Viele Menschen haben
Angst vor der Zukunft. Auch junge Menschen. In einer Zeit, in der
Zukunftschancen bröckeln und auch eine gute Ausbildung keinen Arbeitsplatz
garantiert, in einer Zeit, in der immer mehr Leistung für immer weniger Geld
gefordert wird, das letztlich immer weniger wert ist, in einer Zeit, in der die
Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderklafft und Politiker uns schamlos belügen und uns Sand in die Augen streuen, in der Hoffnung,
dass wir völlig erblinden, in einer Zeit, in der Familien bröckeln und die
Vereinzelung des Individuums zum kollektiven Narzissmus mutiert, in einer Zeit, in der Mitgefühl
zur leeren Worthülse mutiert, in einer Zeit, in der jeder sich selbst der Nächste ist und
für alles angeblich selbst verantwortlich – kein Wunder, da muss man ja Angst
bekommen.
Angst vor der
Zukunft kennt jeder von uns. Immer mal wieder meldet sie sich zu Wort, laut
oder leise, auf konkreten Gedanken und bevorstehenden Veränderungen gegründet
oder auf Gefühle, die wir nicht wirklich verstehen. Zukunftsangst sucht sich
immer neue Wege und sie maskiert sich immer wieder neu: Als konkrete Sorge um
etwas Bevorstehendes, als Befürchtung eines Problems, das wir kommen sehen oder
zu sehen glauben, als Angst vor einem Verlust oder einer Veränderung, als
Ahnung, dass eine bestimmte Entwicklung sich irgendwann zuspitzen wird, als
Sorge um den Arbeitsplatz, als Furcht vor Krankheit, Alter und Tod, als Angst
um die finanzielle Existenz. All diesen Ängsten gemeinsam ist, dass sie sich sowohl auf die individuelle als auch auf die kollektive Ebene richten können. Die eigene oder die allgemeine Arbeitslosigkeit, die Veränderung persönlicher oder globaler Lebensumstände, die Angst vor einem Unfall oder vor Kriegen – alles ist nur eine Frage der Perspektive: Angst bleibt Angst, und Angst vor der Zukunft hat tausend Gesichter. In einem gewissen Maße ist Sorge um unsere Zukunft verständlich und menschlich, denn sie hat mit Verantwortung zu tun für das Leben im Morgen. Wenn diese Angst aber das Leben zu dominieren beginnt, dient sie uns nicht – sie schwächt uns im Jetzt, sie lähmt und überschattet unsere Tage.
Zukunftsangst ist ein zivilisatorisches Problem: Sie ist erst mit dem Zusammenleben der Menschen in größeren Gruppen entstanden. Denn je komplexer das Zusammenleben von Menschen ist desto größer ist auch das Bewusstsein für die Zukunft – und damit auch die Angst vor dem, was kommen wird. Am Anfang unserer kulturellen Entwicklung ging es vor allem darum, elementare, überlebensnotwendige Dinge zu planen: das Dach über dem Kopf, die Beschaffung und das Anlegen des Vorrats an Nahrungsmitteln, den Schutz vor Feinden. Mit der wachsenden Komplexität unserer menschlichen Gemeinschaft sind dann immer mehr Planungen dazugekommen. Heutzutage ist Planen eine Art Sucht geworden, alles und jeder wird verplant. Sogar Kinder verplanen wir. Wir bringen ihnen bei wie sie ihre Lebenszeit in Planungsabschnitte einteilen. Es ist der schiere Wahnsinn, wenn man sich den Terminkalender so mancher Schüler betrachtet. Man fragt sich: Wie schaffen diese Kinder es eigentlich einfach mal Zeit zum Spielen zu finden oder Zeit um sich zu so richtig zu langweiligen, damit sich ihre eigene Kreativität entfalten kann? Aktivität ist angesagt verbunden mit dem Konsumieren von Dingen und dies möglichst lückenlos, sonst könnten unsere Kinder ja auf dumme (eigene!) Gedanken kommen über die wir keine Kontrolle mehr haben. Wir hetzen sie wie uns selbst durch die Zeit und das in einem Tempo, das die Seele überfordert und die Angst gebiert und füttert vor einem Leben, das nicht planbar sein könnte. Genau dieses Konditionieren auf Planbarkeit erschafft Angst vor dem nicht Planbaren, nicht Kontrollierbaren - und das ist nun mal für uns alle die Zukunft, das unbekannte Morgen.
Kein Wunder, dass eine ganze Gesellschaft Angst spürt, wenn die Menschen, die sie bilden sich ständig Gedanken über die Beherrschung der Zukunft machen. Im Grunde wissen wir nämlich alle instinktiv – die Zukunft lässt sich nicht beherrschen, schon gar nicht durch Pläne. „Willst du Gott zum Lachen bringen, erzähle ihm von deinen Plänen.“
Wer alles planen will, dem fehlt Vertrauen, das Vertrauen in den Fluss des Lebens und Gottvertrauen.
