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„Ich glaubte zu wissen, wie ich bin, wie er ist, und auf einmal erkenne ich uns nicht mehr, weder ihn noch mich. Mein früheres Leben ist zusammengestürzt, spurlos verschwunden, wie bei einem jener Erdbeben, wo der Boden sich selbst verschlingt. Hinter dem Flüchtenden bliebt nichts zurück als ein Abgrund. Es gibt keine Rückkehr“, schreibt Simone de Beauvoir in ihrem Buch „Eine gebrochene Frau“.
Die Entdeckung eines Betrugs ist vernichtend.
Wenn man eine Liebe auslöschen will und das Vertrauen eines Menschen zerstören will, ist der Betrug das Mittel der Wahl. Betrug ist Verrat auf vielen Ebenen: Lüge, Täuschung, Zurückweisung, Demütigung, Beschämung, Kränkung, innerliches Verlassen des anderen. All das sind Erfahrungen vor denen uns die Liebe ja bewahren soll. Wenn aber der Mensch, dem man vertraut hat, derjenige ist, der einem all das zugefügt hat, lässt das bei besonders sensiblen Menschen eine Welt zusammenbrechen. Das Leben zerbricht in viele Teile, die sich nicht mehr zusammenfügen lassen.
Werte und Grundannahmen, die einen Menschen
ausmachen, machen ihn genau dort auch verwundbar. Es sind vor allem
diese Menschen, die noch Jahre nach dem Betrug leiden. Der
Betrogene steht, wie es Simone de Beauvoir so eindringlich beschreibt,
vor einem Abgrund. Hinter ihm liegt der Trümmerhaufen eines Lebens, das
so wie es war nie mehr sein wird. In ihm sind Fassungslosigkeit, Wut,
Ohnmacht, Schmerz, Trauer und Orientierungslosigkeit. Der
Fassungslosigkeit folgt eine niederschmetternde
Gewissheit.
Untreue erschüttert den ganzen Menschen.
Die
Wucht an Gefühlen ähnelt den Symptomen eines psychischen Traumas. Es
kommt zu exzessivem Grübeln, überhöhter Wachsamkeit, automatisch
wiederkehrenden Erinnerungsbilden, Schlafstörungen, Albträumen,
unerklärlichen Wutausbrüchen, Ängsten, unangemessenen Reaktionen, Panik,
Dissoziation, Überaktivität oder sozialem Rückzug, emotionaler
Erstarrung und/oder Depressionen. Eine solche Erfahrung ist für
manche Menschen derart zerstörerisch, dass sie die emotionalen Folgen
oft nicht mehr loswerden. Noch Jahre nach dem Betrug leiden sie unter
den Folgen der erschütterten Seele.
Wird das Ereignis nicht
verarbeitet, kann es zu einer Posttraumatischen Belastungsstörung
kommen, eine chronisch verlaufende Störung, die nach extrem belastenden
Ereignissen auftreten kann. Wird diese nicht behandelt, kann sie die
Lebensqualität massiv einschränken.
Warum ist das so?
Die mit
dem Trauma in Verbindung stehenden Sinneseindrücke, körperlichen Empfindungen und Gefühle werden im sogenannten Mandelkern im Gehirn
gespeichert. Sie zerfallen bei oder nach einem Trauma wie die
Splitter eines zerbrochenen Spiegels in viele Einzelteile und können
daher nicht mehr als sinnvolles Ganzes wahrgenommen und zugeordnet
werden. Aus diesem Grund können sie nicht als Lernerfahrung in die
Gesamtheit der Persönlichkeit integriert werden. Es nützt also nichts, wenn man diesen
Menschen sagt: „Jetzt zieh endlich mal einen Schlussstrich unter das
Ganze und leb dein Leben!“ Sie wollen es ja, nichts lieber als
das, aber sie können es nicht. Diese Fragmente beginnen ein Eigenleben.
Sie überlagern das Jetzt. Das Zusammenspiel von teilweisem
Erinnern, Erinnerungslücken und immer wieder auftauchenden Bildern und
den damit ausgelösten Gefühlen stellt für Betroffene eine große
Belastung dar. Sie sind nicht mehr Herr/Frau im eigenen Haus.
Sie brauchen professionelle Hilfe um die Traumafolgen zu verarbeiten.
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