Montag, 31. August 2020

Aggression gegen andere

                                                            Malerei: Angelika Wende
 

Bösartige Aggression gegen andere erfüllt keinen langfristigen Zeck. Sie ist nur nützlich im Augenblick um darauf hinzweisen, dass man unsere Werte und unseren Moralkodex verletzt hat.

Aggression als schwelendes Dauergefühl ist nicht nützlich.

Sie ist als Lebenshaltung nicht nützlich.
Mit der Aggression bestrafen wir uns selbst.
Wir verletzen uns selbst
Und wir verletzen andere.
Wir projizieren ins Außen und auf andere.
Wir projizieren auf Feindbilder, anstatt zu untersuchen, was in uns selbst diese Aggression eigentlich auslöst.

Aggression ist immer ein Zeichen für etwas, was in uns "aggressiv" ist.
 

Etwas in uns, das gegen uns selbst gerichtet ist. Etwas Zerstörerisches, das wir in uns selbst zerstören wollen. Etwas, wovon wir uns angegriffen fühlen, ein Schatten, den wir nicht ans Licht holen. Das Maß der Aggression, das sich ins Außen ergießt, ist ein Signal für das Maß an Aggression, das Maß an Frustration und das Maß an Selbstzerstörerischem, das wir in uns selbst nicht erkannt und nicht befriedet haben.

Samstag, 29. August 2020

Angst ist ...

                                                                Foto: A. Wende

 
Angst macht eng. Angst kann so weit gehen, dass ein Mensch dieser Enge nicht mehr entfliehen kann. Die Enge der Angst findet im Kopf statt, der Körper folgt ihr. Alles zieht sich zusammen, die Enge drückt bis sie den Ängstlichen erdrückt. Die Angst im Kopf verengt den Blickwinkel, Gedanken werden immer fokusierter auf das Eigene, die Fähigkeit anderes als die eigene innere Realität wahrzunehmen, schwindet. 
 
Der Ängstliche sitzt in seinem kleinen Universum, das er verteidigen muss um die Angst nicht noch größer werden zu lassen. Alles was ihm als Bedrohung erscheint, wird groß und größer, wächst über ein angemessenes Maß hinaus ins Unangemessene. Er selbst wird klein und kleiner.
Angst essen Seele auf, das weiß er noch, aber nichts als die Erinnerung daran bleibt. Eine mahnende Erinnerung, die noch mehr Angst macht. Angst um die Seele, die zerfressen wird von Angst. Die Seele macht dicht. Ist nicht mehr antastbar, nicht mehr berührbar, verschließt sich dem Außen, dem Fremden, dem nicht mehr ins enge Universum passende. Der Ängstliche hat sich selbst eingesperrt in das Gedankengerüst, das nichts mehr zulassen kann, sich nur noch schützen muss. Jeder Versuch den Ängstlichen zu erreichen wird abgewehrt. 
 
Der Ängstliche vereinsamt, isoliert sich, sperrt sich aus und ein.
Der Ängstliche lebt in der Trennung. In der Spaltung. Das macht noch mehr Angst. Die Welt wird aufgeteilt in Gute und Böse. Er kennt keine Grautöne mehr. Schwarz und weiß. Die Angst wird zu einem Nein zum Leben. Zu einem Nein zum Mitmenschen.
Angst ist, wenn sonst nichts ist, das Ende der Lebendigkeit.
Angst ist auch, wenn sonst nichts ist, der Anfang der Sorge um sich selbst.

Freitag, 28. August 2020

Alleinsein ist okay

                                                                  Foto: A.Wende


Was fehlt Ihnen am meisten, wenn sie allein und ohne Beziehung sind?, frage ich meine Klientin, die in einer Beziehung mit einem Mann war, der sie nicht gut behandelt und jetzt verlassen hat.
Die Antwort: Mir sieht keiner beim Leben zu.Ich bekomme keine Aufmerksamkeit, keine Zuneigung, keine Liebe.
Aber sie sagen, sie haben von diesem Mann keine Zuneigung und keine Liebe bekommen, antworte ich.
Ja, sagt sie, das stimmt, aber ich war wenigstens nicht allein. Das halte ich nicht aus.

Meine Klientin zahlt einen hohen Preis um nicht allein zu sein. Immer wieder landet sie in toxischen Beziehungen. Und sie begnügt sich mit dem Einzigen, was sie von diesen Männern bekommt: Aufmerksamkeit.
Egal ob negativ oder positiv. Sie wird gesehen.
Jemand bezieht sich auf sie.
Sie hat das Gefühl und das Wissen in Beziehung zu sein. Sie ist nicht allein.

Was fühlen sie, wenn sie allein sind?, frage ich weiter.
Alleinsein, das bedeutet, etwas stimmt nicht mit mir. Ich bin nicht okay, nicht liebenswert. Ich fühle mich falsch. Schlecht. Mir geht es dann richtig schlecht. Ich habe Angst für immer allein sein zu müssen.Wer allein ist, mit dem stimmt was nicht, oder?

