Freitag, 30. November 2018

GEBEN


Geben ohne erwarten.
Geben weil es ein Bedürfnis des Herzens ist.
Bei dir selbst bleiben im Geben.
Geben ohne nehmen zu wollen.
Was du gibst, bekommst du zurück.
Immer, auch wenn es dauert.
Manchmal siehst du nicht was dir gegeben wird, weil du dich abgetrennt fühlst, verraten, nicht erkannt, allein in deinem Mikrokosmos.
Dann kommen die Geister der Selbstbespiegelung, der unerfüllten Bedürfnisse, der schmerzhaften Enttäuschungen, der sinnlosen Erwartungen, der traurigen Bedürftigkeit.
Und du schenkst ihnen deine ganze Aufmerksamkeit und sie wachsen.
Und mit ihnen die Verzweiflung.
Lass sie nehmen.
Warum nicht?
Lass sie sein wie sie sind, die, die nur nehmen.
Sie nehmen dir nichts.
Fülle ist in dir selbst, man kann dir nichts nehmen.
Erfüllung ist geben.
Geben ist Erfüllung.

Donnerstag, 29. November 2018

Lektionen





 
Lektionen kehren so lange wieder bis wir stark genug sind sie zu bewältigen.
Die Lektion lernen ist der erste Schritt.
Die Lektion verstehen ist der zweite Schritt.
Die Lektion akzeptieren ist der dritte Schritt.
Das sind die Schritte des Verstandes.

Die Lektion bewältigen ist der fünfte Schritt.
Dazu braucht es Stärke.

Woraus erwächst diese Stärke?
Sie erwächst aus dem tiefen Gefühl, dass es sich so wie es ist, nicht (mehr) gut anfühlt und nicht mehr gut anfühlen wird, egal was der Verstand sagt.
Sie erwächst aus einen tief verinnerlichten: Ich habe es kapiert und ich bin stark genug jetzt zu handeln, weil ich fühle was zu tun ist, ohne wenn und aber und mit der Bereitschaft alles was kommt zu erleben.

Sonntag, 25. November 2018

Passive Aggression in Beziehungen


 
Malerei: A. Wende


Im Küchenschrank herrscht wieder ein Mal Chaos, obwohl der Partner weiß, dass der andere Ordnung braucht. Aufgaben werden nicht erledigt, und wenn, dann so langsam, dass es doch scheitert. Bitten werden beharrlich ignoriert. Gezielt werden Bemerkungen gemacht, die schöne Momente des anderen kaputt machen. Informationen werden nicht weitergegeben. Immer wieder liegen Klamotten auf dem Boden, obwohl es den anderen rasend macht. Diese Verhaltensweisen kennzeichnen u.a. einen passiv aggressiven Menschen. 

Der passiv aggressive Mensch kommt zu spät, vergisst einzukaufen was fehlt, er sabotiert. Er ignoriert beharrlich die Bedürfnisse des anderen oder wertet sie sogar ab. Immer gibt es “gute Gründe” für sein Verhalten. Auf diese Weise wird der Partner mit der Zeit mürbe gemacht. Passive Aggression äußert sich nicht offensiv. Die unterdrückte Wut gegen den anderen wird nicht offen gezeigt. Sie wird in kleinen Dingen ausagiert. Sie entlädt sich. Ganz subtil in Ignoranz, mangelnder Achtsamkeit und mangelnder Wertschätzung der Bedürfnisse des Partners. Beklagt dieser sich oder wird wütend, weil seine Bedürfnisse zum hundertsten Mal missachtet wurden, meint der passiv Aggressive: „Ach komm, ist doch nicht schlimm. Warum bist du denn jetzt so aggressiv?“ Oder er sieht sich als Opfer, dass ständig belehrt und kritisiert wird. 

