Foto: Angelika Wende
"Man sah, dass auch der Handel an der Pest
gestorben war. Trotz dieses ungewohnten Anblicks fiel es unseren
Mitbürgern schwer zu verstehen, was geschah. Es gab die gemeinsamen
Gefühle wir Trennung oder Angst, aber die persönlichen Sorgen standen
weiterhin im Vordergrund. Noch niemand hatte die Krankheit wirklich
akzeptiert. Die meisten waren empfindlich für das, was ihre Gewohnheiten
störte oder ihren Interessen schadete. Darüber waren sie gereizt oder
verärgert, und das sind keine Gefühle, die man der Pest entgegensetzen
konnte.
Viele hatten weiterhin Hoffnung, dass die Epidemie bald
sterben würde, und sie und ihre Familien verschont bleiben. So fühlten
sie sich nicht verpflichtet, eine Änderung ihrer Gewohnheiten zu machen,
noch nicht."
Das schreibt Albert Camus in: Die Pest
So wie in Camus Roman beschrieben ist es jetzt.
Die meisten Menschen machen weiter wie bisher. Sie verdrängen was ist,
leugnen was ist, wollen partout nicht akzeptieren was ist, suchen
Schuldige für das was ist und vor allem: Sie sind nicht bereit ihr
Verhalten zum Wohle des Ganzen zu ändern.
Manche sind traurig,
manche wütend, mache haben unangemessen große Angst. Wieder andere tun
so als nähmen sie die veränderte Welt und die damit verbundenen
Unannehmlichkeiten gut gelaunt hin. Und die Infektionen steigen. Sie
lesen es und sind müde geworden vom Lesen dessen, was sie bis dato nicht
betrifft.
Trial an Error, Öffnungen, Schließungen, Verbote, Geldbußen für die, die sich nicht an Gebote halten. Spaltung, Trennung, Aggression, Wut, Respektlosigkeit, Verachtung, gegenüber Andersdenkenden.
Und jeder denkt nur an sich. Die Meisten jedenfalls.
Es lebe die Komfortzone.
Sind wir nicht schon längst aus ihr herausgefallen, wenn wir mal richtig hinsehen?
Es wird weiter weggesehen.
Es will gelebt werden, was gewohnt ist. Das Leben ist kurz und schwer
genug, also machen wir es uns leicht und bleiben wir bei unseren
Gewohnheiten. Nur - alte Gewohnheiten sind in manchen Fällen eben nicht
dazu geeignet ob neuer Umstände das Beste zu erreichen um die Lage zu
verbessern oder das Problem zu lösen.
In gewisser Weise sind all die Veränderungen, die wir erleben, so schnell eingetreten, dass es schwer fällt sie als dauerhaft zu begreifen. Das Ergebnis ist, dass die Mehzahl der Menschen ihre persönlichen Bedürfnisse weiterhin in den Vordergrund stellen. Noch haben sie das Gefühl sie können entscheiden über ihr Persönliches. Wie verwundert werden sie sein, wenn sie genau deshalb schon bald sehr wenig entscheiden können.
Die Lage ist ernst. Tragen wir das uns Mögliche dazu bei, sie nicht ernster zu machen. Es betrifft uns allle.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen