Der Mensch ist von Natur aus egoistisch, so etwas wie Mitgefühl muss er sich mühsam abringen, und das tut er– wenn überhaupt – nur, wenn es ihm letztlich einen Vorteil bringt.
Herbert Spencer
Mitgefühl gehört zur seelischen zur Grundausstattung des Menschen. Nicht zu verwechseln mit Empathie. Empathie bedeutet, dass man in der Lage ist, sich mit den Gefühlen eines anderen zu verbinden, sprich, dass man fühlt, was der andere empfindet. Und es dann dabei belässt ohne zu handeln. Mitgefühl hingegen hat immer den Impuls dem anderen zu helfen.
Die nie Zusammengebrochenen können das Leid, die Schwäche und die Gebrochenheit ihres Nächsten nicht verstehen.
Mitgefühl besteht nur dann, wenn ich vom Leiden des Anderen selbst eine Erfahrung habe, wenn ich das, was der Gebrochene fühlt, selbst gefühlt habe oder gerade fühle. Mitgefühl entsteht über das erfahrene eigene Fühlen, nicht über Gedanken. Es kann nicht hergedacht werden, auch wenn manche das glauben, eben weil es ein Gefühl ist und kein Gedanke.
Mitgefühl ist wichtig für das Bestehen einer Gesellschaft, denn mit anderen zu empfinden, stärkt unser soziales Miteinander.
Ein bisschen mehr Mitgefühl könnte uns allen in dieser schweren Zeit nicht schaden. Aber leider ist genau das Gegenteil zu beobachten. Immer mehr Menschen ziehen sich in sich selbst zurück, sie drehen sich um sich selbst, versumpfen in ihren eigenen Gefühlen und verlieren das bisschen Mitgefühl, das sie einst vielleicht hatten, mitsamt der Empathie. Mit diesem Rückzug zieht sich der Blick auf das große Ganze zurück, der Blick über den eigenen Tellerand geht verloren und fokussiert sich auf die eigene kleine Welt. Diese ist gefühlt umso bedrohter, je mehr Angst Menschen verspüren. Angst spaltet unsere Psyche und uns selbst von anderen.
Wer Angst kennt weiß: Angst macht eng und kreist immer um sich selbst.
Je mehr Angst, desto weniger Raum für Mitgefühl. Angst legt sich wie ein dunkler Schatten über alles Lebendige und lässt uns erstarren. Ängstlich wird festgehalten, ängstlich wird vermieden, ängstlich wird verteidigt, ängstlich wird der Zaun um das ängstliche Selbst immer enger gezgen und die Welt da draußen wird klein und kleiner. So klein, dass damit auch das Gefühl für andere Menschen klein und kleiner wird. Der Andere zählt nur noch als Verstärker für die eigene Wahrnehmung und die eigene Sicht der Dinge. Wer ähnlich denkt ist Freund, wer anders denkt ist Feind. Die Angst braucht Feindbilder um sich selbst zu begründen und zugleich ist das Feindbild das Futter, das sie nährt, am Leben hält und verstärkt.
Angst und Mitgefühl vertragen sich nicht.
Angst essen Seele auf, besagt ein afrikanisches Sprichwort. Die ängstliche Seele wird zu einem zerfressenen Etwas, das nichts mehr zu geben hat. Je mehr wir uns von der Angst beherrschen lassen, desto unmenschlicher werden wir im Fühlen und Denken und im Handeln. Wir verlieren nicht nur das Mitgefühl für die Anderen, wir verlieren am Ende das Mitgefühl für uns selbst. Und damit verlieren wir das Wesentliche, was uns hilft Leid zu lindern.
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