Donnerstag, 30. Dezember 2021

Für die Menschlichkeit

 


Es geht es zu Ende, das Jahr 2021.
Ein Jahr, in das wir Hoffnung gesetzt haben, die Hoffnung es möge besser werden, als das vorangegangene.
Ist es besser geworden?
Nein.
Das Virus ist geblieben, es hat sich durch eine Impfung, auf die viele Menschen große Hoffnung gesetzt haben, nicht vertreiben lassen und es mutiert weiter. Es ist geblieben und es wird bleiben und mit ihm massive Einschränkungen unseres Lebens, die, hätte man uns das vor zwei Jahren erzählt, keiner von uns für möglich gehalten hätte. Wir haben das Kostbarste verloren, das wir Menschen haben: Unsere Freiheit.
 
Aber wir haben noch etwas Kostbares verloren: Menschen, die wir einst unsere Freunde nannten, Familienmitglieder, Geliebte, Bekannte mit denen wir in gutem Kontakt waren und manche von uns haben das Lächeln, die Offenheit, die Lebensfreude, die Liebe und die Güte füreinander verloren. Manche von uns haben ihre Arbeit verloren und Ihr Recht sich frei zu bewegen. 
 
Wir haben Menschen verloren durch Krankheit und Tod.
Das ist eine Tragödie, aber darauf haben wir keinen Einfluss.
Aber es haben sich Tragödien abgespielt auf die wir Einfluss hatten. Manche von uns haben Menschen verloren, durch ihr eigenes Denken und Handeln, indem sie sich gegeneinander aufhetzen und spalten ließen. Manche von uns haben sich eingelassen auf verwirrte Politiker und eine mediale Welt, die Andersdenkende und Andersfühlende zum Sündenbock und als Gefahr für das Kollektiv abgestempelt haben, solange bis man ihnen Glauben schenkten und sie haben genauso gehandelt hat, wie man es uns wieder und wieder eingetrichtert hat. 
 
Manche von uns haben Menschen ausgegrenzt, verachtet und stigmatisiert, die zuvor eine oder einer von ihnen war.
Wir haben uns auf Lügen verlassen und Versprechungen, die nicht gehalten wurden und mache von uns glauben sie noch immer.
Wir haben uns von der Angst beherrschen und leiten lassen und aus unserer Ohnmacht wurde Wut, die auf diejenigen einschlug, die man zu Schuldigen gemacht hat. Und die „Schuldigen“ haben zurückgewütet.
Wir haben Menschlichkeit, Nächstenliebe, Respekt, Achtung und Mitgefühl zerbröseln lassen.
Wir haben, anstatt zusammenzuhalten, Krieg gegeneinander geführt und führen ihn weiter.
Wir haben das Unheilsame in unsere Welt gelassen, ohne auch nur einen Moment innezuhalten und es einfach laufen lassen; und wir lassen es weiter laufen.
Wir haben durch unsere Respektlosigkeit der Natur gegenüber nicht nur das Virus in unsere Welt eingeladen, sondern auch die Kräfte und die Mächte des Unheils, die es sich zunutze machen.
Wir haben aus einem Unheil ein weiteres Unheil gemacht und manche von uns machen weiter.
Das Unheil wird bleiben. 
 
All die Verletzungen, die sich Menschen in diesem Jahr zugefügt haben, werden nicht vergessen und schwer zu vergeben sein. Wir haben die Krise nicht genutzt um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wir haben die Chance, die in der Krise liegt, nicht ergriffen, wir haben uns für die Gefahr entschieden und stecken tief drin.
 
2021 war das erschütterndste Jahr in meinem Leben und ich habe weiß Gott einige Erschütterungen erlebt und überlebt. Diese aber ist so gewaltig, dass ich die Welt anders sehe, als ich sie zuvor sah. Nie zuvor war ich am Ende eines Jahres so traurig und so müde. Ich, die starke Frau, die es sich zur Aufgabe gemacht hat Menschen zu unterstützen, die Menschen hilft, weil sie es kann, die anderen Kraft und Zuversicht schenkt, bin müde. Ich bin menschenmüde. Müde der Menschen, die gezeigt haben, was ein Mensch nicht sein sollte. 
 
Und dennoch bin ich dankbar, für meine Kraft, meinen Mut, meine Liebe zum Leben, meinen Glauben an das Wahre, das Gute und das Schöne und dafür, dass ich noch gesund bin und meine Liebsten auch. Ich bin dankbar, dass ich meinen Werten, trotz allem, was es mir abverlangt, treu geblieben bin.
Und ich bin dankbar – den Menschen, die in diesem Jahr alles ihnen Mögliche getan haben um andere zu unterstützen und ihnen, trotzdem es ihnen selbst auch nicht gut ging, durch die schwere Zeit geholfen haben, egal welchen Impfstatus sie haben.
Möge dieser Wahnsinn ein Ende haben.
Mögen die Menschlichkeit, die Freiheit, die Nächstenliebe und die Würde des Menschen nicht ganz verrotten.
 
In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein menschlicheres 2022.
Namasté

2 Kommentare:

  1. Ja, nochmal erneut ultimativ erschüttert ob der letzten gefallenen Illusionen und – menschenmüde. Das trifft es auch für mich. Aber das war schon lange vor Corona so; immer und immer wieder über mich hinausgewachsen, mit Lust an der Gestaltung und Eigenverantwortung mein Leben gelebt, Herausforderungen, die so groß wie der K2 erschienen, gemeistert, ein ums andere Mal. Nie war es genug, immer wird dann noch mehr verlangt, der "Dank" oder die Anerkennung münden in die fortschreitende Überforderung – bis es nicht mehr ging, bis der totale Burnout da war, von dem ich mich nie mehr erholt habe, und eben genau aus all den Gründen, die Sie oben selbst nennen, beobachtet erlebt haben.

    Aber dann eben auch diese (späte) Einsicht: Ich habe wirklich allen alles (hoffentlich mehrteilig Gute) von mir gegeben, zu jedem Zeitpunkt, ohne viel Rücksichtnahme auf mich selbst und immer das Maximale von dem, was ich zum jeweiligen Zeitpunkt an jeglichen Ressourcen zur Verfügung hatte. Es mag etwas selbstgerecht klingen, aber ich denke, dass ich auch für mich sagen darf, dass ich auch jetzt noch meinen Werten treu zu bleiben suche, auch wenn der Mainstream mich schon lange "ausgespuckt", vergessen, ausgegrenzt, zurückgestossen hat.

    "Mögen die Menschlichkeit, die Freiheit, die Nächstenliebe und die Würde des Menschen nicht ganz verrotten."

    Vielleicht finde ich 2022 wieder den Mut, auch im echten Leben wieder häufiger nach solchen Menschen Ausschau zu halten, die Ohren und das Herz offen zu halten und ... dem oder der einen oder anderen Fragenden zu begegnen. Auf dass das vielfach gebrochene Herz nach Kintsugi–Manier doch immer wieder gekittet, neu zusammengebastelt, neue Nahrung finden möge. Nicht zuletzt immer wieder hier. Danke.

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