Der Partner beginnt, an seiner Wahrnehmung zu zweifeln und wird als Täter dargestellt. Oder als hysterisch. In vielen Beziehungen wird auf diese Weise Krieg geführt. Das Zusammenleben ist ein Schlachtfeld. Die Atmosphäre wird mehr und mehr vergiftet. Am Ende beherrscht ständiger Streit den Beziehungsalltag. Menschen mit passiver Aggression haben meist in ihrer Kindheit erleben müssen, dass mit ihrer Wut nicht vernünftig umgegangen wurde. Sie wurde nicht ernst genommen oder durfte nicht sein. War das Kind wütend, wurde ihm mit Vorwürfen begegnet oder seine Wut wurde als etwas Schlechtes bezeichnet.  Das führt dazu, dass das Kind lernen musste das Gefühl von Wut zu unterdrücken. Da Gefühle, die auf Dauer und über Jahre unterdrückt werden, sich immer einen Weg suchen um erlebbar zu werden, kommt es schließlich zur passiven Aggression. 

Menschen mit einer passiv-aggressiven, auch negativistischen Persönlichkeitsstörung genannt, zeigen einen passiven Widerstand gegen soziale und berufliche Leistungsanforderungen und ein umfassendes Muster negativer Einstellungen. Die Betroffenen glauben häufig ungerecht behandelt, missverstanden und übermäßig stark kritisiert zu werden. Ihr Verhalten ist widersprüchlich, indem sie Bitten und Anforderungen zunächst zustimmen, dann aber durch eine passive Verweigerungshaltung verhindern,  sie zu erfüllen. Oft klagen sie über ihr Unglück  an dem andere die Schuld tragen. Sie fühlen sich nicht für Fehler verantwortlich und suchen die Schuld bei anderen. Oft sind sie auf subtile Weise provozierend. Das Zusammenleben mit diesen Menschen gestaltet sich schwierig, da sie sich immer herausreden und keine Einsicht zeigen. 

Was der Erwachsene passiv Aggressive einsehen muss ist: Es ist kein Zufall ist, wenn er etwas angeblich immer wieder vergisst und  permanent Bitten ignoriert. Er muss einsehen, dass Sarkasmus und Ironie, Abwertung und Sticheleien destruktive Attacken sind, auch wenn sie in seinen Augen harmlos wirken. Sie verletzen und zwar massiv. 

Was für den einen winzige Details sind, sind für den anderen wichtige Details. Viele Menschen, auch ohne eine passiv aggressive Persönlichkeitsstörung,  sind sich dessen im Zusammenleben nicht bewusst. Sie blicken nur auf das große Ganze ohne zu erkennen, dass sich die mächtigsten Strukturen innerhalb kleiner Details bilden. Es sind die leisen Zwischentöne, die Feinheiten, die ein harmonisches Miteinander ausmachen. Es ist die Rücksicht und das Achten auf das, was dem anderen wichtig ist, auch wenn man es für sich selbst als nichtig erachtet. Es ist die tagtägliche Feinarbeit, es sind die kleinen Gesten und es ist die Achtsamkeit, die ein wohlwollendes,  friedliches Miteinander ausmachen. Das Kleine bildet das Große, so wie all die kleinen Elemente die der Maler auf die Leinwand setzt ein Bild formieren. Es sind die kleinen Dinge, die nicht beachtet werden, die mit der Zeit zerstörerisch wirken und Beziehungen aus dem Gleichgewicht bringen.





Mittwoch, 21. November 2018

Die reaktive Depression und der Umgang damit

 
Foto: A. Wende


Jeder von uns hat Probleme und Sorgen. In den meisten Fällen sind wir dazu fähig, sie zu lösen und auch kleine Krisen zu meistern. Manchmal aber ist eine Belastung zu groß. Wir haben das Gefühl, damit werden wir nicht fertig, wir finden keine Lösung, wir drehen uns im Kreis und sind nahe daran zu verzweifeln. Wir fühlen uns lahm gelegt und der Allag wird zu einer Last. Wir haben keinen Antrieb mehr, wir empfinden kaum mehr Freude und möchten uns am Liebsten den ganzen Tag die Decke über den Kopf ziehen. Dazu kommt das beängstigende Gefühl unter allem zusammenzubrechen. All das sind Anzeichen für eine reaktive Depression, eine depressive Störung, die ihre Ursache in einem externen Auslöser hat, sprich: Die Psyche reagiert auf einen äußeren Umstand, für den sie keine Bewältigungsmöglichkeiten findet und reagiert darauf mit einer induzierten Verhaltensstörung, bzw. einer sogenannten Anpassungsstörung. Die überfrachtete Seele macht dicht. 


