Montag, 3. Juli 2023

Warum muss ich leiden?

 

 
Diese Frage haben wir uns alle schon gestellt, wenn wir in eine tiefe Krise geraten sind oder einen schweren Schicksalsschlag erlitten haben. Wir suchen nach Gründen, nach Ursachen, nach Erklärungen. Wir glauben vielleicht wir haben verdient, dass wir leiden müssen. Wir fühlen Schuld und Scham. Man sagt uns, wenn das Leiden aufhört, wird alles gut. Man sagt uns am Ende des Tunnels ist ein Licht und wir werden belohnt.
All das sind Konstruktionen, die wir machen um das Leiden irgendwie greifbar zu machen, um seine Ursachen zu ergründen, um uns zu trösten. Wenn wir all diese Konstruktion einmal weglassen, ist Leiden nur eine Erfahrung, die wir machen.
So wie wir Glück und Freude erfahren.
„Nimm es nicht persönlich“, sagte einmal ein weiser Mann zu mir, als ich ziemlich gelitten habe. Ich dachte, wie kann er nur so reden, es betrifft mich doch persönlich.
Was aber, wenn wir unser Leid nicht persönlich nehmen?
Was ist dann anders?
Dann erkennen wir, dass wir diese Erfahrung machen um eine Erfahrung zu machen. Nichts weiter. Wir erkennen, dass es nicht um Schuld oder Scham oder Belohnung geht, sondern einfach um die Erfahrung selbst. Wir erkennen, dass jede Erfahrung ein Teil unserer Entwicklung ist, die uns wachsen lässt. Wir können trotz des Schmerzes, trotz der Ungewissheit, trotz der Angst, trotz der inneren Aufgewühltheit, bewusst in die Erfahrung gehen. Wir könnten erkennen, es geht allein um diese Erfahrung und deren Integration. Es gehört zum Menschsein, dass wir Erfahrungen machen.

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