Mittwoch, 31. März 2021

Augenblicksglück ist eine wertvolle Energieressource



Es ist mehr die Geisteshaltung als die äußerlichen Begebenheiten, 

die für das Glück ausschlaggebend ist.

Dalai Lama

 

Uns gut fühlen, den Tag mit Freude zu beginnen, Möglichkeiten nutzen und ausschöpfen, zuversichtlich in die Zukunft blicken, Pläne machen und sie umsetzen, spontan dem Alltag entfliehen, unsere Liebsten sehen und umarmen – all das war schon mal leichter als jetzt. Immer mehr Menschen sind pandemiemüde. Laut einer aktuellen Umfrage der Universität Erfurt geben 55 Prozent der Befragten an, dass sie ihre persönliche Situation als belastend empfinden. Unter den unter 30jährigen fühlen sich 64 Prozent einsam, ängstlich und ständig angespannt. Wir sitzen im Dauer-Lockdown und immer mehr Menschen leiden darunter.
Das ist normal. 
 
Es ist völlig normal auf Umstände, die das Leben derart einschränken und verändern mit Anpassungsschwierigkeiten zu reagieren. Das dürfen wir uns immer dann klarmachen, wenn wir mal einen richtig miesen Tag haben.
Wir dürfen selbstmitfühlend anerkennen, dass es uns nicht gut geht und das nimmt schon viel Druck raus. Wir müssen auch nicht immer den Starken oder die Starke geben, wenn wir gerade schwächeln. Es ist okay und für eine gesunde Psyche völlig gesund angesichts der Dauerkrise auch zu schwächeln und uns das einzugestehen und auszusprechen. Wir dürfen das für uns so akzeptieren und auch das nimmt Druck raus. Wir dürfen auch traurig sein und wütend sein und Ängste haben – auch das ist völlig normal. Es ist nicht nur normal, es gesünder als so zu tun, als mache das alles nichts mit uns oder gar ständig künstlichen Positivismus hochzufahren und zu verbreiten, den man eigentlich gar nicht fühlt, aber meint an den Tag legen zu müssen, um sich selbst und anderen etwas vorzugaukeln, weil das Ego glaubt, es müsse sich selbst oder andere motivieren um nicht als einer von denen zu gelten, die es nicht drauf haben in der Krise den Helden zu geben. Das ist Verdrängung und die ist ungesund.
Dennoch, auch wenn wir gerade wirklich alle eine schwere Zeit erleben und uns das zugestehen - es ist wichtig immer wieder aus einer seelischen Schieflage in die stabile Mitte zu kommen. 
 
In Krisenzeiten ist es heilsam Zugang zu den eigenen Energieressourcen zu finden und diese dann zu nutzen.
Energieressourcen sind vor allem Glücksmomente.
Momente des Glücks sorgen für positive Gefühle. Je mehr wir davon sammeln, desto weiter wird unser Denk- und Handlungsspielraum. Augenblicksglück, nenne ich das. Je mehr wir davon erleben, desto heilsamer ist es.
Diese kleinen Glücksmomente können wir uns selbst erschaffen. Dazu müssen wir erst einmal wissen wie Augenblicksglück für uns aussieht. Für mich sind es frische Blumen auf dem Schreibtisch, Meditation, Gartenarbeit, ein kleiner Spaziergang und ein Kaffee mit einem lieben Freund, ein Videocall mit einem vertrauten Menschen, ein leckeres Essen, meine Kunst und die Texte, die ich täglich schreibe und das Gefühl einem Menschen helfen zu können. In diesen Augenblicken spüre ich Glück. Ich spüre mich lebendig, als Schöpfer und Gestalter dieser Momente und Stunden.
Und das ist das Entscheidende: Bei allem was wir nicht mehr entscheiden können, in all der Beschränkung mit der wir leben müssen, sind wir dennoch Schöpfer unseres Lebensalltags, Moment für Moment. Sich dessen immer wieder bewusst zu sein, dafür zu sorgen, dass wir kleines Glück empfinden auch wenn das große Glück gerade abwesend ist, schenkt uns zudem das Gefühl von Selbstwirksamkeit und das brauchen wir um uns nicht ohnmächtig in eine Situation zu ergeben und um emotional stabil zu bleiben.
Glücksgefühle sind also essentielle Energieressourcen. 
 
Indem wir Glücksmomente bewusst in unser Leben einladen indem wir sie selbst erschaffen, füllen wir unseren emotionalen Energiespeicher auf.
Um dem flüchtigen Augenblicksglück Nachhaltigkeit zu verschaffen ist es besonders hilfreich uns diese Momente aufzuschreiben. Jeden Abend oder jeden Morgen können wir aufschreiben was uns glücklich gemacht hat oder was wir heute tun werden um uns für einen Moment glücklich zu machen. Das kann wenig sein, aber es wird viel, wenn wir es achtsam und bewusst in unseren Alltag integrieren wie etwa den ersten Morgenkaffe oder Tee: auch dieser ist, wenn wir ihn achtsam zubereiten, riechen und schmecken ein kleiner sinnlicher Glücksmoment.
Möget Ihr glücklich sein.


Montag, 29. März 2021

Liebe ist alles, was wir brauchen!


 

Dinge fallen und gehen kaputt. Solange es Hände gibt, die etwas halten können, sind diesen Händen auch Dinge entglitten ... doch wenn etwas zerbricht muss das nicht unbedingt das Ende bedeuten. 

Pascal A. Frank


Überall lesen wir von der Kraft Liebe und dass sie das Einzige ist, was uns und unsere Welt retten kann. Und alle nicken und denken, ja so ist es: Liebe ist alles. Die Liebe heilt alles.
Ist das wahr?
Es ist nicht wahr: Liebe ist alles, ohne Liebe ist alles nichts - aber die Liebe heilt nicht alles.
Ich weiß es aus eigener Erfahrung und viele von uns, die versucht haben mit ihrer Liebe einen Menschen zu retten, seine Wunden zu heilen oder sein Leben zu reparieren, wissen es auch. Und dieses Wissen hat etwas mit uns gemacht – wir haben einen anderen Blick auf die heilende Kraft der Liebe. 
 