Wer da mit mir spricht ist das innere Kind dieser Klientin.
Das verletzte Kind, das früh verlassen wurde, das Alleinsein als Abweisung gespürt hat, als Zurückweisung seines Selbst. Verlassen sein macht Angst. Verlassen sein ist für das Kind eine existentielle Bedrohung. Das Kind denkt, es ist nicht liebenswert, darum wird es verlassen. Es wird allein gelassen, weil es nicht wert ist, dass man es sieht, sich um es kümmert, ihm Zuneigung schenkt. Es denkt und fühlt: ich habe es nicht verdient. Es ist davon überzeugt, dass es selbst Schuld ist, weil es nicht okay ist.

Aber diese Gefühle und Gedanken sind nicht wahr.as weiß das innere Kind meiner Klientin nicht.
Das weiß meine Klientin nicht.
Wahr ist, meine Klientin ist nicht allein, weil sie nicht okay ist, sie ist allein, weil sie glaubt, dass sie nicht okay ist.

Und um dieses alte Gefühl: „Ich bin nicht okay“, nicht aushalten zu müssen, lässt sie sich immer wieder auf Männer ein, die nicht okay sind und sie schlecht behandeln.
Sie fühlt sich bei einem Mann, der auch nicht okay ist, angekommen, ja sogar seelenverwandt, und gerät so immer wieder in Beziehungen, die sie emotional ausbluten.
Sie fühlt und handelt nach dem Irrglauben des inneren Kindes und läuft immer wieder in die gleiche Falle. Ich bin nicht okay, also habe ich es nicht verdient, dass da jemand ist, der mir das Gefühl gibt okay zu sein. Ich bin nicht okay, also habe ich nichts Besseres verdient als jemand, der auch nicht okay ist. Und dieser Jemand bestätigt ihr immer wieder den Irrglauben – du bist nicht okay, indem er sie nicht gut behandelt.

Ein Teufelskreis der negativen Verstärkung einer destruktiven inneren kindlichen Überzeugung.
Und darin wird meine Klientin verhaftet bleiben. Solange bis sie begreift, solange bis ihr inneres Kind begreift, dass es einem Irrglauben anhaftet. Solange bis dieses verletzte Kind begreift und fühlt: Ich bin okay, ich bin wertvoll, ich bin liebenswert. Ich habe Gutes verdient. Ich bin okay, auch wenn ich allein bin.

Der Weg dahin ist lang und zu diesem Weg gehört genau das, was meine Klientin so sehr fürchtet: Eine Weile darf sie allein sein. Sie darf lernen, dass Alleinsein keine Strafe ist, sie darf lernen, das Alleinsein nicht gefährlich ist, sie darf lernen, sich selbst Aufmerksamkeit zu schenken und gut für sich zu sorgen, sie darf lernen, dass Alleinsein mit sich selbst okay ist. Erst mal. Bis sie fühlt, dass sie okay ist und sich selbst zugeneigt. Und dann wir sie niemand mehr folgen, der nicht okay ist für sie.

Dienstag, 25. August 2020

Es betrifft uns alle

 

Foto: Angelika Wende

"Man sah, dass auch der Handel an der Pest gestorben war. Trotz dieses ungewohnten Anblicks fiel es unseren Mitbürgern schwer zu verstehen, was geschah. Es gab die gemeinsamen Gefühle wir Trennung oder Angst, aber die persönlichen Sorgen standen weiterhin im Vordergrund. Noch niemand hatte die Krankheit wirklich akzeptiert. Die meisten waren empfindlich für das, was ihre Gewohnheiten störte oder ihren Interessen schadete. Darüber waren sie gereizt oder verärgert, und das sind keine Gefühle, die man der Pest entgegensetzen konnte.
Viele hatten weiterhin Hoffnung, dass die Epidemie bald sterben würde, und sie und ihre Familien verschont bleiben. So fühlten sie sich nicht verpflichtet, eine Änderung ihrer Gewohnheiten zu machen, noch nicht."
Das schreibt Albert Camus in: Die Pest

So wie in Camus Roman beschrieben ist es jetzt.
Die meisten Menschen machen weiter wie bisher. Sie verdrängen was ist, leugnen was ist, wollen partout nicht akzeptieren was ist, suchen Schuldige für das was ist und vor allem: Sie sind nicht bereit ihr Verhalten zum Wohle des Ganzen zu ändern.
Manche sind traurig, manche wütend, mache haben unangemessen große Angst. Wieder andere tun so als nähmen sie die veränderte Welt und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten gut gelaunt hin. Und die Infektionen steigen. Sie lesen es und sind müde geworden vom Lesen dessen, was sie bis dato nicht betrifft.

Trial an Error, Öffnungen, Schließungen, Verbote, Geldbußen für die, die sich nicht an Gebote halten. Spaltung, Trennung, Aggression, Wut, Respektlosigkeit, Verachtung, gegenüber Andersdenkenden.

