Freitag, 31. Januar 2020

Nicht zu retten




Zeichnung: Angelika Wende

Was du im anderen zu retten versuchst, wird nicht zu retten sein.
Keine deiner Anstrengungen, keine deiner Mühen, wird helfen und ihn retten.

Deine Versuche den anderen zu retten werden nur dir selbst schaden.
Sie rauben dir Kraft, sie rauben dir Lebensenergie, sie rauben dir Freude
Sie nehmen dir Zuversicht und du erfährst Ohnmacht.
Wieder und wieder erfährst du Ohnmacht.
Du erfährst Vergeblichkeit.
Je mehr Vergeblichkeit du erfährst, desto mehr erlebst du Selbstaufgabe.
Jetzt bist du selbst einer, der gerettet werden muss.
Das kommt vom Retten wollen.

Kein anderer lässt sich von dir retten.
Das kann er nur selbst tun. Sich retten.
Was du zu retten versuchst, ist nicht zu retten - genau das ist der Grund, warum du dich so anstrengst es zu retten. 

Dienstag, 28. Januar 2020

Wir müssen hindurch, um herauszukommen.





Auch wenn ich das Wort müssen nicht gerne verwende ... manchmal müssen wir.

Wir müssen hindurch, um herauszukommen.

Wir müssen Verletzungen spüren, um uns schützen zu lernen.
Wir müssen Fehler machen, um zu lernen.
Wir müssen wissen, wovor wir Angst haben, um die Angst zu besiegen.
Wir müssen Lieblosigkeit erfahren, um Liebe für uns selbst zu erlernen.
Wir müssen damit aufhören uns Liebe beim Falschen verdienen zu wollen, um wahrer Liebe eine Chance zu geben.
Wir müssen erkennen was wir uns antun, um damit aufhören zu können.
Wir müssen spüren, was uns gut tut, um unser Wohlbefinden zu fördern.
Wir müssen Liebe für uns selbst aufbringen, um Liebe von außen eindringen zu lassen.
Wir müssen Selbstvertrauen haben, um Vertrauen zuzulassen.
Wir müssen unsere Selbstablehnung beenden, um Toleranz uns selbst gegenüber aufzubauen.
Wir müssen Wertschätzung für uns selbst haben, um Wertschätzung zu bekommen.
Wir müssen verbunden mit uns selbst sein, um Verbundenheit zu fühlen.
Wir müssen unsere Grenzen hochziehen, um uns schützen zu lernen.
Wir müssen gehen, wo wir nicht willkommen sind, um anzukommen wo wir willkommen sind.
Wir müssen entgiften, um zu heilen.
Wir müssen unser Herz schützen, um es nicht immer wieder brechen zu lassen.
Wir müssen unser Alleinsein umarmen, um Zweisamkeit zu erfahren.
Wir müssen das Gefühl innerer Getrenntheit auflösen, um Einheit zu erleben.
Wir müssen damit aufzuhören, unser Kindheitsdrama zu wiederholen, um ein neues Drehbuch zu schreiben.
Wir müssen unser inneres Kind annehmen, um es gesunden zu lassen.
Wir müssen unser falsches Selbst entlarven, um unser wahres Selbst aufzubauen.
Wir müssen Liebe, Respekt und Verständnis für uns selbst haben, bevor wir es von anderen bekommen können.

Wir müssen hindurch, um herauszukommen.

Montag, 27. Januar 2020

Über das Verlassen

Foto: www


Auch wenn es anders aussieht, der Verlassene ist nicht immer das bedauernswerte Opfer. Derjenige, der verlassen wurde, hat sich mitunter schon lange vorher innerlich aus der Beziehung verabschiedet und sein eigenes Ding gemacht.

Vielleicht war er zu feige den Schlussstrich zu ziehen. Vielleicht hat ihm die Beziehung noch zu viel Benefit gebracht und er hat abgewägt, was er verliert wenn er geht. Vielleicht hat er gedacht, es sei falsch sich zu trennen, aus Angst allein zu sein, nichts Besseres mehr zu finden oder weil der andere immer für ihn da war und ihm Halt gab.
Das führt zu einem zum Nebeneinanderherleben, in dem sich zumindest einer der Partner dazu entschlossen hat oder sich damit abgefunden hat, dass er sowieso nicht bekommt, was er sich eigentlich wünscht. Er bleibt ehe er gar keinen Partner hat.


Vielleicht war der Verlassene immer wieder untreu.
Vielleicht hat er ständig mit anderen geflirtet.
Vielleicht hat er keine Energie und kein Herz mehr in die Beziehung gesteckt. 