Manche Menschen haben sogar ihren Glauben an die Macht der Liebe verloren. Die Enttäuschung, die Erfahrung der ohnmächtigen Liebe sitzt so tief, dass das Herz sich verschlossen hat und niemanden mehr hineinlässt.
Sie sind nicht mehr auf der Suche nach Liebe, die so ist, wie sie einst war, als sie aus Liebe für einen anderen viel gegeben haben und alle Liebe wirkungslos war.
Die Dinge haben sich für sie verändert. Sie wollen nichts mehr von der Liebe, sie erwarten nichts mehr von der Liebe, sie misstrauen ihr zutiefst. Sie misstrauen dieser Liebe, die den geliebten Menschen nicht retten konnte. Sie misstrauen vielleicht sogar ihrer Liebesfähigkeit und denken, sie haben nicht genug geliebt, auf die falsche Weise geliebt oder die Liebe falsch verstanden oder sich in der Liebe geirrt. Aber so ist es nicht.
Unsere Liebe kann keinen anderen retten. Aber das liegt nicht an der Liebe.
 
Warum nicht?
Weil Liebe, die nicht angenommen wird, nichts ausrichtet.
Weil Menschen, die Liebe nicht annehmen können, nicht lieben können.
Weil wir keinen anderen lieben machen können, weder die Liebe noch uns, noch sich selbst.
Weil Liebe ist. Und ist sie nicht, dann ist sie nicht und wo etwas nicht ist, kann es nicht wirken.
Aber was machen jetzt die, die mit der traurigen Erinnerung an ihre vergebliche Liebe dastehen?
Wie sollen sie heilen, wo sie den Zweifel an der Liebe in sich tragen, das Misstrauen oder gar die Angst, den Glauben an die Liebe für immer verloren zu haben?
Sicher nicht, indem sie all dem nachgeben und es damit verfestigen bis es zur Verbitterung kommt. Sicher nicht, indem sie die Liebe anzweifeln, ihr misstrauen, sich vor ihr fürchten. Das hat die Liebe nicht verdient. Sie ist da, immer und überall. Auch wenn das Herz zerbrochen ist, ist sie da.
So wie ein schöne Teeschale, die zerbricht. Ja, sie liegt in Scherben, aber sie ist immer noch dieselbe Teeschale. Die zerbrochene Schale können wir nun reparieren oder sie wegwerfen. Wenn wir die Schale wertschätzen, wenn sie uns viel bedeutet, werfen wir sie nicht weg, wir reparieren sie. Das ist nicht leicht, es erfordert viel Zeit, Geduld und Fingerspitzengefühl all die Teile wieder zusammenzufügen. Aber wir tun es, damit die schöne Schale wieder ein Teil unseres Lebens wird, damit wir uns wieder an ihr erfreuen und unseren Tee aus ihr trinken können.
So wie wir es mit der Schale machen, machen wir es mit unserem zerbrochenen Herzen. Wir reparieren es. Mit Zeit, Geduld und Fingerspitzengefühl.
Wir haben keine Macht über die Liebe, aber wir haben die Macht uns selbst immer wieder auf neue zu reparieren. Die Entscheidung liegt allein bei uns.


Samstag, 27. März 2021

Gedankensplitter

 


Gefühle sind für unsere soziale Wirklichkeit und im menschlichen Miteinander von enormer Bedeutung. Erst durch Gefühle erfahren wir Lebendigkeit in uns selbst und im Kontakt mit anderen. Gefühle erschließen uns Lebendigkeit. Sie sind daher ein wesentlicher Bestandteil gelingenden oder nicht gelingenden Lebens.
Eine soziale Wirklichkeit, die vornehmlich auf virtuellen Kontakten und virtueller Kommunikation gründet, führt zur Verflachung der Gefühle. Diese führt wiederum dazu, dass menschliches Miteinander verkümmert und die soziale Wirklichkeit zu einem Abstraktum wird, in der sich der Mensch als Mensch nicht mehr "erleben" kann.
Eine Gesellschaft ohne Nähe und ohne das Band gemeinsamer Gefühle ist ohne Bestand.

Dienstag, 23. März 2021

Träume

 

                                                                                           Foto: www

Nenne dich nicht arm, wenn deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; 

wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat. 

Marie von Ebner-Eschenbach


„Es hilft ja nix“, sagt eine Freundin gestern zu mir.
Es hilft ja nix, ist einer ihrer Lieblingssätze, wenn die Dinge nicht so laufen, wie sie sollen oder wenn sie richtig schief laufen.
Dieser Satz hilft ihr wie ein Mantra und so sagt sie ihn auch auf. In der letzten Zeit immer öfter. Und dann kommt plötzlich: Ich bin so müde. Müde vom Durchhalten, müde von der Ungewissheit, müde vom Kämpfen, müde von der Anstrengung meine Hoffnung nicht zu verlieren, müde von der Angst, müde vom Eingesperrtsein und von der Freudlosigkeit. Und jetzt ist doch Frühling, ich würde so gerne in einem Café sitzen, ohne diese dunkle Wolke, die über allem hängt, einfach den Moment genießen, ohne die Sorge, dass es nie mehr gut wird oder sogar noch unguter.
 
