Foto: A. Wende
Sonntag, 31. Januar 2021
Zuneigung
Donnerstag, 28. Januar 2021
Der Wind des Wandels
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„Wenn
der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern, die anderen
bauen Windmühlen", heißt es in einer chinesischen Weisheit. Der
Wandel ist eine Zeit die viel von uns fordert. Während alles um uns
herum in äußerer Starre verharrt können wir innerlich auch erstarren und
einfach abwarten, aber das hilft uns nicht weiter. Warten bedeutet,
dass wir in die Zukunft wollen. Wir wollen das, was wir jetzt haben,
nicht. Aber indem wir uns auf das Warten begrenzen, schaffen wir einen
inneren Konflikt zwischen dem Jetzt, in dem wir nicht sein wollen und
einer projizierten Zukunft, von der wir rein gar nichts wissen. Im
bloßen Warten verlieren wir die Gegenwart. Verlieren wir die Gegenwart,
haben wir das Gefühl nicht präsent zu sein. Sind wir nicht präsent,
fühlen wir uns nicht lebendig. Wir verpassen die Möglichkeiten die im
gegenwärtig Vorhandenen liegen. Anstatt zu warten ist jetzt
vielmehr mutiger Veränderungswille gefragt. Wenn wir den aufbringen,
können wir einen Nutzen aus den Erfahrungen ziehen, die uns im Moment
vielleicht nur schmerzhaft oder gar sinnlos vorkommen.
Je enger unser Lebensradius wird, desto mehr bekommen wir zu spüren, wo es in uns selbst eng ist.
Vielleicht
erkennen wir, dass falsch angelegte Dinge nie von Bestand sind.
Vielleicht zeigen sich jetzt Themen und Probleme, von denen wir
glaubten, wir hätten sie längst überwunden. Vielleicht werden unbewusste
Überzeugungen, Ängste und Verhaltensweisen aktiviert, die aus unserer
Vergangenheit stammen und uns in bestimmten Situationen möglicherweise
zwanghaft oder falsch reagieren lassen. Vielleicht halten wir an
Vorstellungen fest, die in unser Jetzt nicht mehr passen und uns auf der
Stelle treten lassen. Vielleicht geraten wie emotional oder mental an
unsere Grenzen und fühlen uns hilflos. Vielleicht werden wir, je mehr
wir auf uns selbst reduziert sind, mit den eigenen Schatten
konfrontiert. Vielleicht begegnen wir etwas in uns, das uns nicht
bewusst war und uns jetzt zu schaffen macht. Vielleicht wendet sich
unsere Aufmerksamkeit dem zu, was für uns von emotionalem, geistigem,
materiellem oder intellektuellem Wert ist. Vielleicht entdecken wir das
Bedürfnis unser wahres Selbst zu leben.
All das sind Erfahrungen, die uns ungeahnte Tiefen offenbaren.
Es
sind Erfahrungen, die uns weiter bringen und an denen wir wachsen
können.
Wir brauchen Mut um der Tendenz zu widerstehen diesen Erfahrungen aus dem Weg zu gehen. Sind wir mutig, können wir uns, uns selbst stellen und uns bewusst machen, was in unserem Leben nicht gelöst ist, was an Altem uns noch immer belastet, was uns innerlich blockiert und was uns an dem, was jetzt ist, nicht mehr dient. Wenn wir dazu bereit sind, führen uns die Erfahrungen während dieser Zeit unsere eigene Menschlichkeit überdeutlich vor Augen. Sie fordert uns auf inmitten des Windes des Wandels ein liebevolleres Verhältnis zu uns selbst zu finden. Und das ändert vieles.
Montag, 25. Januar 2021
Aus der Praxis - Emotionale Abhängigkeit
Zeichnung. A. Wende
Wer emotional abhängig ist hängt wie eine Klette am Partner. Er braucht das Gefühl der Symbiose um sich lebendig
zu fühlen und um sich selbst zu spüren. Der andere beherrscht sein ganzes Sein
im Denken und Fühlen - er ist der
Mittelpunkt des Lebens.
