Samstag, 14. September 2013

Tanja Ritterbex „Secretly gold fever“




                                                  http://www.tanjaritterbex.com/



In einer auf Video dokumentierten Performance aus dem Jahr 1975 bürstet sich eine Frau ihr Haar so hart und heftig, dass man beim Zusehen ihren Schmerz spürt. Die Frau ist die Performance-Künstlerin Marina Abramović. 2013: In einem Video in der typischen Videoclipästhetik der You Tube Generation bürstet sich eine Frau ihr Haar nervös und heftig und schminkt sich das Gesicht bis künstliches Blut fließt. Die Frau ist die junge holländische Künstlerin Tanja Ritterbex die der Kunstverein Eisenturm mit der Ausstellung „Secretly gold fever“ im MVB Forum vorstellt. Während Abramović mit ihren Performances spürbar macht, dass da etwas Existentielles passiert und den Betrachter in einen Sog zieht, bleibt dieser bei Ritterbexs konstruierter Inszenierung unberührt. Es ist als halte man uns eine Maske entgegen mit einem lauten: „Schau!“. Wir schauen, aber das Ich-Fremde kommt nicht an uns heran, es bleibt gefangen in seinem Narzissmus.

Auf großen und kleinen Leinwänden inszeniert die Holländerin die Landkarte ihrer Befindlichkeiten. Grell, knallbunt, wild und expressiv kommt sie daher die histrionische Selbstschau, in der der stumme Schrei nach Nähe und Unbeschwertheit in der gestischen Starre der comicartigen Figuren stecken bleibt. Ritterbex mit Gurkenmaske im Bett, der Mann daneben unbeteiligter Statist, Ritterbex mit weit aufgerissenen Augen zwischen Kleidern und Make-up Utensilien, und immer mit ihren „big fat hands with beautiful nails“, die auch als Skulptur Gestalt annehmen. Hier ist ein weiblicher Narzissmus am Wirken, der den Betrachter als Reflektionsfläche für die eigene Selbstbespiegelung braucht wie einst Narziss den See, in dem er schließlich ertrank. Wie bei Narziss wird die Libido ausschließlich in die eigene Subjektivität investiert. Die Folge: Dem narzisstischen Subjekt erscheint die Welt nur noch als Abschattung seiner selbst, es ist innerlich zutiefst einsam, zermürbt von seinem Drang nach Selbstoptimierung und es gibt nichts und niemanden, der es aus seinem inneren Käfig befreien kann. 

Nun ist die Selbstbespiegelung in der Kunst kein neues Phänomen, aber nie war sie so nah am Puls der Zeit wie heute. Die Schwächung der Selbstliebe und der Verlust der Empathie sind die Auswüchse der zunehmenden Narzissifizierung des Individuums, die die Begegnung mit anderen erschwert und nicht nur den inneren Raum, sondern auch den zwischenmenschlichen Raum schwächt. Dieses Werk ist sehenswert. Es hat die beste Voraussetzung als malerisches Zeitgeistdokument zum Hype zu werden.












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