Wo das Vertrauen fehlt ist die Angst. Die gemeinsame Wurzel aller Ängste ist das fehlende Vertrauen. Vertrauen erwerben wir als Kind. Wenn dies nicht gelingt oder das Vertrauen immer wieder zerstört wird, aus welchen Gründen auch immer, entsteht ein Angstproblem. Es kommt zu mangelndem Vertrauen in uns selbst, in die Umstände und in die Welt. Dies ist insofern schwierig zu behandeln, als der Verstand immer wieder überprüft, ob die Argumente dafür, ein größeres Vertrauen zu entwickeln, überhaupt glaubhaft und wahrscheinlich sind. Mit logischen Argumenten ist Angst daher genauso wenig mal schnell beizukommen wie anderen seelischen Problemen. Wenn die Angst erst einmal geboren ist muss es noch nicht einmal eine reale Bedrohung sein, die uns Angst macht. Da reicht schon das bloße Denken an ein mögliches Problem. So gesehen haben viele psychosomatische und seelische Erkrankungen ihren Ursprung in der Zukunft, genauer gesagt: in unserer Zukunftsorientiertheit.
Der Schlüssel zum Umdenken heißt: Vertrauen. Wer sich selbst, seiner Kraft und seiner Kreativität vertraut, vertraut dem Leben, der kann seine Kraft im Hier und Jetzt entfalten und ein gesundes Verhältnis zur Zukunft entwickeln, ohne diese zu verdrängen. Nur ist das, wie gesagt, so ein Sache mit dem Vertrauen. Wer es als Kind nicht vermittelt bekam und nicht gefühlt hat, hat schlechte Karten es später zu entwickeln. Aber es ist möglich, wie alles, wenn wir uns auf den Weg machen und es versuchen, jeden einzelnen Tag neu, im Jetzt.
Ja, sehr gut. Vertrauen. Vertrauen ... ins Leben, wie ich es nenne.
AntwortenLöschenDoch natürlich ist Zukunft auch zu planen. Würde der Bauer nicht für Herbst und Winter sorgen, gäbe es nichts zu essen.
Der Mensch ist aber nicht so angelegt, dass er größere Zeiträume überblicken kann. Es geht zwar, aber es kostet Mühe aus der Vergangenheit zu lernen. Mühe, die viele nicht aufbringen wollen, denn das heißt Arbeit, lernen und viel Wissen zu verarbeiten. Dies Würde bestimme Ängste schmälern.
Für mich steht jedoch außer Frage, dass die Zuunftsangst ein typische Deutshes Problem ist. GERMAN ANGST. Viele von uns bringen es immer noch nicht fertig, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Manchmal scheint es so, als wollten sie Angst haben, als wäre Angst etwas, das sie kennen, mit dem sie umgehen können. Vielleicht aus der Erfahrung in den finsteren Wäldern Germaniens ...
Ein weiterer Grund für die Zukunftsangst so vieler Deutscher, ist der Umgang mit den Medien, die "außer jeder Scheiße ein Drama machen müssen", die Dieter Nuhr meint. SO verengt sich weiter der Fokus. Wenn man die News ständig verfolgt, bekommt man schnell den Eindruck, die Welt bestehe aus Mord, Krieg, Schlamassel, Zerstörung, Gift und vieler weiteren schlechten ... Nachrichten. DIES ist aber nicht die ganze Wirklichkeit, sondern entspricht nur der einen oder andren bestimmten Sicht auf einen klitzekleinen AUSSCHNITT der Realität. Mit diesen kleinen Teil begründen wir unsere Ängste und unseren Pessimismus.
Für Pessimismus ist es eh zu spät. Und er entspricht erst recht nicht den menschlichen Anlagen und Stärken. Das, was uns Menschen zu erfolgreich gemacht hat, ist die Hoffnung, das Vertrauen und die Hoffnung und der Zusammenhalt.
Apropos: Die Familien fallen nicht auseinander. Es gibt auch keinen Werte-Verlust. Das sind alles Schlussfolgerungen auf Grundlage einseitiger und unvollständiger Informationen.
danke für diesen kommentar,
AntwortenLöschenapropos! es gibt einen werteverlust und zwar einen massiven. und pessimismus gehört zur menschlichen struktur, wie seine steigerung - die verzweiflung, beides ist zutiefst menschlich ebenso wie die hoffung.die familien fallen auseinander, ich empfehle die recherche in den statistiken z.b. über ehescheidungen. ich recherchiere gründlich und vor allem - ich beobachte und reflektiere
bewusst. aber - jedem seine wahrheit. wir sehen, was wir sehen können ...
aw