Die abhängige, auch dependente Persönlichkeit genannt, hat ein geringes Selbstbewusstsein, wenig Durchsetzungsvermögen und damit einhergehend wenig Eigeninitiative. Viele Dependente leben in einer depressiven Grundstimmung, beladen von Gefühlen der Schwäche, der Wert- und Hilflosigkeit. Anderen gegenüber geben sie sich passiv, sind unterwürfig und anhänglich. Die Verantwortung für wichtige Bereiche des eigenen Lebens wird nicht selbst übernommen, sondern abgegeben. Ihre Meinung äußern sie oft nicht, aus Angst verlassen zu werden, ebensowenig wie sie die eigenen Bedürfnisse wahrnehmen, sondern sie - ausgerichtet auf die Bedürfnisse der anderen - verdrängen und unterordnen. Alleinsein fällt diesen Menschen schwer, denn unbewusst haben sie die Überzeugung verinnerlicht: Ich kann nicht für mich selbst sorgen. Ihre größte Angst ist es verlassen zu werden und auf sich selbst angewiesen zu sein. Andererseits löst das Gefühl des Verlassenseins wiederum diese existentiell bedrohliche Angst aus.
Das Grundthema der dependenten Persönlichkeit besteht darin, dass die Ambiguitätstoleranz - ein steuerndes Regulativ der Aufnahme-, Verarbeitungs- und Speicherungsprozesse von Informationen in widersprüchlichen Situationen, um logische Bewältigungsformen von Widersprüchen situationsadäquat einzusetzen - schwach oder gar nicht ausgebildet ist.
Daher kopieren diese Menschen nicht selten den Willen anderer und setzen ihn an die Stelle, wo der eigene Wille gefragt ist. Es geht also nicht, wie man denken könnte, um eine emotionale Bindung zu einem anderen Menschen, sondern im Grunde um die Hinwendung zu einem Objekt, das als Mittel zur Meinungsfindung und Selbstkonstitution gebraucht wird. Eine emotionale Bindung reicht bei diesen Menschen über die einer kindlichen Abhängigkeit nicht hinaus.
Abhängigkeit von einem anderen Menschen führt in extremen Fällen dazu, dem anderen ausgeliefert zu sein.
Oft geht sie mit einem Gefühl ständiger innerer Unruhe, chronischer Unsicherheit, Ängsten und depressiven Stimmungen einher. Besonders dann, wenn sich der Partner entzieht. Bei sich selbst zu sein gelingt dependenden Persönlichkeiten nur schwer oder gar nicht. Meist ist es ihnen gar nicht bewusst, dass sie emotional abhängig ist – sie halten es für die große Liebe.
Die Symptome der Abhängigkeit sind sehr unterschiedlich und zeigen sich auf vielerlei Ebenen.
Ein Beispiel: Der Abhängige will vom Partner bedingungslos geliebt und wertgeschätzt werden und tut dafür alles, bis hin zur Selbstaufgabe. Eine weiteres Beispiel: Der Abhängige braucht die permanente Verfügbarkeit oder Nähe des Partners, er tut alles um die Verbindung aufrecht zu erhalten. Nach dem Motto: „Hold the line“ muss er sich ständig vergewissern, was der andere tut, wo er ist und dass er für ihn erreichbar ist. Das ganze Denken ist auf den Partner ausgerichtet. Wenn dieser einmal nicht erreichbar ist, und sei es nur gefühlt, überfällt den Abhängigen unangemessene Verlustangst. Mit Drohungen, Lügen und emotionaler Erpressung wird versucht den anderen an sich zu binden, sobald dieser sich zurückzieht.