Meine Freundin ist zutiefst erschöpft. So erschöpft wie viele von uns. Sie steht trotzdem auf, jeden Tag, trotz ihrer schweren Krankheit und kümmert sich um ihr behindertes Kind und hofft, dass sie das alles überlebt, um weiter für ihr Kind da sein zu dürfen. Sie steht auf mit ihrem „Hilft ja nix ... „und macht weiter.
Wir alle machen weiter, jeder auf seine Weise. Jeder mit seinem Leben. Wir alle machen weiter, auch wenn wir so müde sind, dass wir am Liebsten wegfliegen würden von allem, Richtung Freiheit am Liebsten oder zurück in die alte Welt, die es nicht mehr gibt.
Aber, es hilft ja nichts, es ist wie es ist. Und mit dem was ist, müssen wir leben, weil wegfliegen ... geht nicht.
Aber träumen dürfen wir.
Von einem freien Leben, von einer schöneren Welt, von einer Welt, die uns nicht bedroht und das Leben schwer macht.
Weißt du, wenn nix mehr hilft, kann träumen helfen, sage ich zu meiner müden Freundin. Ich frage sie, was ihr Traum ist.
Es kommt lange nichts.
Dann: Stell dir vor, ich weiß es nicht.
Dann erinnere dich, sage ich.
Ja lächelt sie, da gab es einmal einen Traum.
Und, wie sieht er aus,? frage ich weiter.
Ich träumte davon mich wieder zu verlieben.
Ein schöner Traum, sage ich, träum ihn bitte weiter.
Ja, lächelt sie, das mach ich.
Ja, wir sollten niemals aufhören zu träumen, unsere Träume könnten nämlich wahr werden.

Sonntag, 21. März 2021

Aus der Praxis – Emotionales Essen

 

                                                                 Foto: A.Wende

 

Als ein anderer darüber klagte, dass ihm das Essen nicht schmecke, sagte Sokrates: Akumenos weiß dagegen ein gutes Mittel. Was für eins? fragte jener. Man soll das übermäßige Essen sein lassen, antwortete Sokrates, denn wenn man es aufgebe, werde einem das Essen trefflicher schmecken, billiger sein und besser bekommen.


Haben wir Stress, schüttet das Gehirn das Stresshormon Cortisol aus. Dauerstress führt zu einem dauerhaft erhöhten Cortisolspiegel. Zugleich werden die zur Gruppe der Neurotransmitter gehörenden Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin freigesetzt. Ein Überschuss an Noradrenalin führt unter anderem zu einer Engstellung der Gefäße und damit zu einer Erhöhung des Blutdrucks. Zudem hemmen Adrenalin und Noradrenalin die Insulinausschüttung. Der Blutzucker steigt an. Ein zu viel an Adrenalin löst außerdem innere Unruhe und Angst aus.
Eine weitere Folge von Dauerstress: Unsere Hirnareale, die für das bewusste Handeln verantwortlich sind, werden blockiert. Stattdessen wird das sogenannte Stammhirn aktiviert, das die überlebenswichtigen Funktionen und Triebe steuert.
Stress setzt auch die Wahrnehmung innerer Signale wie Hunger und Sättigung herab.  Manche Menschen verlegen sich auf das sogenannte emotionale Essen.
 
Was bedeutet das?
Wir essen nicht, weil wir hungrig sind, sondern weil das Gehirn uns vorgaukelt, dass wir damit den Stress bewältigen können. Auch Langeweile kann dazu führen, unabhängig vom natürlichen Hungergefühl, zu viel und zu oft zu essen.
Der kurzfristige Effekt: Durch Essen tritt eine emotionale Entlastung ein.
Der langfristige Effekt: Essen wird zur Kompensationsstrategie und damit zu einer ungesunden Gewohnheit.
 
Zu oft, zu viel, zu fett essen, ist für viele Menschen in der Pandemie ein Thema geworden. Auch Kinder- und Jugendpsychiater berichten von zunehmenden Essstörungen seit Beginn der Pandemie und während der Lockdowns.
 
Emotionales Essen ist immer die Folge eines seelischen Konfliktes oder eines Problems, und wie alles, was wir zu viel konsumieren, um etwas zu verdrängen oder abzuspalten, nicht die Lösung für das Problem. Im Gegenteil - wir haben ein weiteres Problem.
 
Wie stoppt man das?
Um mit dem emotionalen Essen aufzuhören ist es hilfreich, sich mit dem eigentlichen Problem auseinanderzusetzen. Dazu gehört, sich zu fragen, wonach man eigentlich hungert, um den Kern des Problems zu erforschen und es dann zu lösen.
 
Eine kleine Anleitung zur Selbsthilfe ist die Selbstbeobachtung.
Jedes Mal, wenn wir etwas essen wollen, halten wir einen Moment inne und erforschen den Auslösereiz. Wir fragen uns: uns: Willst du jetzt essen, weil du hungrig bist oder willst du ein Gefühl kompensieren? Und weiter: Welches Gefühl willst du gerade nicht fühlen?
Dann lassen wir dieses Gefühl da sein und beobachten es, anstatt es „wegessen“ zu wollen. Wenn es sein darf, kann es auch wieder gehen. Kein Gefühl bleibt, wenn wir es nicht festhalten. 
 
Auf diese Weise lernen wir uns selbst nicht nur besser kennen und angemessener mit unseren Gefühlen umzugehen, mit der Zeit tritt wieder eine gesunde Kontrolle über das ungesunde Essverhaltenen ein. Wir gewinnen unser natürliches Essverhalten zurück und essen bewusst - und wir essen, was für unseren Körper heilsam ist.
Wir lassen das Kompensieren und tun uns, anstatt zu viel zu essen, etwas wirklich Gutes.

Samstag, 20. März 2021

Aus der Praxis – Selbstoptimierung ist Fremdorientierung eines unsicheren Selbst

 

Der Mangel an Selbsterkenntnis ist die Essenz der Ignoranz.

Das führt zu Leiden überall in der Welt. 

 

Selbstoptimierung –  wir werden ständig damit bombadiert das Optimale aus uns herausholen, uns noch mehr zu fordern, noch besser, schlanker, gesünder, fitter, schöner, erfolgreicher, glücklicher zu werden.

Selbstoptimierungsanleitungen versprechen unzählige Ratgeber und Onlineveranstaltungen.

Und die Menschen kaufen es.

Und die ihnen das versprechen, verdienen daran.

