Montag, 18. November 2019

Entscheiden

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Wir alle kennen das belastende Gefühl, uns nicht entscheiden zu können.Wir quälen uns Tage, Wochen, Monate, vielleicht sogar Jahre. Wir denken hin und her, wir wollen es so wie es ist nicht mehr haben, wissen aber nicht wie wir es haben wollen oder wie wir es so ändern könnten, dass wir es besser haben.

Hör auf deinen Bauch!, sagen manche.
Aber ist das immer die beste Wahl, das Gehirn auszuschalten und dem Bauchgefühl zu vertrauen?
Nein, denn auf das Bauchgefühl allein ist nicht immer Verlass.

Warum ist das so?
Hier spielt das Unterbewusstsein mit und das ist tricky. Wenn wir nur auf den Bauch hören vergessen wir dabei, das wir uns im Zweifel von unbewussten Ängsten und Assoziationen beeinflussen lassen.
Um dem Bauchgefühl vertrauen zu können und es in unsere Entscheidung miteinzubeziehen, ist es von großer Bedeutung, sich in der eigenen Gefühlswelt richtig gut auszukennen. Das bedeutet sich der eigenen Gefühle bewusst zu sein. Das ist gar nicht so einfach, denn, und das erlebe ich auch sehr oft in der Praxis: Vielen Menschen fällt es schwer, die eigenen Gefühle überhaupt wahrzunehmen und sie richtig einzuschätzen, geschweige denn sie in Worte zu fassen. 


Aus guten Gründen also hat der Mensch also beides: Gefühl und Verstand. Das Geheimnis guter Entscheidungen liegt darin beides miteinzubeziehen.
Die erstaunliche mentale Leistung unseres Verstandes ist in der Lage sich Situationen vorzustellen, bzw. zu imaginieren, zu denen unsere Entscheidung führen könnte. Er ist sogar dazu fähig abzuwägen, wie man sich dann fühlen würde.

Wer allerdings weder im Gefühl oder im Verstand ein Ja oder ein Nein findet, findet zu keiner Entscheidung. Er verirrt sich in seinen Wahlmöglichkeiten. Er hat weder im Herzen noch im Kopf Klarheit. Er bleibt also entscheidungsunfähig. Das ist fatal, denn das führt dazu, dass er in ständiger Konfliktspannung lebt. Ein enormer Stress für die Psyche.

Wie entscheiden die meisten Menschen?
Die meisten Menschen neigen bei Entscheidungen dazu, die vertrautere Alternative zu wählen. Forscher haben die Hirnströme von Versuchspersonen in Entscheidungssituationen gemessen.
Das Ergebnis: Das Gehirn überprüft in Sekundenschnelle welche Alternative ihm bekannter vorkommt, bevor es weitere Informationen überhaupt hervorholt. Das Vertraute beeinflusst also zunächst einmal jede Entscheidung, die wir treffen, auch wenn rational wenig oder nichts dafür spricht. Das erklärt, warum viele von uns dazu neigen, alles beim Alten zu lassen oder bei ihren Entscheidungen auf das Altbewährte zurückzugreifen. Das Hormon Dopamin, belohnt das Gehirn sogar noch dafür, die vertraute Option wiedererkannt zu haben und unser Hirn schüttet es fleißig aus.
Kein Wunder also, dass wir oft Entscheidungen treffen, die wir nur aus einem einzigen Grund treffen: Es fühlt sich vertraut an. 


Willkommen in der Komfortzone! Hier fühlen wir uns sicher, auch wenn sie sich noch so beschissen anfühlt. In der Komfortzone fühlen wir uns zuhause, während das Verlassen der Komfortzone die Angst vor dem Ungewissen schürt.  
Vielen Menschen fällt es daher schwer Entscheidungen zu treffen, die ihr Leben aus dieser Zone herauskatapultieren könnten. So banal es klingt: Das Vertraute fühlt sich weniger riskant an, auch wenn es rational vielleicht exakt das Gegenteil ist und auf Dauer der Seele schadet.
Doch nicht immer führt das zu einer guten Entscheidung. 


Was wenn Gefühl und Verstand einander widersprechen? Dann kommt es zur psychischen Kraftprobe.
Hier macht es erst einmal Sinn auf einem Blatt Papier jeweils die Vorteile und die Nachteile der einen wie der anderen Entscheidung aufzuschreiben.

Das kappt nicht immer. Das kann Stress machen, dann nämlich wenn der Bauch Angst hat und der Verstand genau weiß, dass diese Angst zwar begründet sein mag, aber es so wie es ist eben keine Situation mehr ist, die uns gut tut. Stress wiederum ist eine denkbar schlechte Voraussetzung, um klare und sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Daher sollten wir Stress bei der Entscheidungsfindung vermeiden. Er kann Entscheidungen negativ beeinflussen und zu unüberlegtem Handlungen führen.

Stressige Situationen überfordern uns. Sie können dazu führen, dass wir zu schnell und unklug reagieren. Zudem blockiert Stress das Denken. 
Rationale Entscheidungen sind dann nicht mehr möglich. Wir flüchten, greifen an oder erstarren. Keine gute Lösung um gut zu entscheiden.
Um klug zu entscheiden ist es wichtig zur Ruhe zu kommen und aus der Ruhe heraus Klarheit zu gewinnen.

Wichtige Lebensentscheidungen sind schwer zu treffen, dennoch ist langes Nachdenken nicht immer hilfreich. Das führt nicht selten zu Entscheidungsfrust.
„Ich kann mich nicht entscheiden“, höre ich oft und ich kenne es auch von mir selbst.

Bei Entscheidungsfrust spielt Verlustangst die größte Rolle. Wenn wir uns für das Eine entscheiden, verlieren wir das Andere und wir schließen damit diverse andere Möglichkeiten aus. Wir Menschen sind so gestrickt: Wir spüren eher dem Verlust nach, als auf das Unbekannte neugierig zu sein. Genau das führt jedoch häufig zu Entscheidungen, die lediglich mit kurzfristigen Belohnungen einhergehen. Nach dem Motto: Lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. Und das sogar wenn uns der Spatz ständig auf die Hand kackt. 

Um sinnvolle Entscheidungen zu treffen, sollten wir sie also nicht zu lange aufschieben. Je länger wir über eine Entscheidung nachdenken, umso mehr für und wider Gründe fallen uns ein, die auf die Entscheidung Einfluss nehmen.  
Wir verlieren den Überblick bis wir gar nicht mehr wissen, was wir wollen. Wir trudeln orientierungslos im entscheidungslosen Raum und verlieren nach und nach unsere Selbstbestimmung und unserer Selbstwertgefühl. Im Zweifel verlieren wir sogar uns selbst.
Keine Entscheidung bereuen wir mehr als die, nichts getan zu haben. Und: Wer sich nicht entscheidet für den entscheiden andere oder das Leben.

Übrigens: Manche Entscheidungen können auch mit einem Kompromiss gelöst werden.

3 Kommentare:

  1. Ein sehr schön geschriebener Artikel. Was ich vielen meiner Patienten/Kunden auch oft sage, ist genau das: Unser Fokus liegt zu oft auf das was wir verlieren könnten und zu wenig auf das was wir erreichen könnten.
    Danke für deine schönen Worte.

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  2. Ein sehr schöner Text. Viele Dinge dabei die ich meinen Patienten/Kunden auf ähnliche Art und Weise mitgebe. Und Gute Anregungen. Danke für deine tollen Worte.

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