Emotional Abhängige brauchen den Partner als Objekt zur Auffüllung des eigenen Mangels an emotionaler Autonomie. Allen Abhängigen ist eins gemeinsam: Sie sind abhängig von einer ungesunden Vorstellung von Liebe. Abhängigkeit in Beziehungen schwelt oft lange Zeit im Verborgenen, bevor es zu Dauerkonflikten und schließlich zur Eskalation kommt, die die Beziehung endgültig zerstören kann.
Warum werden Menschen abhängig von anderen?
Das Urmuster beginnt fast immer in der Kindheit. Kinder sind von den Menschen, die sie versorgen, existentiell abhängig. Wenn es in dieser Ur-Beziehung an Liebe, Halt und emotionaler Zuwendung mangelt, versucht das Kind dieses Defizit an Zuneigung irgendwie auszugleichen. Sexueller und/oder emotionaler Missbrauch erhöht dieses Zuwendungsdefizit weiter. Wird das Zuwendungsdefizit nicht ausgeglichen, bzw. fehlt dieser Ausgleich ganz, sucht auch das erwachsen gewordene Kind weiter nach diesem ehemals misslungenen Ausgleich.
Emotionaler Abhängigkeit liegt in den meisten Fällen eine traumatische Erfahrung im Kindesalter zugrunde, also eine Situation, in der sich das Kind an etwas anpassen musste, dem es emotional nicht gewachsen war.
Oft ist es eine Form der anhaltenden Kränkung, die das Kind durch Abspaltung als Form der Ich-Abwehr zu bewältigen versuchte. Abhängige sprechen daher oft von einem Gefühl des Abdriftens in emotional belastenden Situationen.
Menschen, die derart leidvolle Erfahrungen machen mussten, suchen sich später in einer Art Wiederholungszwang unbewusst einen Partner, der sie diesen früh erlebten Mangel wieder fühlen lässt, in der Hoffnung: Dieses Mal wird alles gut, wenn ich mich nur genug anstrenge.
Unbewusstes erkennt Unbewusstes.
Zu einer Beziehung gehören immer zwei. Der Partner, der sich als Versorger zum Ausgleich der unbewussten Zuwendungsdefizite zur Verfügung stellt war in vielen Fällen als Kind selbst emotional unterversorgt. Er gibt die schmerzlich vermisste Fürsorge später dem Partner.
Damit treffen zwei Bedürftige aufeinander. Einer der versorgt werden will und einer, der (ver)sorgen will.
So entsteht eine unheilsame Beziehungskonstellation, denn keiner von Beiden kann die kindlichen Bedürfnisse des Partners erfüllen, weil er ja selbst bedürftig und emotional unerfüllt ist. Beide bleiben dort stecken, wo sie schon als Kind steckten, in der emotionalen Unterversorgung, in der Sehnsucht nach bedingungsloser Liebe.
Jede Art von Abhängigkeit führt zu Leiden und schließlich zur Fragmentierung eines falschen Selbst, das seit jeher keine Kontur und keine innere Stabilität hat.
Im Halt suchen beim anderen verliert sich der Haltsuchende im anderen und wird im Zweifel hörig. In seinem Gefühlsleben lebt auf, was er als Kind so schmerzlich empfunden hat: Die Unerreichbarkeit der Bezugsperson, die damals die für das Kind lebensnotwendige Beziehung nicht herstellen konnte.
Emotional Abhängige leben dieses ungesunde Beziehungsmuster in den verschiedensten Variablen ein Leben lang, ohne sich dessen jemals bewusst zu sein. Verzweifelt versuchen sie anzukommen im Paradies symbiotischer Liebe, aus dem die Eltern sie verstoßen haben oder niemals hineinließen. Durchdrungen vom bedrohlichen Gefühl ohne Zuwendung vom Leben abgeschnitten zu sein, haben sie nur wenig Bezug zur eigenen Lebendigkeit. Sie spüren ihre wahren Bedürfnisse nur schemenhaft und sind emotional blockiert. Sie misstrauen sich selbst und damit auch dem anderen, am meisten aber misstrauen sie dem, was ihnen als Kind gefehlt hat, der Liebe. Zu reifer Liebe sind sie nicht fähig, weil sie diese nie gefühlt haben. Das einzige was sie kennen ist in der Tat Abhängigkeit von anderen, etwas, die sie für Liebe halten.