Und jeder denkt nur an sich. Die Meisten jedenfalls.
Es lebe die Komfortzone.
Sind wir nicht schon längst aus ihr herausgefallen, wenn wir mal richtig hinsehen?
Es wird weiter weggesehen.
Es will gelebt werden, was gewohnt ist. Das Leben ist kurz und schwer genug, also machen wir es uns leicht und bleiben wir bei unseren Gewohnheiten. Nur - alte Gewohnheiten sind in manchen Fällen eben nicht dazu geeignet ob neuer Umstände das Beste zu erreichen um die Lage zu verbessern oder das Problem zu lösen.

In gewisser Weise sind all die Veränderungen, die wir erleben, so schnell eingetreten, dass es schwer fällt sie als dauerhaft zu begreifen. Das Ergebnis ist, dass die Mehzahl der Menschen ihre persönlichen Bedürfnisse weiterhin in den Vordergrund stellen. Noch haben sie das Gefühl sie können entscheiden über ihr Persönliches. Wie verwundert werden sie sein, wenn sie genau deshalb schon bald sehr wenig entscheiden können.

Die Lage ist ernst. Tragen wir das uns Mögliche dazu bei, sie nicht ernster zu machen. Es betrifft uns allle.


Freitag, 21. August 2020

Anhaften und Loslassen

 

 

Loslassen ist das, was wir immer wieder im Leben tun müssen um weiterzugehen. Wir können nichts Neues beginnen, bevor wir nicht das, woran wir anhaften, loslassen. Wann immer wir an etwas oder jemanden anhaften, lassen wir uns selbst los. Wir verlieren den Kontakt zu uns selbst. Wir verlieren unsere Kraft und die Fähigkeit an uns zu denken, für uns zu fühlen, zu handeln und für uns selbst gut zu sorgen. Wir verlieren die Freude am Leben. Wir sind paralysiert wie das Kaninchen , das vor der Schlange sitzt. Anhaften lässt uns erstarren.

Wenn wir an etwas oder jemanden anhaften, können wir an nichts anderes denken, über nichts anderes mehr reden. In unserem Kopf dreht sich alles nur um das woran wir anhaften. Wir denken immer dasselbe. Aber alles Denken ändert nichts. Es hilft nicht einmal nicht mehr daran denken zu wollen. Wahrscheinlich würden wir es tun, wenn wir es könnten. Das Problem ist, dass wir es nicht können, weil wir regelrecht davon beherrscht sind.
Egal, macht nichts, dass wir das Problem nicht lösen können, wir machen weiter, wie hoch der Preis auch sein mag, wir haften an, wir lassen nicht los. Wir gehen längst auf dem Zahnfleisch und lockern den Biss nicht.

Manchen von uns mag nicht einmal bewusst sein wo sie verbissen festhalten. Manche von uns überzeugen sich Tag für Tag aufs Neue selbst davon, dass sie festhalten müssen. Wir glauben, dass wir keine andere Wahl haben, als festzuhalten. Wir glauben wir müssen festhalten woran wir anhaften, weil wir glauben, dass, wenn es aus unserem Leben verschwindet, unser Leben nicht mehr lebenswert ist, dass wir die Lücke die dann entsteht, nicht ertragen können und leiden.

Wir müssen nicht anhaften. Es gibt in der Tat nichts, woran wir anhaften „müssen“. Es gibt einen gesünderen Weg, er heißt: Loslassen.

Aber was bedeutet Loslassen eigentlich?
Loslassen basiert auf der Erkenntnis, dass wir nicht die Macht, nicht die Kontrolle über Dinge, Situationen, oder Menschen besitzen. Loslassen können schließt das Leben im Moment ein: Im Hier und Jetzt leben. Wir lassen es geschehen, wir haften nicht mehr an, wir hören auf mit Macht kontrollieren zu wollen, wir lösen uns vom Ungelösten der Vergangenheit, von der Angst vor der Zukunft und vertrauen auf das Jetzt. Wir werden frei vom Wollen und öffnen uns neugierig für das Jetzt.
Wir entscheiden uns unsere zu Fäusten geballten Hände zu öffnen, wir lassen ab von jeder Kraftanstrengung des Festhaltens und sagen ja zu dem, was ist, auch wenn es nicht so ist, wie wir es uns wünschen.

Loslassen ist eine Entscheidung, eine Bereitschaft, eine Handlung und es ist eine Kunst.
Wir lösen unseren Geist und unser Herz und unseren Körper aus der Anhaftung. Mit Ehrlichkeit uns selbst gegenüber und dem Willen für diese Ehrlichkeit einzustehen und danach zu handeln.

