Donnerstag, 13. Mai 2021

Verwirrung

 

                                                                 Foto: A.Wende

 
Mein Klient ist verwirrt. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll, ich bin mir in nichts mehr sicher, sagt er. So geht es vielen von uns. Wir sind verwirrt. Und wir denken, wie schlimm es ist, verwirrt zu sein, denn in der Verwirrung fühlen wir uns unsicher. Wir wissen nicht mehr was oder wem wir glauben sollen, was richtig und was falsch ist. Wir können keine Entscheidung treffen, wir sind in einem Zustand des Suchens und haben den Kompass verloren.
Es ist okay, dass sie verwirrt sind, sage ich zu meinem Klienten.
Achten sie Ihre Verwirrung, seien sie ihr dankbar.
Aber wieso denn, ich komme mir so dumm vor.
Alle anderen sind so sicher. Nur ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich finde mich in diesem Chaos nicht mehr zurecht. 
 
„Vielleicht bin ich der einzige Mensch auf der Welt, der völlig durcheinander ist. Jeder scheint sich so sicher zu sein, außer mir.”
Diese Worte sind von dem weisen Laotse
 
Verwirrung ist sich nicht sicher sein. Keine Klarheit zu haben.
Aber sich nicht sicher sein, bedeutet nicht, dumm zu sein.
Die Unklugen sind meist sicher. Sie glauben sie wissen, aber sie wissen nicht.
Ein kluger Mensch zögert, er denkt nach, er ist unsicher, er zögert, er wägt ab.
Ein unkluger Mensch ist nie unsicher und zögert nie.
Er folgt dem, was man ihm als Sicherheit verkauft und hinterfragt nicht. 
 
Wissen und Klarheit entstehen niemals aus Sicherheit.
Wissen und Klarheit entstehen aus Zweifel, aus Unsicherheit, aus Verwirrung.
Nur das Verwirrte ruft dazu auf entwirrt zu werden.
Nur das Unklare sucht die Klarheit.
Verwirrung bedeutet, ich erkenne das Chaos.
Es verwirrt mich, weil es in sich selbst die Verwirrung ist.
 
Verwirrung bedeutet, dass es mit dem bloßen Denken nicht mehr weitergeht. Der Denkapparat kann keine Sicherheit mehr bieten.
Der Weg zur Entwirrung kann also nicht über den Kopf gehen.
Dann muss man den Kopf ausschalten. Das Denken ausschalten.
Wenn keine Gedanken da sind, kann es keine Verwirrung geben.
Dann ist da nur der Moment, das reine Sein im Moment.
Dann ist da der Atem, der ruhig fließt.
Dann ist Ruhe im Kopf in diesem Moment und keine Verwirrung.
Und dann ist da Klarheit: Dieser Moment ist alles, was sicher ist.
Man findet keine Sicherheit, wenn man den Verstand loslässt.
Aber man findet Klarheit.

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