Vielleicht hat nur noch genommen und wenig oder nichts gegeben. 
Vielleicht hat er den anderen nicht mehr wertgeschätzt und respektiert. 
Vielleicht hat er immer dem anderen die Schuld gegeben für alles was schief lief und keine Verantwortung für seine Fehler übernommen. 
Vielleicht hat er den anderen als selbstverständlich hingenommen und ihm wenig Aufmerksamkeit geschenkt. 
Vielleicht hat er ihn immer wieder abgewertet, verletzt und gedemütigt. 
Vielleicht war er unzufrieden und hat es nie ausgesprochen, weil er zu feige war oder zu faul an der Beziehung zu arbeiten.

Auf die eine oder andere Weise hat der Verlassene die Beziehung nach und nach zerrütten lassen. Er hat es dem anderen überlassen, die Beziehung entweder so lieblos und ausgedörrt hinzunehmen oder sie zu beenden. Und beenden, das tut der andere schließlich irgendwann für ihn.

Wir Menschen spüren ob wir dem anderen wichtig und wertvoll sind, wir spüren, ob wir geliebt werden oder nicht. Und irgendwann halten wir die Lieblosigkeit nicht mehr aus. Das ist dann der Moment wo es zu Ende geht mit der Beziehung, weil der Glaube an den anderen verloren ist.
Das Vertrauen ist erloschen.

Gehen ist nicht immer der einfache Weg. Und es ist besonders schwer zu gehen, wenn wir den anderen noch lieben, der uns schon längst nicht mehr liebt. Wir müssen gehen um uns nicht weiter selbst zu belügen, was der andere ja schon lange Zeit zur Genüge getan hat.
Wir müssen gehen um unserer Selbstliebe willen, auch wenn es weh tut.


Es gibt viele Menschen, die eine Beziehung die längst tot ist, weiterlaufen lassen, weil sie Angst vor dem Trennungsschritt haben, weil sie dann nämlich auch das Gute im Schlechten verlieren würden. Wenn sie ehrlich zu sich selbst wären, könnten sie erkennen, dass sie sich, weil sie die Beziehung innerlich nicht mehr wollen, verlassen lassen.

Wir verlassen nicht wenn wir ihn lieben und uns geliebt fühlen. Wir verlassen, wenn wir uns ungeliebt fühlen.

Sonntag, 26. Januar 2020

Gesunden

Foto: Angelika Wende


Ich vergebe mir meine Fehler.
Ich höre auf mich zu verurteilen und wertschätze, was ich durch meine Fehler gelernt habe.
Ich habe Mitgefühl mit mir selbst angesichts aller Prüfungen Lektionen und Enttäuschungen, die mir begegnet sind und noch begegnen werden.
Ich erkenne meine Erfolge an, auch die kleinen, anstatt ständig darüber nachzudenken, was ich alles nicht erreicht habe und vielleicht auch nicht mehr erreichen werde.
Ich lebe nach meinen Werten und meiner inneren Wahrheit.
Ich schließe aus meinem Leben aus, was meinen Werten und meiner inneren Wahrheit nicht entspricht.
Ich meide oder verlasse Orte, Situationen, Gewohnheiten und Menschen, die mich nicht nähren und wende mich dem zu, was mich nährt.
Ich spüre was mich nährt und mache mehr davon.
Ich spüre was mich nicht nährt, weil ich auf die Signale meiner Seele und meines Körpers achte, und lasse es sein.
Ich gehe meinen Weg, auch wenn ich ihn eine zeitlang alleine gehen werde.
Ich habe Geduld mit mir selbst, auch wenn es mir schwer fällt.
Ich bin bereit zu gesunden und die Konsequenzen von Verzicht zu tragen, die meine Gesundung mit sich bringt.

Freitag, 24. Januar 2020

Vom Umgang mit dem Schlechten



Malerei: Angelika Wende

„Wenn man der Schlange Milch zu trinken gibt, wird davon nur ihr Gift noch stärker. Auch die Belehrung schlechter Menschen gereicht zum Zorne, nicht zum Seelenfrieden“, sagt der buddhistische Philosoph Nagarjuna.

Auch wenn ich eher der impulsive Typ bin, der, erlebt er Schlechtigkeit, den Impuls verspürt diese aufzuzeigen, so weiß ich doch, der Philosoph hat Recht. Es hilft nichts. Weder unsere Wut, noch unser Zorn, noch unser Kampf dagegen, noch unsere Belehrungen werden die Schlange entgiften.
Schlechtigkeit ist ihrem Wesen nach genau darum Schlechtigkeit, weil sie unbelehrbar ist und sich ihrer selbst nicht bewusst. Wäre sie es, wäre sie das Böse.