Wir wissen genau wann es Zeit ist loszulassen. Wir wissen es nicht nur, wir fühlen es. Und dieses Wissen und diese Gefühle nehmen wir ernst.
Wir lassen in Liebe gehen, was uns längst verlassen hat, und nur noch da ist, weil wir es festhalten. Und wenn wir nicht in Liebe loslassen können, ist es besser uns mit Wut zu lösen, als gefesselt zu bleiben, an jemanden oder etwas, was uns in der Qual der Anhaftung festhält.
Und dann arbeiten wir an unserer Wut, denn wenn wir losgelassen haben sind wir in einer besseren Lage um mit diesem Gefühl zu arbeiten. Solange bis es sich wandelt: in Dankbarkeit für das Gute und Schöne, das es in dem, was wir losgelassen haben auch gab. Das dürfen wir behalten.

Samstag, 15. August 2020

Behauptungen

Zeichnung. A. Wende

Behauptungen sind Äußerungen, in denen etwas als Tatsache hingestellt wird was möglicherweise keine ist. Behauptungen basieren meist auf rein persönlichen Hypothesen, Ansichten oder Meinungen.
Behauptungen sind immer problematisch. Je nachdem, welches Ausmaß sie annehmen, vergiften sie die Kommunikation und stiften sogar Unfrieden. Am giftigsten sind Behauptungen, die erhoben werden, ohne den Sachverhalt, die Umstände oder den Menschen über den etwas behaupet wird, überhaupt zu kennen. Behauptungen paaren sich nicht selten mit Verallgemeinerungen: Nach dem Motto: Die sind alle so.

Wer Menschen oder menschliches Verhalten über einen Kamm schert macht es sich einfach. 

Er hat ein vorgefertigtes Bild und behauptet dieses Bild, damit er seine Sicht der Dinge und damit seinen Denkrahmen behalten kann und nicht nicht erweitern muss.
Es gibt diese Menschen, die zu allem eine Meinug haben, egal was es ist, und diese Meinung muss behauptet werden. Meist basiert diese nicht einmal einmal auf vielfältigen Erfahrungen, Beobachtungen und Wissen, sondern vielmehr auf Halbwissen, aufgrund dessen falsche oder unzureichende Schlüsse gezogen werden. Mit solchen Menschen lohnt es sich nicht zu diskutieren. Sie sind starr in ihrem Denkrahmen, gefangen in ihrer eigenen Sicht von Welt und zudem meist veränderungsresistent. Sie wollen ihre vorgefertigte Meinung nicht reflektieren, damit ihr Weltbild nicht ins Wanken kommt. Sie beharren fest auf dem was ihr Denkrahmen ihnen vorgibt und bewegen sich nicht darüber hinaus. Zum einen weil ihnen das eine scheinbare Sicherheit vermittelt, zum anderen weil sie einfach nicht in der Lage sind ein Thema oder ein Problem von allen Seiten, mitsamt allen Faktoren und in aller Tiefe zu beleuchten. Das ist zugegebenermaßen auch anstrengend und erfordert echtes Interesse und den Wunsch den anderen oder die Dinge in ihrer Kompexität verstehen zu wollen. Der Blick derer, die gerne Behauptungen machen, ist verstellt von ihren persönlichen Vorstellungen darüber wie es ist oder ihrer Ansicht nach zu sein hat. Und was nicht sein kann, darf nicht sein.

Wer viel behauptet unterstellt auch viel. 
Wer anderen jedoch Dinge unterstellt zeigt wenig Einfühlungsvermögen. Er bewertet und urteilt ohne sich tief einzulassen, nicht selten mit erhobenem Zeigefinger. Aber genau dieses sich Einlassen können ist die Vorraussetzung um von der Behauptung zum Erkennen zu kommen. Zum Erkennen, das nichts nur eine Seite, sondern viele Seiten hat, das Menschen und deren Motive und Verhaltensweisen kompliziert und hoch komplex sind und dass es für alles mehr als eine Erklärung und mehr als einen Grund gibt, so wie es für alles und für jeden viele mögliche Wege und Lösungen gibt.

Wer sich an der Oberfläche bewegt wird diese Gründe nicht ergründen. Und meist will er es auch nicht. Das ist okay. Nur sollte er sich Behauptungen und Unterstellungen dann sparen. Wie gesagt, sie vergiften die Komminkation, weil sie Diskussionen, die weiter führen oder zum anderen hinführen unmöglich machen. „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen", sagt der Philosoph Wittgenstein. Unser menschliches Miteinander wäre empathischer, liebevoller und gütiger ohne auf Behauptungen zu beharren.

Freitag, 14. August 2020

Emotional abhängig ist das Kind in dir

 

                           Malerei: Angelika Wende

 

 

Wenn du emotional abhängig von einem Menschen bist, bist du süchtig nach seiner Aufmerksamkeit, seiner Zuneigung und seiner Zuwendung. Du bist süchtig nach der Bestätigung, dass er dich liebt und braucht.


Du fühlst deinen eigenen Wert nicht.

Du bist erfüllt von einem großen Zuneigungshunger, der in deiner Kindheit nicht gestillt wurde.

Du brauchst ein Gegenüber um dich zu spüren. Ist es nicht da, hast du das Gefühl dich aufzulösen.

Du fühlst dich verlassen wie das Kind von damals. Ungeliebt und mutterseelenallein.

Das macht Todesangst.

Diese Angst kann das Kind in dir nicht aushalten.

Du hälst dich an den anderen um die Angst aushalten zu können, um sie nicht mehr spüren zu müssen.

Du bist abhängig, weil du die emotionale Wunden aus deiner Kindheit nicht verarbeitet und damit nicht überwunden hast. Diese unüberwundenen Wunden sind der Urgrund deiner emotionalen Abhängigkeit, in dem du immer weder versinkst. Deine emotionale Bedürftigkeit braucht Zuneigung und Liebe von außen.

 

Du kompensierst anstatt sie zu heilen.

Das ist menschlich.

Das ist verständlich und nachvollziehbar.

Aber es funktioniert nicht.

Es ist nie genug. Es ist nie genug Liebe. 

Nie genug Aufmerksamkeit. Nie genug Zuneigung. 

Du wirst niemals satt.

Es ist ein Fass ohne Boden in dem du und der andere ertrinken.

Erschöpft vom Versuch an einander zu heilen.

 

Du genügst dir selbst nicht, weil du als Kind nicht gefühlt hast, dass du genügst.

Wie willst du es also fühlen?

Und daher bist du auf die Liebe von außen angewiesen, die Liebe von anderen Menschen, die alle Stellvertreter für die sind, die dir die Liebe nicht geben konnten, die du so sehr gebraucht hast.  

Sie werden es nicht können. Niemals, weil sie nur Stellvertreter sind.

 

Wenn du emotional abhängig bist, lebt das Kind in dir in der Vergangenheit.

Immer damit beschäftigt alles zu tun um endlich geliebt zu werden.

Immer erfolglos, enttäuscht und leer. 

Ein sinnloser Kampf. 

Ein ewiges Suchen nach dem, was es nicht gab und nicht mehr geben wird. 

Denn die Vergangenheit ist nicht mehr veränderbar.

 

Das Kind muss ins Jetzt geholt werden.

Es braucht dich im Jetzt.

Es braucht deine Zuwendung, deine Aufmerksamkeit und deine Liebe.

Aber wie willst du ihm all das geben, wo du es in dir selbst nicht spüren kannst?

Was du nicht spüren kannst, kannst du nicht geben.

Was du nicht spüren kannst, kannst du auch nicht nehmen.

Es ist nie genug geben und nehmen.

Nie wirst du satt.

 

Also brauchst du die Liebe eines anderen. Immer wieder, immer mehr.

Weil Beziehung nur in Beziehung geheilt werden kann.

Weil Mangel an Liebe nur durch Liebe geheilt werden kann.

Bedingungslose Liebe.

Aber die gab es nicht und die gibt es nicht.

Solange du ein Abhängiger der Liebe bist, ist die Bedingung deiner Liebe Abhängigkeit.

Und Abhängigkeit ist nicht Liebe.

 

Was du lernen kannst ist auszuhalten.

Deine Angst, deinen Zuneigungshunger, deine Bedürftigkeit.

Gefühle können nicht gelöscht werden, indem du sie verdrängst.

Was du lernen kannst ist diesen Zustand zuzulassen, ohne zu versuchen ihm zu entkommen, ihn zu kompensieren, ihn zu verdrängen.

Versuche es so auszuhalten wie es ist. 

 

Was du lernen kannst ist – das Kind in dir auszuhalten.

Es zu beruhigen.

Es mitfühlend anzunehmen.

Dich nicht mehr mit seinen Gefühlen und Gedanken zu identifizieren.

Abstand zu nehmen und seine Gefühle und Gedanken zu beobachten, ohne dich von ihnen überfluten zu lassen.

Ohne sie wegmachen zu müssen.

Du kannst die Fähigkeit erlernen, was im Jetzt an Gefühlen und Gedanken aus der Vergangenheit da ist auszuhalten.

Und dann bewusst zu entscheiden, welche Bedeutung du diesen Gefühlen und Gedanken gibst.

Das ist der Weg aus der Abhängigkeit.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Montag, 10. August 2020

Nicht Wegsehen, sondern Hinsehen macht die Seele frei

 

Aquarell: A.Wende

 

Das Auftreten psychischer und körperlicher Symptome kann ein Hinweis darauf sein, dass wir nicht das Leben leben, das wir leben möchten und das uns entspricht oder das es irgendetwas gibt, was wir nicht akzeptieren können. Es handelt sich um Leid und insofern dürfen wir für diese Symptome eigentlich dankbar sein. Sie zeigen uns, dass etwas nicht stimmt und dass wir etwas tun sollten.

Als erstes sollten wir uns mit unserem Leid befassen, denn dadurch, dass wir uns damit befassen, verliert es seine Dramatik. "Nicht Wegsehen, sondern Hinsehen macht die Seele frei", schrieb einst der Philosoph Theodor Litt. In diesem Satz liegt viel Wahrheit.

