Covid-19 verändert gerade unser Leben
auf allen Ebenen. Das hat auch Auswirkungen auf unsere Liebesbeziehungen. Wohl
dem, der eine gute hat. Aber was ist mit denen, die jetzt in einer
Fernbeziehung leben? Was ist mit denen, die alleine sind?
Wer jetzt allein ist wird es lange
bleiben?
Social Distancing und Dating passen
nicht zusammen. Da sind die Corona-Verordnungen und Empfehlungen, da ist die
Angst vor einer Infektion, da ist der Mindestabstand, da ist der Fremde, der
eine potenzielle Gefahr ist für Leib und Leben.
Singles können plötzlich sehr einsam
sein. Keine Dates, keine sozialen Kontakte, keine Berührungen, kein Sex.
Singles haben es in der Corona-Zeit schwer. Für Menschen, die schon vorher
gerne alleine waren, ist das kein Problem. Für diejenigen aber, die sich nach
ihrem weit weg lebenden Partner sehnen ist es ein schwerwiegendes
Problem. Eine
erzwungene Trennung, wie sie manche Paare in der Corona-Krise
erleben, schafft Zweifel, ob die Bindung sicher ist und schürt Verlustangst.
Andere wieder haben in der Isolation erst gespürt wie sehr
ihnen ein Partner an ihrer Seite fehlt. Wir Menschen brauchen Nähe und Berührung, gerade und besonders in Krisen. Wir alle haben elementare Bedürfnisse nach sinnlichem In-Kontakt-Sein mit unseren Nächsten. Es ist so natürlich und notwendig, wie immer wieder Atem zu holen. Wir alle brauchen Liebe. Und die hat nicht eine emotionaler und eine geistige Ebene, sondern eben auch die des Eros.
Nur was ist mit Eros?
Was ist mit Kennenlernen, mit sich
verlieben, was ist mit Liebe und Sex, wenn uns ein Virus dazu zwingt, körperliche Nähe zu
vermeiden um nicht das Risiko einer im Zweifel tödlichen Erkrankung einzugehen?
Das Coronavirus ist bis in die letzte Nische unserer Leben vorgedrungen: Die Intimität.
Wir gehen auf Abstand, wo es nur geht.
Aber wie wollen wir leben ohne
Berührung, ohne Zärtlichkeit, ohne Sex? Küssen ist gefährlich, denn
beim direkten Tröpfchenaustausch überträgt sich das Virus ganz schnell.
Askese ist angesagt. Pause einlegen. Und für wie lange?
Glaubt man der Corona-Hiobsbotschaft der WHO, die besagt das Virus könnte nie mehr
verschwinden, die Welt müsse sich darauf einstellen, dass das Virus für
immer bleibt, fragt man sich: Was
für ein Leben ist das?
Ein Leben ohne zu Berühren und ohne
berührt zu werden?
Das ist ein einsames Leben. Der Blick in
die nahe Zukunft geht einer sich selbst ausgesetzten Einsamkeit entgegen. Diese Einsamkeit ist für manche
Menschen fundamental. Fundamental weil sie am Fundament zutiefst
menschlicher Bedürfnisse rüttelt und sie je nach dem Grad individueller Angst
vor Ansteckung, niederreißt. Wir sehen den anderen, wir sehnen uns nach dem
Anderen und bleiben allein.
„Ich sehe dich, ich nehme dich wahr,
aber auch den Abgrund, der uns trennt, ich akzeptiere den Schmerz, den diese
Entfernung verursacht, aber ich halte stand und bleibe bestehen, bei mir, auf
meiner Seite, nicht blind, nicht ignorant, aber standhaft. Auf diese Art
zugewandt.“ Das schreibt Marguerite Duras, eine Einsame.
Da ist sie, die Angst, die alles zutiefst
Menschliche verwahrlosen lässt. Die Sehnsucht, die da ist, aber keinen Weg
findet. Die Liebe, die nicht an ihre Heilkraft glaubt und vor dem Unheilsamen
zurückweicht. Das Bedürfnis nach Nähe, das nicht die Kraft aufbringt, über die
Angst hinaus zu berühren.
Eros und Tanatos als unüberwindbare
Antagonisten?
Der Unberührbare Mensch wird flach. Die
Gefühle verflachen, es ist nur eine Frage der Zeit. Der unberührte Mensch
findet sich ab und tut er das nicht, endet er in der Verzweiflung und das ist
der schlimmste Affekt.
Man weiß, dass chronische Einsamkeit zu
einem erhöhten Krankheits- und Sterberisiko führt. Einsamkeit wird im gleichen
Areal des Gehirns verarbeitet wie körperlicher Schmerz. Das führt auf Dauer zu
einer chronischen Stressreaktion, mit Folgen. Dazu gehören Bluthochdruck, ein
erhöhter Blutzuckerspiegel und eine reduzierte Immunabwehr, die wiederum zu allem möglichen Erkrankungen führt. Dazu
gehören Depressionen und Ängste.
Es braucht keine Covid-19 Infektion um zu erkranken.
Einsamkeit macht krank.
Nicht berührt werden macht krank.
Alleinsein schützt.
Nähe macht im Zweifel krank.
Was also tun? Es fühlt sich an als wäre die Entscheidung die zwischen Pest und Cholera.
Ohne Berührung gehen wir ein, psychisch
und physisch. Es ist nur eine Frage der Zeit.
Alles ist sterblich, wir sind
sterblich.
Das macht das Leben so schrecklich. Und
so schön.
Wenn wir beginnen das zu erkennen, es
zuzulassen, kann das Leben beginnen sich zu zeigen.
Was bleibt denen, die ohne Berührung
sind?
Was bleibt ist die eigene Entscheidung, das eigene Abwägen und die existentielle Frage: Wie gestalte ich mein Leben, damit es mich
berührt?
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