„Das Böse ist banal“, schrieb einst Hannah Ahrendt. Das Böse ist nicht banal. Diese Theorie, die die Philosophin in die Welt gesetzt hat, ist eine schwache Idee. Das Böse ist zersetzend, vernichtend, zerstörerisch. Es kann uns vergiften. Es kann uns nach Unten ziehen mit seiner dunklen Energie und völlig aussaugen. Es kann uns erschüttern und uns lähmen. Das Böse kann uns sehr weh tun.

Wie verhalten wir uns also Menschen gegenüber, die uns durch schlechtes Handeln verletzen? Die uns nicht wertschätzen, die uns benutzen, die uns ausnutzen, die uns belügen, die ohne liebevolle Güte sind, die nehmen ohne zu geben, die herzlos sind, die uns attackieren oder sogar schaden?
Wir wenden uns ab.
Wir schicken sie weg aus unserem Leben.

Da gibt es eine kleine Geschichte von Buddha:
Es kam einmal ein Mann zum Buddha und wollte mächtig über etwas stänkern. Buddha hörte eine Weile zu.
Dann sagte er: "Wenn einer einem ein Geschenk geben will und der andere will es nicht, wem gehört es dann?"
Und der Mann sagte:, "Dem Schenker!"
Buddha nickte: " Also, nimm Deinen Trip mit, ich will Ihn nicht! Tut mir leid, ich kann ihn nicht brauchen."

Sonntag, 19. Januar 2020

Was in einer ungesunden Beziehung krank wurde, kann in einer ungesunden Beziehung nicht heilen.

Malerei: Angelika Wende

Wenn das Gefühl, dass du einem anderen Menschen nicht so wichtig bist, wie er für dich, in der Begegnung mit diesem Menschen immer wieder spürbar wird, tut das weh. Besonders weh tut es, wenn es sich um den eigenen Partner handelt.
Uns nicht wichtig genug fühlen, nagt an unserem Selbstwertgefühl. Mit jedem Mal, mit dem uns der andere durch seine Worte oder Handlungen zeigt, dass er uns nicht wertschätzt, tauchen Selbstzweifel auf und mit ihnen unheilsame Überzeugungen, die in etwa so klingen:
Ich bin unwichtig.
Ich bin nicht von Bedeutung.
Ich bin nicht wertvoll.
Ich bin nicht liebenswert.

All das ist nicht wahr!
Was da an Überzeugungen deinen Selbstwert sabotiert und dich klein, hilflos, wütend, traurig und unglücklich macht, ist nicht wahr.
Wahr ist:
Du bist wichtig, nur eben für den anderen nicht.
Du bist von Bedeutung, nur eben für den anderen nicht.
Du bist wertvoll, nur schätzt dich der andere nicht wert.
Du bist liebenswert, nur eben für diesen Menschen nicht.
Der andere verhält sich nicht wertschätzend.
Der andere missachtet deinen Wert.

Mit seiner Missachtung löst er Gefühle und Gedanken in dir aus, die meist so alt sind wie du selbst. Er macht genau das, was man schon als Kind mit dir gemacht hat, bewusst oder unbewusst. Er verhält sich lieblos, denn wo Liebe ist, wird sich kein Mensch so verhalten, wird niemals Missachtung deiner Person spürbar sein.

Das zu erkennen ist heilsam, auch wenn es schmerzt. Auch wenn wir dann erkennen dürfen, dass wir einem Menschen unsere Liebe und unsere Wertschätzung geschenkt haben, der unsere Geschenke nicht wertschätzt. Immer wenn dir jemand durch Worte oder Handlungen das Gefühl gibt unwichtig und wertlos zu sein triggert er damit alte Gefühle. Gefühle, die du kennst seit du ein Kind bist. Aber du bist jetzt nicht mehr das Kind von damals. Du bist jetzt ein erwachsener Mensch, der sich Menschen, die dir diese Gefühle vermitteln, nicht mehr ausliefern muss.

Du musst nicht zulassen, dass Salz in deine Wunden gestreut wird. Du musst diesem Menschen nicht hinterherlaufen wie einst Mutter oder Vater um zu beweisen wie wertvoll und liebenswert du doch bist. Du musst nicht noch mehr geben, je weniger du von ihm bekommst.
Genau das machen viele verletzte Menschen: Sie laufen dem, der sie nicht wertschätzt, oft sogar hinterher wie das kleine Kind, das sie damals waren den Eltern, um endlich doch noch zu bekommen, was man ihnen einst verweigerte: Liebe, Respekt, Anerkennung und Wertschätzung.
Es ist wie eine Art Trance in die wir dann geraten - wir denken, fühlen und agieren aus der Erfahrungswelt des verletzten inneren Kindes heraus.
 

