Montag, 16. November 2020

Wir sind Helden!, oder: willkommen in Absurdistan

 

                                                            Zeichnung: A. Wende


Heute morgen sehe ich auf Facebook diesen Werbespot der Bundesregierung. In dem Spot werden alte Menschen in der Zukunft gezeigt, die sich an den Corona Winter 2020 erinnern. Sie werden als Helden inszeniert, einfach weil sie zuhause geblieben sind. Darunter liegt eine dramatische Musik. 

Ich denke, clever gemacht. Schon schlau, den Heldenmythos zu bemühen, um den Menschen ihr notgedrungenes Eingesperrtsein und das Social Distancing schmackhaft zu machen. Zuhause bleiben, Chips futtern und nichts tun. Welch eine bizzare Inszenierung einer Katastrophe, die manchen Menschen den Boden der Existenz unter den Füßen wegreißt. Welch eine Verharmlosung einer Bedrohung, die uns alle in Ohnmacht versetzt.

Ist das die neue Normalität, von der wir jetzt sprechen? Wir sind Helden, weil wir zuhause bleiben und demütig ertragen was ist?

Was bitte geht hier vor?

Für wie blöde hält man erwachsene Menschen?

Auf was reduziert man Menschen im Namen eines absurden, manipulativ inszenierten Heroismus?

Wie gedanken- und empathielos wird hier menschliches Leid heruntergespielt? 

Dieser Spot ist mehr als zynisch, es ist der reinste Zynismus. Das ist der ernsten Lage gegenüber unangemessen. Er verhöhnt die Helden, die jeden Tag in Kliniken für das Überleben von Menschen kämpfen, er verhöhnt alle Menschen, die jeden Tag raus müssen um zu arbeiten.

Ich schäme mich grundsätzlich nicht fremd, sonst wär es jetzt soweit, aber diese Regierung sollte sich in Grund und Boden schämen. 

In diesem Moment an diesem Morgen bin ich nicht gelassen. Ich will es nicht sein. Wie sagte der Dalai Lama einmal: "Es gibt so ein zorniges Mitgefühl - eine Wut, die nicht der eigenen Selbstgerechtigkeit dient, sondern darauf abzielt andere vor Schaden zu bewahren."

 


 

 

 

 


 

2 Kommentare:

  1. Dankeschön für dieses Mitteilen Ihres Empfindens angesichts der Videospots. Ich traute meinen Augen und Ohren kaum, als ich mich darüber informierte. Nur fiel es mir schwer, Worte für mich zu finden. Jetzt hab ich sie: geschmacklos, absurd, ideologisch/ manipulativ, für mich sehr fragwürdig und verstörend.
    Und auch ein Dankeschön für Ihren gesamten Blog. Ich lese immer mal wieder rein. Mein Inneres ist sehr oft sehr chaotisch, ich bin täglich mit den Langzeitfolgen meiner schwertraumatisierenden Kindheit konfrontiert. Die Beiträge empfinde ich als hilfreiche Gedankenanstöße. Sie helfen mir, meine eigenen Sichtweisen zu klären und zu finden.

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  2. Danke für Ihre Wertschätzung.

    Ales Liebe und Gute!

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