Foto: Angelika Wende |
Ein Schüler wollte vom Meister wissen, was das Geheimnis der spirituellen Praxis sei.
Der Meister sagte: Mach jeden Tag einen Menschen glücklich.
Dann hielt er einen Moment inne und fügte hinzu: Selbst wenn du dieser Mensch bist.
Er wartete einen Moment und sagte abschließend: Vor allem, wenn du selbst dieser Mensch bist.
Es ist immer wieder erstaunlich wie hart und lieblos Menschen sich selbst behandeln. Sie haben das Gefühl nicht okay zu sein, nicht gut genug zu sein, nicht wertvoll und nicht liebenswert zu sein.
Sie schaden sich selbst mit schlechter Nahrung, Alkohol, Drogen, giftigen Beziehungen und indem sie Dinge tun, die unheilsam sind für sie selbst und andere. Sie belügen sich selbst und andere. Sie tun alles was sie einem nahestehenden Menschen nicht wünschen würden und nicht antun würden sich selbst an. Angesichts dieser Selbstablehnung und Selbstschädigung ist es nicht verwunderlich, dass es diesen Menschen so schwer fällt Zugang zur eigenen Weisheit und Klarheit, zu Mitgefühl und Liebe zu finden. Es ist nicht verwunderlich, dass ihr Leben in unguten Bahnen läuft und nichts Heilsames wächst. Es ist nicht verwunderlich, dass innere und äußere Krisen ihren Weg pflastern und sich nichts zum Guten wendet.
Auf Beziehungsebene führt das ungute Verhalten uns selbst gegenüber dazu, dass wir anderen nichts Gutes geben können und nichts Gutes empfangen können.
Wie können wir das Gute erwarten, wenn wir uns selbst nichts Gutes geben?
Wie soll der andere Vertrauen und Liebe spüren von einem, der sich selbst nicht vertraut und sich selbst lieblos behandelt?
Ich kann nichts geben, was ich mir selbst nicht geben kann.
Ich kann auch nicht empfangen wofür mein Herz nicht offen ist. Ich kann auch keinen Respekt von anderen erwarten, wenn ich mich selbst respektlos behandle. Ich kann kein Vertrauen erwarten, wenn ich mir selbst nicht vertraue. Ich kann keinen Halt finden, wenn ich mich selbst nicht halten kann.
Alles was wir uns vom anderen wünschen, dürfen wir zuerst in uns selbst suchen, finden und entwickeln.
Wir tun das, indem wir die Bereitschaft haben, uns selbst wahrhaftig anschauen.
Indem wir uns den Mangel, den wir spüren bewusst machen, finden wir heraus, woran wir arbeiten dürfen, was wir entwickeln, üben und praktizieren dürfen, damit es uns selbst besser geht. Wir handeln im Gedanken uns selbst glücklich zu machen, so wie es der Meister in der kleinen Geschichte dem Schüler empfiehlt.
Und dann werden wir nur noch dem begegnen was gut für uns ist?
Nein. Es ist nicht so, dass ein Mensch, der sich selbst wertschätzt und sich selbst glücklich machen kann, keine unguten Erfahrungen mehr macht. Es heißt auch nicht, dass ihm nichts Ungutes mehr widerfährt.
Selbstliebe und Wertschätzung für uns selbst ist kein Schutzschild gegen das Negative in der Welt.
Wo Licht ist ist auch Schatten, in jedem Leben. Ein Mensch der Licht ausstrahlt ist nicht unverwundbar. Er wird auch dem Dunkel begegnen, eben weil dem Dunkel dieses Licht fehlt.
Es dockt an um Energie zu zapfen, um seinen inneren Mangel zu füllen. Wenn wir uns ins Licht bewegen, gerade wenn wir am Anfang des Weges sind, kann es sein, dass auch gehäuft Schatten in unser Leben treten. Menschen zum Beispiel, die sich selbst nicht geben können, was sie brauchen und es sich von uns holen wollen. Sie sind überall und es gibt viele von ihnen. Es gibt mehr von ihnen, als jene, die ins Licht gehen.
Was fangen wir damit an?
Wir können dem Dunkel mit Mitgefühl begegnen.
Eine Weile, eine ganze Weile sogar. Aber wenn wir spüren, dass ein Mensch nicht bereit ist sein Herz zu wandeln, wenn er uns sogar schadet, dann lassen wir los.
Wir lassen uns nicht verwirren.
Wir lassen uns nicht auf seine Ebene runterziehen.
Wir erkennnen an, dass dieser Mensch seinen eigenen Weg gehen muss und trennen uns von ihm.
Wir erwarten nichts von ihm.
Wir schützen uns vor seiner dunklen Energie.
Wir wünschen ihm Gutes.
Wir kehren zu uns selbst zurück.
Wir praktizieren Selbstmitgefühl.
Wir machen jeden Tag einen Menschen glücklich, vor allem, wenn dieser Mensch wir selbst sind.
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