Wir dürfen erwachen.
Wir dürfen erkennen: Wir erreichen damit nicht, dass man uns endlich wertschätzt, sondern wir signalisieren dem anderen genau das Gegenteil: Wir zeigen ihm wie wenig wir uns selbst wert sind. Wie wenig wir uns selbst achten, respektieren und lieben. Das wird sein Verhalten nicht ändern, sondern er wird vielmehr spüren, dass er mit uns machen kann, was er will.
Das zu erkennen schmerzt sehr, aber der Schmerz ist ein anderer, als der, dich nicht wertvoll zu fühlen – es ist der Schmerz der Enttäuschung, dass du an den Falschen geraten bist.
Und doch an den Richtigen, denn dieser Mensch zeigt dir wieder und wieder, welche alten Wunden noch nicht verheilt sind. Und er wird so lange darin herumbohren bis du es endlich kapiert hast.
Wenn wir das endlich kapiert haben, sagen wie ein klares Nein zu diesem Menschen, wissend: Was in einer ungesunden Beziehung krank wurde, kann in einer ungesunden Beziehung nicht heilen. Ein guter Grund uns von diesem Menschen zu verabschieden und zu sagen: Nein, für deine Missachtung stehe ich nicht mehr zur Verfügung!


Tun wir das nicht bleiben wir weiter Gefangene unserer alten Wunden. 

Wir werden nicht glücklicher. Wir werden immer unsicherer, kleiner und unglücklicher. Wir werden emotional abhängig von unserem alten unerfüllten Bedürfnis endlich von einem geliebt zu werden, der uns seine Liebe nicht schenkt. Wir verschwenden sinnlos Energie damit uns an einen Menschen zu binden, der uns unsere Bedürfnisse niemals erfüllen wird. Wir werden emotional immer ausgehungerter weil wir an seiner Lieblosigkeit verhungern. Wir verlieren unseren letzten Rest Selbstwertgefühl und wissen am Ende nicht mehr wer wir sind. Das raubt uns nicht nur Energie, sondern auch wertvolle Lebenszeit und das kann uns auf Dauer krank machen an Körper, Geist und Seele.
So schwer es ist: Es gibt nur einen Weg um zu gesunden: Die Menschen, denen wir nicht wichtig sind, loslassen.

Freitag, 17. Januar 2020

Es ist okay


Foto: Angelika Wende

Es ist okay, wenn du dich manchmal wie ein Kind fühlst, hilflos und verloren.
Es ist okay, wenn du manchmal nicht mehr weiter weißt, ratlos und ängstlich bist und keiner, der dich versteht, keiner der deinen Schmerz fühlt und deine Zerbrechlichkeit und deine Angst.
Es ist okay, wenn du dich dann verkriechst und mit keinem reden willst.
Es ist okay, wenn du dich dem hingibst, was da in dir ist und gerade nicht weg gehen will.
Es ist okay, wenn du dich dann in dich selbst zurückziehst und Zwiesprache mit diesem verlorenen Kind in dir hälst. Ihm zuhörst, es ernst nimmst, es tröstest.
Es ist okay, wenn es sich erst einmal nicht trösten lassen will, weil es einfach nur weinen will.
Es ist okay.
Solange du für dieses Kind da bist. 


Mittwoch, 15. Januar 2020

SELBSTFÜRSORGE



Foto. Angelika Wende
 
„Mir selbst sei treu sein“.
Das bedeutet für mich „authentisch“ sein.
Aber dazu muss ich wissen – wo ich mir selbst treu sein will.
Ich muss meine Werte kennen und vor allem: Ich muss mich selbst ziemlich gut kennen. Mit all meinen hellen und meinen dunklen Seiten. Ich muss wissen, wo ich mir selbst etwas vormache und warum ich das tue.

Vielen von uns ist es wichtig, anderen zu gefallen, geliebt und anerkannt zu werden.
Wenn wir von diesem Wunsch geleitet sind, verlieren wir uns in den anderen. Wir denken und fühlen für andere. Wir machen Dinge um anerkannt und geliebt zu werden. Es ist uns wichtig, andere glücklich zu machen, ihre Bedürfnisse und Wünsche zu erahnen, egal was es uns kostet – es ist uns wichtiger als wir uns selbst.