 

Selbstoptimierung ist eine Vorstellung marktwirtschaftlicher Effizienz. Selbstoptimierung ist eine Forderung von Leistung und Profit auf das eigene Ich angewandt.

Darin liegt ein immenser Druck gewissen Vorstellungen, Erwartungen und Maßstäben zu genügen, der Menschen genau da packt, wo ihre vulnerable Stelle ist –  die innere Überzeugung: Ich bin nicht gut genug!

Wer diesem Druck folgt wird mit Sicherheit nicht glücklicher.

 

Es geht nicht um Effizienz und Maßstäbe, es geht darum uns ein Leben zu gestalten, das uns selbst entspricht.

Es geht darum herauszufinden, was uns gut tut und was nicht.

Darum zu erkennen, was unser Leben bereichert und was nicht.

Es geht darum herauszufinden, wer wir sind und dieses Sein zu leben.

Es geht darum uns selbst zu finden und nicht darum einem nicht gefundenen Selbst eine Makulatur überzustülpen, die diesem Selbst nicht gerecht wird, weil es nicht einmal formiert ist. 

 

Wie soll ich mich selbst optimieren, wenn ich nicht einmal weiß, wer ich bin?

Wer sie im Tiefsten sind, wissen nicht viele Menschen, denn viele leben in einem falschen Selbst und darum leiden so viele Menschen an sich selbst und suchen sich selbst.

Dabei wenden sie sich bedauerlicherweise von sich selbst ab hin zu etwas, das ihnen sagen soll, wer sie sind oder zu sein haben. Sie orientieren sich an denen, die besser sind, erfolgreicher sind, schöner sind, und udn und ...  und ihnen sagen: Genau so musst du sein, um gut genug zu sein.

 

Orientierung im und am Außen ist immer ein Hinweis darauf, dass einem Menschen die innere Orientierung fehlt, was ihn selbst und sein Leben angeht.

Wer eine klare Vorstellung von sich selbst hat und diese auch fühlt, hat nicht das Bedürfnis sich selbst zu optimieren, er hat vielmehr das Bedürfnis innerlich zu wachsen und das ist etwas gänzlich anderes als Selbstoptimierung.

 

Selbstoptimierung ist Fremdorientierung eines instabilen unsicheren Selbst.

Wozu führt Fremdorientierung?

Sicher nicht zu uns selbst, sondern weg von uns selbst, hin zu einem als erstrebenswert definierten Konstrukt von uns selbst, das der eigenen inneren Wahrheit, der individuellen Essenz, niemals standhalten kann.

Deshalb funktioniert das bei den Meisten auch nicht mit der Selbstoptimierung, egal wie fleißig sie denen folgen, die ihnen sagen wie es geht.

Im Gegenteil.

 

Das " je mehr desto besser!" , das uns als erstrebenswert vorgegaukelt wird, führt uns von uns selbst weg.

Anstatt des ersehnten Erfolges ist das Scheitern darin angelegt. Die meisten geben irgendwann auf, weil sie dem Druck nicht standhalten sich selbst zu optimieren und dann fühlen sie sich noch schlechtr als zuvor.   

Und da ist es wieder: Ich bin nicht gut genug!

 

Du bist gut genug!

Ich, du, er, sie, es, wir, sind gut genug!

Und es gibt niemand, der uns optimieren kann.

Aber es gibt jemand, der wachsen kann, an sich selbst  - und das bist du!

 

 

 

Donnerstag, 18. März 2021

Wenn das Vertrauen bricht

 

                                                                         Foto:www


Wenn du dich emporschwingen willst, musst du den ganzen Mist, 
der dich nach unten zieht, zurücklassen.
Toni Morrison
 

Eine der stärksten Säulen für eine Beziehung ist gegenseitiges Vertrauen. Zusagen einzuhalten ist einer der zentralen Vertrauensfaktoren unseres menschlichen Miteinanders, beruflich und privat. Zunächst eine Zusage zu geben, dann diese Zusage aber nicht einzuhalten, ist ein Vertrauensbruch.
Das Versäumnis des anderen fällt nun auf uns zurück.
Wie reagieren wir?
Vermutlich enttäuscht, vielleicht sogar sehr enttäuscht, wenn die Sache für uns sehr wichtig war und wenn der Mensch uns wichtig war. Je wichtiger der Mensch für uns ist, desto schwerer wiegt auch der Vertrauensbruch.
Vielleicht sind wir erst einmal fassungslos und müssen tief durchatmen. Dann sind wir wütend. Diese Wut verraucht irgendwann. Zurück bleiben der Schmerz der Verletzung und die Ohnmacht der Enttäuschung. Nun, Enttäuschung ist immer das Ende der Täuschung. Sie zeigt uns in wem oder in was wir uns getäuscht haben.
 
In diesem Falle haben wir haben nicht nur dem anderen vertraut, sondern auch uns selbst, indem wir glaubten dem anderen vertrauen zu können. Wir haben einem Menschen unser Vertrauen geschenkt und es ist missbraucht worden. Mehr noch, der Missbrauch hat uns Schaden zugefügt.
Das muss man erst einmal verdauen. So etwas liegt schwer auf der Seele.
Damit angemessen umzugehen ist nicht einfach. Denn es geschieht noch mehr: zum Einen haben wir jetzt ein Problem, wir müssen uns eine andere Lösung suchen um unsere Sache zu Ende zu bringen. Zum Zweiten ist da ein Vertrauensbruch geschehen mit dem wir fertig werden müssen.
Wir erfahren eine Kränkung. 
 
Wir fragen uns vielleicht:
Wie kann der andere so sein?
Wie kann er mir das antun?
Wie kann ich so blöd sein und jemanden vertrauen, der meines Vertrauens gar nicht würdig ist?
Wie konnte er mich so täuschen?
Wie konnte ich mich so täuschen lassen?
Warum macht dieser Mensch so was?
Wie kann er nur?
Er kann und Punkt. Nur um die letzte Frage zu beantworten.
Wir könnten uns jetzt die Mühe machen auf all diesen Fragen herumzukauen. Eine Weile, eine lange Weile, eine ganz lange Weile. Und am Ende sind wir dermaßen in unsere Kränkung verstrickt, dass wir vielleicht sogar verbittern.
Ist das hilfreich?
Es ist nicht hilfreich.
 