Emotionale Abhängigkeit ist eine Entwicklungsaufgabe des Selbst.
Unternimmt der Abhängige nichts gegen die Ursachen seines neurotischen Musters wird jede Beziehung, die er eingeht in irgendeiner Form einen abhängigen Charakter haben. Er darf lernen (und das geht nicht ohne eine Therapie), ein gesundes Selbst zu formieren.
Hilfreiche Therapieansätze sind das ressourcenorientierte Vorgehen als auch die Arbeit mit dem Inneren Kind. Das verlassene Innere Kind darf lernen, dass es alleine lebensfähig ist. Es darf lernen, seine Verlassenheitsgefühle auszuhalten, sich selbst eine hinreichend gute Mutter und ein hinreichend guter Vater zu sein, um seine Abhängigkeit von anderen Menschen auf ein gesundes Maß zu reduzieren. Wer lernt sich selbst und sein inneres Kind gut zu versorgen, muss das Zuwendungsdefizit nicht mehr von anderen einfordern und ausgleichen lassen und findet so mit der Zeit zu echtem Selbstwertgefühl. Um eine gelingende Beziehung zu führen, muss er schließlich akzeptieren, dass kein Mensch ihm jemals das geben kann, was ihm die Eltern damals nicht geben konnten. Er muss Abschied von den Eltern nehmen.
Und lernen sich selbst zu geben was er braucht.
Dann findet die neurotische Spirale der Abhängigkeit ein Ende.
Abhängigkeit von Menschen ist eine Sucht, es ist die SEHNSucht gebraucht und geliebt zu werden.
Und das Suchtmittel sind andere Menschen.
Das ist die entscheidende Wahrheit, die der Abhängige für sich selbst anerkennen darf.
Es geht um Heilung von innen nach außen.
Und dieser Weg beginnt im Erkennen, dass er sich erst einmal selbst braucht und liebevoll annehmen darf.
Sonntag, 24. Januar 2021
Verstehen
Samstag, 23. Januar 2021
Verloren
Malerei: A. Wende
Zugewandtheit,
Wohlwollen, Werte, Sinn, Respekt, Achtung, das Streben nach dem Guten
und seiner Verwirklichung, im Kleinen wie im Großen. Gegenteilig zur
Gleichgültigkeit, die sich ausbreitet und als Lebensgrundlage niemals
eine bessere Zukunft werden kann. Und doch gehen wir dieser Zukunft
entgegen. Wir sehen und beklagen den Verlust. Wir spüren wie die
kollektive Lebensgrundlage des "Einer für und mit dem den Anderen" unter
uns wegrutscht.
Wir verlieren an Halt.
Der Wert von der Angewiesenheit des einen auf den anderen zerbröckelt. Mitgefühl und Gegenseitigkeit schwinden.
Das Streben nach dem Wahren, dem Gute und dem Schönen bleibt den Träumern.
Nein, sie träumen nicht.
Sie sind wach. Hellwach.
Verloren und allein unter Schlafenden.
Donnerstag, 21. Januar 2021
Aus der Praxis – Wiedergutmachung
Malerei: A. Wende
Meine Klientin wurde von ihrem Ehemann betrogen. Der Betrug ist zwei Jahre her, aber sie leidet noch immer darunter. Nach mehreren untauglichen Versuchen die Beziehung wieder zu kitten, haben sich beide dafür entschieden sie zu beenden. „Ich war nicht mehr fähig ihm zu vertrauen“, sagt sie, der Betrug war ein Bruch, der mich in meiner ganzen Person erschüttert hat.
