Samstag, 29. November 2014

Warum es so schwer fällt um Hilfe zu bitten


Schon Wilhelm Busch wusste darum. Mancher ertrinkt lieber, als dass er um Hilfe ruft", lautet ein Zitat des klugen Dichters. 

In der Tat, den meisten von uns fällt es schwer andere um Hilfe zu bitten. Die einfache Frage zu stellen: “Können Sie mir bitte dabei helfen?”, kostet Überwindung. Da kommen sofort Gedanken hoch wie: Bin ich unfähig, bin ich schwach, weil ich es nicht alleine schaffe, darf ich jemanden belästigen mit meiner Bitte belästigen oder, was muss ich denn dann als Gegenleistung anbieten? Das sind alles Gedanken, die ungute Gefühle machen und letztlich nur dazu führen, dass wir hilflos da stecken bleiben, wo wir gerade feststecken. Wir halten uns lieber den Mund zu, als auszusprechen, dass wir es alleine nicht schaffen.

Ich selbst bin auch eine von denen die immer meinte, sie müsste alles alleine schaffen. Eine meiner Ängste ist es in irgendeine Form von Abhängigkeit zu geraten. Das ist Schwäche, da ist es dann Schluss mit der Autonomie, du gehst damit eine Verpflichtung ein, dachte ich lange Zeit, und ein Mensch, dem Selbstständigkeit und Freiheit so viel bedeuten wir mir, hat mit all diesen Konstruktionen im Kopf, die als Folge einer Bitte Wirklichkeit werden könnten, ein Problem. Ja, ich bin ehrlich, es gab eine Zeit, da wäre ich lieber ertrunken, als um Hilfe zu rufen.

Wer Hilfe braucht kommt alleine nicht weiter. Er hat nicht versagt und er ist auch nicht unfähig. Wer alleine nicht weiter kommt, hat entweder die Kraft an diesem Punkt seines Lebens nicht mehr, es alleine zu schaffen oder es fehlen ihm schlicht und einfach die nötigen Informationen um eine Lösung für sein Probem zu finden. Was bitte ist daran schlimm? Nichts. Aber in den Köpfen vieler Menschen ist das noch nicht angekommen. In meinem mittlerweile schon. Ich bin lernfähig. 

Um Hilfe bitten ist eine Kunst

Wer um Hilfe bittet zeigt sich verletzlich und macht sich verletzbar. Er legt den Riss in der Rüstung blos. Er zeigt anderen seine verwundbare Stelle und weil die anderen nicht immer die Guten sind, begibt er sich in Gefahr genau dort getroffen zu werden, sei es auch nur mit einer blöden Bemerkung. Meine jüngste Erfahrung hat das gerade bestätigt. Der blöde Spruch: "Wenn das einfach wäre, könnte es jeder", auf einen Hilferuf meinerseits, spricht für sich, bzw. für den, der ihn abgelassen hat. Nun lasse ich mich aber von blöden Sprüchen nicht ins Boxhorn jagen, geschweige denn, treffen. Andere schon. Die Angst verletzt zu werden ist groß. Und begründet, siehe oben. Also schweigt man und steht weiter hilflos da, wo man eigentlich genau weiß - es gäbe Hilfe, wenn man sie sich nur suchen würde, wenn man den Mut hätte, nach ihr zu rufen.

Die Angst als Versager zu gelten,  ist stärker als den Mut auszupacken und zu bitten.

Wer nach Hilfe ruft zeigt anderen: Ich schaffe es nicht. Und damit gehört er in deren Augen im Zweifel zu den Loosern. Das fühlt sich mies an. Und mies wollen wir uns alle nicht fühlen, schon gar nicht, weil wir etwas nicht können oder schaffen. In einer auf Leistung gepolten Gesellschaft ist das ein No Go. 

In Wahrheit aber kann keiner alles alleine schaffen. Wir brauchen einander, wir brauchen das Wissen aller um weiter zu kommen, für uns selbst und das Ganze. 

Wir brauchen Austausch und Ergänzung. Und manchmal brauchen wir einfach nur die Ideen oder die Inspiration anderer, um unsere Blockaden zu lösen oder um unsere Ängste zu überwinden. Um Hilfe bitten und sich helfen lassen gehört zum Menschsein. Es bedeutet in Kontakt zu treten, sich zu öffnen und gemeinsam etwas zu meistern, es bedeutet menschlich zu sein. Das sind wertvolle Momente. Momente, denen Dankbarkeit folgt. Dankbarkeit wenn man die Hilfe bekommen hat. Auch das scheint für viele Überwindung zu kosten: Danke sagen.

Ich erinnere mich gern an das warme Gefühl von Dankbarkeit, wenn mir jemand geholfen hat. Umgekehrt, wenn ich helfen kann, nehme ich dieses Glücksgefühl dankbar in mich auf und zehre eine ganze Weile davon.
Kleine Kinder können das noch. Sie fragen, wenn sie nicht weiter wissen. Große Menschen haben es meist verlernt. Aber nur durch Fragen und Bitten geschieht Entwicklung. Das zu erkennen ist Größe, zu tun als habe man für alles die Lösung in der Tasche, ist weder groß noch klug, es ist schlicht und einfach kontraproduktiv. Wie Busch postulierte: Mancher ertrinkt lieber, als dass er um Hilfe ruft". Ich lebe lieber.

3 Kommentare:

  1. Danke für diese Worte... und sie sind sehr wahr...

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  2. Ich finde mich immer und immer wieder, in deinen Texten. Danke für deine lieben Worte.

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  3. das ist schön, liebe heike.
    danke für deine wertschätzung.
    angelika

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