Wir kauen auf etwas herum wie auf einem Kaugummi, der längst nicht mehr schmeckt. Den würden wir doch ausspucken, oder?
Warum also auf etwas herumkauen, warum auf etwas herumdenken, was uns nicht schmeckt und emotional nicht bekömmlich ist?
Warum sich verstricken, wenn Verstrickung zu nichts führt, außer Leiden?
Das ist Selbstquälerei und ändert an dem was passiert ist rein gar nichts, aber es ändert etwas in uns. Wir verschwenden sinnlose Energie auf etwas, was es nicht wert ist.
Wir denken über einen Menschen nach, dessen Handlungsweise wir nicht gutheißen.
Wir denken über unsere eigene Handlungsweise nach, die wir nicht gut heißen und damit werten wir uns selbst ab.
Wir waren nicht blöd, wir haben vertraut.
Vielleicht weil es uns gefällt zu vertrauen.
Wir sind okay.
Wir erkennen an: wir haben keine Macht über andere Menschen.
Das ist heilsam.
 
Wir gestehen uns unsere schmerzhaften Gefühle zu. Wir bleiben bei uns, wir akzeptieren: Ja, das tut weh. Aber wir hören auf mit dem sinnlosen Wiederkäuen.
Dann treffen wir eine klare Entscheidung: Dieser Mensch ist für uns nicht mehr vertrauenswürdig. Auf diesen Menschen sind wir nicht angewiesen, wir sind nicht von ihm abhängig, wir lösen uns aus der unheilsamen Verstrickung und Punkt.
Und dann wenden wir unsere Aufmerksamkeit unserer Sache zu und suchen eine neue Lösung.


Samstag, 13. März 2021

Ignoranz

 

                                                                        Malerei: A. Wende
 

Erst wenn der Wind der Ignoranz
und des Egoismus sich dreht, wird die Luft zum Atmen wieder klar und rein
für die Seelen der Menschheit.
 

Irina Rauhmann


Manchmal werden wir ignoriert.
Manchmal erleben wir, dass Menschen Gefühle, Dinge, Wissen, Wahrheiten, Fakten, Tatsachen, ignorieren.
Manchmal ignorieren wir uns selbst.
Manchmal ignorieren wir andere.
Ignorieren bedeutet: etwas nicht zur Kenntnis nehmen, etwas missachten, Unwissen, Nichtwissen.
Im Buddhismus ist Ignoranz nicht nur „nicht wissen“, sondern auch „nicht wissen wollen“.
Ignoranz ist der Trotz des Dummen und die Verachtung des Arroganten.
Ein Ignorant ist für den Buddhisten ein unwissender, beschränkter Mensch.
Gemeint ist damit ein Fehlen von Weisheit oder ein Fehlen von Einsicht in die Natur des Geistes und der Dinge, wie sie wirklich sind. 
 
Die Ignoranz ist der Boden vieler Probleme. 
Ignoranz ist ihrem Wesen nach missachtend und kann verletzend sein.
Auf Ignoranz folgt Distanz. Ignoranz zerstört Beziehungen.
Ignoranz führt niemals zu Lösungen.
Ignoranz hat immer etwas Unheilsames.
Aufgrund von Ignoranz verüben wir unheilsame Taten mit denen wir auf andere Menschen oder auf das Leben einwirken.
 
Der Ignoranz zugrunde liegt die Ablehnung von Verantwortung für das eigene Leben und die eigenen Handlungen. Es fehlen Achtung, Achtsamkeit, Respekt, Weisheit, Vertrauen, Denken und Handeln in guter Absicht für uns selbst und Andere.
Erkenne wo du selbst ignorant bist. Hast du es erkannt, gib zu, dass du ignorant bist und frage dich, ob in deiner Ignoranz etwas liegt, was du lernen darfst.

Freitag, 12. März 2021

Gedanken am Morgen

 



Glück ist die Erinnerung an die kleinen Hände meines Sohnes, die sich vertrauensvoll in die meinen legen, an sein Lachen, an seinen Kindergeruch, wenn er auf meinen Schoß saß, seine endlosen Fragen, sein: „Mama, ich hab dich lieb.“
Heute ist Glück, wenn er sagt: „Mama, du bist die Beste. Ich liebe Dich.“
Heute ist Glück zu wissen, dass es ihm gut geht. Zu wissen, dass er seinen Traum lebt und stark ist in dieser schweren Zeit.
Möge er gesund sein.
Mögen wir alle gesund sein und diese schwere Zeit gesund überstehen.
Mögen wir die Kraft haben weiterzumachen, auch wenn wir nicht wissen, wie lange wir noch durchhalten müssen.
Mögen wir die Hoffnung und die Zuversicht nicht verlieren.
Mögen wir zusammenstehen und uns nicht weiter spalten lassen.
Mögen wir wachsam sein und das Wahre vom Unwahren unterscheiden.
Mögen wir einstehen für das, was uns wichtig und wertvoll ist.
Mögen wir einander beistehen wo immer es möglich ist und uns gegenseitig helfen.
Mögen wir fürsorglich sein, uns selbst und anderen gegenüber.
Mögen wir achtsam sein und nicht noch mehr unnötiges Leid in die Welt geben.
Mögen wir den Schwachen Kraft und Halt geben und für die da sein, die um Hilfe bitten.
Mögen wir erkennen, was wirklich wichtig ist.
Möge wir unseren Teil dazu beitragen um diese Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Mögen wir einen wachen, klaren Geist und ein mitfühlendes Herz bewahren.
Mögen wir Glück empfinden, wo es sich zeigt.
Möge dieses Virus verschwinden.

