Zeichnung: A. Wende
Schön, wenn du morgens aufwachst und voller Freude den neuen Tag begrüßt. Vielleicht aber schlägst du die Augen auf und zack ist es da: Das unheilsame Gedankenkarusell mit dem du schon am Abend ins Bett gegangen bist.
Und täglich grüßt das Murmeltier.
Die immer gleichen Gedanken, die immer gleichen Grübeleien. Du hast es so satt. Du würdest so gerne einmal aufwachen und alles wäre gut oder zumindest leichter.
Gedanken, die wir am schon Morgen denken, beeinflussen unseren Tag und vor allem: Sie beeinflussen unsere Gefühle. Belastende Gedanken sind eine emotionale Last.
Gedanken, die wir immer wieder denken und die Gefühle die ihnen folgen, führen zu inneren Überzeugungen und diesen folgen Handlungen, die diesen Überzeugungen entsprechen.
Schwere Gedanken machen das Leben schwer. Leichtigkeit stellt sich so nicht ein.
Wenn wir das ändern wollen, macht es Sinn einmal eine Woche lang ein Tagebuch zu führen in das wir jeden Morgen schreiben, was wir direkt nach dem Aufstehen denken. Und welche Gefühle dabei entstehen. So identifizieren wir das, was uns belastet. Wir werden uns klar darüber, was genau es ist, was uns das Leben so schwer macht.
Jetzt könntest du sagen, das weiß ich doch eh. Ja, meistens wissen wir es, aber es macht einen Unterschied, wenn es schwarz auf weiß vor uns liegt. Liegt es vor uns, können wir bewusst damit arbeiten. Wir können eine Strategie entwickeln wie wir mit unseren belastenden Gedanken ab jetzt umgehen wollen. Einfach stopp sagen, wenn dysfunktionale Gedanken kommen ist zwar hilfreich, funktioniert aber nicht bei jedem.
Also brauchen wir eine andere Strategie.
Aus der Akzeptanz und Commitment-Therapie (ACT) kommt der Ansatz, dass wir dazu neigen unvermeidbarem Leid, unnötiges Leid hinzuzufügen.
Wenn wir uns zum Beispiel Trennungsschmerz empfinden, fügen wir oft Gedanken hinzu wie: „Ich werde nie mehr glücklich sein, ich werde einsam alt werden. Ich werde nie mehr einen Partner oder eine Partnerin finden, oder noch schlimmer: Ich bin nicht liebenswert, ich habe es doch gewusst. Niemand will mich." Das ist natürlich alles nicht wahr, aber was wir glauben wird dann zu unserer Wahrheit, je öfter wir es glauben.
Nicht gut.
In der Psychologie bezeichnet man diese unheilsamen Gedanken als „dysfunktional“, also nicht hilfreich, denn sie führen nur zu weiteren negativen Gedanken oder sogar zu Gedankenspiralen und damit zu dysfunktionalem Verhalten. Diese dysfunktionalen Gedanken gilt es zu unterbrechen, indem wir uns ihrer bewusst werden und uns fragen:
Ist dieser Gedanke hilfreich?
Diese Frage nutzt den Raum zwischen Reiz und Reaktion, sie unterbricht bewusst das dysfunktionale Denken. Nur wenn wir uns über etwas gewahr sind, haben wir die Möglichkeit, bewusst Einfluss darauf zu nehmen. Sind wir uns gewahr, dass ein Gedanke nicht hilfreich ist, haben wir die Wahl zu entscheiden anders zu denken.
Im Falle von Trennungsschmerz könnten wir denken: "Ja, es ist jetzt so, ja es tut weh, und es geht vorüber. Es gibt einen guten Grund warum es vorbei ist. Ich werde an dieser Erfahrung wachsen und ich werde wieder bessere Zeiten erleben."
Damit entschärfen wir die dysfunktionalen Gedanken.
Wir akzeptieren was ist und was wir nicht ändern können. Damit setzen wir Kraft und Energie frei um uns auf das zu fokussieren, was jetzt wichtig ist und vor allem, was wir beeinflussen und ändern können. Wir nehmen bewusst Abstand von unnötigem Leid, anstatt es zu füttern.
In der Commitment Therapie nennt man das Defusion, was so viel bedeutet wie Entschärfung.
Defusion gelingt, indem wir lernen Abstand zu unseren Gedanken zu nehmen. Je weniger wir mit ihnen fusionieren, also mit ihnen verschmelzen, umso leichter wird es, uns von ihnen zu distanzieren.
Wenn wir das konsequent üben, gelingt es immer öfter und besser dysfunktionale Gedankenkreise zu durchbrechen und bewusster zu reagieren. Wir sind unseren Gedanken nicht mehr hilflos ausgeliefert. Wir erfahren Selbstberuhigungskompetenz und Emotionsregulaton. Wir erleben eine neue Handlungsfreiheit. Das stärkt unser Selbstbewusstsein. Und: Wir fühlen uns leichter.
„Ich habe einen Körper, aber ich bin nicht mein Körper.
Ich habe Gefühle, aber ich bin nicht meine Gefühle.
Ich habe einen Verstand, aber ich bin nicht mein Verstand.
Ich habe Wünsche, aber ich bin nicht meine Wünsche.
Ich bin ein Zentrum reinen Bewusstseins und reinen Willens.“
Roberto Assagioli
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