Dienstag, 21. Januar 2014
wozu?
sie war schmal, ausgemergelt fast, bis auf den kleinen harten bauch, der sich über den bund der braunen cordhose drückte. ihr gesicht war blass und ihre wangen hohl. das rechte auge schielte an mir vorbei als sie auf mich einredete, mir wieder und wieder die frage stellte: warum? warum tut er mir das an, warum bleibe ich, warum ist das alles so, es war doch mal anders und warum schaffe ich es nicht ihn zu verlassen?
die vielen warums, sagte ich, wann glauben sie eine antwort darauf zu finden?
sie sah mich an, ihr auge drehte sich abrupt zur nase hin. an die sollte sie sich fassen, dachte ich, und dass es wohl noch schlimmer kommen musste, bis sie dazu bereit oder fähig war.
wissen sie, ich kann ihn nicht verlassen, wenn ich es tue geht er unter. schließlich habe ich ihn geheiratet. mitgefangen, mitgehangen. das ist doch so, oder?, sagte sie, zustimmung suchend.
ein ehemaliges schließlich ist das, antwortete ich, schließlich ist das im heute keine verpflichtung mehr, es sei denn, sie schließen es aus neu entscheiden zu dürfen, wenn die dinge anders sind, als sie waren und nicht besser für sie. ich spürte schon während ich die worte aussprach, ihre sinnlosigkeit für sie. sie wollte mithängen. zumindest war ihr wille sich dagegen zu entscheiden weitaus schwächer als der wille eines dafürs.
er hat halt diese männerkrankheit. die saufen doch alle!
woher wollen sie das wissen, fragte ich zurück, dass alle saufen?
mein vater hat auch gesoffen, kam es schwach aus dem harten bauch nach oben, tränen hervordrückend, die selbstmitleid mit nach oben spülten.
das ist ihre erfahrung bis jetzt, das ist eine alte erfahrung. sie ist zu nichts gut, außer zum mithängen wie sie es nennen. nicht alle männer saufen, genausowenig wie alle frauen saufen.
aber ich kenne es nur so, kam es trotzig zurück.
und weil sie es nur so kennen, ist das so?
schließlich habe ich ihn geheiratet. wenn ich jetzt gehe, geht er kaputt.
woher wollen sie das wissen?
der kommt allein nicht klar.
und sie, kommen sie allein klar?
sie schneuzte sich in das zerknitterte taschentuch, das sie aus der hosentasche zog. ich schaff das nicht, ich verdiene nicht genug um mich alleine durchzubringen.
also, komme sie alleine nicht klar.
sie nickte unter tränen: ich habe angst.
ja, sagte ich, das verstehe ich. aber macht es ihnen nicht mehr angst zu bleiben? was ist mit dem rest ihres lebens?
aber was soll denn da noch kommen? ich bin kaputt, da kommt nichts mehr und für wen soll ich denn dann sorgen?
wie wäre es, wenn sie für sich selbst sorgen?
sie schüttelte vehement den kopf: er soll mit dem trinken aufhören. verdammt, warum hört er nicht endlich auf?
wieder dieses warum, antwortete ich, warum fragen sie sich nicht einmal: wozu ist es gut, dass ich bleibe?
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