In den meisten Fällen wird eine reaktive Depression durch ein schmerzhaftes oder ein traumatisches Erlebnis hervorgerufen. 

Das kann der Verlust eines nahe stehenden Menschen, eine massive Enttäuschung, die Trennung vom Partner, eine schwerwiegende körperliche Erkrankung, der Auszug eines Kindes, Arbeitslosigkeit, Mobbing etc. sein. Aber auch andauernde Beziehungsprobleme wie permanenter Streit, Kränkungen, Kritik und Demütigungen, aufgrund derer das Selbstwertgefühl immer wieder verletzt wird, sind die Ursachen für eine reaktive Depression. 


Die reaktive Depression ist eine zeitlich begrenzte Störung, die nicht länger als sechs Monate bzw. zwei Jahre andauert. 

Die meisten Menschen, die von einer reaktiven Depression betroffen sind, fühlen sich im wahrsten Sinne des Wortes „erdrückt“. In der Folge kommt es zu einer inneren Erstarrung. Zu den typischen psychischen Symptomen bei einer reaktiven Depression gehören:

  • Ständige Niedergeschlagenheit
  • Gefühl von Hilflosigkeit und Ohmacht
  • Wachsende Teilnahmslosigkeit
  • Freudlosigkeit
  • Gleichgültigkeit
  • Antriebslosigkeit
  • Interesselosigkeit
  • Gefühl der inneren Leere
  • Gefühl der Sinnlosigkeit
  • Innere Unruhe und dauernde Angespanntheit
  • Weinkrämpfe, Verzweiflungsausbrüche bis hin zu aggressiven Anfällen
  • Stimmungstiefs am Abend und am Morgen 
  • Mangelndes Selbstbewusstsein
  • Körperliche Symptome an verschiedenen Organen


Besonders gefährdet an einer reaktiven Depression zu erkranken, sind traumatisierte Menschen und Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl und wenig Selbstvertrauen. Häufig sind sie dabei sehr gewissenhaft, hochsensibel, empathisch und neigen zu Perfektionismus. 

Auch Menschen, die sehr von der Anerkennung anderer abhängig sind, Menschen die zu Schuldgefühlen neigen, Menschen, die sich schwer abgrenzen können und denen es schwer fällt, nein zu sagen, neigen zu immer wiederkehrenden depressiven Episoden. Sie wollen niemanden verletzen, es allen recht machen und vergessen sich selbst dabei. Sie klammern sich an andere, haben Angst das Leben alleine nicht meistern zu können und leiden unter Verlustängsten und Angst vor Einsamkeit. Um diese Ängste abzuwehren verbiegen sie sich oft viel zu lange und vergessen jede Selbstfürsorge – wozu manchmal auch ein entschiedenes Nein gehört, oder ein klares: Dafür stehe ich nicht mehr zur Verfügung!, wenn es zu viel wird. Auch Menschen, die zu viel und zu lange schlucken und Gefühle wie Trauer, Enttäuschung Wut und Aggression unterdrücken sind anfällig für eine reaktive Depression.


Was sich nicht ausdrückt, drückt sich ein und was sich eindrückt, drückt uns bei der Depression ( lat. Deprimere, d. h. herunterdrücken) in uns selbst hinein. Jede Depression ist also im tiefsten Kern ein Hinweis darauf, dass wir etwas nicht auszudrücken wagen. Dieses Unausgedrückte, ebenso wie alles Unausgelebte wiegt so schwer, dass es die Seele schließlich erdrückt.


Wie geht man mit einer reaktiven Depression um?

"In dem Augenblick, in dem der Mensch den Sinn und den Wert des Lebens bezweifelt, ist er krank", schreibt Sigmund Freud. Und das bedeutet: Dieser Mensch braucht Hilfe.

