Freitag, 25. November 2016

Zuhören ist eine Sache des Herzens

Wir kommunizieren ständig, aber wir führen nicht immer einen wirklichen Dialog. Vieles von dem, was  so manche Menschen für einen Dialog halten, ist etwas völlig anderes, nämlich ein Monologisieren. Und das ist eben kein echter Dialog. Es ist das Mitteilen dessen, was wir dem anderen sagen wollen. Die Betonung liegt auf: was wir sagen wollen. Entscheidend aber, damit ein wirklicher Dialog stattfindet, ist das nicht. Während wir nämlich glauben, wir hätten etwas eindeutig klar gemacht, spricht der andere so, als hätte er die Botschaft nicht empfangen. Hat er auch nicht!

Ein wirklicher Dialog beruht auf der Übertragung von Information beider Seiten und dem Wunsch, dass diese Informationen vom Gegenüber auch gehört und verstanden werden.

Ein echter Dialog bedeutet zuhören, achtsam zuhören, sich einlassen auf den anderen, auf das, was er denkt und fühlt und sagen will. Dialogisieren bedeutet den Focus auf den anderen zu richten. Es bedeutet, dass wir versuchen das Gesagte unseres Gegenübers nicht in unser eigenes Bild von zu Welt setzen und das seine achten und respektieren. Es bedeutet, uns zu vergewissern, dass seine und unsere Worte genau so ankommen, wie sie von beiden Seiten gemeint sind. Ein echter Dialog entsteht, indem wir zulassen und uns öffnen. Er findet dann statt, wenn wir "empfangen", indem wir hören, sehen und fühlen, was der andere zu sagen hat, indem wir achtsam verfolgen was uns gegenüber geschieht und es aufnehmen, indem wir den anderen zu uns lassen. Ja, eigentlich entsteht er dann, wenn wir die gleiche Sprache sprechen. Zugegeben ein eher seltenes Erlebnis. Viele Menschen sagen Ich und ich und das in Endlosschleife. Zum Gähnen ist das und höchst anstrengend. Um es platt auszudrücken: Es nervt.

Ich kann gut zuhören. Ich muss es auch können, sonst wäre ich im falschen Job. Achtsam zuhören ist ein wesentlicher Teil in meiner Arbeit mit Menschen. Im Privatleben wünsche ich mir wie alle Menschen, dass mir mein Gegenüber zuhört. Sobald ich merke, dass mir jemand nicht zuhört, werde ich immer stiller. Ich meide Menschen, die nicht zuhören können, denn sie erschöpfen mich. Sie drehen sich um sich selbst und ich fühle mich nicht wahrgenommen und nicht wertgeschätzt. Je öfter mir das mit einer Person passiert, desto seltener suche ich den Kontakt und eine Beziehung kommt nicht zustande.

Wie auch, denn jede Beziehung braucht eine Ich-, eine Du- und eine Wir- Zone. Ich erzähle von mir, du hörst mir zu, du erzählst von dir, ich höre dir zu, wir befinden uns in einem gemeinsamen Raum des Austauschs, getragen von Achtsamkeit, Respekt, gegenseitigem Interesse und Wertschätzung. Wenn diese dann noch liebevoll ist, umso schöner und erfüllender ist eine Begegnung.

Zum Zuhören gehört nicht nur die Ohren zu spitzen. Auf der unbewussten Ebene nehmen wir den Klang der Stimme, die Sprechmelodie, Signale des Körpers, die Mimik und Gestik unseres Gesprächspartners wahr. Dieses Gesamtbild erzählt uns mehr von unserem Gegenüber als das gesprochene Wort. Auf diese Weise nehmen wir, wenn wir achtsam beobachten und empathisch sind, sehr viel von einer Persönlichkeit wahr. Empathie ist der Zauberstab des achtsamen Zuhörers - die Fähigkeit sich durchlässig zu machen, sich in den Anderen einzufühlen, ihn spüren zu wollen in seinem Sein. Das verbindet Menschen mit Menschen. Je höher die Fähigkeit zur Empathie auf beiden Seiten, desto intensiver und erfüllender sind das Gespräch und die Beziehung, gleich welcher Art eine Beziehung ist.

Zuhören heißt auch, nicht in Gedanken schon die Antwort zu formulieren auf das, was der Andere gesagt hat. Wir können nicht gleichzeitig an etwas denken und aufmerksam zuhören. Dann sind wir nämlich bei uns und nicht beim Anderen. Erst wenn unsere Gegenüber ausgeredet hat, sind wir dran.

Es gibt Leute, die eine solche Ungeduld und ein solches Mitteilungsbedürfnis haben, meist gepaart mit einem fetten Ego, dass sie den Anderen ständig unterbrechen, damit sie schnell wieder dran sind mit reden, und es gibt chronische Unterbrecher, die die Sätze des Gegenübers vervollständigen und zwar mit ihren eigenen Gedanken.

Diese Menschen drehen sich narzisstisch um sich selbst, sie trudeln im eigenen Universum und haben weder das Interesse noch die Fähigkeit an das fremde Universum des Anderen anzudocken. Sie sind nicht beim Anderen und der Andere spürt das. Kein schönes Gefühl, wie ich finde. Richtig schlechte Zuhörer lassen ihr Gegenüber erst gar nicht zu Wort kommen. Ihre Worte sprudeln wie ein Wasserfall und prasseln auf das Gegenüber herab, bis es sich so richtig nass gemacht fühlt. Das ist energieraubend, das ist ein richtig mieses Gefühl so beprasselt zu werden. Das ist der Moment wo ich dann meistens STOPP sage und den Anderen bitte zwischendurch einmal Atem zu holen, und ihn dann frage: Ob er mich überhaupt wahrnimmt. Manchmal ist das hilfreich, manchmal ist es vergeblich. Es gibt Menschen, die jeden Satz, den du sagst, als Ausgangspunkt für das so Wichtige Eigene benutzen.

Wer achtsam zuhört stellt weiterführende Fragen und wirft nicht nur seins in den Gesprächsraum. Er fragt nach, er will wissen, er will verstehen, was der Andere denkt und empfindet. Er will den Anderen in seinem Sosein verstehen.
Er will ihn verstehen, weil er sich für ihn interessiert.

Zuhören ist keine Kunst, auch wenn das manche glauben, zuhören ist eine Herzenssache -  es ist der Wunsch einander zu hören, zu fühlen und innerlich zu berühren und berührt zu werden.
Man kann es lernen, sagt meine Erfahrung, wenn man es will.





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen