Samstag, 8. Februar 2025

Trost


 

Trost ist Teilnahme, Beistand, Besänftigung, Begleitung, Berührung, Beruhigung, Verständnis, tatkräftige Unterstützung, mitfühlende Zuwendung, Fürsorge, Mitgefühl, Ermutigung und Zuversicht in der Seelennot.
Trost ist die Erfahrung im Schmerz nicht allein zu sein.
Trost schenken uns Menschen, die die Fähigkeit haben einfach da zu sein, zuzuhören, sich in uns hineinzuversetzen, uns zu verstehen, uns keine Ratschläge um die Ohren hauen, was wir zu tun haben oder was wir nicht getan oder falsch haben, oder uns mit Sprüchen vertrösten wie: „Das wird schon wieder, nimm´s nicht so schwer!“, „Kopf hoch!“. und sich dann schnell wieder vom Acker machen, weil sie wahnsinnig Wichtiges zu tun haben. Auch der Satz: „Alles wird gut“, ist nicht hilfreich. 
Woher wollen wir das wissen? 
Wie können wir anderen Versprechen machen, die wir nicht sicher halten können?
Manchmal können sogar die Menschen, die uns sehr nahe stehen Trost nicht geben. Sie können nicht mitfühlen, was sie selbst nicht erfahren haben oder sie sind schlichtweg überfordert oder sie haben Angst, wenn sie einem leidenden Menschen zu nah kommen, Leid und Kummer könnten ansteckend sein. Manches ist so traurig oder furchtbar, dass Menschen nicht wissen, was sie sagen, geschweige denn tun sollen. Helfen wollen und nicht wissen wie – das sind Momente der Sprachlosigkeit und der Unsicherheit.
Entscheidend aber sind nicht Worte, sondern dass man füreinander da ist. 
 
Um Trauerarbeit zu leisten, braucht es Trost.
Wenn wir einen schweren Verlust erlitten haben, ist es essenziell, Menschen zu haben, die für uns da sind. Einfach da sein, mehr nicht, zuhören, die Hände halten, ohne dirigistisch eingreifen zu wollen. Trösten beinhaltet Verständnis, Empathie und Nähe.
Trost ist wichtig, um Mut zu schenken.
Trost ist kein Allheilmittel, dass alles wieder gut macht aber er ist ein Teil jeder Genesung. Spendet uns ein Mensch Trost fühlen wir uns gesehen und angenommen. Wir sind nicht allein. Das bedeutet viel. Trost kann Hoffnung spenden, wenn wir am Boden zerstört sind, aber nirgendwo lernen wir wie man sich selbst und andere tröstet. 
 
In Folge der zunehmenden Vereinzelung in unserer Gesellschaft, sind immer mehr Menschen auch in schmerzhaften Lebenssituationen auf sich selbst zurückgeworfen. 
Ich kenne viele dieser Menschen. Sie begegnen mir in der Praxis. Sie begegnen mir im Flur des kleinen Hinterhauses in dem ich lebe. Da ist der Nachbar, der jeden Morgen seine traurigen arabischen Lieder singt, da ist die alte Frau im Vorderhaus, die auf ihre Kinder wartet, die nicht kommen und ihre Sehnsucht mit What´s App Nachrichten beantworten. Sie begegnen mir auf der Bank in der Fußgängerzone wie die alte Dame, die mir unter Tränen erzählt, dass sie jeden Tag um die Mittagszeit auf dieser Bank sitzt, nur um Menschen zu sehen, weil sie die Einsamkeit in ihrer Wohnung nicht erträgt. 
 
Viele Menschen haben es nicht leicht, sogar schwer haben sie es, und ist da kein naher Mensch, dem sie sich anvertrauen können, wenn sie Trost brauchen, bleiben sie untröstlich. 
Sie versinken in ihrer traurigen Welt und niemand kümmert es. Sie verkümmern. Seltsamerweise taucht sogar in der Therapeutischen Literatur der Trost nicht auf und dabei ist er so wesentlich, denn Menschen brauchen Trost um zu genesen.
 
Was, wenn wir Trost suchen und da niemand ist, bei dem wir ihn finden?
Was können wir für uns selbst tun?
Was hilft, um uns zu besänftigen und uns selbst zu beruhigen? Welche Mittel haben wir zur Selbsttröstung?
Was sind unsere Trostquellen?
Für jeden von uns sind es andere. Gut sie zu kennen.
Es gibt Mittel und Wege die hilfreich sein können, wenn wir Trost brauchen. Das Wichtigste: Den Gefühlen Raum geben. Sie da sein lassen. Uns mit Selbstmitgefühl umfangen. Wenn wir traurig und untröstlich sind, hat es eine Berechtigung. Uns nicht drängen. Traurigkeit hat keine Regelzeit. Nichts wird besser, wenn wir uns zusammenreißen, aber es wird besser, wenn wir unsere Empathie auf uns selbst anwenden, durch tröstende, heilsame Selbstgespräche und indem wir, so gut es geht, auf uns selbst achten und für uns sorgen. Wenn da niemand ist, können wir lernen für uns selbst da zu sein – unser eigener bester Freund. 
 
Oftmals sind es die kleinen Dinge, die uns in dunklen Phasen trösten: Eine schöne Blume, ein Sonnenaufgang, die Wolken am Himmel, unser Lieblingslied, eine warme Suppe. Hilfreich ist es auch wenn wir immer wieder Ausnahmen zu dem finden, was uns emotional belastet. Spaziergänge in der Natur, Bewegung jeder Art, Gartenarbeit, Sauna, Schwimmen, ein warmes Bad, Tagebuch schreiben, Biografien von Menschen lesen, die Leid überwunden haben, Zeichnen, Malen, Fotografieren, Qi Gong, Yoga, Handarbeiten, Musik, Beten, Meditation, ein Besuch in der Kirche, ein Besuch im Museum, ein Haustier und nicht zuletzt alle Sinnesfreuden und das Schöne, das es trotz allem Kummer auch gibt und das wir bewusst wahrnehmen. All das sind Trostquellen, die unser Herz und unseren Blick auf etwas richten, was heilsam ist, uns emotional entlastet, uns erleichtert, den Kummer lindert, uns aus der seelischen Verhärtung löst, wärmt und befriedet, was uns quält. 
 
Trostquellen schenken uns Fülle, wenn wir im Zustand des Mangels sind.
Wir beschenken uns selbst mit dem, was unser Leben bereichert, wir wenden uns im aktiven Tun uns selbst zu, wir lassen uns berühren von dem, was unserer Seele und unserem Körper berührt. Wir trösten und beruhigen uns selbst. Wir finden langsam neue Zuversicht. Und wenn es nur ein Moment in der Zeit ist, in dem es uns gelingt uns selbst zu trösten, ist es immerhin dieser eine Moment, in dem wir gewahr werden, dass wir selbst viel mehr für uns tun können, als wir glaubten. Das verändert vieles. 
 
 
"Luft und Licht heilen, und Ruhe heilt, aber den besten Balsam spendet doch ein gütiges Herz."
Theodor Fontane
 
 
Angelika Wende

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