sie hatte gewartet, geduldig wie es ihre art war. immer geduldig sein, hatte die mutter ihr eingetrichtert, schon als kind. sie hatte es verinnerlicht, nie war sie ungeduldig gewesen, immer hatte sie den dingen ihre zeit gegeben, gewartet ohne viel einzugreifen in das, was leben war. das nötigste getan und wenig über das nötige hinaus. geduldig hatte sie die schläge des vaters ertragen, wenn er betrunken nach hause kam. geduldig das abklingen des schmerzes erwartet, der über den rücken kroch wie ein rauhes schuppiges tier.
sie litt unter dem schmerzenden rücken. die erinnerung hatte sich in die nervenbahnen verkrochen.
manchmal legte sie sich auf den bauch, fühlte in den schmerz hinein und wartete geduldig bis er verschwand. dann erhob sie sich, schüttelte sich und die erinnerung ab. der rücken beruhigte sich eine weile, bis das tier sich wieder bemerkbar machte. dann wiederholte sie die prozedur.
als der mann seine hände zum ersten mal über ihren rücken gleiten ließ fühlte sie den schmerz intensiv wie damals. er legte sich über das tier. die hände des mannes drückten es tiefer in die haut. das tier, sich einbohrend in die knochen ihres rückgrates.
hör auf, bat sie ihn. hab geduld mit mir. der mann, ungeduldig, wollte ihre haut und sie, die sie ihm nicht geben konnte, zog sich zurück von seinen ungeduldigen händen. eine erklärung gab sie ihm nicht, nur die bitte um die geduld, die ihm fremd war. sie spürte seine ungeduldige unnachgiebigkeit, sein unbedingtes wollen, das ihre geduld ignorierte.
sie traf ihn immer seltener. dachte an den vater, der längst tot war und doch nicht tot, lebendig in ihrem rücken wie das tier, das er auf sie gehetzt hatte. nicht totzukriegen das tier.
manchmal ließ sie das wasser über den rücken laufen, eiskalt, bis es die haut betäubte und über die haut hinaus jedes gefühl. wut war ihr fremd, sie verweigerte sich jedem wollen. das wollen sei es, dass ihr fehle, hatte der psychologe gesagt, den sie besuchte, um dem mann eine chance zu geben und sich. das wollen, das die mutter nicht zugelassen hatte, ersetzt hatte durch die mahnung an die geduld, die stärker war, als die worte des psychologen und das wollen des mannes. das nicht wollen können setzte sie unter druck. das tier kam immer öfter.
manchmal war der schmerz so stark, dass sie sich krankmelden musste, wochenlang. der arbeitgeber, anfangs verständnisvoll, wurde ungeduldig und sie, an die wand gedrängt, wusste nicht was tun. die geduld nützte ihr nichts, war kein ausweg mehr, machte das leben zum käfig. den schlüssel suchend, nicht findend, war sie verzweifelt.
der mann forderte eine entscheidung. sie unfähig sie zu treffen, suchte nach worten, fand keine, ausser er möge geduld haben, sie habe sie auch.
er sei am ende mit seiner geduld, möge sie tun was sie wolle, er gebe auf, sagte der mann.
das benzin besorgte sie sich an der tankstelle. der geruch als sie es aus dem kanister in die badewanne goß betäubte die sinne. geduldig hielt sie aus, legte die kleider ab. ihr körper in die wanne gleitend, spürte das brennen des benzins auf der haut. es ignorierend öffnete sie die streicholzschachtel, zündete das streichholz an. das tier bohrte sich in die haut. es wird aufhören, sagte sie zu dem tier. gleich hört es auf.