Um etwas zu überwinden, muss man es erst einmal erkennen und anschließend anerkennen. Hinsehen bedeutet Bereitschaft und Bereitschaft ist der Beginn eines Prozesses der Veränderung. Die Bereitschaft hinzuschauen holt das Verdrängte nach Oben, beendet das Leugnen, die emotionale Kontrolle und die Vermeidung. Wir sehen hin und gewinnen Klarheit über die Situation, unsere inneren Reaktionen, den Umgang mit der Situation und die Folgen des Umgangs mit der Sitution, die uns leiden macht. Wir hören auf uns selbst etwas vorzumachen. Wir geben dem was ist, Raum.
Und dann kommen sie hoch, die Gefühle, die wir so lange unterdrückt haben. Wir geben das Kontrollsystem auf, das wir errichtet haben, aus Angst schwach zu sein oder den Problemen nicht gewachsen zu sein. Wir sind mutig und schauen weiter hin. Wir heben den Schleier des Verdrängten und hören auf die Gefühle zu bekämpfen, denn wir wissen jetzt, das uns das mehr schadet als nützt. Wir nehmen sie ernst und damit nehmen wir uns selbst ernst.
Wir sind bereit mit diesem Ernst Veränderungen einzuleiten. Wir hören auf uns in sinnlose Lösungsversuche zu verstricken, die auf Dauer alles nur schlimmer machen.
Das allein wird unser Leben nicht sofort verändern, aber es ist ein Anfang um ein bisschen mehr so zu leben, wie es unseren Vorstellungen entspricht.

Sonntag, 9. August 2020

Es gibt nichts zu erreichen

Warum Meditation und Achtsamkeit?
Beide spirituelle Praktiken lehren uns Ruhe zu finden um von den Stürmen des Lebens nicht umgeworfen zu werden. Sie helfen uns indem wir uns auf den Atem konzentrieren uns selbst zu beruhigen, uns zu erden und uns im Moment zu verankern. Sie schenken uns das Gefühl: In diesem Moment ist alles okay, so wie es ist.

Ich bin, ich atme, ich lasse die Gedanken, auch wenn es bedrückende sind, beobachtend und ohne zu werten vorbeiziehen wie Wolken am Himmel oder wie Blätter, die im Fluss dahin gleiten.
Meditation und Achtsamkeit lehren uns auch, dass es nicht nur um uns selbst geht. Sie lehren uns Mitgefühl. Sie öffnen unser Herz, je öfter wir praktizieren – für uns selbst und für andere. Sie lehren uns liebevolle Güte und das Verstehen, dass jeder anders ist und wir ihn in seinem Anderssein achten, so wie wir uns selbst achten lernen. Und je tiefer wir uns einlassen, desto mehr lernen wir auch uns von Anhaftungen zu lösen. Das ist gut.

Dennoch, ich glaube nicht, dass Achtsamkeit und Meditation eine Garantie dafür sind uns zu endgültig von Schmerz und Leiden zu befreien. Ja, es ist möglich. Manchen Menschen, die ernsthaft und sehr lange praktizieren, mag das gelingen. Es gibt Menschen, die das „dai kensho“, den Moment des Aufleuchtens, das große Erwachen mit der bleibenden Erkenntnis: „Mit Sicherheit weiß ich, dass ich angekommen bin“, verwirklicht haben und damit die innere Freiheit erfahren. Eine Freiheit, die nur fühlbar ist und mit Worten nicht zu fassen.

Wenn wir aber praktizieren und uns zu sehr auf  die Idee des Erwachens und der Befreiung fokussieren, wenn wir das zu unserem Ziel machen, versäumen wir genau das. Dann steht die Vorstellung vom Erwachen wie eine Blockade in unserem Kopf. Es geht aber genau darum das loszulassen, was wir erreichen wollen. Es geht in der Achtsamkeit wie in der Mediation vor allem ums eins: Es geht um absichtsloses Tun. Es gibt nichts zu erreichen.

 


Samstag, 8. August 2020

Die inneren Stimmen



Die inneren Stimmen meckern und nörgeln, sie machen dich klein oder sie machen dir Angst. Sie halten dir deine Schwächen vor und deine Fehler. Sie tadeln und werten dich ab, anstatt etwas Positives zu sagen. Sie erzählen dir sogar was andere angeblich über dich denken. Diese Stimmern sind innere Ateile deiner Persönlichkeit, die dich immer wieder belasten und dich an deinem Wohlergehen hindern.
Dabei solltest du dir selbst gegenüber mitfühlend und freundlich sein, so wie du es anderen gegenüber bist. Es ist hilfreich dir klar zu machen, das diese Stimmen deinen inneren Kritikern gehören. Vielleicht dem inneren Vater, dem du nichts Recht machen konntest oder der inneren Mutter, die ständig Angst hatte und dir nichts zugetraut hat. Vielleicht den Kindern, die dich in der Schule gemobbt oder ausgegrenzt haben. 

