Samstag, 17. April 2021

Identität

 

                                                                   Foto: A. Wende

Wenn eine Sache in unserem Leben keinen Zweck mehr erfüllt, geht sie kaputt. Oder sie verlässt uns vielleicht sehr unvermittelt. Ein anderes Mal fehlen plötzlich einige Teile und machen es unmöglich die Sache wieder zusammenzufügen. Wenn wir also versuchen an etwas festzuhalten, was seinen Zweck in unserem Leben erfüllt hat, werden wir uns unweigerlich wehtun.

Aber warum ist es so schwer loszulassen, warum ist es so schwer den Griff zu lockern, so schwer nicht mehr anzuhaften?

Weil wir mit einem Verlust auch ein Stück unserer Identität verlieren. Weil da etwas kaputt geht, was zu unserem Ganzen gehörte, etwas, worüber wir uns definiert haben, etwas, was so vertraut und gewohnt war, dass sein Wegbrechen eine Loch in unser System reißt. 

Ein Stück Identität reißt ab. Wie eine Amputation fühlt es sich an, ein Phantomschmerz. Wir sehen darin zunächst keine Entwicklung, wir fühlen nur den Schmerz des Verlustes. Und zugleich spüren wir, dass eine Veränderung in unserem Identitätserleben ansteht. Wir sind zutiefst verunsichert.  Wir können nicht so einfach in eine andere Identität hineüberwechseln. Etwas in unserem Leben hat seine Koheränz verloren. 

Je größer der Verlust, desto mehr erleben wir ihn als Identitätskrise. Und obwohl wir wissen, dass sich unser Leben ständig verändert, dass auch wir uns ständig verändern und dennoch in unserem Wesen immer die Gleichen bleiben, stehen wir vor etwas Fremden. 

Es liegt jetzt an uns, uns dieses Fremde vertraut zu machen, es in unser Leben zu integrieren um es als weiteren Teil unserer Identität anzunehmen indem wir es in uns aufzunehmen. Es liegt an uns anzuerkennen: Wir sind auch das, wir sind die Synthese von all dem, was wir waren, was wir sind und was wir sein werden. 

Je hartnäckiger wir uns weigern das zu akzeptieren, desto mehr verliert unser Leben an Koheränz, wir entfremden uns von uns selbst.


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