Montag, 4. Mai 2020

Ein Liebender



Foto: Angelika Wende

Mitgefühl und liebende Güte sind Qualitäten, die in einer Welt der Selbstoptimierung keinen große Attraktivität zu besitzen scheinen. Bei aller Selbstfürsorge, bei allem Selbstmitgefühl, bei aller Selbstliebe, bei allem Selbstschutz, aller Selbstverwirklichung, fallen Mitgefühl und liebende Güte hinten runter.

"Ich bin der wichtigste Mensch in meinem Leben."
Das lernen Menschen unter anderem in der Therapie. Das ist gut. 

"Make safe number one first!"
Nur wenn ich mich selbst wichtig nehme, sorge ich gut für mich selbst und das ist auch die Vorraussetzung dafür, dass ich meinen Nächsten wichtig nehme und gut für ihn sorge.

Du bist der wichtigste Mensch in deinem Leben.
Das steht auch auf meiner Website und das zu erkennen, zu verinnerlichen und danach zu leben, ist ein Teil dessen, was ich meinen KlientInnen vermittle.

Mich selbst an erste Stelle setzen, mich selbst lieben, heißt aber nicht, dass ich zum Egoisten werde, es heißt nicht, dass ich das Maß aller Dinge bin und für alles in meinem Leben selbst verantwortlich oder gar, dass ich der alleinige Schöpfer meines Universums bin und alles alleine schaffen muss.
Ja, es geht um Eigenverantwortung, aber nicht in dem Sinne, dass ich alles, was mir begegnet selbst auch kreiere. Wer das glaubt, hat das Leben nicht verstanden und lebt in einer Blase, die dann platzt, wenn ihn ein Schicksalsschlag trifft, so wie wir es jetzt gerade alle miteinander erleben.
Was gerade geschieht hat niemand selbst gemacht. Nur mal so als Beispiel. Übrigens, ich bin auch nicht eigenverantwortlich, wenn mir ein Dachziegel auf den Kopf fällt.

Das mir der Eigenverantwortung kann ganz schnell falsch verstanden werden. 
Eigenverantwortung bedeutet im Grunde nur eins: Ich habe die Bereitschaft für das eigene Handeln und Unterlassen die Verantwortung zu übernehmen. Und dazu gehört auch wie ich anderen begegne und mit ihnen umgehe.

Das mit der Selbstliebe kann auch falsch verstanden werden.
Selbstliebe führt, wenn sie wirklich gefühlt wird, immer zu liebevoller Güte. Selbstmitgefühl führt, wenn es wirklich gefühlt wird, immer zu Mitgefühl anderen gegenüber. Wer für sich selbst Liebe empfindet ist mit der Liebe verbunden - er ist ein Liebender - sich selbst, anderen und dem Leben gegenüber. Und er strahlt es aus. Er strahlt das aus, was man liebevolle Güte nennt und er lebt danach. Daran kann ich immer ziemlich genau erkennen wie wahrhaftig es ist, wenn mir einer sagt: Ich liebe mich selbst.

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