Donnerstag, 11. März 2021

Aus der Praxis – Selbstmitgefühl und liebende Güte

 

                                                                  Foto: www

 

 Möge ich glücklich sein.

Möge ich gesund sein und frei von Leid.

Möge ich frei sein von Hass und Gier.

Möge ich voller Ruhe, Frieden und Gelassenheit sein.

 

Für sich selbst Mitgefühl und eine heilsame Aufmerksamkeit und Fürsorge aufzubringen fällt vielen Menschen schwer. Wir haben es nicht gelernt, mit uns selbst gut zu sein, was nichts anderes heißt, als dass wir, auf eine gesunde und achtsame Art fürsorglich mit uns selbst umgehen.

Hingegen muten wir uns oft mehr zu, als wir schaffen können, wir beuten uns selbst aus, wir überfordern und erschöpfen uns. Wir missachten unsere Grenzen, wir erwarten mehr von uns als von anderen und wir hören auch dann nicht auf uns selbst anzutreiben, wenn wir leiden. Wir geben auch dann noch, wenn unser Lebensgefäß immer leerer wird.

Warum tun wir das?

Wir haben es nicht gelernt, mit uns selbst gut zu sein. Viele von uns, insbesondere Frauen, haben dagegen gelernt: Fürsorge ist für andere da. Das ist auch so. Wir dürfen fürsorglich sein für die, die wir lieben, aber eben auch für uns selbst. Das ist der Beginn der Selbstliebe.

Gestern sagte eine Klientin zu mir: Das mit der Selbstliebe, das kriegt doch keiner wirklich hin.

Ich musste ihr Recht geben.

Es kriegt keiner wirklich hin, also ich kenne keinen.

Selbstliebe ist so ein großes Wort, eine riesige Blase, deren Inhalt, die wenigsten von uns fühlen können und die  nicht selten an der gelebten Realität zerplatzt.

Wie wäre es also zuerst mit Selbstfreundschaft?,  schlug ich meiner Klientin vor.

 

Was bedeutet Selbstfreundschaft?

Wer mit sich selbst befreundet ist behandelt sich selbst so und handelt selbst so, wie es ein guter Freund für uns tun würde. Selbstfreundschaft ist eine freundliche, wohlwollende Haltung gegenüber dem eigenen Ich, die gute Zeiten besser macht und ungute Zeiten erträglicher.

 

Die Vorrausetzung um mit uns selbst befreundet zu sein ist Selbstmitgefühl.

Selbstmitgefühl ist nicht mit Selbstmitleid zu verwechseln. Selbstmitgefühl ist ein sicheres Fundament, das uns trägt, auch wenn wir ins Wanken kommen.

Die meisten von uns schließen sich jedoch selbst aus dem Wohlwollen aus, das wir anderen schenken, weil wir inneren Überzeugungen folgen, die uns sagen: Du bist es nicht wert. Oder wir denken, es sei egoistisch, uns selbst mitfühlend zu behandeln. Die meisten Menschen sind viel geübter in harter Verurteilung sich selbst gegenüber.

 

Wenn wir selbstmitfühlend sind hören wir mit den Verurteilungen auf. Wir erkennen an, dass wir, wie jeder andere Mensch, wertvoll und liebenswert sind, dass wir nicht perfekt und nicht vollkommen sind, genau wie alle, denen wir das leichter zugestehen als uns selbst.

Selbstmitgefühl legt den Fokus auf die bewusste Erlaubnis, uns heilsam um uns selbst zu kümmern. Wir lernen auf uns selbst zu achten, uns uns selbst liebevoll zuzuwenden und uns auf allen Ebenen unseres Lebens gut zu versorgen. Damit hören wir auf uns selbst zu schaden.

 

Je selbstmitfühlender wir mit uns sind, desto mehr kommen wir in Kontakt mit uns selbst.  

Wir kommen in Kontakt mit unseren Gefühlen und damit auch mit unseren Ängsten vor Verletzung und Zurückweisung und erfahren sehr unmittelbar unsere zutiefst menschlichen Themen und Bedürfnisse. Wir lernen all das anzunehmen als Teil des Ganzen, das wir sind. Schließlich lernen wir die Verantwortung für uns selbst zu übernehmen. Wir befreien uns von diesem zuneigungshungrigen inneren Kindanteil, der nie satt zu kriegen ist und stets nach Aufmerksamkeit verlangt. Zuneigungshunger ist das Gegenteil von Selbstmitgefühl – er ist Selbstsucht. 

Selbstsucht führt immer von uns selbst weg zur Anhaftung an andere, die das für uns tun sollen, was uns selbst nicht gelingt. Diese unheilsame Verstrickung lösen wir indem wir Selbstmitgefühl üben und praktizieren. Damit befreien wir uns selbst und andere.

Im Zuge dieses heilsamen Prozesses werden wir nicht nur selbstmitfühlender, sondern wir können unser Mitgefühl auch anderen ohne Anstrengung aus tiefstem Herzen schenken. 

 

Wer sich selbst gegenüber hart und verurteilend ist, ist auch hart und verurteilend gegenüber anderen. Ihm fehlen die emotionalen Ressourcen, weil er ständig im Kampf mit sich selbst ist. 

Selbstmitfühlende Menschen hingegen haben mehr emotionale Ressourcen für ihre Mitmenschen zur Verfügung, ganz einfach, weil sie sich selbst die Aufmerksamkeit und Fürsorge schenken, die sie brauchen. Sie sind erfüllt und nur wer erfüllt ist, kann etwas von seiner Fülle abgegeben. Selbstmitfühlende Menschen besitzen das, was man im Buddhismus Metta - allumfassende Liebe, Herzensgüte, Nächstenliebe, liebende Güte - nennt, für sich selbst und ihren Mitmenschen gegenüber. 

Diese liebende Güte können wir kultivieren, indem wir mit uns selbst beginnen - dort wo Veränderung immer beginnt.