Warum das so ist, kann sie nicht genau sagen. Dennoch, die beiden können nicht voneinander lassen. Trotz der Trennung fühlen sie sich zueinander hingezogen. Sie haben weiter telefonischen Kontakt. Immer wieder geht es in ihren Gesprächen um den Betrug, für den er sich immer wieder entschuldigt und den er bereut. Aber es hilft meine Klientin nicht. Sie versteht nicht, dass sie sich so in ihrem Mann getäuscht hat und sich derart hat täuschen lassen. Als sich sie frage, was sie sich denn von ihm wünscht sagt sie: "Ich will, dass er es wieder gut macht."
Meine Klientin hat einen Wiedergutmachungswunsch.
Nun hat er aber seinen Fehler immer wieder zugegeben und es tut ihm auch leid, aber gut wird es nicht. Egal wie oft er sagt, dass es ihm leid tut. Ihr reicht das nicht um ihr Herz wieder zu öffnen.
Wie es scheint, kann keine für beide keine friedliche Auflösung gefunden werden. Wie auch etwas gut machen was geschehen ist und nicht mehr rückgängig zu machen ist? Wie die Vergangenheit auslöschen? Das ist unmöglich. Aber dieses Unmögliche wünscht sich diese Frau von Ihrem Exmann. Und er kann es ihr nicht geben. Eine traurige Geschichte, denn dass da noch Liebe zwischen den beiden ist, spüre ich.
Ich frage mich: Was bedeutet das eigentlich Wiedergutmachung?
Wiedergutmachung besteht nicht darin, unsere Sicht der Dinge darzulegen oder zu erklären. Wiedergutmachung besteht darin, Unrecht das man einem anderen angetan hat, zuzugeben, sich dafür zu entschuldigen und, wenn irgend möglich, dieses wieder gut zu machen.
Im 12 Schritte Programm der Anonymen Alkoholiker heißt es im 9. Schritt: „Wir machten bei diesen Menschen alles wieder gut – wo immer es möglich war –, es sei denn, wir hätten dadurch sie oder andere verletzt. Wer diesen Schritt macht, ist überhaupt erst bereit, um Vergebung zu bitten.Um um Vergebung zu bitten braucht es Einsicht, Mitgefühl, Sensibilität, Besonnenheit, Bereitschaft, Mut und ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt um diesen Schritt zu tun. Aber vor allem braucht es Demut und Aufrichtigkeit. Nur so kann es gelingen eine zerbrochene Beziehung wieder zu kitten, vorausgesetzt der andere ist dazu bereit.
Warum ist der richtige Zeitpunkt so wichtig?
Es ist äußerst wichtig, dass wir in unserem Bemühen um Wiedergutmachung nicht unbesonnen, sondern sehr bewusst und klar handeln. Es muss klar sein, was wir anbieten und wir müssen es auch halten können was wir anbieten, das heißt – nicht nur in Worten, sondern in Taten. Es nützt nichts zu sagen: Es tut mir leid, ich werde es nie mehr tun. Man darf es auch nie mehr tun. Und das sollte sich der, der sich um Wiedergutmachung bemüht genau überlegen – ob er sein Versprechen ernst nimmt und sich, sich selbst und dem anderen gegenüber, dazu verpflichtet es zu halten.
Von großer Bedeutung sind auch folgende Überlegungen:
Ist das überhaupt wieder gut zu machen?
Wie und wodurch könnte es wieder gut gemacht werden?
Was kann ich aktiv tun um es wieder gut zu machen?
Und: Was braucht der andere von mir, damit es bei ihm wieder gut wird?
Das können wir ihn fragen.
Was wünscht du dir von mir?
Was kann dir helfen, dass es wieder gut ist und du wieder gut mit mir?
Wenn der andere jedoch nicht bereit ist überhaupt über die Angelegenheit zu sprechen haben wir das zu respektieren, gibt er uns die Gelegenheit, uns zu entschuldigen, sollten wir uns kurz fassen und über die konkrete Situation reden, indem wir den Kern des getanen Unrechts erfassen, und uns nicht in Einzelheiten verlieren.