Wir sind vielleicht sogar stolz darauf, dass wir alles für unseren Partner, unsere Kinder, unsere Familie, für den Job tun. Wir sind vielleicht sogar stolz darauf, dass wir so selbstlos, so hilfsbereit, so verstehend, so fleißig sind. Wir halten uns für einen guten, selbstlosen Menschen, weil wir das Glück der anderen über unsere Bedürfnisse stellen.

Wir vernachlässigen unser Glück und unsere Bedürfnisse und denken nicht einmal darüber nach, dass wir das tun. Wir geben viel und merken nicht einmal wie wenig wir zurückbekommen. Wir fühlen uns vielleicht sogar schlecht und egoistisch, wenn wir uns selbst wichtig nehmen. Wir sind abhängig davon, was andere über uns denken.

Wenn wir so leben rücken wir weiter und weiter von uns selbst weg – wir sind uns selbst untreu.
Wir verlieren unsere Identität, unsere Lebensenergie und schließlich uns selbst. Wir wissen irgendwann nicht mehr was wir wollen und was für uns überhaupt von Bedeutung ist.

Ja, es ist gut anderen zu helfen, für andere da zu sein und für andere zu sorgen.

Aber es ist ungut und unheilsam nicht für uns selbst da zu sein.
Es ist heilsam uns selbst treu zu sein, unseren Werten, unseren Wünschen, unseren Träumen.
Es ist heilsam in uns hineinzuspüren - unsere Bedürfnisse zu spüren, sie zu kommunzieren und sie uns zu erfüllen.
Es ist heilsam darauf zu achten, was wir brauchen. Und es uns zu geben.
Es ist heilsam für uns selbst zu sorgen.
Tun wir all das nicht, verbrauchen wir uns.
Das ist unheilsam.

Sonntag, 12. Januar 2020

Und wieder Kunst ...








Das Alter: ein ambivalentes Thema, ein trauriges Thema, ein angstbesetztes Thema, ein schönes Thema, ein Tabu-Thema. In einer immer älter werdenden Gesellschaft macht es Sinn, sich mit dem Alter auseinanderzusetzen. Angelika Wende, Reinhard Berg, Peter Bernhard und Susan Geel beziehen ihren ganz persönlichen künstlerischen Standpunkt zur Zeitenwende Alter.

In ihrer Leseperformance begeben sich Angelika Wende, Dirk Arlt ( Schauspieler & Regisseur) und Peter Schulz (Performancekünstler & Leiter des Performance Art Depot, pad, Mainz) in die Zeitenwende Alter.

Welke, Wehmut, Glück, Lebensfreude, Schmerz, Trauer, Gelassenheit, Weisheit, Bitterkeit, Einsamkeit, Resignation, Angst, Vergänglichkeit, Verlust, Abschied, Sterben und Tod  – alles Facetten des Alters. Polarisierend, dramatisch, melancholisch, sarkastisch, klug und witzig, mal laut und mal leise, entspinnt sich eine intensive Reflexion. Von Alterspessimismus bis zur Altersverklärung erwartet Sie eine spannende Auseinandersetzung mit einem archetypischen Thema: Das Alter als conditio humana, als allgemeine Bedingung des Menschseins.

Das Alter – Ein Massaker, wie es Philip Roth drastisch in seinem Jedermann beschreibt oder eine Zeit neuer Möglichkeiten?

Übrigens: Ein Abend für jedes Alter.

Freitag, 10. Januar 2020

Bodenlosigkeit

Foto: www

Jeder von uns erlebt Momente tiefer Verletzung. 
Unachtsamkeit, Gleichgültigkeit, Empathie- und Lieblosigkeit gehören zum Menschsein. Ebenso wie Empathie, Achtsamkeit, Zuwendung und liebende Güte zum Menschsein gehören.
Ersteres begegnet uns leider immer häufiger. Es gibt viel Lieblosigkeit, Unachtsamkeit und Respektlosigkeit unter den Menschen. So viel, dass es schwer ist an all dem Unheilsamen nicht zu zerbrechen, besonders für die Empfindsamen unter uns.

Ich gehöre zu diesen Empfindsamen. Ich hätte oft zerbrechen können. Ich bin nicht zerbrochen. Bis jetzt nicht. Ich habe die Gabe entwickelt anderen Kraft zu geben. Ich habe meine Empfindsamkeit transformiert indem ich ein mutiger Unterstützer und Begleiter anderer bin, indem ich hilfreiche Loslösungsimpulse gebe und ihnen durch Krisen zur Seite stehe. Ich wage mich Tag für Tag in die Schattenbereiche menschlichen Seins und habe gelernt transformatorisch mit ihnen umzugehen.