 

Damit man echtes Mitgefühl für andere entwickeln kann, muss man zuerst ein Fundament haben, auf dem man Mitgefühl kultivieren kann. Dieses Fundament ist die Fähigkeit, sich mit den eigenen Gefühlen zu verbinden und sich um sein eigenes Wohlergehen zu kümmern“, sagte der Dalai Lama einmal.  

 

Ja, so ist es.

Mittwoch, 10. März 2021

Aus der Praxis – Resilienz

 

                                                 

Die Lotusblume entspringt aus dem Schlamm. 

 

 

Die einen zerbrechen an Schicksalsschlägen, andere wachsen daran.
Woran liegt das? Da wir Menschen alles verstehen wollen gibt es auch dazu ein psychologisches Konzept: Man nennt es Resilienz.  
In die Welt gerufen wurde es von dem französischen Resilienzforscher Boris Cyrulnik
Der sechsjährige Boris liegt in seinem Bett, als Wehrmachtssoldaten ihre Waffen auf ihn richten. Mit dieser Szene beginnt die Autobiografie Cyrulniks "Rette dich, das Leben ruft".
Cyrulnik verliert seine Eltern im Konzentrationslager. Er wächst in Heimen und in Pflegefamilien auf. Als Erwachsener gründet er eine Familie, wird ein erfolgreicher Wissenschaftler und sagt von sich selbst: Ich bin glücklich. Sein Forschungsgebiet ist das Phänomen, das ihm half: Resilienz.

Das Wort Resilienz kommt aus dem Lateinischen resilire was so viel bedeutet wie - zurückspringen oder abprallen. 

Resilienz ist die psychische Widerstandsfähigkeit Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Chance für persönliche Entwicklung zu nutzen. Man könnte auch sagen: Resilienz ist die Kraft oder die Fähigkeit eines Menschen in die ursprüngliche Position, Form, Zustand usw zurückkehren zu können, nachdem er verletzt worden ist. Sie ist die Fähigkeit sich von etwas zu erholen was einem schwer zusetzt.

Ein resilienter Mensch ist ein Stehaufmännchen. Menschen mit hoher Resilienz besitzen die Fähigkeit, sich sogar von schweren Schicksalsschlägen nicht aus der Bahn werfen zu lassen.
Der österreichischische Neurologe und Psychiater Viktor Frankl, der wie durch ein Wunder fünf Jahre Auschwitz und andere Konzentrationslager überlebt hat, schrieb in seinem Buch "Der Mensch auf der Suche nach dem Sinn", dass wir im Grunde das Leben kaum steuern können, dass wir nicht in der Hand haben, was uns geschieht, sehr wohl aber, dass wir entscheiden können, wie wir auf das, was uns geschieht reagieren. Genau darum geht es bei der Resilienz. Ein resilienter Mensch nimmt was ihm geschieht an, im Wissen, dass er die Kraft du die Fähigkeit besitzt Schwierigkeiten und Krisen zu überwinden. Zudem hat er den Willen an diesen Erfahrungen, auch wenn sie schmerzhaft sind, zu wachsen. Im Grunde geht es bei der Resilienz darum schwierigen Ereignissen im Leben mit Flexibilität und Akzeptanz begegnen zu können. Dabei ist es nicht entscheidend was uns wiederfährt, sondern wie wir darauf reagieren und wie wir darüber hinwegkommen. Resilienz ist die innere Widerstandskraft sich vom Leben nicht zerbrechen zu lassen.

Das Leben läuft nicht nach Plan und es ist nicht gerecht.
Und obwohl wir das alle wissen, hoffen die meisten von uns im Stillen, dass es das Leben gut mit uns meint, dass es uns Glück, Gesundheit und Erfolg bescheren möge. Wenn es ganz gut läuft kommen noch der Lebenssinn dazu, eine erfüllende Beziehung und das Gefühl von Sicherheit. Aber - eine der absoluten Sicherheiten im Leben ist: Es gibt keine Sicherheit. Das muss man erst einmal begreifen, ich meine wirklich begreifen. Wenn wir das begriffen haben, werden sich gewisse Erwartungen von selbst erledigen und wir akzeptieren was Leben wirklich ist: Eine Reise durch Höhen und Tiefen.
Ein resilienter Mensch hat das verinnerlicht. Er hat meist schon früh gelernt, zu akzeptieren, dass das Leben eine Mischung aus guten und unguten Erfahrungen ist und genau das macht ihn fähig mit letzteren angemessen umzugehen. Das Leben ist polar und wo das eine ist, ist das andere enthalten: Gesundheit und Krankheit, Erfolg und Scheitern, Liebe und Liebeskummer, Glück und Unglück, Traum und Wirklichkeit, Leben und Tod. Alle Menschen erfahren dies in ihrem Leben. Manche zerbrechen daran, andere wachsen daran.


Resilienz bedeutet sich mit Gewissheiten anzufinden.
Uns abfinden mit dem, was ist. Zum Beispiel damit, dass wir was vergangen ist, nicht ändern können. Dass wir, was uns verletzt hat nicht ändern können. Dass wir, was wir anderen angetan haben nicht rückgängig machen und vor allem, dass wir Menschen nicht ändern können. Zu akzeptieren was wir nicht ändern können, ist einer der entscheidenden Aspekte wenn es um Resilienz geht. Dazu gehört auch zu akzeptieren, dass es nicht immer und für alles im Leben eine Lösung gibt und nicht auf alle Fragen eine Antwort. Ein resilienter Mensch hat gelernt, dass die Frage nach dem Warum kaum Sinn macht. Er fragt: Wozu ist das gut oder welchen Sinn kann ich dem, was mit geschieht oder mir geschehen ist, geben?

