http://www.tanjaritterbex.com/
In
einer auf Video dokumentierten Performance aus dem Jahr 1975 bürstet sich eine
Frau ihr Haar so hart und heftig, dass man beim Zusehen ihren Schmerz spürt. Die
Frau ist die Performance-Künstlerin Marina Abramović. 2013: In einem Video in
der typischen Videoclipästhetik der You Tube Generation bürstet sich eine Frau
ihr Haar nervös und heftig und schminkt sich das Gesicht bis künstliches Blut
fließt. Die Frau ist die junge holländische Künstlerin Tanja Ritterbex die der
Kunstverein Eisenturm mit der Ausstellung „Secretly gold fever“ im MVB Forum vorstellt. Während
Abramović mit ihren Performances spürbar macht, dass da etwas Existentielles passiert
und den Betrachter in einen Sog zieht, bleibt dieser bei Ritterbexs konstruierter
Inszenierung unberührt. Es ist als halte man uns eine Maske entgegen mit einem lauten:
„Schau!“. Wir schauen, aber das Ich-Fremde kommt nicht an uns heran, es bleibt
gefangen in seinem Narzissmus.
Auf
großen und kleinen Leinwänden inszeniert
die Holländerin die Landkarte ihrer Befindlichkeiten. Grell, knallbunt, wild
und expressiv kommt sie daher die histrionische Selbstschau, in der der stumme Schrei nach Nähe und Unbeschwertheit
in der gestischen Starre der comicartigen Figuren stecken bleibt. Ritterbex mit
Gurkenmaske im Bett, der Mann daneben unbeteiligter Statist, Ritterbex mit weit
aufgerissenen Augen zwischen Kleidern und Make-up Utensilien, und immer mit
ihren „big fat hands with beautiful nails“, die auch als Skulptur Gestalt annehmen.
Hier
ist ein weiblicher Narzissmus am Wirken, der den Betrachter als Reflektionsfläche
für die eigene Selbstbespiegelung braucht wie einst Narziss den See, in dem er schließlich
ertrank. Wie bei Narziss wird die Libido ausschließlich in die eigene
Subjektivität investiert. Die Folge: Dem narzisstischen Subjekt erscheint die
Welt nur noch als Abschattung seiner selbst, es ist innerlich zutiefst einsam,
zermürbt von seinem Drang nach Selbstoptimierung und es gibt nichts und
niemanden, der es aus seinem inneren Käfig befreien kann.
Nun ist die
Selbstbespiegelung in der Kunst kein neues Phänomen, aber nie war sie so nah am
Puls der Zeit wie heute. Die Schwächung der Selbstliebe und der Verlust der Empathie
sind die Auswüchse der zunehmenden Narzissifizierung des Individuums, die die
Begegnung mit anderen erschwert und nicht nur den inneren Raum, sondern auch den
zwischenmenschlichen Raum schwächt. Dieses Werk ist sehenswert. Es hat die
beste Voraussetzung als malerisches Zeitgeistdokument zum Hype zu werden.
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