Wenigen Menschen bleiben Krisen erspart. Wir müssen da durch, denn manchmal haben wir keine Wahl. Für jeden sieht diese Krise anders aus - man kann und darf sie nicht vergleichen. Was den einen fast bricht, steckt der andere weg. Gleichmacherei ist respektlos.
Menschen in helfenden Berufen wie ich finden sich oft in Situationen mit Menschen, deren Leben zerrüttet ist, die ein Gefühl der Zersplitterung und ein Gefühl des Auseinanderfallens haben. Ich weiß wie sich das anfühlt. Ich fühle es immer dann wieder, wenn ich selbst die Erfahrung der Bodenlosigkeit mache. Dann zum Beispiel wenn ich erschüttert oder traurig bin und reden will und spüre, dass mein Gegenüber gerade gar keine Lust hat oder zu sehr beschäftig ist mit Wichtigerem, so dass es weder zuzuhören will, geschweige denn mir Trost zu spenden bereit ist. Es ist okay. Ich lasse es mittlerweile Trost von anderen zu erwarten. Ich helfe mir selbst.

Der einfache Akt, präsent zu sein, das Gefühl, das gerade da ist zuzulassen, hilft mir auch das Gefühl der Isolation auflösen, das da ist wenn keiner für mich da ist.
Ich bin für mich da. Ich kann mich selbst beruhigen und mir das geben was ich in diesem Moment der Erschütterung so dringend brauche: Eine achtsame Geisteshaltung, die sich nicht im Drama verliert. Wenn ich die Praxis der Achtsamkeit aufnehme, dann erkenne ich meine Fähigkeit an – im Grunde erinnere ich mich an meine Fähigkeit inmitten von Erschütterung wachsam und stabil zu bleiben. Jedes Mal, wenn ich meinen Platz einnehme, mich selbst aufrecht halte angesichts der gefühlten Bodenlosigkeit - und das vollkommen und ohne unnötige Anstrengung, für diesen Atemzug, Atemzug für Atemzug, präsent in diesen Moment und mich diesem Gedanken und diesem Gefühl öffne, das da gerade da ist und es das sein lasse ohne es willentlich verändern zu wollen, mache ich von meiner Fähigkeit Gebrauch, präsent und wach zu sein. Auf diese Weise verbinde ich mich mit meinem grundlegenden Wesen, das viel mehr ist als das was ich gerade an Bodenlosigkeit fühle.

Donnerstag, 9. Januar 2020

Solve et coagula - Die Chance in der Krise

Foto: Angelika Wende

„Solve et coagula“ ist ein Leitsatz aus der Alchemie. Er bedeutet: Löse, lass los, binde wieder, forme Neues. Dieser alchimistische Prozess der Transformation geht nicht ohne krisenhafte Phasen vor sich, in denen sich der Schüler neben zahlreichen Herausforderungen auch seinen Schattenseiten stellen muss. Am Ende aber wird er das „Gold“ finden, das Aurum, welches symbolisch für Erkenntnis und Selbstwerdung steht. Insofern gilt ganz im Sinne Hölderlins:„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.“

Im Chinesischen werden abstrakte Begriffe oft aus zwei Wörtern und damit zwei Schriftzeichen zusammengesetzt. So wird Krise wird mit weiji = Gefahr übersetzt, Chance mit jihui = Gelegenheit . So ist in weiji die Bedrohung, aber auch das Element der Wende zum Besseren hin enthalten.
Auch das griechische Wort "krisis" bezeichnet nicht allein eine hoffnungslose Situation, sondern den Höhe- oder Wendepunkt einer gefährlichen Situation, von wo aus es besser werden kann.

Wir fürchten Krisen. Krisen machen uns Angst, sie erschüttern unsere Bodenhaftung, wir haben Angst ins Bodenlose zu fallen. Die Krise unterbricht unseren gewohnten Lebensfluss – sie erschüttert uns, sie fordert uns heraus, überfordert uns, sie stellt uns vor das Unbekannte und wir meinen keine Lösung zu haben.  

Es fällt uns schwer Krisen als Chance zu begreifen. Krisen machen Angst. Das ist ganz natürlich. Aber Angst ist ein schlechter Berater. In der Krise neigen wir aus Angst zu den typischen Angstreflexen: Kampf, Flucht oder Totstellen. Keiner davon ist hilfreich.
Sicher dürfen wir kämpfen um aus der Krise herauszufinden, jedoch wie ein weiser Krieger: ruhig, überlegt, bewusst und gezielt. Flüchten bringt uns nicht weiter, denn die Krise verfolgt uns so lange, bis wir uns ihr stellen. Auch Totstellen, den Kopf in den Sand stecken, bringt keine Lösung.
Die Krise schert das nicht, sie weiß wo wir stecken. Sie breitet sich aus, sie überrollt uns und wir haben nicht mehr die geringste Kontrolle über das Außen – wir agieren nicht mehr, wir reagieren nur noch. Wir sind ohnmächtig und damit hilfloser Spielball der Ereignisse.