Es ist daher wichtig eine reaktive Depression rechtzeitig zu erkennen und Maßnahmen zu ergreifen um sie zu behandeln, denn tun wir nichts, wird sie nicht besser. Sie kann dann in eine schwere Depression übergehen. Eine Behandlung mit Antidepressiva ist bei der reaktiven Depression nicht die optimale Therapieform. Wichtig ist Reden - es aussprechen was niederdrückt, um es zu begreifen, es einem professionellen Helfer mitteilen, um es dauerhaft verarbeiten zu können - mit dem Ziel wieder fähig zu werden sich selbst zu vertrauen und aus diesem Selbstvertrauen heraus Lösungen zu finden und sie Schritt für Schritt umzusetzen. Auch körperliche Aktivitäten und Sport wirken hilfreich und haben einen positiven Einfluss auf die instabile Psyche. Meiner Erfahrung zeigt: Auch begleitende Entspannungsverfahren sind eine gute Hilfe, beispielsweise die Übung der Achtsamkeit und das Training für mehr Selbstmitgefühl. 















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Sonntag, 11. November 2018

"Die Hölle, das sind die anderen"



Zeichnung: A. Wende


"Die Hölle, das sind die anderen", schreibt Jean Paul Sartre in"Geschlossene Gesellschaft".
Ein weit verbreitetes Denken ... Nicht ich bin es, es sind die anderen. Es sind die anderen, die nicht okay sind und wären die anderen okay (nach meinen Vorstellungen natürlich), würde es mir besser gehen. Nicht ich, die Welt ist nicht okay, wäre die Welt besser, würde ich mich besser fühlen.
Wer so denkt begibt sich in die Abhängigkeit von anderen. Wer von anderen abhängig ist, sei es in seinem Weltbezug, seinem Denken oder seinem Fühlen, hat immer ein Problem. Dann ist er tatsächlich in der Hölle. 

Es gibt eine Menge Menschen, die in der Hölle sind, weil sie zu sehr vom Urteil, vom Verhalten, von der Anerkennung der anderen abhängen. Abhängigkeit vergiftet nicht nur das eigene Leben. Sie vergiftet Beziehungen, gleich welcher Art. In der Abhängigkeit verliert sich der Mensch. Er verliert seine Identiät. Er bezieht sich auf den anderen und bezieht vom anderen. Sein Weltbezug richtet sich nicht mehr nach seinem Denken und Fühlen, er verliert sich in der Welt des oder der anderen. Sein Sein wird ein von außen bedingtes Bestimmtes. Er fühlt mehr und mehr eine innere Leere, die dann spürbar wird sobald er mit sich allein ist. Auf sich selbst zurückgeworfen gerät er in die tiefe Verzweiflung der Verlassenheit. Weil er sich selbst verlassen hat an einem Punkt in der Zeit. Verlassen für einen anderen, verlassen für andere, verlassen für Beziehung, gleich welcher Art. Die Beziehung zu sich selbst hat sich aufgelöst. Er findet sich nicht mehr, weiß nichts mit sich anzufangen, weiß nicht was er will, kennt seine eigenen Bedürfnisse nicht. Er ist sich selbst entfemdet. "Die Hölle sind die anderen", denkt er noch immer und dass die anderen sie ihm bereiten. Die anderen haben die Verantwortung für sein Schmoren im eigenen Saft, in seinem eigenen Feuer, das ihn innerlich verbrennt, weil da nichts ist, was ihn von Innen hält.

Die Abhängigkeit hat ihn verschluckt den inneren Halt, ist er denn jemals überhaupt da gewesen. Anstatt sich zu besinnen wird wieder nach Abhängigkeit gesucht, längst ist die Konditionierung verfestigt. Es wird konsumiert - Drogen, Essen, Dinge, Menschen, Erlebnisse, Fernsehen, Internet, Shoppen. Das Seelenlose wird zum Seeleninhalt erhoben, aber nichts lässt die Leere weichen. Nichts von Außen macht voll. Stille ist unerträglich, macht Angst, macht verzweifelt.

