Samstag, 17. Februar 2024

Aus der Praxis: Herz, Verstand und Belohnungssystem

 

                                                                        Foto: pixybay

 

„Das Herz hat seine Gründe, die die Vernunft nicht kennt“, schrieb der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal
Die Erfahrung gibt ihm recht.
Oft habe ich auf die Gründe meines Herzens gehört. Meist war es richtig und manchmal hat es mir Unheilsames eingebracht. Ich habe Menschen in mein Herz gelassen, die mir nicht gut taten, aber das Herz wollte das nicht wissen. Es war doch so sicher, dass es am richtigen Platz war, sich dem Richtigen geschenkt hatte.
Was sagt mir das? Auch das Herz kann irren.
Oder es will nicht wissen, was der Verstand sagt.
 
Herz und Verstand sind oft Gegenspieler.
Sie sind nicht immer im Einklang, besonders wenn es um Gefühle geht. Dann gewinnen die Gefühle fast immer. Gefühlt glauben wir auf dem richtigen Weg zu sein, obwohl der Verstand sagt: du bist auf dem Holzweg. Dann neigen wir dazu auf das Herz zu hören. Wie gesagt, das ist nicht immer hilfreich und zu unserem Besten.
 
Wenn wir rational denken um Entscheidungen zu treffen, benutzen wir die vordere Stirnhirnrinde, den präfrontalen Cortex. Dieser ist mit dem limbischen System, dem Ort an dem unsere Emotionen sitzen, verschaltet und kann Gefühle unter Kontrolle halten. Dann ist da noch der Nucleus accumbens, der Teil des mesolimbischen Systems, der eine zentrale Rolle im „Belohnungssystem“ des Gehirns spielt.
Er ist wesentlich an der Entstehung von Motivation und Glücksgefühlen beteiligt und damit auch an der Entstehung und Aufrechterhaltung von Sucht.
Dieses Wissen könnte uns zu denken geben.
Denn jetzt stellt sich die Frage: Ist es wirklich immer das Herz, das berechtigte Gründe hat, oder ist es das Belohnungssystem, das sich nach Glücksgefühlen und Dopamin-Ausschüttung sehnt und dem Herzen Gründe vorgaukel?
Eine Verwechslung ist durchaus möglich.
Das gilt auch für den Verstand. 
 
Ist das, was mein Verstand für mich will, immer FÜR mich?
Oder ist es vielleicht für mein Belohnungssystem, das dem Verstand suggeriert, es sei FÜR mich.
Eben nicht alles, was scheinbar be-lohnend ist, ist gut für mich. Nicht alles, was mir Glücksgefühle verspricht ist Glück. Das beste Beispiel sind Süchte, von der Alkohohlsucht bis zur Liebessucht. Da schreit das Belohnungssystem, Herz und Verstand übertönend, ständig: Konsumiere!
Aber dieser unheilsame Konsum macht gar nicht glücklich, sondern im Gegenteil: kaputt.
Herz, Verstand, Belohnungssystem - das Gehirn ist ebenso komplex wie unsere Persönlichkeit, voll mit verschiedenen Teilen, Geistesinformationen, Gewohnheitsmustern, Gemütszuständen, Anlagen, Gedanken und Gefühlen, die alle gleichzeitig in unserem Bewusstsein existieren, miteinander verbunden sind, sich wechsel-und gegenseitig beeinflussen und nicht selten gegeneinander im inneren Kampf liegen. 
 
Es ist nicht immer einfach die richtigen Teile zu aktivieren, wenn wir sie brauchen. Mal ist ein Teil aktiver, mal ein anderer. Psychologische, soziale und äußere Faktoren sind weitere Parameter, die bestimmte Teile in uns aktivieren oder triggern.
Idealerweise haben wir zu den Teilen Zugang, die wir brauchen um nicht auf dem Holzweg zu landen. Um da hin zu kommen, ist es hilfreich, sich der Komplexität der Ausstattung unserer Innenwelt gewahr zu werden.
Wie das geht?
Indem wir Bewusstheit über das komplexe Wunder unserer inneren Welt erlangen.

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