Dienstag, 26. April 2011

von gurus und anderen krücken

es gibt unendlich viele krücken, die der mensch sich sucht, wenn er verwirrt ist, ratlos, verletzt, vom unglück getroffen oder einen übergang in eine neue lebenssituation bewältigen muss. er geht zu therapeuten, liest bücher über selbsterfahrung, spirituelle ratgeber, nutzt, was es sonst noch gibt, das ihn in seiner hilflosigkeit unterstützen und weiterbringen kann. und manchmal glaubt er sogar sein heil in all dem finden zu können.

alle diese krücken sind erlaubt. und all diese krücken sind doch dinge, die uns von anderen aufgedrückt werden, die wir uns aufdrücken lassen, aus dem gefühl der unsicherheit und der verzweiflung heraus.

krücken nutzen ist erlaubt. aber ob das gut ist?

ob es gut ist da hin zu lesen, da hin zu hören, wo es nicht aus mir selbst kommt? ich glaube nein.

ich bin ein konklumerat aus meinen erfahrungen, meiner vergangenheit, meinem jetzt und meinem denken an zukünftiges. all das bin ich und alle diese teile formieren mein sein.

es gibt gurus, die meisten sind selbsternannte, mit einer hohen begabung für marketing, deren begehr darauf abzielt, den menschen zu spalten, ihn an einem punkt zu sezieren, der genau an einem bestimmten punkt ins schwarze trifft, nämlich da wo´s gerade weh tut - auch darin sind diese gurus geschickt, wie übrigens auch im geldverdienen am leid anderer.

diese heilsversprecher greifen den menschen am individuellen leiden an und versprechen ihnen lösungen. das macht ihre faszination aus. sie versprechen das leid zu beenden, in dem man ihnen folgt, ihren gedanken folgt und sie versucht umzusetzen.

jeder gedanke, der von einem fremden kommt ist niemals ein eigener und so kann er nur adaptiert werden.
übergestülpt. das übergestülpte jedoch, das nicht selbst erdachte, das nicht selbst als richtig erfahrene, erlebte, gefühlte, ist niemals authentisch. es ist vom anderen und nicht das meine.

das ego bezwingen, im jetzt leben, die vergangenheit begraben, all das sind theorien solcher gurus, die sie in die welt posaunen und menschen abholen, dort, wo sie an sich selbst zweifeln, weil das leben nicht so ist, wie sie es sich wünschen.

und was geschieht? sie werden sie zu opfern anderer meinungen, die ihre eigenen gefühle und gedanken verwässern, zuschütten und in eine andere richtung bringen, als das ureigene wesen, als die seele es vielleicht vorhat.

die seele weiß was ist.
und sie würde vielleicht fragen, wenn sie sprechen könnte, wir sie hören würden - was ist schon schlimm daran, zerrissen zu sein, nicht zu wissen, was ist und was sein soll? was ist schlimm daran einmal keine lösung zu haben, einfach still zu stehen? was ist schlimm daran verletzt zu sein, traurig oder wütend?

vielleicht ist genau das der zustand, den die seele gerade braucht, sonst wäre er ja nicht. aber das würde bedeuteten - abwarten und das ist das schwerste. abwarten wollen wir nicht. es muss ja schnell weitergehen. wir wollen doch schließlich funktionieren, das wird erwartet, von uns selbst und den anderen um uns herum.

darum brauchen wir krücken, um zu beschleunigen, was eigentlich gar nicht beschleunigt werden will.
wir brauchen lösungen, weil wir das ungelöste schwer ertragen. aber auch das ist entwicklung - das ungelöste, den stillstand aushalten.

der mensch ist die summe seiner einzelteile, aller affekte, aller gedanken, aller erinnerungen, aller schmerzen, aller glücksmomente und vielem mehr. das lässt sich nicht in häppchen teilen, das lässt sich nicht spalten, denn das spalten bedeutet ein abspalten vom ganzen. wer einen teil von sich abspaltet spaltet ein eigenes ab, lehnt somit das ganze ab zu dem dieser eine teil gehört, mit dem er verbunden ist, wie ein rädchen im räderwerk.

wenn die vergangenheit nicht erledigt ist, ist sie es eben nicht, weil sie es nicht ist.
weil alles seine zeit hat und jeder mensch seine eigene gangart. manche sind schneller, manche sind langsamer.

da helfen keine ratschläge wie "im jetzt" leben. was heißt das eigentlich? im jetzt leben bedeutet im moment sein, die aufmerksamkeit auf den moment richten. ja das bedeutet das. aber in diesem "jetzt moment" ist der mensch eben auch ganz da, mit allem was ihn ausmacht, was ihn geprägt hat, mitsamt seinem unterbewusstsein. das lässt sich nicht ausknipsen wie eine lampe. es ist da, immer. und zwar mit ihm all den prägungen, die es erfahren hat und den glaubensmustern, die es verinnerlicht hat. die lassen sich nicht ausradieren in einem "jetzt bewusstsein". unser bewusstsein ist verdammt klein, das unbewusste dagegen verdammt groß, viel größer als das kleine bewusstsein.

es geht niemals um abspalten, es geht immer um integrieren, um annehmen was ist.
und wenn es weh tut, dann tut das eben jetzt weh und wenn es traurig macht, dann macht das eben jetzt traurig und wenn es wütend macht, dann macht das eben jetzt wütend. dann ist das jetzt eben so. nur so bin ich in der akzeptanz meines selbst, meines wahren wesens.

ob "ich", "über ich", "es" - alles ist eins, ein aufeinander bezogenes, einander bedingendes wechselspiel im jetzt.
das sind wir: ein sich bedingendes ganzes. dies alles ist der mensch. und jeder ist auf seinem weg, wie er es kann, mit den werkzeugen mit denen ihn gott augestattet hat.

am besten geht er diesen weg mit seiner eigenen wahrheit und die liegt da, wo wir uns nichts mehr vormachen und nichts einreden lassen von anderen, die auch nur ihre eigene wahrheit konstruieren. mehr ist nicht möglich - die konstruktion der eigenen wahrheit. nur sie ist authentisch. alles andere ist nicht das eigene, es ist übernommen aus einer anderen welt von wahrheit.

die lösung liegt in uns selbst, nur da und niemals im anderen.
genauso ist es mit der heilung. wenn wir uns selbst nicht heilen, kann das kein anderer für uns erledigen.

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