Malerei:A.Wende
Manche Menschen richten sich lieber im Ressentiment ein, als den Weg einer Heilung zu beschreiten. Sie leiden und gefallen sich im Wiederkäuen ihrer Kränkungen. Sie verweigern jeden Versuch, ihre Situation zu ändern. Sie verbittern und sie klagen.
„Klage bedeutet „Klage erheben“. Im psychologischen und emotionalen Universum muss man jedoch von der Klage Abstand nehmen, um nicht davon zerfressen zu werde und an einer Wut festzuhalten, die einen verzehrt“, schreibt die französischen Psychoanalytikerin und Philosophin Cynthia Fleury in ihrem sehr empfehlenswerten Buch: „Hier liegt Bitterkeit begraben. Über Ressentiments und ihre Heilung“
Aber was ist Verbitterung?
Verbitterung ist ein aus Verletzung und Kränkung geborenes langanhaltendes, innerlich zerfressendes Gefühl, das zu einer lebensverneinenden Lebenseinstellung führt. Hätte Verbitterung einen Geschmack wäre er bitter.
Der bittere Mensch fühlt sich ungerecht behandelt, gekränkt und und herabgewürdigt, hilflos, wütend, ohnmächtig und niedergeschlagen, im wahrsten Sinne des Wortes, und andere oder das Leben sind schuld. Er grollt. Zum Teil richtet sich der Groll auch gegen sich selbst. Er verzeiht anderen nicht und er verzeiht sich selbst nicht. Er hält fest am Unverzeihlichen, an der Kränkung, der Verletzung, dem Trauma, das ihm widerfahren ist und macht es zu seinem Lebensthema.
Verbitterung ist zwar eine mögliche seelische Verarbeitung einer Kränkung, aber sie ist unheilsam.
Wenn wir verbittern neigen wir dazu jeden Gedanken, der unsere Verbitterung betätigt und füttert, zu glauben. Unsere Wahrnehmung ist selektiv. Wir machen dicht und sind immun gegen jeden Tröstungsversuch und jede Hilfe von außen. Letztlich geht es bei der Verbitterung auch um unseren Stolz, der verletzt ist.
Das Außen wird zum Feind, alles als ungut Empfundene legt sich auf das Bittere, verstärkt es und hält es aufrecht. Die Welt ist böse. Die Menschen schlecht. Das Leben unerträglich. Es wird zu einem Kampf gegen alles und jeden. Gegener ist jeder, der den eigenen Wert-, Welt und Moralvorstellungen nur im Geringsten widerspricht. Identitäre Abgrenzung, sozialen Rückzug, soziale Isolation und chronische Einsamkeit findet man oft im Zusammenhang mit Verbitterung. Der Mensch verschließt sich wie eine Auster. Aus Selbstschutz, der tragischerweise zur Selbst- und Weltverneinung führt. Je länger er in diesem Zustand verharrt, desto geringer ist die Chance aus der Verbitterung herauszufinden. Das ist es gar nicht so einfach. Denn die Verbitterung hat einen Gewinn.
Zitat aus dem Buch:
"Im psychologischen und emotionalen Universum muss man jedoch von der Klage Abstand nehmen, um nicht davon zerfressen zu werde und an einer Wut festzuhalten, die einen verzehrt. Das in das Ressentiment verliebte Subjekt geht nicht so weit die Realität zu verneinen, da es unter ihr leidet, aber das Subjekt funktioniert mit seinem Ressentiment, wie es dies mit einem „Fetisch“ tun könnte.
Wozu dient der Fetisch?
Genau dazu die Realität zu ersetzen, die für das Subjekt unerträglich ist. Anders gesagt, wenn das Subjekt Schwierigkeiten hat, sich von der Klage zu lösen, dann deshalb weil sie wie ein Fetisch funktioniert, sie bereitet ihm den gleichen Genuss, sie schirmt es ab, sie erlaubt die Realität zu ertragen, sie zu vermitteln, sie zu derealisieren. Die einzig lebbare Realität wird durch das Lustprinzip, zu dem sie verhilft zur Klage, und der Ressentiment-Fetisch wirkt wie ein Obsession. Das Ressentiment dient nicht nur dazu, die Erinnerung an das aufrechtzuerhalten, was als Verletzung empfunden wurde, es erlaubt auch den Genuss dieser Erinnerung , als ein Lebendigerhalten der Idee der Bestrafung.“
Verbitterung also als Versuch der Bestrafung für Verletzung und Kränkung. Für ein Leben, das es nicht gut meint, nicht gerecht ist, für Menschen, die uns Leid angetan haben. Verbitterung ist die Unfähigkeit zu vergeben.
Letztlich aber trifft Verbitterung aber nur den Verbitterten selbst. Sie ist eine Art der Selbstbestrafung voller selbstdestruktiver Tendenzen, die dann genau das entsprechende destruktive Verhalten innen wie außen nach sich ziehen. Sie ist letztlich genauso toxisch, wie das toxische Erleben, das zur Verbitterung geführt hat, weil es unverarbeitet blieb. Der Blick des Verbitterten senkt sich im worst case ins Dunkel der gesamten Existenz. Der Versuch aus der Verbitterung heraus lebensbejagend zu denken gelingt nicht, weil Gedanken „pro Leben“ einfach nicht den Gefühlen entsprechen.
Der Versuch positiv zu denken, hilft in diesem Fall also nicht.
Wir können aber die Gedanken und Gefühle, die wir mit der Verbitterung verbinden, identifizieren und hinterfragen um herauszufinden was wirklich das zugrunde liegende Thema ist, dass uns so gefangen hält um die Verbitterung zu überwinden.
Wir können die Bereitschaft entwickeln die Dinge nicht schwarz-weiß zu sehen und die Perspektive wechseln. Damit distanzieren wir uns von der Identifikation mit dem Bitteren. Wir wenden uns unserer Verbitterung selbstmitfühlend zu, wir kümmern uns um Auflösung, anstatt Wut, Hass und Groll ins außen zu projizieren.
Schließlich könnten wir entscheiden, dass nichts und niemand die Macht haben sollte unser Leben derart zu vergiften, dass wir verbittern. Wir dürfen unsere Verletzungen und unsere Kränkungen bedauern und betrauern.
Trauern ist heilsam. Verbittern nicht.
Wenn Du Dich angesprochen fühlst, bin ich gerne für Dich da.
Schreib mir eine Mail unter: aw@wende-praxis.de
Du bist herzlich willkommen.
Angelika Wende
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