Ein resilienter Mensch besitzt "Selbstwirksamkeitsüberzeugung".
Er lebt im Gefühl, auch schwierige Situationen durch sein Handeln positiv beeinflussen zu können. Er ist in der Lage seine Situation realistisch zu beurteilen. Resiliente Menschen haben die Fähigkeit, sich zu vom Unglück zu distanzieren, anstatt sich überwältigen zu lassen. Sie sind fähig die Beobachterposition einzunehmen, was bedeutet - sie stellen sich gedanklich neben sich, schauen sich die Lage quasi von oben an und handeln dann der Situation angemessen. Das nenne ich Schöpfertum.

Resiliente Menschen wissen auch wann sie etwas nicht alleine schaffen. Sie suchen in einer Situation, die sie überfordert, Hilfe und sind fähig diese auch anzunehmen. Nicht resiliente Menschen zerbrechen nicht selten an ihrem Schmerz und ihrer Trauer, weil sie sich allein gelassen fühlen und vor allem weil sie glauben, alles alleine schaffen zu müssen. Gelingt das nicht, fühlen sie sich dem, was geschieht, hilflos ausgeliefert. Sie zerbrechen letztlich an ihrer eigenen Hilflosigkeit letztlich und nicht an der Krise an sich.

Das Wissen um die Kraft der Selbstwirksamkeit macht stark.

Resiliente Menschen gehen bei schwierigen oder belastenden Situationen davon aus, dass sie diese Situationen durchstehen werden. Mit jeder überstanden Krise wächst das Vertrauen, auch künftige Krisen zu meistern. In belastenden Situationen halten sie länger durch, sie stellen sich dem was ist und versuchen, auch wenn es dauert, die Situation zu meistern, weil sie zuversichtlich an einen guten Ausgang glauben. Sie  sind fähig im Jetzt zu leben und trotz der Krisensituation ihre täglichen Aufgaben zu erfüllen, anstatt in Selbstmitleid und Lähmung zu verfallen und alles fallen zu lassen, was das Leben in der Krise auch noch ausmacht.

 

Ein weiterer wesentlicher Faktor ist positive Selbstwahrnehmung.

Die Wertschätzung der eigenen Person ist bei resilienten Menschen höher. Das macht sie weitgehend unabhängig von der Anerkennung durch andere. Sie sind sich ihres Wertes und ihrer Fähigkeiten bewusst und brauchen keine Bestätigung von Außen. Sie wissen um ihre Stärken und ihre Schwächen und verurteilen sich nicht für ihre Gefühle, aber sie lassen angenehmen Emotionen mehr Raum als unangenehmen und wissen wie sie auch in Krisenzeiten gut für sich selbst sorgen.

Resiliente Menschen vertrauen auf ihr soziales Netzwerk.

Allein stark sein ist gut. Sich selbst vertrauen ist gut. Zu wissen: Ich muss nicht alles alleine schaffen, ist gut. Wer in Krisenzeiten oder in belastenden Situationen auf ein soziales Netz aus Familie und Freunden zurückgreifen kann, findet Unterstützung. Auch wenn sie nicht in Anspruch genommen wird, trägt allein das Wissen und das Vertrauen - ich könnte Hilfe bekommen, wenn ich darum bitte -  trägt dazu bei, seelische Belastungen und Überforderung zu reduzieren.

 

Resilienz ist bei jedem von uns unterschiedlich stark ausgeprägt.

Die Grundlagen werden in der Kindheit gelegt. Wer als Kind Liebe, Anerkennung, Geborgenheit, Wertschätzung, Ermutigung und Unterstützung erfahren hat, wird psychisch widerstandsfähiger, er ist von Haus aus resilienter. Aber auch wer all das nicht erfahren durfte,  kann auch noch im Erwachsenenalter seine psychische Widerstandsfähigkeit trainieren. Wir können nachreifen, solange wir leben. Und dazu braucht es wie bei jeder Veränderung, die wir anstreben - Bereitschaft, Übung und Geduld mit uns selbst.

 

Aus der Praxis – Die Spirale des Jammerns unterbrechen und Resilienz stärken

 

Es ist okay zu jammern, wenn es dir nicht gut geht, 

aber es ist unheilsam ständig zu jammern, 

insbesondere über Dinge, die du nicht ändern kannst.  

 

Jammern über Dinge, die du nicht ändern kannst, kostet dich unglaublich viel Energie und schenkt dem, was ungut ist, viel Aufmerksamkeit. Diese wirkt wie ein Verstärker. Am Ende siehst du nur noch das Ungute. Wenn du nur noch das Ungute siehst, manövrierst du dich selbst in eine Spirale destruktiver Gefühle. Du verlierst die Zuversicht.

Je mehr destruktive Gefühle du hast, desto schlechter fühlst du dich. 

Wer sich schlecht fühlt, dem geht es schlecht. Ständige oder sich wiederholende negative Emotionen schwächen nicht nur deine Lebensenergie, sondern auch dein Immunsystem. 

Du brennst aus.

Das ist unheilsam für deinen Geist, deinen Köper und deine Seele.

 

Heilsam ist es den Focus auf das zu legen, was jetzt gut ist.

Du könntest dich fragen:

Was ist jetzt in meinem Leben gut?

Wofür darf ich dankbar sein?

Was funktioniert gut?

Was kann ich optimieren?

Wie kann ich was mir fehlt, kompensieren?

Wie kann ich meine Situation verbessern?

Was sind kleine Schritte, die ich machen kann?

Welche Möglichkeiten habe ich noch nicht genutzt, damit es mir besser geht?

Was genau hilft mir dabei?

Wer könnte mir dabei helfen?

Was kann ich heute tun, damit es mir besser geht?

 

Wichtig ist also, dass du nicht in den destruktiven Gedanken und Gefühlen hängen bleibst, sondern hilfreiche dagegensetzt.

Das kannst du selbst tun, indem du die Bereitschaft aufbringst, deinen Fokus auf das in deinem Leben zu legen, was du beeinflussen kannst. Das stärkt deine psychische Widerstandskraft, auch Resilienz genannt. Resilienz ist die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen.

Es ist nie zu spät deine Resilienz zu steigern.

Fang jetzt damit an.