Samstag, 17. Dezember 2022

Erholen, aufleben, gesunden, erstarken. Darum geht es in Zeiten der Genesung.

 

                                                                             Foto: A. Wende

Zwölf Tage Corona und kein besonders milder Verlauf. Ich bin seit gestern wieder negativ, aber platt und schwach. Jede schwere Erkrankung ist für den Körper ein zehrender Prozess. Krank sein ist anstrengend und kräftezehrend. Der Körper braucht mitunter lange, bis er sich vollständig von der Erkrankung erholt hat. Viele Tage Bettruhe schenken nicht nur die nötige Ruhe zur Genesung, sie führen auch zu einem Gefühl der Erschöpfung. Körperlich erschöpft zu sein wiederum kann dazu führen auch mental und psychisch erschöpft zu sein. Nach jeder Krankheit brauchen wir Zeit um wieder zu Kräften zu kommen. Heilung dauert. Sie braucht Geduld, Klarheit und Selbstfürsorge.

Krankheit ist ein fremdes Land.  

Wir haben einen Umgang damit nicht gelernt. Jeder von uns hat andere Erfahrungen und Glaubenssätze darüber was Krankheit für ihn bedeutet. Dem einen macht sie panische Angst, der andere nimmt sie hin und weiß, dass sie zum Leben gehört. Wieder andere haben sich daran gewöhnt, immer wieder oder sogar chronisch krank zu sein. Mit jedem von uns macht Kranksein etwas anderes.

Krankheit, die physische und psychische Schwäche zur Folge hat, kann dazu führen, dass wir in ein seelisches Tief versinken. Kummer, Sorgen, die Angst, nicht mehr richtig gesund zu werden können uns in der Krankheit festhalten und machen die Genesung schwer. Jetzt dürfen wir lernen unsere Grenzen neu zu definieren, indem wir sehr bewusst darauf achten was möglich ist und was noch nicht geht.

Was wir jetzt brauchen ist Zuversicht und Selbstmitgefühl und zwar eine ganze Menge.  

Selbstmitgefühl fällt den meisten von uns schon schwer, wenn sie gesund sind. Wir neigen dazu uns selbst wenig Mitgefühl entgegen zu bringen, weil man es uns nicht vermittelt hat oder weil wir an Überzeugungen kleben, die uns innerlich antreiben, die uns kritisieren, wenn wir nicht unseren eigenen oder den Erwartungen anderer entsprechen. Das sind unheilsame Überzeugungen, die im Kern alle nur eins meinen: Du bist es nicht wert das Beste für dich zu tun. Oder: Wenn du nicht funktionierst bist du nichts wert. Also wollen wieder schnell wieder aufstehen, funktionieren, aktiv am Leben teilhaben so wie vorher und wir merken, so einfach ist es nicht. Auch wenn der Geist willig ist, das Fleisch ist noch schwach. Das zu akzeptieren ist wahrlich eine Herausforderung.  

Gelassen ja zu sagen zu einem Zustand, den wir so nicht wollen, etwas hinzunehmen, was uns aus dem Alltagsleben herauskatapultiert, etwas zu akzeptieren, was wir nicht ändern können, ist eine Kunst. Im Falle der Genesung: Die Kunst der Akzeptanz der Langsamkeit.  

Langsam dürfen wir lernen kleine Schritte zu machen. Ein erster kleiner Spaziergang, eine Achtsamkeitsübung, ein wenig Qi Gong vielleicht, ein erster kleiner Einkauf, uns geistig ein wenig fordern und dann immer wieder: Pause und ausruhen.

Müde, antriebslos, erschöpft – körperlich wie geistig.

Damit das kein Dauerzustand wird, ist es wichtig, die Signale unseres Körpers ernst zu nehmen und gegenzusteuern. Denn wenn wir jetzt an unsere Grenzen gehen, bekommen wir irgendwann die Quittung. Alles scheint mühsamer als sonst. Das ist eine Warnung des Körpers, die uns signalisiert: Ich brauche Ruhe und Erholung! Das sollten wir nicht ignorieren, sondern ernst nehmen.

Achtsam sein und spüren was der Körper braucht und was der Seele gut tut. Ausreichend trinken, gesund essen, genug schlafen, Pausen einlegen, Stress jeder Art vermeiden und vor allem: Uns keinen Druck machen. Solange wir nicht in unserer vollen Kraft sind, dürfen wir anerkennen, dass wir weiter Unterstützung brauchen, wir dürfen darum bitten und sie annehmen. Z.B indem wir Freunde oder den Nachbarn bitten für uns einzukaufen. Wir dürfen jetzt leiser treten, auch was die Arbeit angeht. Dazu gehört zu erkennen: Was ist wirklich wichtig und was kann warten.

Erholen, aufleben, gesunden, erstarken. Darum geht es in Zeiten der Genesung.

Wie wäre es mit Tagträumen? Ich liebe es. Wir können visualisieren, was wir in naher Zukunft Schönes machen werden. Allein die Vorstellung führt zu positiven Gefühlen. Wir empfinden Vorfreude. Wichtig ist realistisch zu bleiben: Also nicht gleich einen großen Stadtbummel, eine Wanderung oder eine Reise planen, sondern erst einmal kleine Ziele formulieren. 

Wenn wir zuhause genesen kann es auf Dauer langweilig werden. Deshalb ist es wichtig uns eine Struktur zu schaffen.

Kleine Rituale zu installieren, wie z.B. jeden Morgen Tagebuch schreiben, eine warme Mahlzeit kochen, die Tasse Kaffee am Nachmittag mit einem guten Buch, etwas Kreatives machen. Rituale helfen den Tag zu strukturieren und wirken depressiven Verstimmungen entgegen.

Und wenn doch die depressiven Gefühle nach Oben kriechen, könnten wir uns sagen: Okay, manchmal läuft es einfach nicht. Manchmal wird unser Weg durch eine Krankheit unterbrochen. Ja, wir könnten jetzt traurig, frustriert und enttäuscht sein. Doch wer sagt uns, ob wir gerade durch diese Unterbrechung nicht dort ankommen, wo es uns weiterbringt und uns langfristig stärkt? Es liegt an uns selbst herauszufinden, welche wertvollen Erfahrungen und Einsichten in einer schweren Phase entstehen können.
 Wenn wir sie zulassen.

 

 

 

1 Kommentar:

  1. Sehr schön und klug geschrieben. Danke.
    Kranksein will man nie, es stört eigentlich immer. Und
    wenn, soll es wenigstens
    schnell vorbeigehen...
    Aber so ist es nicht immer.
    Das ist herausfordernd. Doch in Bezug auf liebevollen Umgang mit sich selbst und Hören auf die Signale des Körpers kann es ein Gewinn werden. Der Gewinn, sich enger und zugewandt-fürsorglich mit sich selbst zu verbinden. Auch daraus erwächst eine gewisse Form von Stärke. So habe ich es schon erlebt.
    Weiterhin gute Genesung und die nötige Geduld!

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