Im Falle meiner Klientin ist der Betrug nicht der Kern der Kränkung. Er ist der Auslöser, der ihren Kern verletzt hat. Da ist zum einen die Tatsache, dass sie diesen Betrug ihrem Mann nicht zugetraut hätte, weil sie ihm vertraut hat. Es geht also um ihr Vertrauen, dass er missbraucht hat. Das kann sie ihm nicht verzeihen, sagt sie, weil sie ihm diesen Vertrauensvorschuss gegeben hat in der Annahme, dass er damit vertrauensvoll umgeht und dass er ihr Vertrauen wertschätzt.
Das Nichtwertschätzen zum anderen ist der eigentliche Kern, das was der Mann bisher nicht mehr gut machen konnte. Er hat ihr das Gefühl genommen wertvoll für ihn zu sein, so wertvoll, dass er sie nicht verletzen will und es auch nicht tut. Er hat sie verletzt und er hat ihr dieses Gefühl von Wertschätzung nicht wiedergegeben, weil er keine Handlungen in diese Richtung vorgenommen hat. Sein bloßes: „Es tut mir leid“ ist eine Entschuldigung, aber keine lebendige, gelebte, spürbare Wertschätzung. Aber genau diese gefühlte Wertschätzung von seiner Seite ist es, die meine Klientin braucht um wieder gut zu sein.
Der Mann allerdings rechtfertig sich nur. Er findet Gründe wieso und warum und was seine Frau dazu beigetragen hat, dass er sie betrogen hat. Er entschuldigt sich zwar, aber all das ist nicht heilsam für das zutiefst verletzte Eigenwertgefühl seiner Frau. Es macht es nicht wieder fühlbar für sie. Sie nimmt ihm nicht ab, dass er es wieder gut machen will.
Wenn wir etwas wieder gut machen wollen müssen wir unseren Willen zur Aussöhnung zeigen und niemals den Wunsch nach Rechtfertigung. Wir müssen alles uns Mögliche tun um diese Aussöhnung auch zu leben.
Damit haben wir alles getan, was in unserer Macht steht, um eine Beziehungen wieder in Ordnung zu bringen und uns mit dem anderen auszusöhnen. Wir sind auf ihn zu- und eingegangen, wir haben seine Verletzung verstanden, sie nachvollziehen und nachfühlen können und wir haben alles getan, damit es ihm wieder gut gehen kann. Wenn das gelingt, verspüren beide eine neue Art von Frieden.
Mittwoch, 20. Januar 2021
Selbstbezogenheit, Empathie, Mitgefühl
Foto: A. Wende
Sonntag, 17. Januar 2021
Mensch
Malerei: Angelika Wende
Wir Menschen sind kein Ding, sondern lebendige Personen.
Wir sind kein Etwas.
Kein Jemand.
Wir sind keine Theorie der Person.
Wir sind Selbstbewusstsein.
Wir sind Freiheit und Verantwortung.
Wir sind Gestalter.
Wir sind eine ganze Sammlung psychologischer Prozesse.
Wir sind vielschichtiger, als dass man uns zur Masse zusammenfasst.
Eine Theorie des Menschen und damit ein Menschenbild, das den Menschen nicht in seiner ganzen Tiefe und Größe erfasst, kann nicht dort sein, wo man uns gleichmacht.
Das gleicht einem Verbrechen am Menschen.
Samstag, 16. Januar 2021
Was macht Isolation mit Menschen ?
Foto: A. Wende
Freitag, 15. Januar 2021
Aus der Praxis – Der Notfallkoffer, erste Hilfe bei emotionaler Überflutung
Donnerstag, 14. Januar 2021
Aus der Praxis–Selbsthilfe bei depressiven Verstimmungen
Mittwoch, 13. Januar 2021
Sinngebung in der Krise
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