Und was jetzt?, stellt sich der Abhängige irgendwann doch die alles entscheidene Frage: Wie finde ich mich selbst wieder, wie entkomme ich meiner Hölle? Indem er durch sie hindurch geht und die Verantwortung sucht, die er einst abgegeben hat ... und diese Verantwortung findet sich nur in ihm selbst.

Samstag, 10. November 2018

WORTE



Zeichnung: A. Wende

Deine geschriebenen Worte machen mich manchmal traurig, sagte gestern ein lieber Mensch zu mir.
Ich antwortete: Meine Worte machen nichts.

Sie berühren nicht, was nicht berührbar ist.
Worte sind ein Hinfassen wenn das Gefühl fassbar ist.
Worte fassen nichts, erfassen nichts, berühren nichts, was nicht in Resonanz schwingt.
Worte sind Worte, ausgesprochen, hingeschrieben.
Können nur sein, was du zulässt.
Worte verbinden nur was verbunden ist.
Ohne Worte.

Donnerstag, 8. November 2018

Vergebung





Vergeben bedeutet nicht es erdulden.
Vergeben bedeutet nicht es gut zu heißen.
Vergeben bedeutet nicht es ungeschehen zu machen.
Vergeben bedeutet nicht mit jenen, die uns weh getan haben, weiter sein zu müssen.

Vergeben heißt nicht es entschuldigen.
Vergeben heißt nicht es verstehen.
Vergeben heißt nicht vergessen.
Vergeben heißt nicht Großmut zu zeigen, um groß sein zu wollen.

Vergebung geschieht nicht von heute auf morgen.
Vergebung dauert.
Vergebung braucht die Zeit, die es braucht.

Vergebung ist ein Prozess in unserem Herzen, in dem wir den Schmerz annehmen, 
die Trauer, die Wut, die Verzweiflung.
Vergebung ist ein Prozess in dem wir alles was an Gefühlen hochkommt da sein lassen, so lange all das da ist.

Vergebung erkennt an, dass uns Leid zugefügt wurde. 
Absichtslos oder mit Absicht. 
Vergebung erforscht und erkennt unseren eigenen Teil an diesem Leid an.
Vergebung akzeptiert, dass es ist wie ist und nicht wie wir es gern hätten.

Vergebung ist der Weg in uns selbst Frieden zu machen und (ver)gehen zu lassen, 
was uns Schmerz zugefügt hat.

Mittwoch, 7. November 2018

Verantwortung


Heute morgen dachte ich an diesen Text aus dem kleinen Prinzen. Für mich ist er die schönste und tiefste Stelle des Buches.
"Adieu", sagte der Fuchs. "Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar."
"Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar", wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.
"Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig."
"Die Zeit, die ich für meine Rose verloren habe ...", sagte der kleine Prinz, um es sich zu merken.
"Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen", sagte der Fuchs. "Aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. Du bist für deine Rose verantwortlich ..."
"Ich bin für meine Rose verantwortlich ...", wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.

Was ist Verantwortung? Was bedeutet es, Verantwortung zu haben bzw. zu übernehmen? Und, gegenüber wem oder für was haben wir Verantwortung?
Verantwortung ist ein großes Wort. Und manche wissen gar nicht was Verantwortung bedeutet und wo sie beginnt. Verantwortung beginnt bei uns selbst und zwar mit der Selbstverantwortung. Diese zu übernehmen bedeutet: Wir sind aufgerufen in jedem Moment neu zu entscheiden das Notwendige zu tun, was für unser Wohl gut ist und anderen kein Schaden zufügt. Wir fragen uns bei unseren Entscheidungen: Will ich in Frieden leben oder im Krieg?

Wer verantwortungsvoll ist weiß, dass jede noch so kleine Handlung eine Folge hat, er weiß, dass heilsame Handlungen Gutes erzeugen und unheilvolle Handlungen zu Leid führen, bei sich selbst und im Leben der anderen.
Er ist sich des Prinzips von Ursache und Wirkung bewusst. Er weiß: Meine Freiheit endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt. Er weiß, ungehindert und kopflos seinen Bedürfnissen nachzugehen, ohne Rücksicht auf den Schaden, den sie möglicherweise anrichten können, ist verantwortungslos, sich selbst und denen gegenüber, die er liebt und die sich ihm anvertraut haben.
Wir Menschen haben in jeder Situation die Möglichkeit, zu wählen und Entscheidungen zu treffen. Je mehr Einsicht, Klarheit, Mitgefühl und Achtsamkeit wir besitzen, umso größer ist der Raum unser Leben selbst zu gestalten. Unser Denken und Handeln bestimmt unser Jetzt, unsere Beziehungen und unsere Zukunft. Wir haben jeden Tag aufs Neue die Wahl zwischen einem ethisch korrekten und einem ethisch bedenklichen Leben. Wir können entscheiden was gut und was ungut ist, für uns selbst und die Menschen mit denen wir verbunden sind. Alles ist eins. Jede Handlung zieht Kreise über uns selbst hinaus, vom Kleinen ins Große. Das zu wissen bedeutet sich der eigenen Verantwortung bewusst zu sein.

Manchmal vergessen wir diese Verantwortung, vielleicht weil wir verletzt wurden oder weil wir nie gelernt haben Verantwortung zu übernehmen. Dann machen wir Fehler, die leidvolle Folgen haben, für uns selbst und/oder andere.
Wir alle machen Fehler. Das ist menschlich. Wir alle haben unsere Schwächen und keiner von uns ist perfekt. Und auch das zu erkennen und unsere Fehler so gut wie es geht zu korrigieren bedeutet: Wir übernehmen Verantwortung. Wir sehen unseren Anteil an Ungutem was geschehen ist, wir zeigen Einsicht, Mitgefühl und Reue und machen es künftig besser.

Verantwortung ist für manche Menschen zu groß um sie zu leben.
Wie leicht schleichen sich diese Menschen aus der Verantwortung. Sie werfen sie ab wie ein zu eng gewordenes Kleidungsstück, das sie am Verfolgen ihrer eigenen Bedürfnisse und Triebe hindert.
Warum können Menschen das tun?
Sie können es tun, weil ihre eigene Bedürfnisse, Interessen, Triebe oder Süchte im Zentrum ihres Wollens stehen. Sie sind weitgehend frei von Mitgefühl und moralischen Werten. Verantwortungslos, ohne Rücksicht auf die Folgen ihres Handelns folgen sie ihren Impulsen. Sie reden es sich vielleicht sogar noch schön was sie tun und sie haben Argumente dafür, dass sie so handeln wie sie handeln. Sie geben anderen die Schuld an ihrem Handeln und sprechen sich frei von der eigenen Verantwortung. Sie sehen sich als Opfer der Umstände, als Opfer einer unguten Kindheit, als Opfer anderer, die nicht für sie da sind oder sie nicht genügend unterstützen.

Wir alle tun das irgendwann. Wir alle wünschen uns in schwachen Momenten jemanden, der die Verantwortung für uns (mit) übernimmt, so wie der kleine Prinz sie für seine Rose übernommen hat, weil sie ihm (an)vertraut wurde. Es ist dieses hilflose verletzte Kind in uns, dass sich so sehr nach einem anderen sehnt, der es für es gut macht, der es hält und trägt und es vor sich selbst schützt, vor Unglück und Leid und dem Leben da draußen. Ach, ich verstehe dieses Kind gut. Aber ich weiß auch, wir sind heute keine Kinder mehr. Wir sind auf uns selbst gestellt, wir sind es auch, wenn wir einen Gefährten haben und eine Familie, die uns umgibt. Wir sind für uns selbst verantwortlich, ob wir das wollen oder nicht.

