selbstreflexion,
Analyse und Selbsterkenntnis bedarf und Übung, was den meisten von uns
nicht gelingt. Wie kann ein gespaltenes Ich, welches die eigene
Ganzheit nicht erlangt hat, zur reinen Existenz, zum bloßen Sein werden,
das losgelöst von allen Identifikationen, ohne Bewertung wahrnimmt, an
nichts anhaftet und von nichts beeinflussbar ist ein reines Bewusstsein
sein, wo das Unbewusste einen so machtvollen Einfluss hat, dass diesen
vollends bewusst zu machen, ein Ding der Unmöglichkeit ist?
Dazu
müsste man jede Erinnerung, jede Erfahrung, alles was Identität ausmacht
(individuell und kollektiv), alles an Informationen, die in jeder Zelle
unseres Körpers seit Anbeginn unserer Existenz gespeichert sind,
auslöschen.
Oder habe ich da etwas nicht richtig verstanden? Wie
dem auch sei, das Rätsel des Unbewussten bleibt für mich ein Rätsel.
Wie gesagt: Das Unbewusste ist tricky, so tricky, dass es uns sogar
Erleuchtung vorgaukeln kann.
Die Suche geht weiter ...
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