Wir kommunizieren ständig, aber wir
führen nicht immer einen wirklichen Dialog. Vieles von dem, was so manche Menschen für einen Dialog halten,
ist etwas völlig anderes, nämlich ein Monologisieren. Und das ist eben kein
echter Dialog. Es ist das Mitteilen dessen, was wir dem anderen sagen wollen.
Die Betonung liegt auf: was wir sagen wollen. Entscheidend aber, damit
ein wirklicher Dialog stattfindet, ist das nicht. Während wir nämlich
glauben, wir hätten etwas eindeutig klar gemacht, spricht der andere so, als
hätte er die Botschaft nicht empfangen. Hat er auch nicht!
Ein wirklicher Dialog beruht auf der
Übertragung von Information beider Seiten und dem Wunsch, dass diese
Informationen vom Gegenüber auch gehört und verstanden werden.
Ein echter Dialog bedeutet zuhören,
achtsam zuhören, sich einlassen auf den anderen, auf das, was er denkt und
fühlt und sagen will. Dialogisieren bedeutet den Focus auf den anderen zu
richten. Es bedeutet, dass wir versuchen das Gesagte unseres Gegenübers nicht
in unser eigenes Bild von zu Welt setzen und das seine achten und respektieren.
Es bedeutet, uns zu vergewissern, dass seine und unsere Worte genau so
ankommen, wie sie von beiden Seiten gemeint sind. Ein echter Dialog entsteht, indem wir
zulassen und uns öffnen. Er findet dann statt, wenn wir "empfangen",
indem wir hören, sehen und fühlen, was der andere zu sagen hat, indem wir
achtsam verfolgen was uns gegenüber geschieht und es aufnehmen, indem wir den
anderen zu uns lassen. Ja, eigentlich entsteht er dann, wenn wir die gleiche
Sprache sprechen. Zugegeben ein eher seltenes Erlebnis. Viele Menschen sagen Ich und ich und das
in Endlosschleife. Zum Gähnen ist das und höchst anstrengend. Um es platt
auszudrücken: Es nervt.
Ich kann gut zuhören. Ich muss es auch
können, sonst wäre ich im falschen Job. Achtsam zuhören ist ein wesentlicher Teil
in meiner Arbeit mit Menschen. Im Privatleben wünsche ich mir wie alle
Menschen, dass mir mein Gegenüber zuhört. Sobald ich merke, dass mir jemand
nicht zuhört, werde ich immer stiller. Ich meide Menschen, die nicht zuhören
können, denn sie erschöpfen mich. Sie drehen sich um sich selbst und ich fühle
mich nicht wahrgenommen und nicht wertgeschätzt. Je öfter mir das mit einer
Person passiert, desto seltener suche ich den Kontakt und eine Beziehung kommt
nicht zustande.
Wie auch, denn jede Beziehung braucht
eine Ich-, eine Du- und eine Wir- Zone. Ich erzähle von mir, du hörst mir zu,
du erzählst von dir, ich höre dir zu, wir befinden uns in einem gemeinsamen
Raum des Austauschs, getragen von Achtsamkeit, Respekt, gegenseitigem Interesse
und Wertschätzung. Wenn diese dann noch liebevoll ist, umso schöner und
erfüllender ist eine Begegnung.
Zum Zuhören gehört nicht nur die Ohren zu
spitzen. Auf der unbewussten Ebene nehmen wir den Klang der Stimme, die Sprechmelodie,
Signale des Körpers, die Mimik und Gestik unseres
Gesprächspartners wahr. Dieses Gesamtbild erzählt uns mehr von unserem
Gegenüber als das gesprochene Wort. Auf diese Weise nehmen wir, wenn wir achtsam
beobachten und empathisch sind, sehr viel von einer Persönlichkeit wahr.
Empathie ist der Zauberstab des achtsamen Zuhörers - die Fähigkeit sich durchlässig zu machen, sich in den Anderen
einzufühlen, ihn spüren zu wollen in seinem Sein. Das verbindet Menschen mit Menschen. Je höher die Fähigkeit zur
Empathie auf beiden Seiten, desto intensiver und erfüllender sind das Gespräch und die
Beziehung, gleich welcher Art eine Beziehung ist.
Zuhören heißt auch, nicht in Gedanken schon
die Antwort zu formulieren auf das, was der Andere gesagt hat. Wir können nicht
gleichzeitig an etwas denken und aufmerksam zuhören. Dann sind wir nämlich bei uns und nicht beim
Anderen. Erst wenn unsere Gegenüber ausgeredet hat, sind wir dran.
Es
gibt Leute, die eine solche
Ungeduld und ein solches Mitteilungsbedürfnis haben, meist gepaart mit
einem fetten Ego, dass sie den Anderen ständig unterbrechen, damit sie
schnell wieder
dran sind mit reden, und es gibt chronische Unterbrecher, die die Sätze
des Gegenübers vervollständigen
und zwar mit ihren eigenen Gedanken.
Diese Menschen drehen sich
narzisstisch um sich selbst, sie trudeln im eigenen Universum und haben weder
das Interesse noch die Fähigkeit an das
fremde Universum des Anderen anzudocken. Sie sind nicht beim Anderen und
der Andere
spürt das. Kein schönes Gefühl, wie ich finde. Richtig schlechte Zuhörer
lassen ihr Gegenüber erst gar nicht zu Wort kommen. Ihre Worte
sprudeln wie ein Wasserfall und prasseln auf das Gegenüber herab, bis es
sich
so richtig nass gemacht fühlt. Das ist energieraubend, das ist ein
richtig
mieses Gefühl so beprasselt zu werden. Das ist der Moment wo ich dann
meistens
STOPP sage und den Anderen bitte zwischendurch einmal Atem zu holen, und
ihn dann
frage: Ob er mich überhaupt wahrnimmt. Manchmal ist das hilfreich,
manchmal ist
es vergeblich. Es gibt Menschen, die jeden Satz, den du sagst, als
Ausgangspunkt
für das so Wichtige Eigene benutzen.
Wer achtsam zuhört stellt
weiterführende Fragen und wirft nicht nur seins in den Gesprächsraum. Er fragt
nach, er will wissen, er will verstehen, was der Andere denkt und empfindet. Er
will den Anderen in seinem Sosein verstehen.
Er will ihn verstehen, weil er sich für
ihn interessiert.
Zuhören ist keine Kunst, auch wenn das
manche glauben, zuhören ist eine Herzenssache - es ist der Wunsch einander zu hören, zu fühlen und innerlich zu berühren und berührt zu werden.
Man kann es lernen, sagt meine
Erfahrung, wenn man es will.
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