Dienstag, 23. Juli 2024

Eine kleine Geschichte über die Wahrnehmung

                                                                 Foto: Alexander Szugger
 
 
Der blinde Mann und der Elefant
 
Vier blinde Gelehrte bekamen vom König die Aufgabe einen Elefanten zu beschreiben. Der Erste fasste den Elefanten an seinem Bein an und sagte, der Elefant ist rund und steht fest in der Erde. Der zweite hielt den Rüssel und beschrieb den Elefanten als eine Art Schlange. Der Dritte berührte das Bein und meinte, der Elefant sei wie eine Säule. Der vierte fasste den Schwanz an und sagte, der Elefant sei wie ein Seil. Jeder der vier Gelehrten war fest davon überzeugt, dass seine Beschreibung die richtige ist und bestand darauf, dass die anderen falsch liegen.
Die Geschichte vom blinden Mann und dem Elefanten ist eine Parabel aus der indischen Philosophie hat. Sie veranschaulicht die Begrenztheit und Subjektivität menschlicher Wahrnehmung und die Unfähigkeit die komplexe Wirklichkeit zu erkennen. Sie zeigt, dass jeder von uns sein eigenes Modell von Wirklichkeit hat, die sich von den Wirklichkeiten anderer unterscheidet.
Dabei geht es nicht um richtig oder falsch. Es geht einzig um Wahrnehmung von Wirklichkeit.
Wahr ist, alle vier blinden Gelehrten hatten ja teilweise Recht, aber eben nicht ganz.
Paul Watzlawick brachte es auf den Punkt:
“Der Glaube, dass die eigene Sicht auf die Realität die einzige Realität sei, ist die gefährlichste aller Wahnvorstellungen.“
 
Jeder von uns hat im Laufe seines Lebens sein eigenes Modell von Wirklichkeit geschaffen und denkt, fühlt und handelt im Rahmen dieses Modells. Die Basis für dieses Modell sind unsere Erfahrungen und unsere Prägungen aufgrund derer wir Welt und Wirklichkeit dann filtern. So treten nur bestimmte Ausschnitte und Inhalte in unser Gewahrsein, die wir dann für Wirklichkeit halten und auf der die Mehrzahl der Menschen dann beharren.
Persönliches Wachstum findet so nicht statt.
Persönliches Wachstum bedeutet eine Ausdehnung und Erweiterung des eigenen Gewahrseins, Offenheit für die Komplexität der Dinge, Bewusstwerden der eigenen Automatismen, die Bereitschaft über die Begrenzung des eigenen Denkrahmens hinausschauen, ein Hinterfragen dessen, was wir meinen zu wissen, ein beständiges Lernen und ein Ausweiten des eigenen Denkrahmens – im Außen wir im eigenen Inneren.

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