Wer sich freiwillig der Krise stellt, trotz und mit der Angst, hat gute Aussichten, Kräfte freizusetzen, die ihm langfristig wirkmächtige Energien zur Verfügung stellen werden um die Krise zu überstehen und ihre Chance zu nutzen, ihr Gold zu entdecken und es ans Licht zu bringen.
Aber was bitte soll das Gold denn sein?

Es ist Wachstum. Inneres Wachstum.
Und wo inneres Wachstum ist, kann auch Äußeres wachsen.


Was können wir also tun, um die Krise willkommen zu heißen?
Wir können Ja sagen, ihr Einlass gewähren.
Wir können Ja sagen zu ihren reinigenden Kräften.
Wir können Ja sagen zu den kreative Potenzialen, die die Krise freisetzen kann.
Wir können Ja sagen zur Chance, die die Krise birgt.
Wir können akzeptieren was ist.
Akzeptanz ist die Haltung, die uns rettet, wenn wir in der Krise stecken, denn nur wenn wir den Kampf gegen das, was ist aufgeben werden Energien frei um das was ist, zu lösen.

Wenn wir das tun, erkennen wir an: Die Krise ist da um uns zum Wachsen zu bringen, über uns selbst hinaus, über den hinaus, für den wir uns halten und der wir glauben zu sein.
Unsere Lebensumstände, unsere Beziehungen, unsere Finanzen, unsere inneren und äußeren Ressourcen, unsere Träume und Lebensvisionen, unser aufgeblähtes Ego, unser Starrsinn, unser unreifes pubertäres Verhalten, unser Selbstbild werden in der Krise gründlich überprüft und in Frage gestellt. Destruktive Gewohnheiten, die sich über Jahrzehnte gebildet haben, werden hinterfragt.

Wir sind aufgerufen, das zu verändern was schon lange im Argen liegt, was nicht mehr trägt und wir dürfen auszusortieren, was nicht mehr passend ist für unser Jetzt. „Solve et coagula“ – wir sind aufgerufen zu lösen, loszulassen, wieder zu binden und Neues zu formen, wie der Alchimist, um ein neues tragfähiges Lebenskonzept zu entwickeln.






„The world is going to give you beauty, but it will also give you pain.The greatest lesson you will ever learn, is that this too is a gift. It is all I have lost that has set me free.“

Bianca Sparacino


Montag, 6. Januar 2020

Mitleid und Mitgefühl

Foto: www

Mitleid ist eine passive Haltung. Mitleid bedeutet: Wir leiden mit dem anderen mit. Wir leiden mit jemandem, der uns traurig hilflos, leidend und unglücklich erscheint.
Im Mitleid verbinden wir uns emotional mit fremdem Leid – wir identifizieren uns damit.
 

Das schmerzt. Wir fühlen uns hilflos und unfähig, etwas Heilsames für den anderen zu tun, weil wir zu sehr mit seinem Leid identifiziert sind und so keinen Abstand haben. Unbewusst bewerten wir sein Leid. Wir sind vielleicht sogar froh, nicht in seiner Haut zu stecken.

Es ist nicht leicht, kein Mitleid zu haben, gerade wenn uns ein Mensch am Herzen liegt. Dennoch, wir sind nicht für das Leid anderer verantwortlich. Und vor allem: Leid wird nicht kleiner, wenn wir es teilen. Leid zu teilen ist nicht heilsam. Mitleid schwächt - uns selbst und den anderen. Wenn wir mitleiden sind wir nicht in der Lage zu helfen. Im Mitleid verlieren wir uns im anderen. Wir verlieren Kraft und Energie.

Mitgefühl hingegen ist die Fähigkeit, sich einfühlen zu können, und der daraus resultierende Wunsch etwas Heilsames zu bewirken.
Beim Mitgefühl geht es um die Akzeptanz von Leiden – unser eigenes Leid und das Leid anderer Menschen. Haben wir Mitgefühl, sind wir dazu fähig die Gefühle des anderen beobachtend wahrzunehmen. Wir identifizieren uns nicht seinem Leid und wir verbinden uns nicht mit seinen den Gefühlen. Mitgefühl ist die aktive Haltung nährender Güte. Mitgefühl ist immer handlungsorientiert - dahingehend, dass wir Heilsames bewirken möchten - für uns selbst oder andere.

