Mittwoch, 1. November 2023

Aus der Praxis: No Way! Wenn Menschen nicht zu helfen ist

 


Niemand ist gerne psychisch angeschlagen oder hat ernsthafte psychische Probleme oder Störungen. Es ist nicht leicht sich einzugestehen, dass die eigene Seele krankt. Dazu gehört eine große Portion Mut, Ehrlichkeit sich selbst gegenüber und Selbsterkenntnis. Nun ist Selbsterkenntnis kein leichtes Unterfangen, sie ist jedoch die Voraussetzung um sich professionelle Hilfe zu suchen. Vor allem ist die Bereitschaft sich selbst erkennen zu wollen, die unbedingte Voraussetzung dafür, dass Hilfe wirken kann. Oft wird die Annahme von Hilfe als Hilflosigkeit und Kontrollverlust empfunden. Das Eingeständnis sich selbst gegenüber, dass man Hilfe braucht, ist jedoch Stärke und nicht Schwäche. Die Erkenntnis, dass wir nicht alles alleine bewältigen können oder sogar nicht mehr können,bedeutet, dass wir die Realität anerkennen und aufhören uns selbst etwas vorzumachen.
Damit Hilfe wirkt, müssen wir wie gesagt auch innerlich bereit sein sie anzunehmen.
Damit sie wirken kann bedarf es ...
 
1. Leidensdruck
Betroffene müssen ihren Zustand als Belastung empfinden und ihn als Belastung (an)erkennen.
2. Krankheitseinsicht
Dies ist die wichtigste Voraussetzung. Man muss wirklich einsehen, dass man ein Problem hat und Hilfe braucht. Das bedeutet, man muss sich dem Problem bewusst stellen. Fehlt die „Krankheitseinsicht“, sehr oft ist das bei Sucht so, kann Hilfe nichts ausrichten.
3. Eigenmotivation
Dieser Punkt ist ebenfalls mehr als relevant. Oft versuchen Angehörige, ihren Partner oder ein Familienmitglied zu einer Therapie zu bewegen. Die Betroffenen machen es dann halt, damit der Angehörige endlich Ruhe gibt. Es bringt meiner Erfahrung nach absolut nichts, wenn ein Mensch aufgrund von äußerem Druck in die Praxis kommt. Wenn er selbst keine Einsicht verspürt, ist er auch nicht bereit mitzuarbeiten.
 
Eine Therapie oder ein Coaching in Anspruch zu nehmen ist immer eine freiwillige Entscheidung, die allein aus uns selbst kommen muss. Unser Zustand muss uns bewusst sein und wir müssen die Bereitschaft haben zu genesen.
Leider ist es so, dass nicht allen Menschen zu helfen ist. 
 
Woran erkennt man, dass einem Menschen nicht zu helfen ist?
Wenn er die Schuld für alles immer bei anderen oder den Umständen sieht und nicht bereit ist Eigenverantwortung zu übernehmen.
Wenn er andauernd widerspricht, es besser weiß und sich dem Prozess verweigert.
Wenn er nichts an hilfreichen Werkzeugen, die ihm an die Hand gegeben werden - wie Übungen, Skills etc., einübt und kontinuierlich praktiziert.
Wenn er trotz Absprache keine Expositionsübungen macht.
Wenn er ständig klagt und nichts aktiv tut, damit eine Besserung eintritt. Der Klagende will klagen. Er hat keinen Impuls etwas zu tun, um seine Situation konstruktiv zum Besseren zu verändern. Ihm fehlt die innere Bereitschaft und Einsicht. So kann er natürlich keine Eigeninitiative ergreifen und handlungsfähig werden.
Wenn er sein Verhalten und seine Probleme immer wieder bagatellisiert.
Wenn er keine Eigenmotivation zeigt und in der Haltung verharrt: "Das ändert doch alles sowieso nichts."
Wenn er meint, er habe schon so viel getan und ihm kann sowieso keiner (mehr) helfen.
Wenn er glaubt, er weiß besser was mit ihm los ist als jeder andere, sogar besser als der, die TherapeutIN.
Wenn er den Helfer manipuliert und/oder offen oder subtil abwertet.
Wenn er meint, dass sein Leiden das Schlimmste der Welt ist, keiner ihn versteht und es unheilbar ist.
Wenn er meint mit seinem Leiden alles rechtfertigen und entschuldigen zu können, was ihm im Leben nicht gelingt.
Wenn er nicht daran glaubt, dass er selbst etwas ändern könnte.
Wenn er nicht bereit ist sich selbst zu hinterfragen.
Wenn er nicht daran arbeitet, sein destruktives Denken und Handeln oder seine selbstzerstörerischen Gewohnheiten zu verändern.
Wenn er nicht einsieht, warum er sich verändern soll und meint der Rest der Welt müssen sich ihm anpassen.
Wenn er zwar hohen Leidensdruck hat, aber kaum oder keine Krankheitseinsicht und keine Eigenmotivation.
Wenn er immer wieder betont: "Ich bin halt so. Ich kann nichts dagegen tun."
Wenn die Therapie lediglich als Ersatz fungiert für all das, was der Betroffenen im Leben nicht finden kann: stabile Beziehungen, Aufmerksamkeit, Mitgefühl und Zuwendung.
Wenn er sich selbst nicht zwingend als einen Teil der Lösung sieht, sondern sich als Opfer fühlt. Wenn er also der festen Überzeugung ist, dass die Lösung seines Problems von außen kommen muss oder glaubt, dass jemand anderes sich ändern muss, damit es ihm besser geht. Aus dieser Opferidentifikation heraus kann der Mensch nicht handeln und sich nicht wandeln.
Wenn die unbewusste Überzeugung ist: "Es darf nicht heilen."
Wenn es einen sekündären Krankheitsgewinn gibt, der mehr Benefit hat, als die Genesung haben könnte.
Wenn er oft zu spät kommt oder Sitzungen absagt, vergisst und ausfallen lässt.
 
"Man kann nicht alle Umstände ändern, denen man sich stellt. Aber nichts wird sich je ändern, wenn du dich ihnen nicht stellst."
- James Baldwin

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