Diese inneren Stimmen sind Anteile des unverdaut Geschluckten aus Kindertagen als du nicht überprüfen konntest und nicht entscheiden konntest, was wahr ist von all dem, was man dir über dich selbst beigebracht hat.
Vielleicht führst du in einer stillen Stunde einmal ein ernstes Gespräch mit diesen Stimmen und fragst sie wozu das gut ist, dass sie dir das Leben so schwer machen und was das soll. Und zwar aus der Position des Erwachsenen heraus, der du jetzt bist und nicht aus der Sichtweise des verletzten Kindes, das diesen Stimmen immer noch hilflos ausgeliefert ist.
Erzähl diesen Stimmen doch einmal was du alles schon geschafft hast, wie gut du alles meisterst und wie liebenswert du bist. Schau mal was passiert und spüre nach, wie sich das im Dialog anfühlt. Wie du mehr Kraft bekommst und die Stimmen leiser werden. Wie du merkst, dass du viel größer und klüger bist als diese Stimmen. Wie du vielleicht Mitgefühl für die Ängste deiner Mutter empfindest, die nicht anders konnte, und und und ....
Wie du zu lächeln beginnst, wenn du dir das lächerliche Gebrabbel dieser Stimmen anhörst.

Der Weg zu mehr Wohlwollen mit dir selbst geht über die Stärkung des Teils in dir, der die Souveränität hat das Leben und schwierige Siutationen zu meistern.
Diesen Teil zu stärken macht dich stärker und vor allem klarer wenn es um deine Selbstwahrnehmung geht. Du schulst so den positiven, liebevollen, wohlwollenden Blick auf dich selbst. Und wer liebevoll auf sich selbst blickt, hat einen liebevollen Blick auf die Vielfalt die Lebens und auf seinen Nächsten.

Mittwoch, 5. August 2020

Die Geschichte, die du dir jeden Tag erzählst, bestimmt deinen Umgang mit dir selbst und der Welt


Du kannst dir die Geschichte erzählen, die Welt ist schlecht, verkommen, bedrohlich, böse und immer enttäuschter werden. Aber du zahlst einen hohen Preis dafür. Mit dieser unschönen Geschichte geht auch das Schöne verloren. Was bleibt ist dann Bitterkeit.

Du wirst dich vielleicht zurückziehen und kalt werden um dich weniger verletzbar zu machen. Du siehst nur noch den Auschnitt deiner Geschichte über die Welt. Du wirst immer mehr zu dieser Geschichte. Du lebst darin darin und siehst alles andere nicht mehr.
Du wirst keine Freude mehr haben, die Möglichkeiten nicht mehr sehen, keine Befriedigung mehr erfahren, keine Lust mehr haben etwas zu bewegen. Du wirst keine Zugehörigkeit mehr spüren und keine engen Beziehungen mehr eingehen. Im schlimmsten Falle verhungerst du emotional und erlaubst dir nicht einmal mehr es zu spüren.

Die Herausforderung ist jetzt, deine Geschichte anzuschauen und dich zu fragen, ob sie wirklich wahr ist. Dich zu fragen, ob diese Geschichte dir nützt oder schadet und dann eine zweite Geschichte zu schreiben. Die größte Herausforderung bsteht darin, die alte Geschichte stehen zu lassen, dich nicht dafür zu verurteilen oder zu schämen und eine neue zuzulassen.

Sonntag, 2. August 2020

"Lupus est homo homini" - Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf

                                                                 Zeichnung: A. Wende

Ich würde gerne morgens aufwachen und alles was im Moment in unserer Welt geschieht wäre anders. Ich würde gerne aufwachen und all das was gerade geschieht wäre nur der Albtraum einer Nacht. Ich wünsche mir die Welt friedlicher, schöner und die Menschen einander verbunden, mitfühlend, liebevoll.

Ist nicht. War noch nie so, aber besser war es. Wird nicht mehr besser. Spaltung, Trennung, Krieg herrscht da draußen, hier drinnen in den sozialen Medien, überall Krieg.
Freunde bekriegen sich weil sie gegensätzlichr Meinung sind, Menschen trennen sich, weil sie die Meinung des anderen nicht stehen lassen können. Menschen werden zu offenen Feinden - in Beziehungen, auf der Straße. Die einen schreien nach Freiheit, die anderen nach Regeln und noch mehr Regeln, weil die anderen nicht bereit sind, Regeln zu befolgen und sie wie trotzige Kinder brechen.

Klar sind Regeln nicht das war wir wollen. Klar wollen wir machen was wir wollen. Klar ist das, was an Regeln und Maßnahmen da ist, sehr einschränkend.
Wer will das schon?
Aber wer weiß schon, was wahr ist? Außer Zahlen, Bildern, Berichten von denen, die es besser wissen, oder zumindest vorgeben zu wissen, haben wir nichts woran wir uns halten können um uns wirklich, ich meine wirklich, eine klare, verlässliche Meinung bilden zu können wie gefährlich die Bedrohung durch dieses Virus ist. Das macht die Menschen verrückt - dieses große Nichtwissen: Was ist wirklich wahr und wann hört das auf?

