Notgedrungen gehen wir seit Wochen auf
soziale Distanz. Und es wird lange so bleiben.
Das bedeutet für viele Menschen, dass
sie auf Berührungen verzichten müssen. Hände werden nicht mehr gegeben,
Küsschen auf die Wangen werden nicht mehr gegeben. Tröstend die Arme um einen
anderen legen bedeutet Ansteckungsgefahr. Getrennt lebenden Paaren fehlen
Zärtlichkeit und Sexualität. Singles müssen oft ganz auf Berührung verzichten
Körperkontakt
ist jedoch fundamental. Berührungen sind elementar wichtig für Körper und
Seele.
Wenn
wir uns gegenseitig berühren, wird im Gehirn das Glückshormon Oxytocin
aktiviert und ausgeschüttet. Es kommt es zum Abbau von Stresshormonen und in
der Folge zur Verlangsamung von Atmung und Herzschlag. Der Körper entspannt
sich und wir fühlen uns wohl. Berührungen beeinflussen unsere Gefühle positiv
und stärken unser Verbundenheitsgefühl mit anderen. Die Umarmung eines
vertrauten Menschen ist das beste Mittel gegen emotionalen Stress. Berührung
entspannt und ist heilsam und das nicht nur für die Psyche. So werden zum
Beispiel Massagen ergänzend zur Behandlung von Krebs eingesetzt, vor allem um
die Nebeneffekte von Chemotherapie und Bestrahlungen zu lindern. Verschiedene
Meta-Studien haben gezeigt, dass Massagen helfen Depressionen zu lindern, Ängste abzubauen und Schmerzen zu mindern.
Eine Studie belegt, dass eine Umarmung und bloßes Händehalten über etwa 10
Minuten Blutdruck und Herzschlag senken. Durch die Ausschüttung von Oxytocin
bei jeder Art von liebevoller Berührung werden also Stresshormone abgebaut.
Berührung führt auch dazu Aggressionen zu reduzieren und sie stärken unser
Immunsystem.
Das Heilsame der
Berührung geht jetzt für viele verloren.
Was tun?
Gut,
wir können uns emotional berühren, auf Distanz durch digitalen Kontakt. Wir
können mit vertrauten Menschen reden, ihnen in die Augen sehen, wir können mit
ihnen über unsere Gefühle reden und unsere Zuneigung und unsere Liebe in Worten
ausdrücken. Das schafft Nähe in Zeiten der Distanz. Wir berühren einander mit
Worten.
Aber
reicht das? Füllt das unser elementares menschliches Bedürfnis nach Berührung?
Ein
klares: Nein.
Eine Klientin, die alleine lebt, sagte neulich zu mir: Ich werde noch verrückt, weil ich niemanden mehr anfassen kann. Ich fühle mich krank. Ich habe Angst, dass ich nie wieder jemanden berühren kann, jedenfalls lange nicht, denn die Pandemie ist ja noch lange nicht vorbei. Ich habe das Gefühl innerlich mehr und mehr einzufrieren. Manchmal bin ich depressiv und habe zu nichts mehr Lust.
Gefühle
wie sie meine Klientin beschreibt sind nicht unnormal. Sie sind vielmehr gesund.
Sie sind das gesunde Empfinden eines Menschen, der auf etwas Wesentliches
unfreiwillig verzichten muss, das er für sein Wohlbefinden braucht.
Wer
einsam ist und ohne Berührungen leben muss lebt und darunter leidet, hat, das
beweisen viele Studien, ein höheres Krankheitsrisiko und eine kürzere
Lebenserwartung. Traurig aber wahr. Das Fehlen von Körperkontakt wenn wir
darunter leiden, macht genauso krank wie unfreiwillige Einsamkeit. Nicht jeder
ist zum Eremiten geboren – die meisten von uns sind es nicht.
Können wir das
nicht-berührt-werden kompensieren?
Eine Zeit lang schon.
Wir können kreativ werden.
Wer etwas Kreatives macht kommt in den
Flow und empfindet den Mangel an Berührung oft weniger schmerzhaft als jemand,
der nichts mit sich anzufangen weiß.
Auch körperliche Bewegung im Garten
oder in der Natur und jede Art von Sport kann helfen den Körper zu beruhigen,
wenn er auf Berührungen verzichten muss.
Auch durch Musik und das Betrachten von
schönen Dingen können wir uns berühren lassen.
Ein gutes Buch kann uns berühren.
Ein Haustier berührt uns.
Ein Haustier berührt uns.
Etwas mit Hingabe und Achtsamkeit
kochen und ein gutes Essen, können uns berühren.
In der Meditation und mit
Achtsamkeitsübungen berühren wir uns.
Und der Körper?
Wir können uns selbst umarmen.
Wir können unseren Körper, unser
Gesicht, unsere Hände achtsam berühren, unsere Füße bewusst massieren, uns
liebevoll eincremen und unsere Haut sanft streicheln.
Wir können als Übergangsobjekt den
alten Teddy aus Kindertagen in den Arm nehmen und mit ihm einschlafen.
Letzteres mag jetzt für den einen
albern und für den anderen gar ein wenig traurig klingen, aber es ist hilfreich
und einen Versuch wert.
Alles was uns berührt, ist
heilsam.
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