Montag, 18. April 2022

Aus der Praxis: Gula – Die Gier und die Völlerei oder wenn Essen zum Zwang wird

 

                                                          Malerei: Angelika Wende "Gula"


 

 

So wie der Acker verdorben wird durch Unkraut, wird der Mensch verdorben durch seine Gier.

Buddha

 

 

Wie bringt man sich am Besten um?

Schlaftabletten, sich aufhängen, sich in die Tiefe stürzen?

Oder sich tot fressen oder tot saufen?

Dauert länger, funktioniert aber garantiert. Man muss nur Geduld haben und Leidensfähigkeit. Wobei das Leiden solange der Rausch hergibt was er soll, nämlich gute Gefühle, oder solange das Fressen hergibt, was es soll, nämlich gute Gefühle, auch wenn das, was man tut in Wahrheit ungut ist, nicht als Leiden empfunden wird, sondern als Akt der Befriedigung, welche gierig immer wieder hergestellt werden muss.

 

Gula, heißt das lateinische Wort für eine der sieben Todsünden, names Gier.

Gier ist Maßlosigkeit, das rechte Maß nicht kennen oder es kennen und nichts dagegen setzen können. Ein üppiges Leben führen im Genuß über die Maßen.

Wer das Maß verloren hat, hat die rechte Weise verloren mit dem Maß umzugehen.

Er wird nicht satt. Er betreibt Völlerei.

Völlerei bedeutet, sich den Bauch vollzustopfen. Völlerei wird auch bezeichnet als Esssucht, Fresssucht, Gefräßigkeit. Essen wird zum Zwang, zur Sucht, wird zum Fressen, ist nicht mehr zu stoppen.

Der Hunger nach dem was der Gierige begehrt,  ist grenzenlos, ist eine unmäßige Begierde, die unstillbar ist und immer mehr braucht. Immer größere Portionen, immer größer der Appetit, immer unkontrollierter wird das Verschlingen, ohne überhaupt noch wahrzunehmen wann das Gefühl von Sättigung eintritt. Kein Genuss mehr. Es geht um mehr, immer mehr davon, sei es Nahrung oder Alkohol. 

Bei der Gier geht nicht in erster Linie um Menge und Häufigkeit des Essens und Trinkens, auch nicht um das, was gegessen und getrunken wird - es geht allein darum wie man sich dem hingibt und ob das Materielle alles bestimmt, wodurch es zur Sucht wird. 

 

Völlerei gilt nicht mehr als Todsünde, aber sie kann tödlich enden.

Das Wissen, dass es gesundheitsschädlich ist, auf Dauer mehr Energie in Form von Nahrung zu sich zu nehmen, als der Körper braucht und verarbeiten kann, wird verdrängt. Und das obwohl der Körper immer mehr an ungesundem Fett zulegt, der Blutdruck steigt, die Diabetes im schlimmsten Falle zur Hypertonie, zu Sehverlust und anderen schweren körperlichen Erkrankungen führt. Bei der kleinsten Anstrengung rinnt der Schweiß, das Herz muss pumpen, das Atmen fällt schwer.   

Karzinome Erkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall sind vorprogrammiert. In diesem Wissen lebt der Gierige Tag für Tag, verdrängt es und frönt weiter seinem Überfluss. Die Ratgeber, die Hilfestellung geben, wie der Griff zum Alkohol und das Essen von zu Fettem und Ungesundem unterlassen werden kann, füllen die Regale der Buchhandlungen. Sie werden gekauft und gelesen. Es stellt sich kurz ein schlechtes Gewissen ein, die Angst kriecht nach oben, wird aber nicht als Signal wahrgenommen, sondern wieder betäubt mit noch mehr Essen und/oder noch mehr Alkohol.

 

Das warme satte Gefühl, das die Gier unmittelbar und kurzfristig nach sich zieht, deckt scheinbar Grundbedürfnisse. 

Im Kern wurzelt die Völlerei , wie jede Sucht oder Obsession im Verlust der gesunden Mitte und in einem Mangel der spirituellen Dimenson im Leben.  Hinter jeder Art von Gier steht das Bedürfnis nach Lebendigkeit, nach Fülle, nach Haben. Viel Haben macht in unserer Gesellschaft attraktiv und es stärkt das (nicht vorhandene ) Selbstwertgefühl. Haben suggeriert: Reichtum, Wohlstand, Überfluss, in Saus und Braus leben, Überangebot, Übermaß, Fülle. All das suggeriert: Ich bin wertvoll, wenn ich Dinge im Übermaß anhäufe oder im Falle der Völlerei -  in mich hineinschlinge.

 

Psychologisch gesehen ist die Gier der Versuch nach Betäubung eines schmerzhaften Unbefriedigtseins. 

Seine Gier zu befriedigen ist ein momentaner Genuss, der ablenkt von der großen inneren Leere. Weil diese Leere nicht zu stopfen ist,  wird weiter in sich hineingestopft. Wenn es sonst nicht viel gibt, was ein Leben ausfüllt, wird die Völlerei zur Hauptsache gemacht.

 

Was ist hilfreich?

Zuallererst: Sich bewusst machen, wonach man wirklich giert, was man wirklich haben will. Welche Bedürfnisse unerfüllt sind oder welche inneren Themen man nicht zu lösen bereit ist. Die Aufgabe des Gierigen ist: Seinen Blick auf die wahren Bedürfnisse und Werte zu legen und diese sind immateriell. Ist das bewusst geworden, rutscht das Habenwollen an den richtigen Platz: nämlich hin zum Sein. 

Völlerei ist therapierbar. In der Verhaltenstherapie z.B. wird erlernt, achtsamer und weniger zu essen und vor allem auf die Sättigungssignale zu achten.

In jedem Falle aber ist die Herausforderung für den Gierigen, zu erforschen, was die Ursachen seiner Völlerei sind und sich damit auseinanderzusetzen. Denn, ein Mensch, der von der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung abhängig ist, verliert nicht nur die Kontrolle über seinen Verlangen, er vernachlässigt auch seine Seele, seinen Körper und seine Gesundheit. 

 

Wenn Du Unterstützung möchtest, bin ich für Dich da.

Kontakt: aw@wende-praxis.de

 

 

 

 

 

 

 

 

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