Nichts kann der Mensch schwerer aushalten als Nichtwissen. Und nichts kann der Mensch schwerer aushalten als einen bedrohlichen Zustand, dessen Ende nicht absehbar ist und für den es keine klare Strategie gibt um damit umzugehen, bis eine wirksame Lösung gefunden ist.
"Die Unwissenheit ist eine Situation, die den Menschen ebenso hermetisch abschließt wie ein Gefängnis", schrieb Simone de Beauvoir. Unwissenheit macht Angst, macht Ohnmacht, macht Wut, macht Verzeiflung. Alles destruktive Gefühle. Diese Gefühle wabern in uns und da draußen - in jedem von uns, ohne Ausnahme. Ausnahmezustand. Das ist, was ist.

Und nein, die Welt ist durch Corona nicht besser geworden, wie so manche zu Beginn der Krise hofften. Die Hoffnung auf Solidarität, auf ein starkes Miteinander als Basis um gemeinsam diese Krise zu meistern, ist gescheitert. Da ist so viel Wut und so viel Hass. Und so viel Trauer in denen, die nicht wüten und nicht hassen.
Das Gute, das Wahre und das Schöne - ein Traum.
Den hatte ich schon vorher und immer dafür gearbeitet in meiner kleinen Welt und schon vorher hat mir das Leben immer wieder gezeigt - mein Traum zerplatzt an der Realität.
Ich habe nie geglaubt, dass diese Krise einen guten Weg nimmt. Ich habe nie an dieses: Gemeinsam sind wir stark, geglaubt, weil ich die Menschen kenne. Sie haben nichts gelernt, aus keinem Krieg, aus keiner Krise. Warum also jetzt? Diese Krise ist längst zu einer Katastrophe geworden. Sie schafft über Coronakranke hinaus unendlich viele andere Kranke.

Die Weltenseele ist krank, schwer krank.
Und ich bezweifle, dass sie je wieder heilen wird.
Egal wie das alles ausgeht - der Preis, den wir zahlen, die Verluste, die wir hinnehmen müssen, das menschliche Leid, das wir erleben, ist größer als all die Verluste an Menschen, die an Corona sterben. Wir haben die Krise nicht als Chance genutzt. Wir sind in eine menschliche Katastrophe geschlittert. Und jeder muss jetzt für sich selbst sehen, wie er in dieser Katastrophe sein Leben sinnvoll und zum Besten für sich selbst und seine Nächsten gestaltet.
"Lupus est homo homini". Leider ist es wahr.
Achten wie also auf den Wolf in uns, den wir füttern wollen.


Samstag, 1. August 2020

Selbstausbeutung



Malerei: Angelika Wende
                                                             Malerei: Angelika Wende

Die Selbstausbeutung, die wir uns antun ist grenzenlos.
Wir beuten uns aus bis wir keine Kraft mehr haben. Wir machen uns für alles selbst verantwortlich. Wenn wir scheitern, wenn wir leiden, wenn wir etwas nicht schaffen, wenn wir Ängste haben, einen Burn-out, eine Depression - immer machen wir uns selbst verantwortlich.

Selbstausbeutung ist die neue Freiheit.
Sie ist die Freiheit des Hochmutes, der uns suggeriert wir hätten über alles die Kontrolle. Und haben wie sie nicht, sind nur wir selbst schuld an deren Verlust, weil wir nicht klug genug, nicht stark genug, nicht gelassen genug, nicht clever genug, nicht fähig genug, nicht erfolgreich genug, nicht liebenswert genug sind.

Selbstausbeutung frisst uns auf.

Anstatt zu akzeptieren, dass wir von vielem mehr abhängen als von uns selbst, nämlich von einer Umwelt, Gegebenheiten, Situationen und unseren Mitmenschen, von Unglück, Glück, Genen, Konditionierungen und Schicksal, glauben wir uns geschieht nach unserem Willen, wenn wir uns noch mehr anstrengen, wenn wir uns selbst optimieren um uns noch besser selbst ausbeuten zu können.

Aber das funktioniert nicht wie das Leben uns zeigt. Es funktioniert nicht, weil das Leben aus Aktion und Reaktion besteht und wir die Reaktionen auf unsere Aktionen nicht immer berechnen können – weder was das Leben selbst angeht, noch was die Beziehung zu anderen Menschen angeht.

Was den meisten Menschen heutzutage fehlt ist Demut dem gegenüber was nicht kontrollierbar ist und die Einsicht in die Begrenztheit des menschlichen Willens.
Wenn wir die Demut als Wert begreifen, legen wir den Drang nach Selbstausbeutung ab. Wir kommen bei dem an, was wir so dringend brauchen um unsere getriebene Seele zu befrieden: Beim Selbstmitgefühl und damit beim Mitgefühl für andere.