Malerei: A. Wende |
Schuld, damit tun wir uns alle schwer. Wir verdrängen sie oder schieben sie anderen in die Schuhe. Schuldige für den eigenen Schmerz werden außerhalb unserer selbst gesucht und auf andere oder die Umstände projiziert.
Manche behaupten sogar es gibt keine Schuld und ersetzen das Wort „Schuld“ durch das Wort „Verantwortung“. Manche behaupten sogar sie machen keine Schuldzuweisungen.
Warum eigentlich erscheint uns Schuld als etwas, das unbedingt vermieden werden muss?
In jedem Leben gibt es Schuld. Wir alle machen uns moralisch oder auf der emotionalen Ebene irgendjemanden oder uns selbst gegenüber einmal schuldig. Nirgendwo gibt es so viel Schuld und Schuldzuweisungen wie in zwischenmenschlichen Beziehungen. Schuld wird verschoben, anderen in die Schuhe geschoben, weggeblendet. Schuld gehört in die Gerichte, aber doch nicht ins normale Leben.
Schuld empfinden, sich eigene Schuld einzugestehen, durch die Schuld eines anderen ins Unglück zu geraten, all das sind Tabuthemen. Dabei ist Schuld ein archetypisches Thema, das zum Menschsein gehört.
Auch in der Psychologie tun wir uns mit der Schuld schwer. Nicht selten wird sie kurzerhand klein- oder weggeredet. Niemand ist schuld, nicht die misshandelnden Eltern, nicht die miesen Umstände, nein - es ist wie es ist - und wir selbst, weil wir ja erwachsen sind, übernehmen Verantwortung dafür zu reparieren, was uns wiederfahren ist. Ohne Schuldzuweisungen bitte. Am besten wir verzeihen gleich, damit wir ein guter Mensch sein dürfen.
Die Folgen solcher Interventionen sind leider weder sinnvoll, noch heilsam. Der Klient, der für alles Eigenverantwortung übernehmen soll, wird emotional genau dahin geschoben, wo er nicht hingehört: Er ist „selber schuld“. Er, das Opfer wird in die Täterrolle gesetzt.
Seine Tat: Er ist nicht fähig die Verantwortung für das ihm widerfahrene Übel zu übernehmen, nicht fähig zu verstehen und zu verzeihen.
Die andere Variante: Ein Mensch fühlt Schuld und man redet sie ihm aus. Die Folge: Indem man die Schuld kurzerhand wegtherapiert, kann der Schuldige aus seinem Fehlverhalten keine Lehre ziehen, was aber dringend nötig wäre um Verantwortung zu übernehmen und es künftig besser oder im besten Falle wieder gut zu machen.
Schuld ist ein großes Thema. Schuldverdrängung ist der Urgrund vieler psychischer Störungen und vieler zerstörerischer und selbstzerstörerischer Verhaltensweisen. Schuld, die abgewehrt, verdrängt, übertragen oder projiziert wird, setzt sich fest und führt gerade deshalb, weil sie nicht anerkannt und angenommen wird, in unglückliche Leben.
Schuld muss ausgemerzt werden. Anstatt sie anzuerkennen und uns damit auseinanderzusetzen, sagen wir guten Menschen von Sezuan gerne: Wir oder der/ die andere(n) haben es nicht besser gekonnt.
Die Krux dabei ist: Gerade weil wir glauben, wir oder der andere hätte es besser gekonnt, weil wir spüren, das war absolut nicht okay, was wir oder der andere getan haben, fühlen wir uns ja schuldig.
Wenn wir mit der Schuldverdrängung aufhören und uns mit Schuld auseinandersetzen, setzen wir uns mit der menschlichen Fehlbarkeit auseinander, wir setzen uns mit den Schatten auseinander – den eigenen und denen der anderen. Wir erkennen an, dass sie existieren. Dabei geht es nicht darum moralische Werturteile zu fällen – es geht darum hinzuschauen, zu benennen was ist, es zu erforschen, es aufzuarbeiten und zu lernen damit umzugehen.
Übrigens, was ist Schuld?
Schuld trägt ein Mensch in seiner Eigenschaft als Urhebers eines Übels, das er sich selbst oder anderen zufügt. Wer will sich das schon eingestehen?
Der hohe Selbstanspruch an Fehlerlosigkeit und der hohe Anspruch ein moralischer Mensch zu sein, will das nicht zulassen. Denn dann müsste man sich ja ent - schuldigen. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Wie heilsam das wäre ...
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