Was Verantwortung ist lernen wir, wir lernen es von den Menschen, die uns das Leben geschenkt haben.
Wir lernen es, wenn wir verantwortungsbewusste Vorbilder hatten. Manche von uns hatten sie nicht. Dann dürfen wir Verantwortung lernen. Wir lernen sie aber nur dann, wenn wir die Bereitschaft dazu haben und alle damit verbundenen Konsequenzen zu tragen bereit sind.
Verantwortung ist ein großes Wort. Sie zu leben erfordert Größe, von dem, der bereit ist sie zu übernehmen und sie zu tragen. Weigern wir uns aber beharrlich das zu tun antwortet das Leben auf unsere Weigerung.

Die Konsequenz, mit der das Leben uns Menschen zur Verantwortung zieht, ist immer konstruktiv, auch wenn sie bisweilen schmerzhaft ist. Das Leben stellt uns immer vor die Wahl. Wir können wählen, ob wir Verantwortung übernehmen, ob wir die Verantwortung zu umgehen versuchen oder sie anderen in die Schuhe schieben. Übernehmen wir die Verantwortung wird das Leben uns belohnen. Umgehen wir sie, wird das Leben uns vor Aufgaben stellen, die schwerer zu lösen sind.

Namaste

Sonntag, 4. November 2018

Jedem Wahnsinn sein Mensch

"Eva"  




"Gregor"



"Gretchen"


(c) Angelika Wende

Wenn Veränderung nicht gelingen kann

Foto: A. Wende

Manche inneren Überzeugungen sind so mächtig und hartnäckig, dass Menschen, auch wenn Sie fühlen, wenn ich etwas ändere, könnte es mir besser gehen, an diesen Überzeugungen festhalten als seien sie der Rettungsanker für ihr Leben. Ein Leben, das lange schon nicht mehr gut ist, ein Leben das voller Angst und Unsicherheit ist, ein Leben, das dahingleitet wie ein Schiff ohne Steuermann.
Aber die alten Überzeugungen werden weiter geglaubt, weiter bestimmen sie Denken, Fühlen und Handeln. Sie werden sogar verfestigt und es gibt nichts, was sie ins Wanken bringen darf. Der Widerstand ist zu groß. Etwas verändern? Das könnte eine Bedrohung sein, eine Erschütterung bedeuten, etwas verändern von dem nicht sicher ist, was es verändert, ist unvorstellbar.

Manche dieser Menschen gehen sogar zum Therapeuten, wenn in Momenten in der Zeit der Leidendruck übermächtig wird. Aber ganz gleich was sie dort erfahren udn erleben, sie verlassen die Praxis und machen weiter wie bisher, im Glauben sie alleine wissen, was mit ihnen los ist. Diese Menschen sind nicht therapierbar. Sie sind es nicht, weil die Angst das Vertraute loszulassen größer ist als die Sehnsucht nach einem besseren Leben.

Ihre inneren Überzeugungen sind für diese Menschen ein Halt, der ihr Weltbild in einem festen Rahmen hält. Und dort muss es bleiben. Es muss dort bleiben, weil ein darüberhinaus Denken, ein darüberhinaus Fühlen im Zweifel den Sturz in ein tiefes Loch bedeutet. Und in dieses Loch zu fallen scheint unaushaltbar. Also klammern sie am Status Quo. Traurig, verbittert, ängstlich, voller Groll und Wut. Gefühle, die sie kennen, Gefühle, die vertraut sind. Oh, und ja, das Vertraute fühlt sich richtig an, auch wenn es weh tut. Oh, und ja, da wo es sich so heimatlich anfühlt, da bleibe ich. Und sie bleiben und das Leben stört. Immer wieder stört es aber es nützt nichts. Es bleibt wie es ist. Die eigenen Gedanken werden weiter geglaubt. Jedes Klammern am Status quo aber führt zu noch mehr desselben. Es führt zur Starre - innen und außen.
Kann man diesen Menschen helfen?
Nein, man kann nicht. Die Starre ist wie eine Stahlwand, die nichts durchdringen kann. Wo keine Bereitschaft ist, öffnet sich kein Weg zur Veränderung. Wo keine Offenheit ist, ist kein Raum für Berührung. Es ist Vergeblich. Die Seele ist noch nicht bereit. Sie kann noch nicht.