Dienstag, 15. Februar 2022

LOST

 



„Manchmal träume ich, wieder der zu sein, der ich war, als ich davon träumte, 
der zu werden, der ich bin.“
(Grafitto in den Libretas de José)
 
Dieser Satz bescheibt es gut, das Gefühl des Selbstempfindens, den Verlust und die Transformation desselben. Nicht immer haben Verluste mit dem Verlust eines andern Menschen oder dem Verlust von etwas im Außen zu tun, auch wenn äußere Verluste meist der Auslöser dafür sind, dass wir uns innerlich verloren fühlen. Wenn dies so ist, spüren wir eine tiefgreifende Veränderung, die sich in uns selbst abspielt. All das, was den Menschen ausmacht, der wir sind oder zu sein glaubten, ist uns fremd. Wir nehmen Veränderungen im Denken und Fühlen wahr. Wir sind verunsichert und verwirrt, weil wir uns nicht mehr in uns selbst auskennen.
Dann befinden wir uns in einer Identitätskrise. 
 
Uns trifft eine massive Erkenntnis: Wir wissen nicht mehr, wer wir sind. Und wir versuchen auch nicht mehr der zu sein, wer wir waren, aber wir wissen nicht, wer wir werden.
Wir befinden uns in einem nicht fassbaren inneren Raum. Alles um uns herum sieht noch so aus wie gestern, aber wir sind nicht mehr der, der wir gestern waren und wir werden es auch nie mehr sein. Das ist alles, was wir wissen.
Wir suchen in der Erinnerung um uns wieder zusammenzufügen, wir klammern uns an das Gewesene und finden keinen Halt. Das Fundament, auf dem wir unser Leben aufgebaut haben, wackelt. Wir sind verwirrt, instabil und überfordert.
 
Wir fühlen uns LOST.
Verloren in einem Niemandsland zwischen Gestern und Heute.
Wir haben die Orientierung verloren. Worauf wir innerlich vertraut und gebaut haben, wessen wir sicher waren, ist zerbröselt.
Wir fragen uns: Wer bin ich jetzt? Was mache ich jetzt mit meinem Leben? Wohin gehe ich? Aber wir haben keine Antworten. Und niemand kann sie uns geben, denn es sind seine Antworten, nicht die unseren.
Eine Identitätskrise fordert uns auf sehr bewusst auf uns selbst zu schauen.  
Wo war der Punkt, an dem wir die alte Person verloren haben? 
Gab es einen Auslöser oder mehrere Ereignisse?
Wie haben wir auf diese Auslöser und Ereignisse reagiert und geantwortet?
Haben wir vielleicht zu viel auf andere geschaut, als auf uns selbst zu achten?
Haben wir uns selbst verraten?
Uns selbst belogen?
Anderen etwas vorgemacht?
Uns über einen anderen definiert? Über einen Job, eine Rolle, eine Vorstellung von uns?
Haben wir uns über etwas definiert, was uns gar nicht entsprach, nur weil andere meinten, es sei gut für uns oder weil wir glaubten, nichts Besseres bekommen oder sein zu können?
Haben wir in einer Illusion gelebt und sind mit ihr fusioniert?
Was könnte das für uns bedeuten, den verloren zu haben, der wir zu sein glaubten?
Welche Herausforderung ist es, vor der wir jetzt stehen?
Was dürfen wir lernen?
Was oder wer ist endgültig sein zu lassen, was oder wer ist zu verabschieden, damit Platz für etwas Neues entsteht?
All das sind Fragen, die wir uns stellen können. Sie helfen weiter.
 
Wichtig ist jetzt Ruhe zu bewahren und den Zwischenzustand anzunehmen als eine Phase des Forschens im Pozess der Transformation und diesen Prozess bewusst zu akzeptieren.
Hinter jedem Bruch, hinter jeder Veränderung, verbergen sich Verluste, die wir verarbeiten müssen und das braucht Zeit. Identitätskrisen sind zwar kritisch und sie können sich anfühlen wie ein Sterben im Leben, aber sie sind notwendig, denn sie treten immer dann auf, weil etwas Grundlegendes in unserem Leben nicht mehr stimmt. Die gute Nachricht: Identitätskrisen tragen wie jede Krise das Potenzial in sich, daran zu wachsen und eine neue Identität aufzubauen, die uns entspricht, in diesem Moment in der Zeit. Und je näher wir uns selbst kommen, desto mehr verstehen wir, dass das Ich veränderbar, wandelbar und nie fixiert ist, so wie alles.
 
Wenn Du in diesem Prozess meine Unterstützung möchtest, schreib mir eine Mail an:

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