Donnerstag, 28. Oktober 2010

RENNEN

Die Schnelligkeit in der wir leben verhindert die Betrachtung des Einmaligen. Was gestern noch von großer Wichtigkeit war verblasst im Heute, weil heute schon das Nächste ansteht, was wichtig ist. Das augenblicklich Wichtige verlegt sich damit auf das Verpuffen im schnellen Lebensgefühl. Nichts lässt sich anhalten, weder Zeit noch Gefühlszustände, noch Menschen. Alles rennt und ich renne mit. Die Beschleunigung macht taub für das Wesentliche, wenn ich nicht acht gebe.

Ich bin wie alle, ein Zeitreisender auf meiner Lebensreise. Ereignisse, Begegnungen, Menschen ziehen vorüber, flüchtige Erscheinungen in einem Brei von Müssen und Wollen. Nein, es tut mir leid, dafür habe ich keine Zeit und Zeit ist Geld und weiter gehts. Nur nicht innehalten denn dann...

Es gibt Tage an denen mir das bewusst wird. Das sind Tage an denen es nicht so viel zu tun gibt, Tage, an denen ich bei mir bin. Allein und mir selbst überlassen. Das sind Tage des Nachdenkens, wo sich das Nachdenken auf die Rückschau konzentrieren darf. An diesen Tagen beginnt das Hinterfragen der Momente, die all zu schnell vergingen und dann frage ich mich was ich vielleicht überrannt habe. Vertane Chancen, unentwickelte Möglichkeiten? Womöglich.

Die Welt da draussen ist nicht nur schnell geworden, sie ist laut geworden. Ein Gewusel von Stimmen und Geräuschen - Athmo einer Gesellschaft in der die Stille an einem Ort zu suchen wäre den ich noch nicht kenne. Innen suchen! Auch da ist es, das Geräuschvolle, das leise Töne nur selten durchlässt. Frieden stellt sich nicht ein. Das Unerledigte will und das noch zu Erledigende auch. Ich hänge nicht nur von mir selbst ab. Das Wollen der Anderen ist Abhängigkeit - auch das.

Wieder Herbst, wieder ein Jahr, das sich dem Endspurt verpflichtet. Die Blätter treiben, ich treibe mit und vergesse dabei wo ich eigentlich hin will. Auch die Jahreszeiten sind im Handumdrehen vorbei. Im Winter hoffen wir auf den Frühling. Anhalten gilt nicht, wenn du anhälst bist du raus und nicht mehr dabei und was dann?

Im Anhalten liegt die Möglichkeit des Hindernisses das Laufendes stoppt. Dann müssten wir uns neu orientieren und das Neue ist vielleicht schlechter als das Alte. Der Mensch hat Angst vor Veränderungen, die ein gewisses Ausmaß überschreiten. Wir lieben das Gewohnte. Ich trinke meinen Kaffee mit Milch. Veränderung ist uns suspekt. Das ist der kleine Stopp, auch ihn versuchen wir zu vermeiden. Den großen Stopp fürchten wir.

Wir lieben das Vertraute. Vielleicht weil es das Einzige ist, das sich wiederholt und damit eine feste Größe bildet, im Rennen um unser Leben. Wiederholbare Augenblicksgewissheit im Kern der Raserei ...
Alles ist gut. Auch heute trinke ich meinen Kaffee mit Milch.







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