Samstag, 4. Januar 2020

Gedankensplitter

Foto: Lucas Wende

Denken

nachdenken 
vordenken
querdenken
überdenken
zu viel denken 

es denkt mich.

Fühlen

nachfühlen 
vorfühlen 
überfühlen
einfühlen
 zu viel fühlen.

es fühlt mich. 


Donnerstag, 2. Januar 2020

Nähe

Foto: Angelika Wende

Nähe zu anderen ist nicht für alle von uns etwas, das wir vorbehaltlos zulassen können. Manche von uns sind so verletzt, dass Nähe Angst macht. Für andere ist Nähe ein fremdes Wort. Sie fürchten sich zu zeigen, wer sie wirklich sind, was sie wirklich fühlen, was sie wirklich denken. Aus Angst vor Ablehnung und Verletzung oder aus Angst klein und lächerlich zu wirken.

Es gibt so viele Menschen, die abweisend, schroff und voreingenommen sind. So viele Menschen, denen Nähe so suspekt ist, dass sie sich hinter diesem abweisenden Verhalten verstecken und keinen an sich heran lassen. So viele Menschen, die sich innerlich isolieren.
Sie haben erfahren, dass sie im Tiefsten allein sind, auch wenn sie sich öffnen oder dass sie verurteilt werden, wenn sie sich öffnen, oder beratschlagt und dann verurteilt, wenn sie den gut gemeinten Ratschlägen nicht Folge leisten.
Je verschlossener, je isolierter ein Mensch ist, desto mehr benötigt er Nähe. Er steckt in einer Zwickmühle – gefangen zwischen dem Bedürfnis nach Nähe und der Vermeidung von Nähe. Bleibt es bei der Vermeidung, verstärkt sich das Gefühl der Isolation – dieser Mensch vereinsamt innerlich.

Nähe zuzulassen bedeutet: Ich öffne mich. Ich erlaube anderen in mein Inneres zu sehen. Und ja, ich mache mich damit berührbar und verletzbar. Ich weiß, dass ich ein Risiko eingehe. Ich bin bereit es in Kauf zu nehmen. Erfahre ich Zurückweisung, kann ich damit auf gesunde Weise umgehen.

Nähe ist ein lebendiger Prozess, der Aufmerksamkeit und Pflege benötigt. Daher ist es gut einen sicheren Ort zu haben an dem wir Nähe spüren und erleben können.
Dieser Ort ist zunächst in uns selbst - dort wo wir uns selbst nah sind, dort wo wir uns selbst annehmen, bedingungslos. Letztendlich ist die Vorrausetzung dafür Nähe zulassen zu können, dass wir in zuerst in uns selbst eine Atmosphäre der Sicherheit und Annahme schaffen.
Möge es gelingen.

Mittwoch, 1. Januar 2020

Mögen alle Wesen glücklich sein


Foto: www
 

Diesen Morgen im neuen Jahr beginne ich mit der Metta Bhavana Meditation zur Entwicklung von Mitgefühl und liebender Güte. Für mich ist sie eine der schönsten Meditationen, denn sie führt im Laufe der Zeit zu einer selbstmitfühlenden, mitfühlenden, liebevollen und egofreien Geisteshaltung.

Ich setzte mich in Meditationshaltung hin. Ich schließe meine Augen und spreche beim Ausatmen innerlich folgende Sätze. Diese Sätze sind mehr als nur Sätze - es sind Wünsche, die tief aus dem herzen kommen.

Ich richte meine Aufmerksamkeit zunächst auf mich selbst.
... Möge ich gesund sein und frei von Leiden.
... Möge ich frei sein von Ärger, Angst, Gier und Verblendung.
... Möge ich angefüllt sein mit Ruhe, Gelassenheit und Frieden.
... Möge ich glücklich sein.

Dann richte ich richte meine Aufmerksamkeit auf alle Wesen.
... Mögen alle Wesen gesund sein und frei von Leiden.
... Mögen alle Wesen frei sein von Ärger, Angst, Gier und Verblendung.
... Mögen alle Wesen angefüllt sein mit Ruhe, Gelassenheit und Frieden.
... Mögen alle Wesen glücklich sein.

Ich mag das Wort "Möge", das klingt so weich, da ist keine Forderung, keine Erwartung - nur dieses demütig anmutende Wünschen.
Ich stelle mir vor, ganz viele Menschen würden den Tag so beginnen ...
Was wäre anders?

Namaste Ihr Lieben.
Möge das neue Jahr Euch Gutes schenken.